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XIV.

Während Salomons Abwesenheit hatte Tante Berta alle nur erdenklichen Versuche gemacht, sich Frau Agnes zu nähern. Und je erfolgloser diese Bemühungen waren, um so hartnäckiger wurden sie fortgesetzt.

Die junge Frau Salomon ließ sich verleugnen, im Geschäft und in der Privatwohnung, sobald Frau Wachsmann sich nur blicken ließ.

Sie konnte es nicht verwinden, daß sie der Schwiegermutter sekundiert und Salomon auf die Reise gehetzt hatte.

Tante Berta war außer sich, und ihr Ärger wuchs, als sie hörte, daß Michalowskis in einem fort bei Salomons eingeladen waren.

Endlich glückte es ihr, Artur zu erwischen.

Ohne Umschweife ging sie auf ihr Ziel los.

»Ich hätte es nicht für möglich gehalten,« sagte sie, »daß Deine Frau mich in dieser Weise behandeln würde. Und daß Du es duldest, ist das Schlimmste bei der Geschichte. Das haben wir nicht um Dich verdient. Wer nicht hält zur Mischpoche, an dem ist kein Masel Glück. und keine Broche Profit.. Nicht den Mund würde ich auftun, wenn ich mir irgendeines Unrechts bewußt wäre, aber einem den Stuhl vor die Tür setzen ...«

Artur unterbrach ihren Redestrom.

»Davon ist gar keine Rede,« entgegnete er ärgerlich, »und wenn Du es durchaus wissen willst, so sind wir allerdings über Dich verstimmt. Von meiner Frau und mir will ich gar nicht sprechen, aber Papa hat genug unter Mamas krankhafter Eifersucht zu leiden, und da mußt Du noch kommen und ihm Gott weiß was für Raupen in den Kopf setzen.«

Tante Berta war feuerrot geworden.

»Hat das Dein Papa behauptet?« fragte sie scharf.

»Wir haben Papa seit Deiner Unterredung mit ihm weder gesehen noch gesprochen. Diese Tatsache seiner plötzlichen Abreise genügt uns.«

Und nun schwor Tante Berta sämtliche Eide, erklärte, auf der Stelle versinken zu wollen, wenn sie auch nur die geringste Klatscherei angerichtet hätte.

»Ich habe Salomon lediglich berichtet, wie es mit Deiner Mutter steht, das hat man davon,« sagte sie weinend und drückte sich das Schnupftuch vor die Augen.

»Du magst in guter Absicht gehandelt haben,« antwortete Artur, »und dennoch hättest Du es bleiben lassen sollen. Man steckt seine Nase nicht in fremder Leute Angelegenheiten!«

Frau Wachsmann fuhr in die Höhe.

»Das ist ein starkes Stück, nimm es mir nicht übel, lieber Artur! Fremder Leute Angelegenheit nennst Du es, wenn ich sehe, wie meine leibliche Schwester drauf und dran ist, elend zugrunde zu gehen! Und eines Tages, das sage ich Dir, wirst Du deine Worte bitter bereuen. Denn, mein Junge: Blut ist kein Wasser, und eine Mutter bleibt eine Mutter, daran kann niemand rühren! Hast Du denn eine Ahnung, was mit ihr los ist? Sprich einmal mit Pulvermacher, dann wird Dir ein Licht aufgehen! Das Leben will sie sich nehmen! Und von mir verlangt man, daß ich den Mund halten soll.«

Und nun heulte Tante Berta wie ein Schloßhund, daß Artur Not und Mühe hatte, sie zu beruhigen. Und nicht eher gelang es ihm, als bis er ihr fest versprochen hatte, sie bei Agnes wieder reinzuwaschen.

»Man kommt sich ja wie ausgestoßen vor!« schluchzte sie beim Abschied. »Vor dem eigenen Manne muß man sich genieren!«

Mit einem ironischen Lächeln hatte Agnes den Bericht über diese Unterhaltung entgegengenommen.

»Weißt Du, ich will jetzt nicht persönlich werden, aber das ist die größte Gemeinheit, wenn die Weiber mit dem Selbstmord drohen. Man macht ein Ende, aber man annonciert es nicht.«

Artur wurde heftig.

»Auf Mama trifft das nicht zu. Und wenn sie vor Tante Berta sich hat hinreißen lassen, so muß es schon schlimm mit ihr bestellt sein. Ach, Agnesel, trotz allem, was sie Dir und auch mir angetan hat, jammert sie mich.«

Agnes schwieg. Erst nach einer langen Weile sagte sie: »Du bist zehnmal gütiger als ich, wie gern möchte ich Dir folgen Und kann es nicht. Aber die Wachsmanns will ich in Gottes Namen wieder einladen, schon damit Tante Berta dem Papa nicht auf die Nerven fällt. Daß sie einen kleinen Denkzettel von uns erhalten hat, wird ihr, glaube ich, nicht schaden. Ich rufe sie nachher an und bringe die Geschichte ins Reine. Und jetzt gib mir einen Kuß. Salomon und Sohn sind die besten Menschen auf Gottes Erde. Nein, widersprich nicht! Ich weiß, was ich sage.«

Und sie ließ sich von Artur küssen und erwiderte seine Liebkosungen auf eine sanfte, wohltemperierte Art.


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