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Die Baronin saß bei dem Frühstückstische; neben ihrem Sessel auf einem Tabouret lag ein aufgeschlagenes Buch, in das sie noch einen flüchtigen Blick warf und dann den Kopf herum wandte, den Beiden entgegen, die Hand in Hand in das Zimmer traten.
»Es ist ein Glück,« sagte Frau von Breda lächelnd, »daß du zur Zeit nach Hause gekommen bist. Ich glaube, Eugenie hätte dich heftig gezankt; sie muß einen absonderlichen Appetit verspürt haben, und das schon vor einer Stunde, denn damals meinte sie schon, du könntest wohl nach Hause kommen.«
»Habe ich das gesagt, meine liebe Tante?« fragte das junge Mädchen mit dem Ausdrucke der Ueberraschung.
»Gerade nicht mit denselben Worten,« entgegnete die Baronin, »aber du fragtest mich, ob Onkel George häufig vor dem Frühstück in die Stadt gehe, ob er lange auszubleiben pflege, und dann sahst du auf die Uhr und meintest, es müsse unbedingt später sein, als diese anzeige.«
»O welche Ungeduld!« sprach Baron von Breda, laut und unbefangen lachend. Doch warf er mit der Schnelligkeit des Blitzes einen Blick auf seine Frau, welche aber so gleichgültig wie immer, ohne alle Erregung dasaß und in diesem Augenblicke ihr Papiermesser zwischen die Blätter des Buches legte, um die Stelle nicht zu verlieren, wo sie in ihrer Lecture stehen geblieben. Dabei sagte sie:
»Eugenie ist ein lieber wilder Vogel, der drückend die Mauern des Hauses fühlt, besonders da es sich dem Frühjahr nähert, dessen Vorboten, die warmen Winde, schon den Schnee weggeschmolzen und die Bäche vom Eise befreit haben. Ich glaube, Kind, du beneidest jeden, der draußen im Freien ist. – Wahrhaftig, George,« fuhr sie nach einer Pause fort, während welcher das junge Mädchen sich zu ihr hinab gebeugt und der Baronin mit der vollen Hand über das Haar gestrichen hatte, »wenn es einmal draußen grün ist, so müssen wir an einen Aufenthalt auf dem Lande denken. Dann thut uns unser Wildfang hier nicht mehr gut.«
»Nein, nein, liebe Tante,« erwiderte Eugenie, »Sie thun mir wirklich Unrecht; wo könnte es mir angenehmer sein, als bei Ihnen! Unser Haus wird ja mitten im Grünen stehen, und wenn ich noch mehr will, so kann ich von meinem Fenster nach den Bergen drüben sehen und mir ganz gut einbilden, ich sei dort und eile unter den dichtbelaubten Bäumen hinweg auf dem weichen Moose dahin über Berg und Thal.«
Die Zwei hatten unterdessen Platz genommen und der Baron sagte: »Ich fürchte fast, wenn du zu häufig mit deiner regen Phantasie nach den Bergen hinaus blickst, so wirst du Heimweh nach ihnen bekommen, und wenn das ist, so müssen wir allerdings ein bischen mit dir hinaus gehen, damit du auch die Welt zu sehen bekommst. Nicht wahr, Julie?«
»O ja,« entgegnete Frau von Breda. »Und davon werde ich alsdann auch profitiren. Onkel George ist schwer zu irgend einer Reise zu bewegen, und du kannst dir was darauf einbilden, daß er dir eine verspricht.«
Sie sagte das mit dem besten Humor, und ohne irgend einen anderen Ton in ihre Stimme zu legen.
Während dessen servirte der Kammerdiener die einfachen Schüsseln, aus denen das Frühstück bestand, und Friedrich stand an der Thür, die ins Haus führte, um die überflüssigen Teller wegzutragen.
Eugenie wandte sich nach ihm um, winkte ihm, näher zu kommen, und fragte ihn nach dem Teller mit den Orangenblüthen.
Der kleine Reitknecht hatte denselben auf ein Nebentischchen gestellt und brachte ihn jetzt eilig herbei.
»Siehst du,« sagte der Baron zu seiner Frau, »was Eugenie für Sachen macht! Da bricht sie mir meine kostbaren Blüthen ab, und weiß doch, wie sehr ich mich darüber freue, wenn sie an den Bäumen bleiben.«
Ein plötzlicher Schatten fuhr über die so heiteren und glücklichen Züge des jungen Mädchens, blieb aber keine Sekunde dort, und dann sprach sie fröhlich wie zuvor: »O, Onkel George, du machst nur Scherz. Nicht wahr, es war nicht dein Ernst? Wie sollte ich etwas thun, was dir unangenehm wäre? Gewiß nicht, gewiß nicht! Nein, die Sache ist so: der Gärtner wollte mir diese Blüthen geben, und da rief ich Friedrich, er möchte sie für die Tante auf den Frühstückstisch besorgen.«
Der Groom hatte nicht übel Lust, sich so weit zu vergessen, die Aussage der jungen Dame zu bekräftigen. Doch begegnete er glücklicherweise einem Blicke des Herrn, der zufällig aufschaute, weßhalb er sich beeilte, den schon aufgesperrten Mund schleunigst wieder zufallen zu lassen.
