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7

Da man in Haldenegg in diesen Tagen nichts von Belang erlebte, sprach man dorfauf, dorfab von dem kommenden Eierspiel auf dem Freihof. Was die Burschen über ihre Pläne verrieten, war Schelmerei und Ulk, doch galt bei den Dörflern so viel als sicher, daß Röbi Heidegger, der Student, die Obmannschaft über das Fest führen und unter seiner Leitung schon etwas Sehenswertes zustande kommen werde.

Sein Name, sein Schmiß und die Ohnmacht Gritlis vor der Kirchentür waren in aller Mund, man sprach auch von einer bevorstehenden Verlobung auf dem Freihof.

Er selbst aber war mit seinen Gedanken vollständig bei den Vorbereitungen für das Spiel, er ergötzte sich im voraus an dem komischen Bilde, das der lange Balz als Reiter gewähren würde. Da werde sich ja in Haldenegg ein Gelächter erheben wie noch nie, seit das Dorf steht, ebenso drüben in Buchen und Büchlisberg. Und im stillen war er noch besonders gespannt, wie es Gertrud aufnehmen und sich aus der Verlegenheit ziehen werde, wenn Balz ihr als verliebter Ritter nahte. Mit ihrem seinen weiblichen Sinn gewiß in einer Art, die ein sonniges Schauspiel gewährte und Balz schonte, –das war sicher; und Röbi freute sich, dabei Zeuge ihres klugen Wesens zu sein.

Auf dem Gang in den Jungwald sprach er seinen Freunden von Balz, und Hanstöni, der Senn, dem jede Schelmerei gefiel, war sogleich einverstanden.

Konrad Erb aber, ein buckliger junger Bauer, von scharfsinnigem Blick und ruhigem, nüchternem Wesen, äußerte Bedenken. Ihm lag es nicht recht, daß ein fremder Geselle bei dem Spiel mitwirken solle, auch warf er Zweifel auf, ob Balz überhaupt reiten könne. Das sei wohl nur eine Großtuerei des halbnärrischen Menschen.

Da erzählte ihm Röbi von den Erlebnissen Balthasars in Westfalen.

»Und trotzdem gefällt mir der Plan nicht,« gab ihm Erb zurück. »Ich denke an Arnold Röthlisberger, der sich wohl schon freut, daß er sich mit seinem schönen Militärpferd als Osterreiter in den Dörfern zeigen darf. Triffst du ihn in guter Laune, so läßt er sich vielleicht von dir bereden, daß er auf die Rolle Verzicht leistet. Hinterher ärgert er sich aber doch heimlich, und wenn er es nicht tut, so sein Vater. An Leuten, welche die beiden aufstacheln, fehlt es im Dorf auch nicht. Dann haben wir in der Gesellschaft, die jetzt friedlich und einig ist, die Verstimmung, die Händel und den Streit.«

Die kluge Rede machte Eindruck auf Röbi. Während er mit den anderen die jungen Tannen schlug, war er fast geneigt, dem Rate des Freundes zu folgen. Im Grund seines Herzens lag es ihm ja nicht so sehr an Balz, und in manchen Augenblicken dachte er mit Unlust an die Bären, die er dem leichtgläubigen Gesellen in überkecker Laune aufgebunden hatte. Und wenn der Freihöfler, dem jede kleine Unwahrheit zuwider war, davon erfuhr, war ihnen das Osterspiel verdorben.

Woher im Grunde der Drang, den harmlosen Menschen durch den ihm zugedachten Ritt lächerlich zu machen? Das wußte Röbi selber nicht so deutlich. Wegen der Komik seiner Gestalt? Nein, weil Balz es wagte, Gertrud seine törichte Verliebtheit zu zeigen, ihr Geschenke anzubieten, ihr Ständchen zu bringen, und weil Vater und Tochter auf dem Freihof den Halbtollen in fast unbegreiflicher Güte verzogen.

Da saß seine Spitze gegen Balz, sie saß in einer ihm selber nicht klaren, vor seinem Verstand unbegründeten kleinen Eifersucht aus dem hintersten Winkel der Seele.

Doch wozu diese Bedenken in der frühlingshaften Schönheit des Waldes, in dem der Sonnenduft zitterte, die Knospen schwollen, die goldenen Himmelsschlüssel blühten, die Schmetterlinge über lichtfreudige Wipfel flatterten und der Kuckuck rief!

