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XIII.
Basamuna und Mirissa

Hafenbecken von Belligemma. – Westkap. – Rote Klippen von Basamuna. – Wildes Pandanusdickicht. – Zauberhafte Abendstunden. – Ostkap. – Das Fischerdorf Mirissa. – Gastfreundschaft des Häuptlings. – Schöne Singhalesenkinder. – Die roten Lampen. – Prachtvoller Sonnenuntergang.


 

siehe Bildunterschrift

XI.
Blühende Talipot-Palme.

Die große Schirmpalme oder Talipotpalme ( Corypha umbraculifera) ist die Königin unter den Palmen von Ceylon. Ihr weißer zylindrischer Stamm, einer schlanken Marmorsäule ähnlich, erreicht über 100 Fuß Höhe. Die riesige Blätterkrone seines Wipfels besteht aus vielteiligen Blattfächern von 12 bis 16 Fuß Durchmesser (oben rechts im Bilde). Dieser wunderbare Baum blüht nur einmal im Leben; nachdem er 50 oder 60 Jahre erreicht hat, entwickelt sich plötzlich am Gipfel ein riesiger pyramidaler Blütenbusch von 40 Fuß Höhe, aus vielen Tausenden kleiner weißer Blüten gebildet (oben links im Bilde); die Kraft der herrlichen Palme ist damit erschöpft; die Blätter sinken matt herab und verdorren, und nachdem die kleinen Früchte gereift sind, stirbt der Baum ab (S. 128).

Die nächste Umgebung von Belligemma sowohl als auch die weitere Hügellandschaft, die sich daran anschließt, bietet eine Fülle der schönsten Bilder und zeigt den idyllischen und zugleich großartigen Tropencharakter von Südwest-Ceylon in seiner höchsten Vollendung. Die zahlreichen Exkursionen, die ich nach verschiedenen Richtungen in dieselbe unternahm, meistens von Ganymedes und William begleitet, gehören zu meinen liebsten Reiseerinnerungen.

Der reizende Busen von Belligemma wiederholt in Lage, Größe und Form fast genau denjenigen von Punto-Galla; nur ist ersterer um ein Drittel größer. Beide bilden nahezu einen Halbkreis, der nach Süden sich öffnet und an dessen Öffnung sowohl östlich als westlich ein schützendes Vorgebirge vorspringt. Der Radius dieses Halbkreises beträgt bei Belligemma etwas mehr als eine Seemeile, bei Galla etwas weniger; der Mündungsdurchmesser dort 1½, hier nur 1 Seemeile. Der westliche Vorsprung des Hafens, der in Galla das Fort trägt, wird in Belligemma von der Basamunaspitze gebildet, einer äußerst malerischen Hügelgruppe, deren dunkelrotes Gestein mit den seltsamsten Pandanusbäumen geschmückt ist. Das östliche Vorgebirge hingegen, an beiden Orten höher und weiter vorspringend, trägt in Galla das Fort von Watering-Point, in Belligemma den schönen Wald von Mirissa.

Die überraschende Ähnlichkeit zwischen den beiden prächtigen Meeresbuchten wird dadurch noch größer, daß ihr weißer Sandstrand größtenteils vom herrlichsten Kokospark überschattet wird, und daß die roten und braunen Felsen dazwischen mit grotesken Pandanusbüschen verziert sind. Hier und dort erheben sich in blauer Ferne darüber die Bergketten des Hochlandes, unter denen Hay-Cock und Adams-Pik als Landmarken am meisten vorspringen. Ja, diese Ähnlichkeit wiederholt sich in den wundervollen Korallenbildungen beider Hafenbecken. Wie die größten und reichsten Korallenbänke von Galla rings um das Fort sich finden, am Fuße des westlichen Vorgebirges, ebenso auch in Belligemma, rings um den Klippenfuß von Basamuna. Übrigens sind die Korallenbänke des letzteren weniger ausgedehnt als die des ersteren, und der Hafen ist tiefer und weniger klippenreich als dort. Es ist daher schwer zu begreifen, daß der prächtige Hafen von Belligemma nicht längst für die Schiffahrt größere Bedeutung gewonnen hat und daß nicht längst an der Stelle des armen und bescheidenen Fischerdorfes eine reiche und stolze Handelsstadt blüht. Hätte ich in Indien eine Kolonie zu gründen, ich würde nirgends anders hingehen als nach Belligemma!

