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Am anderen Tag erhielt Gertrud ein höfliches Schreiben der Jungmannschaft, die sie ersuchte, bei dem kommenden Osterspiel das Amt der Eierkönigin zu übernehmen und nach ihrem Belieben die Gespielinnen im Dorf dazu einzuladen. Aus dem ritterlichen Stil spürte sie die Urheberschaft Röbis. Der Schalk lief ihr über das Gesicht, als sie für die ihr erwiesene Ehre dankte und schrieb: »Sehr geehrter Herr Obmann«. »Lieber Röbi« wäre doch einfacher.
Schon war sie daran, die Liste der Mädchen, die sie mit Einladungen bedenken wollte, aufzustellen.
Da trat der Vater in die Stube, das Gesicht rot vor Zorn, die Stirnlocke aufgesträubt.
»Jetzt glaub' ich, weiß Gott, muß das Gerüst am Haus über Ostern und während des Eierspieles stehen bleiben!« polterte er grimmig. »Hildebrand, der Lotter, laßt sich kaum mehr blicken, und was Balz schafft, muß ich auch schier mit dem Vergrößerungsglas suchen, er ist –mir unbegreiflich –ein völliger Taugenichts geworden, geht herum und lacht wie ein Narr vor sich hin. Der Teufel soll Meister und Gesellen holen! –Jetzt aber steige ich nach Haldenegg hinunter und schleppe Hildebrand, den ich schon bei seinen Karten finden weide, am Halskragen zur Arbeit.«
»Ich komme mit dir ins Dorf, Vater,« versetzte Gertrud, »ich will Gritli Geißmann doch mündlich zu dem Eierlesen bitten.«
Auf dem Weg rieten sie hin und her, warum wohl Balz den früheren schönen Eifer für die Arbeit verloren habe; bevor sie aber die Erklärung fanden, erreichten sie im Dorf die Runsbachbrücke und trennten sich.
Schon im Garten des Pfarrhauses traf Gertrud die Pfarrerin und bei ihr die Großmutter Röbis. Die beiden hatten wohl eben über Gritli gesprochen und empfingen den Besuch ziemlich verlegen. Irgend eine Spannung lag in der Luft. Die Miene der zarten und seinen Frau Pfarrer war sauersüß, aus der der alten Frau Heidegger sprach der Verdruß.
»Gritli ist am Montag ins Berner Oberland gefahren,« rückte jene endlich mit der Sprache heraus. »Der Herr Pfarrer, der heute abend zurückkehren wird, hat sie dort bei einem ehemaligen Studienfreund untergebracht, bei dem sie zur Kräftigung ihrer Gesundheit über den Sommer bleiben soll.«
»Ja gelt, Gertrud, du wirst bleich! Wer hat es auf dem Gewissen, daß die Gute nicht in der Heimat hat bleiben können?« brach nun der Zorn der Alten los, »und daß sie vor Weh und Tränen fast nicht in den Wagen zu steigen vermocht hat, der sie hinaus zur Bahn führte? –Doch nur Röbi und du!« In ihren tiefliegenden Augen sprühte der Haß.
Da legte sich die Pfarrerin ins Mittel und gab der Überfallenen die Gelegenheit, sich in äußerer Ruhe zu verabschieden.
Als Gertrud nach dem ebenso kurzen wie verfehlten Besuch den Heimweg antrat, pochte ihr das Herz, daß sie ein paarmal auf der Straße stillstehen mußte.
Gritli, mit der sie jugendlang Freundin gewesen war, ohne ein Wort des Abschiedes aus der Heimat fort! –Das war doch ein qualvoller, schmerzender Vorwurf! –Und warum hatte Röbi, der gewiß um die Reise wußte, ihr nicht davon gesprochen? –War er wirklich der Leichtsinn, dem das Schicksal der treuen Kindheitsgefährtin vor lauter Sorge um das flüchtige Osterspiel gar nicht zu Gemüt ging? Ihr war Gritlis wegen die Eierlese schon halb verdorben.
Als sie daheim angelangt war, raffte sie sich doch zusammen und schrieb mechanisch die Einladungen an die übrigen Mädchen des Dorfes.