»Ich war im Wintergarten,« fuhr Eugenie fort, »und sprach mit Herrn Brenner; ich erinnerte ihn daran, daß wir uns häufig draußen gesehen, vor Jahren, und daß er mich bei Papa verklagt, als ich einmal die Hunde losgelassen und mit ihnen in den Wald gegangen war, um zu jagen; ich denke noch gerne daran.«
»Und das hat dir damals Freude gemacht, mein Kind?« fragte Frau von Breda. »Sieh, das begreife ich nun nicht. Ich lese gern von den Jagden fremder Länder und kann mich dabei für dieses oder jenes Abenteuer interessiren; auch amusirt es mich, eine gut geschriebene Streiferei durch unsere Wälder in einem Buche zu finden; aber selbst dergleichen mitzumachen – ich weiß wohl, es gibt Damen genug, die das gern thun – das wäre mir unmöglich. Ja, wenn ich einmal im Frühjahr oder Sommer, was zuweilen vorkommt, durch den Wald fahre oder eine interessante Gegend bereise, so macht es mir das größte Vergnügen, dabei aus einer Lecture zu erfahren, was ein Anderer sich beim Betrachten dieses Waldes, dieser Gegend gedacht.«
»Du bist sehr genügsam, Julie,« meinte der Baron, »und glücklich in deiner Genügsamkeit.«
»Ja, glücklich, weil ich im Grunde wenig Bedürfnisse habe; darin besteht das wahre Glück.«
»Wir dagegen,« wandte sich Herr von Breda an Eugenie, »möchten lieber mit eigenen Augen erfahren, wie es in der Welt aussieht, und wollen dann meinetwegen später etwas Gescheidtes darüber lesen, um uns dadurch wiederholt alle schönen Momente ins Gedächtniß zurückzurufen.«
»Es ist schade,« nahm die Baronin nach einer Pause das Wort, »daß du vergangenen Herbst deine Jagden nicht selbst abgehalten hast, wie du das ja sonst zu thun pflegtest. Du hättest ja ein paar Bekannte einladen können, und es würde Eugenie gewiß sehr amusirt haben, einige Zeit da draußen in dem romantisch gelegenen Jägerhause all das Getümmel mit zu erleben.«
Der Baron schaute lächelnd auf das junge Mädchen, und als er sah, wie sie ihn fragend anblickte, zuckte er mit den Achseln und antwortete seiner Frau: »Ja, wenn du eine Freude daran gehabt hättest, Julie, so würde mich das allerdings sehr amusirt haben.«
»Ich?« meinte Frau von Breda. »Gott soll mich bewahren! Du weißt wohl, daß das vollkommen gegen meinen Geschmack ist. Dazu muß man Neigung haben wie Eugenie. Ich versichere dich, Kind,« wandte sie sich an diese, »ein paar Tage lang habe ich es einmal probirt, als hier gebaut wurde und George mich bat; da waren wir draußen auf dem Jägerhause.«
George von Breda spielte mit seinem Messer auf dem Teller und versank, während seine Frau sprach, in tiefes Nachsinnen.
»Es war ein kaltes, unheimliches Wetter, fußhoch lag der Schnee auf dem Boden, sowie dick auf den Zweigen der Bäume und drückte sie ordentlich tief herab. Dazu war die Kälte so stark, daß die Fensterscheiben fast den ganzen Tag gefroren waren. Nun denke dir dazu das alte steinerne Haus, in welchem so lange keine Feuer gebrannt halten – es war unbehaglich über alle Beschreibung. In dem weiten Kamine des großen Salons lagen in Einem fort den Tag über und den Abend die dicksten Baumklötze und flammten und prasselten wie ein Wachtfeuer, und Alles fand sich da schon Morgens früh, namentlich aber bis in die späte Nacht zusammen. Und nicht bloß die Herren Jäger, nein, auch die Hunde hatten da freie Entree.«
Der Baron blickte einen Moment in die Höhe und sah, wie die Augen des jungen Mädchens vor Vergnügen leuchteten, als die Tante dieses für sie so abschreckende Bild entwarf.
»Ich mußte die Wirthin machen,« fuhr Frau von Breda fort, »und mich auch zuweilen den Gästen zeigen. Dabei danke ich nur meinem Schöpfer, daß ich mich nicht überreden ließ, mit der wilden Jagd hinaus zu ziehen. Weißt du noch, George, wie du und Helfenberg mich mit aller Gewalt überreden wolltet, an jenem Morgen mit euch zu reiten?«
Der Baron nickte mit dem Kopfe.