Arnold Röthlisberger, ein starker, breitschultriger Bursche, mit knolliger Stirn und derbem Gesicht, der von seinem Vater die Gewohnheit angenommen hatte, daß er stets ein Weißdornzweiglein zwischen den Zähnen hielt, kam mit dem Wagen in den Schlag gefahren, und bald war auch Ruchegger mit seinem Fuhrwerk da, der Sohn eines reichen Hofbauern, in seiner militärischen Stellung Furier beim Train, doch allgemein etwas als Querkopf bekannt und in seinen Ansichten meistens das Widerspiel der anderen.

Röbi gelang es, beide für seinen Plan zu gewinnen. Röthlisberger versprach ihm sogar, Balz den Militärfuchsen für den Ritt zu überlassen.

Der ruhige Konrad Erb hatte ihrer Abmachung schweigend zugehört.

Als er und Röbi, beide die Äxte auf den Schultern, hinter den Tannenfuhren gegen das Dorf schritten, gab er ihm einen langen, stummen Blick des Vorwurfs.

»Ich halte ja deine Ansichten gewiß in Ehren,« begütigte ihn Röbi, »aber wir anderen haben kein so schweres Blut wie du.«

»Und ich bin nicht so blind wie du,« war die kurze Antwort des Buckligen.

Röbi begegnete wegen der Balz zugedachten Rolle noch manchem Widerstand der Burschen des Dorfes, aber die Überredungsmühen hatten für ihn den Reiz der geistigen Stärke. Weder Worte noch Zigaretten reuten ihn.

Dabei schoß es ihm einen Augenblick doch durch den Kopf: Erb hat Recht! Die Geschichte ist gefährlich. Heute noch könnte ich sie rückgängig machen, –ein Wink, und ein anderer als Balz wird Reiter! Morgen ist es zu spät!

In seinem Wesen wallte aber noch allerlei Leichtsinn aus der Jungenzeit.

Gegen acht Uhr stand er auf dem Dorfplatz von Haldenegg, in dessen Mitte ein zweiröhriger Brunnen in ein großes, altertümliches Steinbecken plätschert, und vor dem Sternen, der, ähnlich wie der Freihof gebaut, mit der Kirche und anderen hübschen Gebäuden den an ein Landstädtchen erinnernden Kern des Dorfes bildet.

Hanstöni kam, von allen Seiten langten die Jungburschen an, und bald saßen sie, über die zwanzig, in der heimeligen Hinterstube, die mit den Fahnen, Ehrenbechern und inschriftlichen Erinnerungszeichen der Vereine des Dorfes geschmückt ist.

Stets kamen noch einzelne, halb sonntäglich staffiert, und fast als letzter auch der lange Balz.

Die schon da waren, stießen sich mit den Ellenbogen, manche konnten ihr Lachen kaum unterdrücken. Röbi aber reichte ihm schier freundschaftlich die Hand, und nach einigem Hin und Her wurde der Geselle auf den Antrag des Obmanns gegen die Stimmen weniger Hartnäckigen in die Jungmannschaft aufgenommen.

Er dankte errötend für das ihm erwiesene Vertrauen.

Da erhob sich Röbi, klingelte an sein Glas, und als die Stille eingetreten war, sagte er: »Wir haben also ein Eierlesen auf Ostermontag beschlossen, und ich habe euch die erfreuliche Mitteilung zu machen, daß uns Herr Friedensrichter Jakob Freihofer für das Spiel seine Wiese vor dem Haus überlaßt. Das ist der schönste Festplatz, den wir uns wünschen können! Damit das Spiel einen schönen Rahmen bekommt, sind Hanstöni und ich an der Arbeit, dafür allerlei Gruppen aus unserem Volksleben und unseren Volksbräuchen zusammenzustellen, auch einen Alpaufzug.«

Burschen hoben die Köpfe. »Ei, da hört! Ja, wenn Röbi Heidegger eine Sache in die Hand nimmt!«

Die Gesellschaft geriet in den Bann seiner Beredsamkeit, den wärmsten Bewunderer aber hatte er an Balz.