Basamuna, das Westkap von Belligemma, war mein bevorzugter Lieblingsspaziergang während meines dortigen Aufenthaltes. Wenn ich nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr meine zoologischen Arbeiten beendet und die Beute der marinen Morgenexkursion in den Weingeistgläsern sicher untergebracht hatte, packte ich rasch die Mikroskope und Instrumente in die Allmeira und hing Ganymedes die Patrontasche und die Botanisiertrommel um. William nahm das Gewehr und das Schmetterlingsnetz und ich selbst das Aquarellgerät und Skizzenbuch. Die Basamunaklippe ist nur eine halbe Stunde vom Rasthause entfernt, das am Südende des Dorfes, mitten an der Westseite der Belligemmabai liegt. Der nächste Weg dorthin führt längs des Strandes an einzelnen Fischerhütten vorbei und dann am Rande des Kokoswaldes hin. Das ewig wogende Meer hat hier das lehmige Ufer stark unterwühlt und bringt alljährlich eine Anzahl der edlen Kokosstämme zum Fall; ihre weißen Leichen ragen zum Teil aus dem Wasser hervor, während der braune Wurzelschopf, ausgehoben und rein abgespült, wie ein behaarter Kopf an ihrem Ende sitzt. Eine Menge bunter Strandkrabben ( Ocypode) und Einsiedlerkrebse ( Pagurus) beleben den Strand; letztere verbergen hier ihren weichen Hinterleib nicht wie gewöhnlich in dem Gehäuse einer Seeschnecke, sondern mit Vorliebe in dem stattlichen rotmündigen Hause der großen landbewohnenden Palmenschnecke ( Helix haemastoma). Wenn die Ebbe sehr tief ist, kann man unten um den Felsenfuß des steilen Westkaps herumklettern, über die entblößten Korallenfelsen, auf denen oft viele interessante Seetiere, bunte Schnecken und Muscheln, stachelige Seeigel und Seesterne zurückgeblieben sind. Bei Hochwasser muß man aber hinter dem Kap herum durch den Palmenwald gehen, in dem allenthalben einzelne Hütten mit Brotfruchtbäumen und Bananenschmuck zerstreut liegen.

Ganz überraschend ist dann der Anblick, wenn man plötzlich aus dem Kokoshain heraustritt und inmitten der tiefsten Einsamkeit die dunkelroten Porphyrfelsen von Basamuna vor sich sieht, wild zerklüftete Klippen, an deren Fuß die tobende Brandung hoch emporspritzt. Ihr Rücken ist fast ganz mit Schraubenpalmen oder Pandangs bedeckt, von so phantastischen Formen und so grotesker Gruppierung, wie sie nur die wildeste Phantasie eines Gustav Doré ausdenken könnte. Gleich gewaltigen Riesenschlangen winden sich die verbogenen zylindrischen Stämme durcheinander, unten auf zahlreiche, lange und dünne Luftwurzeln, wie auf Stelzen sich stützend, oben armleuchterartig verzweigt, ihre sparrigen Äste gleich drohenden Armen gen Himmel streckend, am Ende jedes Armes ein schraubenförmig gewundener Blätterschopf. Beim Vollmondscheine gewährt diese gespensterhafte Gesellschaft mit ihren langen und wirren Schatten einen ganz tollen Anblick und es ist begreiflich, daß die abergläubischen Singhalesen nicht zu bewegen sind, sich bei Nacht hineinzuwagen. Ich muß bekennen, daß mir selbst, trotz Doppelflinte und Revolver, ganz unheimlich zumute wurde, als ich einmal beim Vollmond zwischen 10 und 11 Uhr ganz allein in diesem hexenmäßigen Pandanusdickicht herumkletterte: um so mehr, als der treue Ganymed vorher mit den rührendsten Blicken mich gebeten hatte, davon abzustehen. Ein scharfer Westwind warf den silbernen Schaum der Brandung mit Donnergetöse an den schwarzen Klippen haushoch empor, während er oben ein ganzes Heer von getürmten Haufwolken mit fliegender Eile über das dunkle Firmament jagte. Der rasche Wechsel der schwarzen Wolkenschatten und des zauberhaften Vollmondglanzes gab auf den schwimmenden Blätterköpfen und dem verschlungenen Stammgewirr Effekte, wie man sie unheimlicher sich nicht denken kann.