Ungewollt warf sie einen Blick durchs Fenster auf die Straße. Dort keuchte im Schweiße seines gedunsenen Angesichts Meister Hildebrand heran, mit ihm Balz und zwei fremde Gesellen; hinter ihnen ging gemächlicher der Vater, dessen Besuch im Dorf also besseren Erfolg gehabt hatte als der ihre.
Nach einer Weile trat er in die Stube: »Ja, mit dem Schreiner hätte ich's im Blei, er hat sich auf meine Fürsprache hin bei Zimmermeister Suterli zwei Arbeiter leihen können. Nun aber, Gertrud, eine ganz verrückte Neuigkeit –rate einmal, wer soll Eierreiter werden?«
Durch seine ehernen Züge zitterte ein heimliches Wettern.
»Doch wohl Röthlisberger,« erwiderte sie.
»Nein, –Balz!« lachte der Freihöfler zornig auf. »Damm hat er den Verstand verloren. Vater Röthlisberger, den ich beim Langholzführen traf, hat mir die Abmachung verraten. Röbi hat heute mit dem Fuhrhalter noch eigens eine Unterredung gehabt, daß er dem Gesellen das Militärpferd überlasse. –Ich bin aber der gleichen Meinung wie Röthlisberger, es sei eine Schande für die Jungmannschaft, wenn ein fremder Geselle der Spielleiter sein muß.«
Gertrud ließ vor Überraschung die Feder fallen, sie rief mit beklommener Stimme: »Nein, das darf nicht sein, Vater! So sprich doch mit Balz.«
»Was hab' ich von dem eitlen Kerl, der so windig ist wie sein Meister!« stieß der Freihöfler in herzlichem Ärger hervor. »Aber wo ist Röbi? –Der Obmann, der zu diesem Stück die Hand bietet!«
»Er ist wegen der Vorbereitungen für das Spiel über Land gegangen,« erklärte ihm Gertrud kleinlaut.
Da erhob sich der Freihöfler: »Ich mag nicht bei den Affen Hildebrands bleiben, ich will sehen, wie Wälti und die Taglöhner die Drainage in der Rohrwiese vorwärtsbringen. –Wer alt wird, erlebt viel, sagt das Sprichwort. Aber ein Mensch wie Balz Eierreiter in Haldenegg! Das ist noch nicht erlebt worden.« In tiefem Mißmut ging er.
Hinter ihm seufzte Gertrud. Wo hatte Röbi den Verstand? –Sie ahnte gleich, daß in der Wahl Balthasars zum Eierreiter nichts als ein übermütiges Spiel mit seiner Leichtgläubigkeit und Eitelkeit steckte. Sie wollte den üblen Scherz von sich aus verhindern und ihm selber die Augen öffnen.
Als sie den ersten Zorn über die Nachricht des Vaters in sich niedergekämpft hatte, ging sie hinaus zu Meister Hildebrand und bat ihn, daß er ihr einen der Gesellen mitgebe, am liebsten Balz, den sie kenne, damit er ihr helfe, einen schweren Korb auf den Dachboden schaffen.
In seiner Verliebtheit an allen Gliedern zitternd, folgte ihr der Geselle, und sie führte ihn in die Stube.
»Der Korb war nur eine Ausrede,« sagte sie, »ich rief Euch, weil ich mit Euch unter vier Augen ernst zu sprechen habe.« In ihrem Ton lag es wie mütterliche Besorgnis.
Da meinte Balz in der Überspannung seiner Seele nichts anderes, als daß ihm Fräulein Freihofer jetzt ihre Liebe gestehen wolle. Seine Augen wurden groß und glänzend und flammten wie im Fieber.
»Wie ich mit Kummer höre,« zitterte ihre Stimme, »wollt Ihr am Ostermontag den Eierreiter spielen. –Hat man Euch zu dieser Rolle überredet –oder habt Ihr Euch freiwillig dafür gemeldet?«
»Freiwillig und Euch zu Ehren,« rief Balz mit einer vor Leidenschaft halb erstickten Stimme. »Macht Euch keinen Kummer um mich, ich reite sicher! Aber wie selig bin ich, daß Euer Mund von Kummer spricht –von Kummer meinetwegen!«
»Ihr mißversteht mich!« zürnte Gertrud, und eine Blutwelle stieg ihr in die Wangen.