»Ich sage dir, Kind,« wandte sich Frau von Breda abermals an Eugenie, »das hätte dich von all dergleichen Liebhabereien für Zeitlebens curirt. Der Lärm vom frühen Morgen an! Ich war herzlich froh, wenn sie endlich in den Wald hinaus gezogen waren, und war dann erst vergnügt, als ich nach ein paar Tagen die Erlaubniß erhielt, nach Hause zu fahren. – Habe ich übertrieben?« fragte sie den Baron.
Dieser zuckte mit den Achseln und entgegnete: »Jedes nach seinem Geschmack; vielleicht, daß Eugenie doch Freude daran gefunden hätte.«
Während seine Frau vorhin dem jungen Mädchen von dem Försterhause erzählt, hatte sich George träumend mit demselben Gegenstande, nur ganz anders, beschäftigt. Auch er hatte sich in Gedanken nach dem alten Jagdschlosse versetzt und sah den großen Saal vor sich mit seinem weiten Kamine, in welchem die mächtigen Holzblöcke prasselten und flammten; auch die Hunde, welche seine Frau so sehr verabscheute, lagen auf dem Boden, den Kopf auf die Vorderpfoten gedrückt, und in ihren großen, glänzenden Augen strahlte der Wiederschein der Flamme. Eugenie hätte mich begleiten sollen, dachte er dabei. – Und nun sah er das schöne Mädchen auf dem alten Stuhle von geschnitztem Eichenholze ruhen, den Kopf in die Hand gelehnt, mit den lebhaften Augen vor sich hinschauend und gern anhörend, was von der heutigen Jagd erzählt wurde.
Und dann trat der andere Morgen vor seine Phantasie. Der Himmel war klar und die Luft kalt; aber sie erschien lachend mit sanftgeröthetem Gesichte auf der Treppe des Schlosses und schwang sich mit seiner Hülfe in den Sattel. Dann zogen sie dahin, aber er war an dem Tage ein schlechter Jäger; sie plauderte so vergnügt und ritt auch so dicht neben ihm, daß es ihr gar keine Mühe machte, ihre kleine Hand auf die Mähne seines Pferdes zu legen; er drückte zuweilen die seinige darauf, um sie vor der Kälte zu schützen, und so ritten sie einen einsamen Waldpfad, plaudernd, lachend, Eins das Andere anschauend.
So träumte er. Und dann krachte es im Gebüsche, so daß sie sich erschreckt an ihn schmiegte, wo er dann nicht anders thun konnte, als seinen Arm schützend um ihre schlanke Gestalt zu legen.
Da sprang der weiße Hirsch vorbei und schreckte ihn aus seinen Träumereien empor. –
»Nächsten Herbst,« sagte Frau von Breda, indem sie sich von ihrem Stuhle erhob, »mußt du unbedingt die Sache einmal mitmachen.«
»Und dann werden Sie mich begleiten?« fragte schüchtern das junge Mädchen.
»Ich? Nein, Gott soll mich bewahren! Wie schon vorhin gesagt, habe ich an einem Mal vollkommen genug gehabt.«
Sie griff mit der Hand in die Orangenblüthen, nahm ein paar und roch daran.
»Ein wunderbarer Duft,« meinte sie. »Wenn man das riecht und die Augen schließt, so ist es gerade, als wenn man in Italien wäre, ruhend am Meere unter einem der prachtvollen Bäume, die dort im Freien wachsen und ihre weiten Aeste über uns hinstrecken. Ich lese sehr gern darüber.«
»Und ich möchte das gar zu gern selbst erleben,« sagte Eugenie, indem sie ebenfalls eine der Blüthen nahm, sie zwischen ihren Fingern rieb und dann zu Boden fallen ließ.
»Wer weiß,« meinte der Baron, der an den Kamin getreten war und eine Cigarre anzündete, »ob du das nicht noch alles zu sehen bekommst! Du bist jung, dir steht unter gewissen Verhältnissen die Welt offen; wahrhaftig, ich würde mich freuen,« setzte er mit einem eigenthümlichen Lächeln hinzu, »wenn wir uns später einmal wiedersehen und du mir alsdann von all dem Schönen erzählen würdest, was du erlebt – was dich gefreut.«
»Ich danke, Onkel George, für deinen guten Wunsch,« versetzte Eugenie, »aber am schönsten wäre es, wenn wir alles das zusammen erleben könnten. Ich bin überzeugt, die Tante wird sich auch noch einmal zum Reisen entschließen, und, nicht wahr, dann nehmt ihr mich mit?«
Sie warf dabei einen freundlichen Blick auf Onkel George und beugte sich dann nieder, um ihre Tante auf die Stirn zu küssen, die sich in ihren Fauteuil niedergelassen und das Buch wieder ergriffen hatte.