Wenn man sich durch das Pandanusdickicht von Basamuna hindurchgearbeitet hat und auf die frei vorspringende Felsenspitze hinaustritt, erblickt man zur Linken den Eingang in die Belligemma-Bai, im Süden fern gegenüber die Kokospalmen der Mirissaspitze; zur Rechten hingegen eine fein geschwungene Ausbuchtung des Strandes, der dicht mit Kokospalmen gesäumt ist; und über dem letzten nördlichen Vorsprung desselben eine allerliebste Insel mit Gebüsch bewachsen. Von dem Dorfe, von dem uns bewaldete Hügel trennen, ist hinten im Rücken (ostwärts) nichts zu sehen, und keine Spur menschlicher Existenz stört den Eindruck der absoluten Einsamkeit, der diese zauberhafte Meereswarte umwebt. Frei und ungehemmt fliegt der Blick hier über den unermeßlichen blauen Spiegel des indischen Ozeans und würde erst 30 Längengrade weiter westwärts wieder auf Land stoßen, auf ein Land, das in jeder Beziehung das Widerspiel unsrer üppigen Umgebung ist, auf die trockene und pflanzenlose Sandküste der abyssinischen Somali-Neger. Unsre Gedanken aber fliegen noch viel weiter nach Nordwesten; denn die strahlende Sonne sinkt immer tiefer gegen den violetten Meereshorizont, und es naht die bezaubernde Abendstunde; »die hehre Stunde, da mit stillem Sehnen der ferne Schiffer an die teure Heimat denkt«. Heimwärts fliegen unsre Gedanken zu dem lieben Thüringen und zu all den treuen Herzen, die jetzt vielleicht im traulichen Zimmer um die Lampe sitzen und am wärmenden Ofen von dem fernen Indienfahrer sprechen, während tiefer Schnee draußen Berg und Tal in einen weißen Mantel hüllt. Welcher Gegensatz zu unsrer Umgebung! Die rotglühende Sonnenkugel sinkt jetzt wirklich in den Ozean und taucht die roten Felsen, auf denen wir sitzen, in ein wahres Flammenmeer. Wie zart und luftig erscheinen darüber die rosigen Abendwolken und wie prachtvoll der vergoldete Strand mit seinem Palmensaum! Aber kaum finden wir Zeit, das reizende Farbenspiel in raschem Wechsel seiner Töne zu verfolgen, so ist es auch schon vorbei, und die kurze Abenddämmerung eilt mit solcher Schnelligkeit vorüber, daß es schon ganz dunkel ist, ehe wir durch den Palmenwald vorsichtig tastend unsren Rückweg zum Rasthaus suchen.

