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Prolog
Das 1911er Jahr, Der Orkus will's verschlingen. Drum, was es bracht' und was es war, Der Dichter mag's besingen! Es war ein Jahr, ereignisvoll, Ein Jahr der Kraft und Glorie, Gewitterschwanger, tatentoll, Ein Jahr der Welthistorie! Kein ander Jahr ist bald ihm gleich An Streben und Erraffen, Und unser liebes Österreich Hat wacker mitgeschaffen! |
Erster Gesang
(Der Panther und die Paulin')
Der Sturm zog auf im Deutschen Reich, Dort hat es angefangen, Dort ist der Tanz gewittergleich Unheimlich losgegangen. Der »Panther« schwamm gen Agadir, Wo alles kam ins Wanken, Und hielt das deutsche Reichspanier In seinen starken Pranken. Die Zähne zeigt' er, prachtvoll dicht, Den beutelust'gen Welschen; Man sollt' den fetten Bissen nicht, Marokko, ihm verfälschen! Und wenn's ihm auch nicht glückte ganz, Was er sich gern erzwungen – Ein saftig Stück des schwarzen Land's Hat er dann doch verschlungen! Uns indes in Österreich |
Zweiter Gesang
(Der Zug nach Afrika und die Fahrt durch Wien)
Auch Mariann', la République, Wo zierlich sonst die Sitten, Und nur regiert Elan und Chic, Hat tapfer mitgestritten! Der elegante Gallierhahn Legt' Wert darauf zu beweisen, Daß sein Gekräh' kein leerer Wahn, Daß er aus Stahl und Eisen. Er forcht sich nicht im ernsten Zwist, Benahm sich forsch und förscher, Heut' kräht auf dem Marokkomist Er als Alleinbeherrscher! Uns indes in Österreich |
Dritter Gesang
(Die Cyrenaica und die Hermin')
Italien selbst der Wunsch beschlich, Zu fliehn die Makkaroni, Zu holen aus dem Feuer sich Die heißesten Maroni! Die Bersaglieri zogen aus Zu Taten, übergroßen; Dem Halbmond galt's im harten Strauß Die Hörner abzustoßen! Das Kreuz zog aus gen Tripolis, Wo man im Geist bereits war, Noch heute weiß man nicht gewiß, Ob's nicht – ein böses Kreuz war, Doch ob auch stark die Hand verbrannt, Die übers Meer sich streckte, 's wird schon Italien in der Hand Was bleiben im Effekte! Uns indes in Österreich |
Vierter Gesang
(Der Halbmond und die Kabinette)
Aus jahrzehntelangem Schlaf Wachten auf die Halbmondleute, Und so schwer es sie auch traf, Sie bewährten sich im Streite. Ihre Feinde, wie im Bann, Saßen nicht sehr fest im Bügel, Es versetzt der kranke Mann Ihnen sehr gesunde Prügel! Ob's nun endet bös', ob gut, Eins muß man am Türken loben: Daß gesunken nie sein Mut, Hat ihm sein Prestige gehoben! Uns indes in Österreich |
Epilog
Lache, du mein Österreich! Wieder warst du allen gleich, Voller Kraft wie immerdar Warst du auch in diesem Jahr. Reden machtest du von dir In der Politik wie früh'r, Manchen tapfern Männerstrauß Focht man da im Reichsrat aus! Ja, bei uns im Parlamente Kämpft man kühn durch Argumente, Hei, wie streiten, Gott befohlen, Da die Deutschen gegen Polen, Ja, selbst Deutsche gegen Deutsche, Ja, sogar per Hundepeitsche! Obenan an Temp'rament Steht halt unser Parlament! Dann die Kunstbegeisterung Stand ja stets bei uns in Schwung! Was nur an Kulisseng'schichten Unsre Zeitungen berichten, Haben wir mit gier'gen Zungen Heuer wie schon stets verschlungen! Wenn Soubretten heiser sind, Weint der Wiener wie ein Kind, Und er sucht im Zeitungsblatt, Ob sie sich erholt schon hat, Er frohlockt, wenn man's getratscht hat, Wie sie wieder jüngst gewatscht hat, Und ist selig, wenn er weiß, Wie dann bei Gericht der Preis! Denn der Wiener hat bewahrt Streng sich seine Eigenart: Nicht die Kriege sind sein Faible, Nein, sein Freund ist nur – der Lebl, Seiner Wünsche Feuerwerk Heißt: Wo speist der Pallenberg? Nicht die wirtschaftlichen Kämpfe, Heißen Ringens Pulverdämpfe, Nicht das Kraftgefühl des Strebens Ist das Endziel seines Lebens, Nein, die Fülle des Begehrens Ist ihm der Friseur der Zwerenz, Und noch eins ihn int'ressiert, Wer den Kutschera rasiert? Schlafe, du mein Österreich, Denn wer tut's dir darin gleich? In der wundervollen Ruh', Welch ein Philosoph bist du! Denn nur wenn die Wünsche sterben, Ist das wahre Glück zu erben! Nichts ersehnen, nichts erringen, Nichts erstreben, nichts erzwingen, Nichts erraffen mit Gefahren, Nur das Alte sich bewahren: Selige Zufriedenheit, Österreichs Gemütlichkeit! |