Der kleine Reitknecht hatte unterdessen den Moment wahrgenommen, wo alle Drei dem Frühstückstische den Rücken wandten, sich rasch gebückt und die Blüthe vom Boden aufgehoben, welche die junge Dame so eben zwischen ihren Fingern zerdrückt. Daran wäre nichts Auffallendes gewesen; daß er sich aber dabei scheu umsah und sie alsdann hastig in die Tasche steckte, hätte beinahe die Aufmerksamkeit des Barons erregt, der unabsichtlich in dem Spiegel über dem Kamine die Bewegung des Grooms sah, während er sich seine Cigarre anzündete. Doch dachte er begreiflicherweise nicht weiter daran, um so weniger, da in diesem Augenblicke der Kammerdiener eintrat und den Baron von Fremont meldete, der den Damen seine Aufwartung zu machen wünsche.
Frau von Breda blickte fragend auf den Hausherrn, der die Achseln zuckte und dann dem Kammerdiener antwortete: »Es wird uns angenehm sein.«
Ein paar Minuten darauf wurde die Thür geöffnet, und der Gemeldete trat herein.
Er schien sich den Rath seines Freundes, des Herrn von Tendern, zu Nutze gemacht zu haben, denn er trug eine andere Weste mit weniger auffallenden Knöpfen; auch waren seine Bewegungen äußerst ruhig und sein Gesicht fast ernst, als er sich nach dem Befinden der Frau von Breda erkundigte. Nur während er Eugenien eine tiefe Verbeugung machte, blitzte es so freundlich aus seinem Gesichte, daß seine weißen Zähne sichtbar wurden. Dem Baron reichte er die Hand und ließ sich auf einen Fauteuil nieder, den ihm der kleine Reitknecht auf einem Wink des Herrn von Breda hinschob.
Nachdem Baron Fremont erfahren, daß sich sämmtliche Anwesende des bestens Wohlseins erfreuten, auch dagegen versichert, daß er selbst durchaus keinen Grund zu irgend einer Klage habe, sagte er: »Beinahe wäre ich vor Ihrem Hause wieder umgekehrt, denn ich zog meine Uhr hervor und bemerkte, daß es eben erst Elf vorbei sei; ich fürchtete, Sie beim Frühstück zu überraschen.«
Er hatte bei diesen Worten schon angefangen, die goldene Kette um seinen Finger zu wickeln, ließ sie aber augenblicklich wieder fahren, da er sich noch zur rechten Zeit des Gesprächs von heute Morgen erinnerte.
Die Baronin gab auf Fremont's Bemerkung zur Antwort: »Und wenn Sie uns wirklich beim Frühstück überrascht hätten, so sähe ich darin gerade kein Unglück. Sie hätten vielleicht ein Couvert acceptirt oder sich nichts daraus gemacht, so zu assistiren. Wir hätten auf jeden Fall dabei gewonnen.«
»Gnädige Frau sind zu freundlich für mich gesinnt,« versetzte Fremont geschmeichelt. »Doch hätte ich heute auf keinen Fall ein Couvert acceptiren können, da ich noch vor Kurzem bei Ihnen auf ähnliche Art zum Diner kam. Man könnte ja wahrhaftig glauben,« setzte er lachend hinzu, »ich mache absichtlich zu gewissen Zeiten meine Besuche.«
»Und wenn dem so wäre,« sagte George von Breda in freundlichem Tone, »was läge daran? Auch ich war Garçon und weiß mich aus jenen Zeiten zu erinnern, daß ich bei manchen Bekannten lieber à la fortune du pot speiste, als auf eine förmliche Einladung; vorausgesetzt nämlich, daß mir das Haus angenehm war.«
»Diese Voraussetzung kann für mich nirgendwo vollkommener eintreffen, als hier bei Ihnen,« sagte der Baron mit einer Verbeugung gegen Frau von Breda und indem er einen schüchternen Blick auf Eugenie wagte, die an der Seite ihrer Tante saß und deren Buch in der Hand hielt. »Von allen Häusern, die ich kenne, gibt es gewiß keines, wo ich mich angenehmer und behaglicher finde, als hier hei Ihnen.«
»So beweisen Sie das durch die That,« versetzte Frau von Breda, »und kommen häufiger als bisher.«
Nachdem sich Fremont abermals und sehr freundlich verbeugt, wandte er sich an die junge Dame und sprach: »Mein verehrtes Fräulein, Sie scheinen ja eine eifrige Leserin zu sein; kaum vom Frühstücktisch aufgestanden, haben Sie das Buch schon wieder in der Hand! Das gute Beispiel Ihrer Frau Tante muß sehr auf Sie eingewirkt haben.«