Ähnliche und doch verschiedene Reize als Basamuna besitzt das gegenüberliegende Ostkap der Belligemma-Bai, das herrliche Mirissa. Um dieses im Segelboot zu erreichen, braucht man bei günstigem Winde vom Rasthause aus kaum eine Viertelstunde; hingegen mehrere Stunden, wenn man zu Fuß längs des Strandes die ganze Bucht umkreist; man muß dann auch die Mündung des Polwattaflusses überschreiten, der an der Nordostecke der Bai in dieselbe mündet. Es war ein wundervoller frischer Morgen, als ich (am 6. Januar) zum ersten Male mich nach Mirissa übersetzen ließ, ausgerüstet mit Proviant für den ganzen Tag, weil ich von dort aus mehrere Exkursionen unternehmen wollte. Das kleine Fischerdorf Mirissa, das »Muscheldorf«, das unmittelbar am Fuße des gleichnamigen Vorgebirges liegt, hat seinen Namen von den zahlreichen Muscheln (sowohl Miesmuscheln als echten Austern) erhalten, welche die Felsen seines Strandes bedecken. Ein großer Zug von sardellenartigen Fischchen beschäftigte gerade die Bewohner, als wir uns dem Dorfe näherten; alle disponiblen Kanoes waren längs des Zuges verteilt und Jung und Alt eifrigst beschäftigt, mit kleinen Handnetzen so viel davon zu erbeuten als möglich. Wir umschifften das malerische Kap, an dessen mächtigen braunen Quaderblöcken sich eine wilde Brandung bricht, segelten noch eine Meile weiter und landeten auf der andren Seite des Kaps in einer kleinen geschützten Bucht. Dann kletterte ich mit Ganymed auf die Höhe des Vorgebirges, den frei vorspringenden »Mirissa-Point«, und durchstrich den schönen Wald, der außen mit Pandanusbüschen gesäumt ist und dessen stattliche Bäume (meist Cedrelen und Terminalien) mit prächtigen Girlanden von Schlingpflanzen behangen sind. Zahlreiche Affen und Papageien belebten dieselben, waren jedoch sehr scheu und ließen mich nicht zum Schuß kommen. Als wir gegen Mittag an den Strand zurückkehrten, bemerkten wir in der Nähe unsres Bootes eine Gruppe von Eingeborenen; der stattliche, an ihrer Spitze befindliche Häuptling, ein hübscher Mann von etwa 40 Jahren, mit sehr sanfter und einnehmender Miene, näherte sich mir in ehrerbietigster Weise und überreichte mir ein hübsches Fruchtkörbchen, mit Mango, Ananas, Orangen und andren edlen Früchten seines Gartens gefüllt, und mit duftigen Jasmin-, Plumiera- und Oleanderblüten rings verziert. Mit ebenso freundlichen als bescheidenen Worten bat er mich, das Mittagsmahl, das ich eigentlich am Strande im Kokosschatten hatte verzehren wollen, in seiner Hütte einzunehmen. Nachdem ich dies dankend angenommen, schickte er einige seiner Leute voraus, um noch Vorbereitungen zu treffen, während ich William und zwei meiner Bootsleute anwies, ihm mit dem Korbe, der unsre kalte Küche enthielt, zu folgen. Ich selbst erquickte mich inzwischen an einem herrlichen Seebade.

Nach Verlauf einer Stunde erschien der Häuptling wieder, gefolgt von einer Schar allerliebster Kinder, die mit Blumen geschmückt waren. Auf einem gewundenen Pfade durch Kokoswald führte er mich in einen Teil des Dorfes, der von letzterem rings umschlossen ist und den ich vorher gar nicht bemerkt hatte. Durch einen niedlichen Garten, dessen Weg mit Blumen bestreut war, gelangten wir zu der stattlichen Hütte des Häuptlings, ganz aus Bambusrohr gebaut und mit Palmenblättern gedeckt. Der Eingang war in der zierlichen Weise, auf die sich die Singhalesen so gut verstehen, mit Ornamenten aus gespaltenen und geflochtenen Palmenblättern verziert. Unter dem breiten Rohrdache, das vor der Hütte eine schattige Veranda bildete, war aus Palmenstämmen und Brettern ein großer Tisch improvisiert und mit den schönsten frischgrünen Bananenblättern bedeckt. Das mitgenommene Mittagbrot war darauf serviert, außerdem aber auch eine große Schüssel voll Reis und Curry, sodann frische Austern, süße Bananen und Kokosnüsse, das gütige Gastgeschenk unsres braunen Wirtes. Der herrliche Appetit, mit dem ich dieselben verzehrte, durch die vorhergehende heiße Wanderung und das folgende Seebad geschärft, wurde dadurch nicht beeinträchtigt, daß die ganze zahlreiche Familie des Häuptlings den Tisch umstand und mit größter Aufmerksamkeit jede meiner Bewegungen verfolgte, während außerhalb des Gartens die braunen Dorfbewohner versammelt standen und aus der Entfernung zuschauten.