Der Verzückte hörte sie nicht.
»O, Fräulein Freihofer,« rief er wie ein Berauschter, »redet doch endlich ein Wort von Eurer großen Liebe zu mir!« -
Gertrud hatte vor Überraschung noch keine Antwort auf sein überspanntes Reden gefunden, da glitt er vom Stuhl auf den Boden, kniete, die langen Arme und Hände wie ein Betender zu ihr erhoben, vor sie hin und flehte: »Fräulein Freihofer, laßt den Engel der Liebe aus dem Himmel Eurer Stirne zu mir herniedersteigen!«
»Kein Wort mehr, Hansnarr, steht auf –oder -!« In bebendem Zorn hob sie die Hand unbewußt zu einem Schlag auf seine Wange.
»Schlagt nur zu!« rief der Liebestolle. »Es tut von Eurer Hand nicht weh, und ich weiß es: Ihr liebt mich ja doch! -«
Da verlor Gertrud die Fassung. Ohne daß sie selber klar darüber war, fuhr ihr die Hand auf die Backe Balthasars hernieder. Sie bereute den Schlag im gleichen Augenblick.
In der Türe aber stand als Zeuge dieses komischen Schauspiels Röbi und brach in ein helles Gelächter aus.
Sein Erscheinen setzte der Liebeswerbung des Gesellen ein Ende. Umständlich rappelte sich Balz mit den langen Gliedern empor und suchte in grenzenloser Verwirrung an Röbi vorbei den Weg ins Freie.
Der aber drängte sich in fröhlicher Laune zu Gertrud; indem er sie umarmen wollte, lachte er: »Sie leben immer noch, die Heldinnen aus der alten Zeit!«
Sie schüttelte ihn zornig von sich.
»Über dich, Röbi, bin ich grad' so empört wie über Balz –nein, noch mehr!« schalt sie, und betroffen spürte er ihren bitteren Ernst.
»Was ist denn geschehen?«
»Ich begreife nicht, wie ihr –ich meine vor allem dich –Balz zum Eierreiter berufen könnt!« grollte sie verächtlich.
»Woher hast du die Neuigkeit?«
»Das wird dir vielleicht der Vater sagen!«
Röbi warf sich in großer Verlegenheit auf einen Stuhl. »Ich bin vom vielen Laufen todmüde,« versetzte er. »Warum wir Balz gewählt haben? –Weil er um die Aufnahme in die Jungmannschaft gebeten hat, weil er sich selber als Reiter meldete, woran wohl der Palmsonntagsritt mit eurem Braunen nicht unschuldig ist, und weil es in allen Dörfern ein Mordsspaß wird, wenn er wie der auferstandene Ritter von der traurigen Gestalt und doch fix auf dem Fuchsen Röthlisbergers einhersaust. Da wird mehr gelacht werden als sonst in einem Jahr, und die Feste sind doch zur Erheiterung der Menschen da.«
Gertrud hatte sich gefaßt, der Ärger aber brannte auf ihren Wangen.
»Besser hättest du dich nicht verraten können, Röbi,« erwiderte sie ihm bitter. »Also Balz ist euch in seiner leiblichen und seelischen Verkümmerung ein Spielzeug, das ihr für den Spott der Menschen eine Stunde braucht und dann wegwerft! Das begreife ich zur Not an den Haldenegger Bauern- und Fuhrhaltersöhnen, aber an dir nicht, du gebildet sein wollender Obmann und Student des Rechts.«
Ihr Hohn weckte den seinen. » Obwohl du dem langen Balz eine Ohrfeige gegeben hast,« lachte er, »scheint er doch in deinem Herzen einen warmen Winkel zu besitzen.«
»Ja,« erwiderte sie ihm mit blitzenden Augen und kampfbereit, »ich liebe ihn wenigstens so sehr, daß ich ihm wünschte, sein glücklicher Nebenbuhler wäre vornehm genug, ihn vor einer offenbaren Lächerlichkeit zu warnen und zu behüten.«
Der Hieb saß. Beschämt suchte Röbi das Gespräch abzulenken: »Ich habe einen Durst, daß mir die Zunge am Gaumen klebt. Darf ich dich um einen Trunk Apfelsaft bitten?«
Sie stieg in den Keller und brachte ihm den Perlenden Most.