»Ich darf dieses Lob nicht annehmen,« erwiderte das junge Mädchen; »es ist das Buch, in welchem meine Tante gelesen, das ich hier in der Hand halte. Ich möchte aber in der That,« setzte sie launig hinzu, »daß deren vortreffliches Beispiel wirklich mehr auf mich eingewirkt hätte, als es der Fall ist. Nicht wahr,« wandte sie sich an Frau von Breda, »darin muß ich mich noch recht ändern?«
»Das ist Sache des Geschmacks, liebes Kind,« sagte diese. »Es ist nicht Jedermann gegeben, sich so anhaltend und unaufhörlich mit Lectüre zu beschäftigen. Ich bin sogar weit entfernt davon, dies als allzu vortheilhaft für uns selbst, noch weniger aber als angenehm für die Umgebung zu bezeichnen. George hat mich früher oft darüber gezankt.«
»Das ist wahr, mein Kind,« mischte sich der Hausherr ins Gespräch; »aber bei den vielen vortrefflichen Eigenschaften, die du hast, kann man dir den kleinen Fehler der Lesewuth allenfalls zu Gute halten. Und doch hat es mich anfänglich einigermaßen genirt.«
»O, er sagt: anfänglich, dieser gute George!« lachte Baron Fremont, »das glaube ich wohl. Verzeihen Sie mir, gnädige Frau, aber es muß auch für einen jungen Ehemann ziemlich fatal sein, wenn er sieht, daß sich sein besseres Ich den Büchern mehr zuwendet, als seiner eigenen liebenswürdigen Persönlichkeit. Hahaha! das würde mich sehr verdrießen!«
Er ließ bei diesem Lachen alle Zähne sehen, wickelte seine Uhrkette auf und ab, ohne sich des Wortes des Herrn von Tondern zu erinnern, und setzte lustig hinzu: »Also, Baron, das kann einen anfänglich recht geniren?«
Herr von Breda zuckte mit den Achseln und entgegnete in etwas trockenem Tone: »Das kommt eigentlich alles darauf an, ob man mit sehr viel Anforderungen in die Ehe tritt.«
»Nun, das sollte ich doch meinen,« sagte Baron Fremont; »ich für meinen Theil würde, glaube ich, mit ziemlich vielen auftreten, dagegen aber auch die meiner zukünftigen Frau auf ehrliche und redliche Weise zu erfüllen suchen.«
»Ja, lieber Fremont,« versetzte lachend der Hausherr, »du bist auch ein ganz vortrefflicher Charakter, eine Ausnahme von jeder Regel, und wie ich dich kenne, könnte dich auch nur die heftigste Liebe dazu bewegen, eine Frau zu nehmen, obgleich du beinahe alt genug wärest, um diesen vernünftigen Gedanken auch unter etwas weniger Leidenschaft zu fassen.«
Der Baron seufzte ein klein wenig und blickte zu Boden, doch wagte er es nicht, die junge Dame anzuschauen; denn er fühlte wohl, daß das Auge seines Freundes forschend auf ihm ruhte.
»Bei alle dem bin ich überzeugt,« nahm Frau von Breda mit sehr gutmüthigem Tone das Wort, »daß der Baron ein vortrefflicher Ehemann werden wird; er ist häuslich, er führt als Garçon ein sehr geregeltes Hauswesen, und seine Aufmerksamkeit gegen die Damen ist genugsam bekannt. Wahrhaftig, Herr von Fremont, wenn ich noch viel in die Welt ginge, so würde ich mich damit beschäftigen, für Sie eine Frau zu suchen. Ich glaube, man kann Sie mit gutem Gewissen empfehlen.«
»Und ich bin überzeugt,« antwortete schnell der Baron, »daß Ihre Hand glückbringend ist und es für mich vom größten Segen wäre, wenn Sie sich meiner in der That annehmen wollten.«
Er lächelte dabei verbindlich, schaute aber die Baronin mit einem so eigenthümlichen Blicke an, daß die kluge Frau alsbald verstand, hinter seinen Worten stecke etwas mehr als gewöhnliche Galanterie.
»Das brauchst du ihr nicht ernstlicher zu sagen,« bemerkte heiter George von Breda; »ich versichere dir, eine Heirath zu Stande zu bringen, ist für jede Dame eine der liebsten Beschäftigungen, und wenn du dir meine Frau zur Unterhändlerin erbittest, so läßt sie, wenigstens für eine Zeit lang, selbst ihre Bücher im Stich und begibt sich sogar wieder in die Gesellschaft.«
»Das würde ich auch thun,« meinte die Frau vom Hause. »Vertrauen Sie mir ganz, Baron,« setzte sie lächelnd hinzu, indem sie sich in ihren Fauteuil zurücklehnte und die Hände über einander legte.
Eugenie hatte das Buch ihrer Tante geöffnet und las mit großer Aufmerksamkeit darin.