Nach Vollendung dieses originellen Mahles, das mir wie Nektar und Ambrosia schmeckte, bat mich mein freundlicher Wirt, meinen Namen und den meines Vaterlandes auf ein Palmenblatt zu schreiben, das er über der Tür seiner Hütte befestigt hatte. Sodann stellte er mir seine ganze Familie vor, nicht weniger als 16 Kinder (9 Knaben und 7 Mädchen), eins immer hübscher als das andre. Nur die älteren, etwa von 12 Jahren an, waren halb bekleidet, während bei den jüngeren ein um die Hüften geschlungener Bindfaden, an dem vorn in der Mitte eine Silbermünze hing, die Kleidung symbolisch andeutete. Arme und Beine waren mit silbernen Ringen geschmückt. Da hatte ich denn die schönste Entwicklungsgeschichte der singhalesischen Körperform in einer Reihe vollendeter Typen vor Augen, um so interessanter, als gerade dieser Teil der Küstenbevölkerung wegen seines reinen Singhalesenblutes berühmt ist und in der Tat wohl sehr wenig fremde Beimischung enthält. Die zierliche und bei den älteren Mädchen ungewöhnlich üppige Körperform, mit auffallend kleinen Händen und Füßen, mochte wohl den größten Teil der zweiunddreißig Eigenschaften aufweisen, die nach den singhalesischen Dichtern zur Schönheit erforderlich sind, vor allem das lange, schwarzlockige Haar, die mandelförmigen Augen, schwellenden Lippen, Busen gleich der jungen Kokosnuß usw. Die Hautfarbe war zimtbraun in verschiedenen Abstufungen, bei den kleinen Kindern heller. Die glückliche Mutter dieser sechzehn hübschen Kinder (eine freundliche, dicke Matrone von 40 Jahren), war offenbar nicht wenig erbaut, als ich ihr durch William meine ästhetische Befriedigung über ihr Familienglück aussprechen ließ.

Nachmittags ließ ich mich von dem Häuptling und seinen älteren Söhnen nach einer kleinen, etwa eine Stunde entfernten Buddhakapelle führen, neben der ein sehr alter heiliger Feigenbaum oder » Boga« ( Ficus religiosa) stehen sollte. Ich fand in der Tat ein Prachtexemplar, neben dem die andren alten Bäume des Waldes wie schlanke Jünglinge aussahen. Sein mächtiger Riesenleib ging oben in zwei gewaltige Arme auseinander, von deren Schultern ganze Büsche langer Lianen gleich einem prächtigen grünen Mantel herabhingen. Andre dichtverschlungene Kletterpflanzen bedeckten das Wurzelwerk des mächtigen Fußes; die weiße Kuppel einer Dagoba und die benachbarte kleine Buddhakapelle nahmen sich daneben ganz winzig, wie Zwerghütten aus. Der Boden rings umher war mit den schönsten Pothospflanzen geschmückt, unter denen der sonderbare Amorphophallus sich durch seine hohen roten Fruchtkolben und mächtigen fiederspaltigen Blattwedel auszeichnete.