Er tränk begierig. Als er das Glas absetzte, sagte er dankbar: »Gertrud, du wirst einmal eine ausgezeichnete Frau. Du bist sogar lieb, wenn du zornig bist.«
In zärtlicher Aufwallung versuchte er sie zu küssen.
Sie aber wehrte ihn ab. »Nein, Röbi, erst wenn du mir Bericht bringen kannst, daß die Wahl Balthasars rückgängig gemacht worden ist. Sonst lege ich auch das kaum übernommene Amt der Eierkönigin nieder. Ich bin gewiß nicht gern dein Quälgeist, aber was hat man für Sorgen mit dir, du großer Junge! Da ist auch Gritli Geißmann! Weißt du, daß sie ins Berner Oberland verreist ist –deinet- und meinetwegen?«
»Jetzt kommt auch das noch!« ächzte Röbi unwirsch. »Ich wollte mich bei dir ein Stündchen von den vielen Laufereien ausruhen, nun soll ich mich verantworten und wieder verantworten. Freilich weiß ich um die Reise. Ich wünsche, daß Gritli sich dort in den Bergen bald mit einem Führer oder Gemsjäger verlobt und ihn heiratet, so haben wir unsere Ruhe.«
»Wie herzlos sprichst du! Mir ist, Röbi, dir sei es im Leben zu gut gegangen, sonst würdest du tiefer mit den anderen fühlen und denken.« Die Sorge beschattete ihre Stirn.
Röbi zog die Uhr und sprang empor. »Herrgott, ich sollte ja wegen Spielverabredungen schon wieder bei Hanstöni sein!«
In diesem Augenblick aber kam der Freihöfler von der Arbeitsschau aus der Rohrwiese zurück. Es war kein guter Blick, den er seinem künftigen Schwiegersohn gab. Um so mehr spürte Röbi die Pflicht, zu bleiben und noch einmal das feurige Eisen in der Schmiede zu sein.
Vor dem Vater verteidigte er die Wahl Balthasars glücklicher als vor Gertrud.
»Ich habe die Schwierigkeiten, einen Reiter zu gewinnen, gar nicht gekannt, als ich vor der Jungmannschaft das Eierlesen in Anregung brachte,« erklärte er, »und ich schäme mich ja selber, daß wir uns mit Balz behelfen sollen. Die Auswahl unter den Burschen ist aber klein. Was für Bauernsöhne in Haldenegg können reiten? Seit das Zweirad aufgekommen ist, nur noch diejenigen, die bei der Kavallerie dienen. Das sind nun bloß Röthlisberger und Ruchegger. Auf den ersteren haben wir gerechnet, aber nun setzt er den dicken Kopf. Was tun? Ihr kennt ja beide die Stierschädel der Fuhrhaltersfamilie.«
»Ihr habt ihm nur zu wenig Ehre angetan,« warf Gertrud ein.
»Zu viel!« schnellte Röbi auf. »Denn damit haben wir den anderen verärgert, den Ruchegger. So blieb uns nur Balz übrig, der sich aus Eitelkeit oder weiß Gott warum als Mitglied der Jungmannschaft und als Reiter angemeldet hat.«
»Vater, wenn du selber mit den beiden Röthlisberger sprächest,« wandte sich Gertrud dringend an den Freihöfler.
Der aber schüttelte zur Erleichterung Röbis, der wohl spürte, in was für eine Sackgasse er geraten war, den schweren Kopf: »Ich will die Jungmannschaft doch nicht so hinstellen, als ob sie nicht aus eigener Kraft ein Festchen veranstalten könnte. Im übrigen hat ja Röbi Recht, wir haben keine Reiter mehr. Während in meiner Jugend ein Ausritt das Sonntagsvergnügen aller Bauernsöhne war, schießen sie jetzt Scheiben, turnen oder fahren Rad. Nur auf ein Pferd setzt sich keiner mehr, –das sind die veränderten Zeiten. Und wenn mir die Wahl des langen Balz auch gar nicht gefällt, so kann ich sie jetzt doch zur Not begreifen. Den Ruchegger sähe ich auch nicht gern auf dem Hof, mit dem Alten stehe ich ja seit dreißig Jahren schief.«
Gertrud mißfiel es, wie der anfängliche Zorn des Vaters in eine halbe Billigung der Pläne Röbis umschwenkte.