»Es scheint,« sprach Baron Fremont etwas verwirrt, »Sie nehmen meine leichte Aeußerung von vorhin für Ernst. Ja, wenn ich so die Sache recht betrachte,« fuhr er nach einer Pause fort, während welcher er vergeblich versucht, in das Auge des jungen Mädchens zu blicken, »so ist es doch so allein in der Welt ein zweckloses Leben. Gewiß, gnädige Frau, ich will diese Angelegenheit recht aufmerksam überlegen, bin aber versichert, wenn ich eines Tages vor Sie hinträte und Sie um Ihre Hülfe bäte, da würden Sie sich Ihres halben Versprechens gar nicht mehr erinnern wollen.«
George von Breda, den dieses Gespräch etwas Weniges langweilen mochte, ging an die Thür des Wintergartens, um seine ausgebrannte Cigarre in einen auf der Terrasse stehenden Kübel zu werfen.
Das junge Mädchen, bisher sehr vertieft in ihre Lectüre, hob den Kopf etwas in die Höhe und blickte Onkel George nach, was aber Baron Fremont nicht zu bemerken schien; denn er hatte sich bei den letzten Worten, die er sprach, gegen die Baronin gewandt, welche ihm jetzt zur Antwort gab:
»An meinem guten Willen soll es gewiß nicht fehlen, bester Baron. Aber ich bemerkte vorhin, daß ich gar nicht mehr in die Welt gehe und deßhalb aus allen Connexionen bin, sonst –«
»Dieses Sonst,« unterbrach Baron Fremont die Dame etwas auffallend lächelnd, »ist mir genug, und nehme ich es als ein Versprechen Ihrer Hülfe an. Also wenn ich einstens um Ihre Vermittlung nachsuche, und Sie können mir Ihre Hülfe leihen trotz Ihrer wenigen Connexionen, so wollen Sie bereit dazu sein?«
»Mit größtem Vergnügen,« entgegnete Frau von Breda, »und möchten Sie nur recht bald kommen!«
Obgleich dieses Gespräch im Tone scherzhafter Conversation geführt worden, so war es doch der Frau vom Hause, als klinge durch diesen Scherz etwas Ernstes, und nach dem letzten Worte, das sie gesprochen, blickte sie forschend auf den Baron, der den Kopf erhoben hatte und augenscheinlich mit großem Interesse nach Eugenien hinblickte, die jetzt, wo die Unterhaltung der Beiden einen Moment stockte, das Buch sinken ließ und zu ihrer Tante sagte:
»Sie müssen mir diesen Band später einmal erlauben; ich habe da eine wirklich interessante Schilderung einer Besteigung des Aetna angefangen.«
»Also lasen Sie dennoch?« fragte der Baron, und man hätte glauben können, einen etwas pikirten Ton zu vernehmen, wenn seine Frage nicht mit einem freundlichen Lachen begleitet gewesen wäre.
»Ich vergaß wahrhaftig, dir eine Cigarre anzubieten,« sagte der Hausherr, von der Terrasse zurückkommend. »Verzeihe mir und mache meinen Fehler wieder gut, indem du so schnell wie möglich eine nimmst.«
»Hier bei den Damen nie,« erwiderte galant der Andere; »wenn du mir aber erlaubst, einen Blick in deinen Wintergarten zu werfen, so acceptire ich mit großem Danke.«
Dabei hatte er sich erhoben und nahm eine Cigarre, die ihm George von Breda augenblicklich reichte, indem dieser dabei sprach: »Das versteht sich von selbst, wenn es dir Vergnügen macht; der Garten fängt an, sich wieder zu beleben, die warme Sonne bricht schon mächtig herein und zaubert uns hier einen Vorfrühling.«
»Gib mir mein Buch, liebe Eugenie,« sagte die Tante. »Der Baron wird mich entschuldigen. Du kannst auch mit den Herren gehen, wenn du willst.«
Das junge Mädchen schaute einen Moment in die Höhe, und ihre Augen trafen zufällig einen Blick von Onkel George, worauf sie der Frau von Breda das Buch reichte, sie auf die Stirn küßte und dann an der Seite des Hausherrn, der den Baron Fremont voranließ, der Terrasse zuging. Dabei legte sie leicht ihre Hand auf seine Schulter.
Die Drei traten in den Wintergarten, und Baron Fremont ließ sich mit einer bewundernswürdigen Geduld wieder einmal die ganze Einrichtung desselben, so wie jede neue Pflanze und alles, was in den letzten Tagen empor geblüht war, zeigen.
Es gehört in der That viel Freundschaft und guter Wille dazu, einem Gartenliebhaber in seinem Enthusiasmus nur halbwegs zu folgen; denn alles das, was dieser mit dem größten Interesse betrachtet und uns zeigt, sehen wir für etwas sehr Gewöhnliches und schon oft Dagewesenes an. Für uns ist die Hyacinthe oder die Rose eines fremden Gartens eben nur eine Blume wie jede andere; wir kennen ja nicht die Geschichte ihres Lebens, daß zum Beispiel das Tiefe, Dunkelblaue der Hyacinthe etwas ganz Abnormes ist, und daß der Rosenstock, der jetzt so freundlich blüht, kaum von einer langwierigen Krankheit erstanden ist, und daß ihm nur durch die sorgfältigste Pflege das Leben gerettet wurde. Für den Gartenliebhaber ist das aber von nicht minderem Interesse, als daß jetzt die großen Fenster des Gewächshauses hermetisch schließen, und daß der Springbrunnen, dessen Röhren auf unbegreifliche Art hartnäckig verstopft waren, nun wieder seinen klaren vollen Strahl lustig in die Höhe wirft. Für uns aber ist das ebenso gleichgültig, als wenn wir erfahren, daß der Sand unter unseren Füßen außerordentlich weit hergeholt werden mußte, und daß die Tulpen nicht recht gediehen sind, weil der Gärtner sie nachlässiger Weise in ein Beet gesteckt, dessen Erde sauer geworden.