Es wurde später Nachmittag, ehe ich zum Dorfe zurückkehrte. Hier fanden wir vor der Hütte des Häuptlings wieder Kokosmilch und Bananen zu unsrer Erfrischung bereit. Die ganze Bevölkerung gab uns das Geleite, als wir zum Boote an den Strand hinabgingen. Der Abschied von unsren gütigen Wirten, welche die liebenswürdigsten Seiten des singhalesischen Volkscharakters in ihrem vollen Lichte gezeigt hatten, wurde mir ordentlich schwer; und ich bedauerte, nicht einige Neu-Ruppiner Bilderbogen bei mir zu haben, um meiner Dankbarkeit vollen Ausdruck geben zu können. In deren Ermangelung schenkte ich meinem freundlichen Wirte mein Taschenmesser und eines von den großen Gläsern, die ich zum Fangen der Seetiere mitgebracht hatte.

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III.
Benyanen-Baum bei Dena-Pitya.

Ein riesiger indischer Feigenbaum oder »Benyan-Tree« ( Ficus indica Urostigma bengalense), in der Nähe des Dorfes Dena-Pitya (S. 255), bildet mit seiner dichten Riesenkrone für sich allein einen vielstämmigen Hain, in dem zahlreiche, von den Seitenästen des zentralen Hauptstammes herabgesenkte Luftwurzeln unten im Boden wieder Wurzeln geschlagen und sich zu neuen Seitenstämmen entwickelt haben. Vorn sind einige zweirädrige Zebukarren sichtbar (Bullock-Cart, Taf. XIV und S. 155).

Kurz vor Sonnenuntergang umschifften wir wieder das Mirissa-Kap und wurden hier mit Eingange der Belligemma-Bai von einem Anblick überrascht, den ich nie vergessen werde. An dem östlichen Ufer derselben, oberhalb Mirissa, springt basteiartig eine Reihe von senkrecht abfallenden, schön geformten, hohen Felsen hervor, deren rote Farbe schon bei gewöhnlichem Tageslichte mit derjenigen frisch gebrannter Ziegelsteine wetteifert. Von ihnen rührt jedenfalls der Ortsname der Bucht her, die »Red-Bay« der älteren Karten. Jetzt im Lichte der untergehenden Sonne leuchteten sie wie glühende Kohlen, während ihre Schlagschatten in reinem Kobaltblau prangten. Ich begriff, warum die Mirissa-Leute sie » Ratu-Pana« nannten, die »roten Lampen«. Der östliche Himmel über diesen Feuerfelsen war blaßgrün, während eine Reihe von geballten Haufwolken in den zartesten Rosen- und Aurorafarben schimmerten. Dazu nun eine warme braungrüne Färbung des Kokos- und Pandanuswaldes, die tiefsten dunkelgrünen und violetten Töne auf der spiegelnden Meeresfläche – das alles gab ein tropisches Farbenkonzert ersten Ranges, wie ich es nie zuvor gesehen habe und auch nie wieder sehen werde.

Eine Farbenskizze, die ich davon an Ort und Stelle im Boote entwarf, kann nur als bloßer Anhalt der Erinnerung dienen. Und doch, was würden die Kritiker der Berliner Kunstausstellung dazu sagen? Jene weisen Leute, die alle effektvollen Landschaften verurteilen, sobald deren Farbenkraft und Formenfülle nicht mehr dem dürftigen Maßstabe unsres armen Norddeutschland entspricht! Haben sie doch einstimmig das prachtvolle Bild von Ernst Körner verworfen, in dem dieser kühne Landschafter einen Sonnenuntergang in Alexandrien ebenso glänzend als wahr darstellte! Und doch verhält sich der letztere zu dem Zauberbilde von Mirissa, wie die dürftige Vegetation von Ägypten zu der üppigen von Ceylon! Aber freilich, was an der Spree nicht blüht, das darf auch nicht in Indien existieren. Hat man doch vielfach die Farbeneffekte von Eduard Hildebrandt »übertrieben« genannt, obwohl sie viel eher zu schwach als zu stark sind. Doch solche Zauberpracht der Natur muß man gesehen haben, um sie zu glauben!


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