»Vielleicht wäre es das gescheiteste, wir ließen das Fest fallen,« versetzte Röbi, doch ohne inneren Ernst. »Ich will mit Hanstöni beraten. Mir selber liegt ja die Wahl des langen Balz auch wie ein Baumstamm in der Quere.«
Gertrud geleitete ihn an die Haustüre und ergriff leidenschaftlich seine Hand. »Röbi, mach die törichte Anbändelei rückgängig!« bat sie mit einem heißen Strahl der blauen Augen.
»Dir zulieb,« erwiderte er mit Herzlichkeit, »dir, du prächtiges Menschenkind!«
Und diesmal kamen ihm die Worte aus dem Grund der Seele. In seiner Abrede mit Balz, die ihn nun zu so mancher niedrigen Ausrede zwang, witterte er plötzlich selber eine Gefahr und verstand es nicht mehr, wie er den einfältigen Gesellen in die Jungmannschaft hatte herbeiziehen können. Wie ein Mensch mit doppelter Seele kam er sich vor, einer lichten, die ihn in alle Höhen des Denkens riß, und einer dunklen, die ihn stets in verfängliche Abenteuer lockte. Und wenn die lieben Menschen auf dem Freihof durch irgendeinen Zufall erfuhren, mit welchen Mitteln der Überredung er Balz in die Rolle des Reiters hineingezwängt hatte, so sahen sie in den Winkel seines Wesens, wo es am geringsten war. Was dann? –Stärker, stets stärker schlug ihm das Gewissen, im Eilschritt, daß der Schweiß auf seiner Stirne peilte, lief er ins Dorf hinab und nicht zu Hanstöni, sondern in die Fuhrhalterei Röthlisberger.
Er fand den Sohn im Stall, und in der Türe verhandelte er mit ihm, wie der unbedachten Wahl eine andere Wendung zu geben sei. »Es bleibt nichts übrig, als daß du reitest, Arnold!«
Er hatte aber nicht umsonst von den Stierschädeln der Fuhrhalterfamilie gesprochen. An den Pfosten gelehnt, die Arme über die Brust geschlagen, hielt ihm der junge Röthlisberger in unheimlicher Ruhe die knollige Stirn entgegen, und in seinem eigensinnigen Gesicht stand der gelassene Hohn über alles, was Röbi in seiner Verlegenheit vorbrachte. »Seit wann gehörst du denn zu denen, die jeden halben Tag ihre Ansichten ändern?« fragte er kalt. »Warst du nicht erst heute bei meinem Vater, um ihn zu bereden, daß er Balz den Fuchsen leihe? –Selbstverständlich wäre ich für das Osterspiel geritten, wenn ihr mir zuerst und allein die Ehre einer Anfrage gegeben hättet. Du hast es aber im voraus anders gewollt, und ich will hinterher nicht der Gutgenug sein. Was abgemacht ist, bleibt abgemacht. Ich überlasse dem Gesellen für die paar Stunden das Pferd und kümmere mich im übrigen nur wie ein Zuschauer um das Spiel.«
Umsonst bot Röbi seine Beredsamkeit noch einmal gegen ihn auf. Röthlisberger zuckte die Schultern, gab stets knappere Antwort und sagte zuletzt: »Ich kann mich nicht länger von meinen Stallarbeiten abhalten lassen –du weißt ja meinen Bescheid!«
In stiller Wut wandte sich Röbi von ihm weg, und sein nächster Gedanke war, bei Ruchegger vorzusprechen, aber er ließ es. War der einfältige Geselle Balz nicht ein Edelmann gegen die beiden Holzböcke? –Er ging auch nicht zu Hanstöni, er lief auf den Freihof und trat atemlos, verwirrt und zerschlagen in die Stube.
»Nun entscheidet Ihr, ob das Eierlesen stattfinden soll oder nicht,« keuchte er. »Ich finde keinen anderen Reiter als Balz.«