Der gute Baron Fremont hatte es aber bei seinem Spaziergang durch den Wintergarten mit zwei Enthusiasten zu thun; denn an all die Sachen, auf die ihn der Hausherr nicht aufmerksam machte, vergaß Eugenie nicht, diesen zu erinnern. Und da kamen ganze Geschichten über eine kränkliche Rose, über die Farbe der Hyacinthen, über nicht schließende Fenster und alles, was wir vorhin erwähnt, zum Vorschein. Dabei war es indessen sonderbar, daß sich Baron Fremont heute all der unbekannten Sachen lebhafter erinnerte, als er je zuvor gethan.
Das junge schöne Mädchen war aber auch gar zu reizend in ihrer Natürlichkeit, in ihrer kindlichen Freude über irgend ein Pflänzchen, zu welchem sie sich niederbeugte, über eine frühe Rose, die sie, Gott mochte wissen, zum wie vielten Male, mit der größten Bewunderung betrachtete und mit ihren frischen Lippen fast berührte, über das klare Wasser des Springbrunnens, in das sie leicht ihre weißen Finger tauchte, kurz, über alles, was sie sah und worauf sie nur irgend die leuchtenden Blicke ihrer schönen glänzenden Augen warf. Und wie anmuthig und elastisch schwebte sie jetzt mit ihrer feinen und doch wieder so vollen Gestalt vor den Beiden dahin; wie war Alles an diesem wunderbaren Wesen so voll Symmetrie! Welch ein Duft der Frische, Lieblichkeit und Unschuld lag um ihre Gestalt, glänzte von ihren Lippen, aus ihren Augen, aus ihrem vollen dunklen Haare!
Als Baron Fremont sie so betrachtete, sich innig über ihr Wesen freute und dabei dachte, warum er eigentlich am heutigen Morgen den Besuch gemacht, da begriff er nicht, wie ihm früher alle diese Vorzüge, die ganze Lieblichkeit des jungen Mädchens entgangen waren. Wahrhaftig, es verursachte ihm ein gewisses bitteres Gefühl, wenn er an seine Verhandlungen mit Tondern dachte und sich jenes Testamentes erinnerte, durch welches er sich erst veranlaßt gesehen hatte, sich Eugenien zu nähern. Er schämte sich fast bei diesem Gedanken, und zuweilen stieg, wenn auch sehr leise, der Wunsch in ihm auf, er möchte lieber gar keine Kenntniß haben von dem Vermächtnisse des Grafen. – Und gleich darauf machte ihm eben das Vermächtniß wieder zu schaffen, ja, er konnte sich nicht verhehlen, daß er eine kleine eifersüchtige Regung fühlte. Was konnte Helfenberg veranlaßt haben, einer jungen Dame, die er so wenig kannte, den größten Theil des Besitzthums, worüber er disponiren konnte, zu hinterlassen?
Als er so dachte, betrachtete er anscheinend mit großer Aufmerksamkeit einen riesenhaften Camelienbaum, den ihm George gezeigt und der, mit Hunderten roth geschwellter Knospen bedeckt, fast bis an das Dach des Glashauses stieß; in Wahrheit aber schaute er bei den Zweigen vorbei auf Eugenie, die sich an der anderen Seite befand, ihre Hände zusammengelegt hatte und mit dem Ausrufe: »Das ist doch in der That wunderbar schön!« das Gesicht erhob und, von einzelnen Lichtern der durch die Blätter hereinbrechenden Sonne übergossen, wie verklärt dastand, wie eine himmlische Erscheinung, wie ein Wesen aus einer anderen, glücklicheren, reineren und besseren Welt.
Bei diesem Anblick beantwortete er sich selbst die Frage, mit der er sich vorhin beschäftigt, und sprach zu sich: Beim Himmel! wenn ich ein so trauriges Loos hätte, wie der arme Graf Helfenberg, und dieses Mädchen einmal so sähe wie jetzt, da würde ich ihr am Ende auch mein bischen Vermögen hinterlassen, um ihr eine sorgenfreie Existenz zu bereiten.
Auch George von Breda hatte Eugenie einen Augenblick lächelnd betrachtet, und bei diesem Lächeln erinnerte sich Fremont an die Vermuthungen Tondern's, die dieser neulich bei Helfenberg ausgesprochen.