Dem erschien der Student wie ein junger Gott, er hing an jedem Wort seiner Lippen und empfand das Glück, in eine so lebensfrohe Runde junger Leute aufgenommen zu sein, mit einem sonntäglich schönen Gefühl.

»Wir kommen nun zu den Wahlen für das Spiel und bestellen nach Brauch zuerst die Eierkönigin, die es übernimmt, die Mädchen des Dorfes dazu einzuladen. –Ich gewärtige Vorschläge!« fuhr Röbi fort.

Sein Blick traf den langen Balz.

Einmütig wurde Gertrud Freihofer zur Eierkönigin berufen und nachher ebenso einmütig Hanstöni als Werfer. Der Gewählte, der wegen seiner trockenen und derben Späße bei alt und jung beliebt war, erhob sich, streifte seine Ärmel zurück und ließ mit einer raschen Bewegung seine mächtigen Muskeln springen, mit denen er einen Käselaib von zwei Zentnern leicht aus dem Kessel hob. »Ich glaube, sie tun's noch einmal zum Eierschwingen!«

Wannenhalter wurde Uli Kübler, ein kleiner, hagerer Junggeselle, der mit breit ausgelegten Ellenbogen aus einem kurzen Pfeifenstummel tabakte und nur dünne Arme hatte, dafür hart wie Drahtseile.

Von allen mit großer Spannung erwartet, kam nun die Wahl des Reiters.

»Wer meldet sich?« fragte der Obmann mit unverbrüchlichem Ernst.

Da stand nach einer Verabredung mit ihm Arnold Röthlisberger auf, der selbst während des Sprechens an einem Weißdornzweiglein kaute: »Ich habe mich verpflichtet, das Pferd für das Spiel zu stellen, meinen schönen Fuchsen. Ein solch wertvolles Tier gibt man natürlich nicht gern in fremde Hände. Deswegen schlage ich mich selber als Reiter vor!«

Balz wurde es bange. Hatte ihm Heidegger nicht gesagt, daß der Fuhrhaltersohn darauf laure, sich bei dieser Gelegenheit vor dem Fräulein Freihofer hervorzutun?

Röbi gab ihm einen ermunternden Blick und fragte: »Wer meldet sich noch?«

Balz, der Neuling in der Gesellschaft, war aber zu schüchtern, als daß er sich vorgedrängt hätte.

Dafür erhob sich Albert Ruchegger, der Vierschrötige, und klopfte mit der Faust leicht auf den Tisch: »Ich melde mich auch und habe zwischen zwei eigenen Pferden die Wahl!«

Seine grauen Augen trafen Balz mit einem halb verächtlichen Blick.

Röbi aber wandte sich leise und lächelnd an den Gesellen: »Nun, Bläser?«

Noch einen Herzschlag lang besann sich Balz. Dann schnellte er in der ganzen Länge, die ihm Gott gegeben hatte, empor und stammelte verlegen: »Wenn sich niemand als Reiter angeboten hätte, so hätte ich es getan.«

Seine Gestalt und seine Worte erregten die Heiterkeit der Gesellschaft.

Röbi aber sagte gelassen: »Also, Balz Bläser, ich nehme Euch auch auf die Liste.« Und um ihn vor dem lachenden Spott der anderen zu schützen: »Ich mache daraus aufmerksam, Bläser hat in Westfalen unter jenen Bauernburschen reiten gelernt, die nicht wie ihr erst vor dem Militärdienst ein wenig Proben, sondern mit ihren Tieren verwachsen sind. Er ist selbst auf Husarenpferden geritten!«

Röbi besaß die Fähigkeit, im Tone redlichen Ernstes zu sprechen, wenn er doch selber innerlich lachte.

»Wir haben also drei Anmeldungen.«

»Nein, es sind nur noch zwei,« rief Albert Ruchegger, »ich habe mich anders besonnen. Ich ziehe die meine zurück, ich bin bei dem Spiel lieber Zuschauer und möchte sehen, wie man in Westfalen reitet.«

Dabei gab er dem Gesellen wieder einen spöttischen Seitenblick.

»Ich auch!« rief Arnold Röthlisberger. »Bläser, Ihr seid ja leicht wie ein Schneider und werdet meinen Fuchsen nicht überlasten. Es ist mir ganz recht, wenn Ihr reitet, –mir liegt nicht viel dran.«

Balz staunte ihn an.

