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Wie's kam

Nicht lange, und das bestimmte, durch keinen Mißton verstimmte Wohlverhalten des jungen Weihnacht machte sich in der Gegend wohltuend bemerkbar. Man kam dem Freundlichen freundlich, dem Bescheidenen hilfebereit, dem Bittenden gewährend entgegen. Eine Stelle auf einem Gute an der Weser ward frei, der junge Weihnacht gut dahin empfohlen und angenommen.

Adrett angezogen, höflichst zurückhaltende Bestimmtheit in seiner düster sehnig-schlanken Haltung, nahm der junge Zigeuner Abschied von seinen Pflegegeschwistern.

»'nen Kognak gefällig, Rentmeisterchen?« lallte spritselig der schon recht aufgedunsene junge Gutsherr mit übergehenden Augen, schwerfällig sich erhebend, dem aufgerichtet Stehenden zu.

»Ich danke, Walter, du weißt, ich trinke keine geistigen Getränke. Das paßt sich nicht für mich.«

Es war, als ob ein leiser, grausamer Spott wie eine bitterböse, schneidende Uhrfeder um die Mundwinkel dieser korrekten Rede lauere.

»Ei, Rentmeisterchen, nicht gar so stolz! Wir werden später doch noch manchmal einen schmettern – überhaupt, die alten Geschichten, der Teufel hole mich – hier hast du meine Hand!«

Mit sichtlichem Widerstreben, jedenfalls ohne innere Anteilnahme langte der so kordial Aufgeforderte nach der derben geröteten Rechten des versöhnlich Getrunkenen und berührte sie leicht, wie man etwas sehr Zartes, sehr Gefährliches berührt oder etwas sehr Unbegehrtes.

»Adieu, Ludmilla!« Beide sahen sich eine Weile prüfend an, als ob eine Bewegung aus ihren Augsternen heraustreten wolle, aber wieder zurückging.

»Laß es dir gut gehen, Hans! Schreib bald mal! Hörst du?«

Hans wollte die drei Stunden zu Fuß gehen. Es war ihm wie Abschiednehmen von seinem Zigeunertum, von der freien, großen Natur.

Ging es doch in die Dressur jetzt!

So abgefallen kam er sich vor, so erniedrigt! So was in ihm schrie, verleugnend.

Wie anders nun: alle, die ihm begegneten, blieben bei ihm stehen, reichten ihm die Hand und wünschten ihm viel Glück. Und wie war's zu Anfang gewesen?

Ein Vater – heimatloses Ding, das eine Sprache geführt hat, die keine Sprache war, von der keiner wußte, was es war, die niemand verstand, auf die niemand Antwort geben konnte.

Etwas, das man nicht anfassen konnte, nirgends berühren, dem man nicht kommen konnte von so oder so!

Eine Stunde war der junge Mann gegangen. Die alte Wanderlust war wieder über ihn gekommen.

Da vor dem nächsten Dorfe ein Wanderlager – seines Stammes.

Nicht feige vorbei: hinein!

Was für ein Staunen, was für eine Freude, als dieser feine, junge Herr in ihrer Sprache mit ihnen redete, ihnen erklärte: er selbst sei einer der Ihrigen.

Es war eine Aufregung, wie wenn ein Bienenstock eine neue Königin bekommt. Eine Hochzeit sollte gefeiert werden, nur fehlte es an einem würdigen Becher. Einem geweihten Becher, wie ihn die barbarische Feierlichkeit dieses frei versonnenen, wandernd in Ahnungen versenkten, in Königsflittern vagabundierenden Volkes verlangt.

Da riet der angehende Rentmeister den jungen Burschen an, nächtlich nach Schwalenberg zu gehen und da aus der ganz und gar unbeaufsichtigt stehenden Kirche das heilige Gerät zu entwenden.

Am nächsten Morgen fand man die Kirche erbrochen und den Kelch gestohlen.

 


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