Bah! sprach er zu sich selber, Tondern ist ein exaltirter Mensch wie immer, ein Narr. Ich möchte seine Augen sehen, wenn er ein so prachtvolles Mädchen im Hause hätte. Daß man die mit Wohlgefallen anblicken muß, versteht sich doch von selbst, und daß da Einem das Herz warm wird, wenn man sie anschaut, nicht minder. Ja, wahrhaftig, ich traute Keinem in der ganzen Welt, als gerade George von Breda, diesem kalten, theilnahmlosen Menschen. – Was das andere Geschlecht anbelangt, setzte er hinzu, da war er immer ein Klotz, ein Eiszapfen, der wilde George. Ja, wenn man ihn so hoch zu Pferde dahinfegen sah, oder wenn er in eine Gesellschaft trat mit der ritterlichen prachtvollen Gestalt, dem schönen Kopfe mit der hohen ernsten Stirn, da mußte man unwillkürlich denken: das ist ein vollkommener Eroberer, ein ganz gefährlicher Kerl. – Und was hat es ihm genützt? Freilich ging er auch kalt und stolz bei den schönsten Mädchen vorüber und gab sich nicht einmal die Mühe, die bezeichnendsten Blicke der prächtigsten Weiber freundlich zu beantworten. – Es war seine Schuld. – Was hat der Eroberer erobert? Eine Frau, die ziemlich älter ist als er. – Allerdings eine brave, charmante Frau – sehr reich, aber ernst und unerquicklich. – Und wenn der wilde George in der That nicht so ein gefühlloser Kerl wäre und hier Feuer gefangen hätte, da brauchte man nur das ruhige, sinnige Auge jenes Mädchens zu betrachten, um aller Besorgniß enthoben zu sein. – Nein, Tondern, du hast eine schlimme Zunge, du bist und bleibst ein boshafter Kerl. Das ist ein herrliches, liebenswürdiges, wunderbar prächtiges Mädchen. – O meine zweitausend Thaler! seufzte er nach einem vollkommen verständlichen Ideengange.
Wenn auch Baron Fremont in solche Gedanken vertieft neben George von Breda und Eugenien ging, so verhinderte ihn das doch nicht, der jungen Dame von Zeit zu Zeit ein galantes, liebenswürdiges Wort zu sagen und die Bemerkungen des Hausherrn mit: »charmant! superb! magnifique!« zu beantworten und diesen so auf den Gedanken zu bringen, als interessire er sich in der That für Rosen, Hyacinthen, Gewächshaus-Fenster, springende Wasser, Sand im Wege und saure Erde, was Breda gar nicht erwartet.
Endlich traten die Drei wieder über die Terrasse in den kleinen Eßsalon zurück, wo Baron von Breda überrascht war, seine Frau noch immer lesend am Kamine zu finden. Gewöhnlich zog sie sich gleich nach dem Frühstück in ihr Zimmer zurück, selbst wenn der Hausherr Besuch von irgend einem seiner Freunde hatte.
Baron Fremont ergoß sich in Lobeserhebungen über den prachtvollen Wintergarten, über den magnifiquen kleinen Eßsalon, über das ganze Haus, wo man immer etwas Neues und Schönes finde, und sagte am Schlusse seiner zahlreichen Complimente, während er hartnäckig die goldene Kette um den Zeigefinger herum wickelte und zugleich seine Zähne wie die eines Negers blitzten: »Es hat mir aufs Neue wieder so wohl bei Ihnen gefallen, gnädige Frau, daß ich, vielleicht nicht zu Ihrer angenehmen Ueberraschung, recht bald wieder erscheinen werde. Und dann,« setzte er süß lächelnd hinzu, »werde ich vielleicht in der vorhin erwähnten Angelegenheit von Ihnen Rath, vielleicht auch Hülfe verlangen.«
Die Baronin verbeugte sich sehr freundlich, und George von Breda sagte: »Wenn das dein Ernst sein sollte, lieber Freund, so thu mir die Liebe und wähle eine Stunde, wo ich nicht zu Hause bin, denn du weißt –«
»O, ich weiß vollkommen,« fiel ihm der Andere ins Wort. »Diese Erinnerung hättest du dir sparen können, ich werde mir alsdann eine Audienz bei deiner Frau erbitten.«
»So ist es recht, Fremont, ganz allein,« antwortete der Hausherr.
»Ganz allein,« sprach die Baronin. Und da Baron Fremont zu seinem Erstaunen zu finden glaubte, daß etwas wie eine Frage in ihren Worten lag, so versetzte er mit einem Blick auf Eugenie, welcher der Frau des Hauses nicht entging:
»Auf keinen Fall darf George bei unserer wichtigen Unterredung zugegen sein.«
Herr von Breda schüttelte ihm lachend die Hand, und Fremont ging fort, nachdem er sich bestens bei den Damen empfohlen.