Er war vor Neugier wie auf die Folter gespannt und merkte das von Röbi, Ruchegger und Röthlisberger abgekartete Spiel nicht.

Die Verhandlungen drohten in eine breite Unterhaltung hinüberzulaufen, da klingelte Röbi und rief: »Zur Sache! –Wer verlangt das Wort?«

»Ich!« schnellte Röthlisberger empor. »Ich mag anderen auch etwas gönnen –und schlage Balz Bläser als Eierreiter vor.«

Beifall ertönte, und als Röbi rief: »Also –wer stimmt für Balz Bläser?« da flogen die Hände der Gesellschaft unter Scherzen bis auf einen Rest empor.

Die Widersacher Röbis schwiegen.

»Also, Balz Bläser, Ihr seid gewählt,« verkündigte ihm Röbi mit einem freundschaftlichen Lächeln. »Macht Eure Sache gut!«

Balz erschrak beinahe, daß der Abend die ersehnte Wendung genommen hatte.

»Ich danke –ich danke,« stotterte er mit rotem Kopf, ließ die Augen leuchten und achtete kaum auf die lustige Laune, die im größeren Teil der Runde ausgebrochen war, auch nicht, daß es stille Unzufriedene gab, die es unter der Würde der Jungmannschaft hielten, daß er, der fremde und abhängige Geselle, bei dem Fest eine Rolle spielen sollte.

Aus seinem süßen Taumel erwachte er erst, als Röbi sich die Parteien durch das Los scheiden und jeden aus einem Zinnbecken einen gefalteten Zettel nehmen ließ.

Nun waren die Zettel geöffnet.

»Die Partei des Werfers soll sich erheben!« befahl Röbi, und nach einer Weile: »Niedersitzen!-die Partei des Reiters steht auf!«

Die des erprobten Hanstöni und des gewandten Kübler rechneten heimlich sicher auf den Sieg, und die dem Balthasar Zugelosten kratzten sich still in den Haaren; er aber erwiderte den mißtrauischen und zweifelnden Gesichtern mit einem mutigen und herausfordernden Strahl seiner braunen Augen und wandte sich an Röthlisberger: »Dürfte ich heute abend noch Euren Fuchsen sehen? Ich bin furchtbar neugierig auf das Tier!«

»Wenn's nicht zu spät wird, freilich!«

»Am Samstag vor Ostern ist noch einmal Versammlung,« erklärte Röbi. »Verlangt noch jemand das Wort? Nein! So, ich danke euch für euer Erscheinen, und wir wollen uns auf einen schönen Ostermontag, an dem wir durch unser Spiel Ehre einlegen, freuen!«

»Ja, mit einem solchen Reiter!« tönte eine Stimme aus dem Hintergrund.

Da ärgerte sich Balz.

Röbi aber fuhr unentwegt fort: »Wir rechnen auf den guten Willen und die Unterstützung aller, insbesondere auch darauf, daß jeder zu Anstand und Frieden sehe und daß keine Roheiten vorkommen. Wir wollen in Ehren fröhlich sein, damit es bei unseren Alten und in der gesamten Gegend heißt: Ja, die Haldenegger Jungmannschaft versteht es, ein schönes Fest zu veranstalten!«

Damit schloß er die Versammlung.

Ein paar mit der Wahl des Reiters Unzufriedene gingen rasch weg, die anderen aber rückten näher zusammen, tranken und speisten oder sangen sich volkstümliche Neckverse zu, häkelten die Finger ineinander und suchten sich gegenseitig über den Tisch zu ziehen oder zeigten ihre Kraft im Gegeneinanderstoßen der Fäuste, bis die Adern auf den Handrücken hochsprangen.

Hanstöni forderte Balz auf, daß er am Samstag die Ziehharmonika mitbringe und nach der Sitzung der Gesellschaft ein paar Lieder vorspiele.

Das tat dem Gesellen wohl, und er versprach es.

Da fuhr aber Arnold Röthlisberger in die Unterhaltung der beiden hinein.

»Es ist bald zehn Uhr! Wenn Ihr noch in den Stall blicken und den Fuchs sehen wollt, Bläser, so ist es höchste Zeit. Die Rosse, die morgen wieder streng arbeiten müssen, haben die Ruhe nötig. Wenn der Vater über dem Besuch erwacht, gibt es sowieso ein Donnerwetter.«

Seine Mahnung gab fast allen den Anlaß zum Aufbruch.

Auch Röbi; doch war ihm noch nichts am Heimgehen gelegen, und er begleitete mit zwei oder drei anderen Röthlisberger und Balz durch das nur noch von spärlichen Lichtein erhellte Dorf nach der Fuhrhalterei an einer in die Wiesen verlaufenden Nebenstraße.

Im Laternenschein traten sie behutsam in den Stall, in dem acht Pferde der Ruhe pflegten und sich mit faulen Augen nach den Störenfrieden umsahen.

Röthlisberger ergriff den jungen, schönen Fuchs an der Halfter und führte das verwundert widerstrebende Tier aus dem Stall.

»Dort ist der Sattel!« wandte er sich an Balz. »Reitet gleich links in die Wiese hinein, sie dämpft den Hufschlag. Ich mag nicht, daß der Vater etwas merkt.«

Fast lautlos schirrten sie das Pferd, und jeder mußte sehen, daß es für Balz eine vertraute Hantierung war.

Gewandt und schnell saß er im Sattel, tätschelte das ausschlagende Tier, das sich rasch beruhigte und den sicheren Reiter spürte.

Wie ein Nachtgespenst galoppierte er in die Wiese hinein.

»Tatsächlich –der kann's,« urteilte Röthlisberger.

Während sie sich im Flüsterton unterhielten, erwarteten sie die Rückkehr Balthasars.

Da ging die Haustüre der Fuhrhalterei, schwere Schritte kamen –Vater Röthlisberger!

Sie waren doch nicht leise genug gewesen, der wegen seiner aufbrausenden Heftigkeit bekannte Alte hatte sie gehört. Der nur Halbbekleidete polterte sie mit rauher Stimme an: »He, ihr jungen Leute, was gibt es denn da? Seit wann bricht man zu nachtschlafender Zeit in einen Stall und holt mir nichts dir nichts ein Pferd heraus? He –he?«

Der Sohn legte sich ins Mittel: »Ich hab's noch zugegeben, wir proben nur fünf Minuten. Die Sitzung war nicht früher zu End'!«

»Du bist ein Kalb,« zürnte der Vater. Ein Weilchen dauerte der Wortwechsel.

Da kam Balz über die Wiese zurückgesprengt, hielt ahnungslos vor den anderen Burschen und fragte eitel: »Nun, kann ich reiten oder nicht?«

Der dicke, struppige Vater Röthlisberger lachte eine zornige Scholle auf, als er den seltsamen Reiter erblickte. »Himmelherrgottsakrament!« schrie er. »Den Fuchs in den Stall! Da werden wir schon noch ein Wörtchen miteinander reden, ehe der Lange sich auf unser schönes Pferd setzen darf. Seid ihr alle Trottel geworden, ihr jungen Leute von Haldenegg?«

Der auf seine Reiterkünste stolze Balz war aus dem Sattel gestiegen und stand wie begossen vor dem schimpfenden Fuhrhalter.

Der Sohn Arnold führte das Tier in den Stall, die anderen baten etwas kleinmütig um Entschuldigung und wünschten Vater Röthlisberger höflich gute Nacht.

Dann säumten sie noch eine Weile auf der Dorfstraße und plauderten.

Balz war nach dem groben Empfang kläglich zumute, Röbi aber tröstete ihn: »Ich kenne den alten Röthlisberger, morgen läßt er vernünftig mit sich reden. Das besorge ich, und Ihr braucht keine Bangnis zu haben, daß Ihr den Fuchs nicht bekommt. Ich bürge Euch dafür!«

Balz staunte Röbi an, der es unternahm, den wilden Fuhrhalter zu zähmen. Das »Gute Nacht, Heu Heidegger« kam ihm fast verehrungsvoll von den Lippen.

In seinen Träumen schwang er sich auf den Fuchs und erlebte alle Wonnen des Ostermontagrittes im voraus, seine siegreiche Ankunft auf dem Festplatz, den Kranz aus der Hand der Fräulein Freihofer. Ihm träumte so glückselig wie einem Freier von der eben gewonnenen Braut.


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