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Das Dümmste, was es für mich gibt,
Ist jedenfalls ein Mann, der liebt.
Man nennt zwar Liebe sittlich-ländlich,
Mir ist die Sitte unverständlich.
Ich kann begreifen, daß man ißt,
Daß man im Trunke sich vergißt,
Denn beides ist doch ein Genuß,
Und mag man nicht mehr, macht man Schluß;
Man wischt vergnügt sich das Gesicht
Und sagt sich: »So! Mehr brauch' ich nicht;
Ich hab' genug, ich fühl's genau!«
Probier'n Sie das bei einer Frau!
Natürlich mein' ich nicht so eine,
Die man für ein paar Edelsteine,
Von heißer Sehnsucht überkommen,
Terminsweise an sich genommen,
Und die man, wenn man ausgesündigt,
Mit Kälte, wenn auch höflich, kündigt!
Denn so wie sich in kurzen Stunden
Derart'ge Damen eingefunden,
Genau so rasch sind sie verschwunden,
Wenn man sie halbwegs abgefunden!
Nein, die Empörung meiner Worte
Trifft eine andre Frauensorte:
Ich mein' die Frau, die man bei Kohn trifft,
Die Dame, die man im Salon trifft,
Die bürgerlichster Natur is'
Und sich auf Grund des corpus juris
Dem Mann, an den sie sich gedrängt hat,
Gesetzlich an den Hals gehängt hat;
Die Frau, die klug, die Frau, die schlau ...
Mit einem Wort: die Ehefrau!
Hier ist ein Aufhör'n ausgeschlossen!
Und bist du noch so sehr verdrossen,
Und ob von inner'm Grame bebst du – – –,
Da ist der Trauring, und da klebst du!
Und willst du los, dann geht's dir schlecht,
Denn Eherecht ist Eherecht!
Oft hab' ich drüber nachgedacht:
Wie wird die Eh' zustand' gebracht?
Wie kann ein Mann, der nicht besessen,
So blind und maßlos sich vergessen,
Sich selber seine Ruh' zu stehlen
Und ausgerechnet zu vermählen?
Es gibt, als ob's nicht jeder wisse,
Doch so viele andere Genüsse,
Und solche, die sich jeder Mann
Bei weitem leichter leisten kann!
Man kann z. B. täglich jodeln!
Man kann auch in St. Moritz rodeln!
Man kann ein Trauerspiel verfassen,
Man kann sich aber auch taufen lassen,
Man kann verfassen ein Gedicht –
Und überhaupt: was kann man nicht?
Und allem, woran Zeit man wendet,
Ist eins gemeinsam:
Daß es endet!
Nur grad' die Ehe endet nicht;
Es sei denn mit dem Lebenslicht!
Denn mit dem Tod – das geb' ich zu –
Hat man auch von der Ehe Ruh!
Wenn ich jedoch noch leben will?
Kann ich nicht glücklich sein und still?
Muß ich die Ruhe von den Qualen
Mit meinem eigenen Tod bezahlen?
Und wenn ich wirklich schon will sterben?
Muß ich dazu erst ehewerben?
Gestorben sein und sanft begraben,
Das kann ich doch auch ledig haben?
Wozu das Reden? Stets schon war
Die Ehekrankheit unheilbar!
Es soll mich keiner unterbrechen
Und vom Sichscheidenlassen sprechen;
Daß man hiedurch noch vor dem Grabe
Die Chance, sich noch zu retten, habe,
Und daß die Ehe doch nicht fest,
Weil sie sich eben scheiden läßt – – –
Das weiß ich selbst, was der da redet,
Ich bin doch noch nicht ganz verblödet!
Doch schaudert's mich an Haut und Haaren,
Denk' ich nur still an das Verfahren,
Das meistens da pflegt Platz zu greifen,
Wo Eheleut' zur Scheidung reifen.
Gesetzt also, man war zerzankt,
Weil vorgestern der Mann erkrankt,
Da ihm die Gattin mit Behagen
Zwei Backenzähne eingeschlagen,
Worauf mit ruhigem Gewissen
Er ihr die Zöpfe ausgerissen!
Erwähnt sei noch, daß sein Zahn schlecht war,
Wogegen ihr Geflecht – nicht echt war!
Nun, was vorbei ist, das ist gut.
Der Kampf verstummt,
Die Fehde ruht,
Nur innerlich noch glimmt ein Hassen,
Und man will sich also scheiden lassen.
Da tönt auch schon die Frage bald:
Wer ist der rechte Rechtsanwalt?
Ein kluger Mann wird sich bequemen,
Einen Justizrat sich zu nehmen.
Denn erstens ist der ernster, blässer,
Dann klingt das Wort Justizrat besser,
Wenngleich das jeder Rechtsanwalt ist,
Der lang gesund blieb und schon alt ist!
Doch was gehn mich Motive an?
Der Titel macht bei mir den Mann!
Auch wähle man sich keine Frist,
Die ein hebräischer Festtag ist,
Weil die Bureaus bei Rechtsanwälten
An solchen Tagen offen selten,
Ja, man kann sagen, es besteht –
Geschlossene Majorität!
Man putzt sich also fein heraus
Und tritt ins erste, beste Haus,
Weil in Berlin kein Haus doch thront,
In welchem kein Justizrat wohnt!
Vorn kommt die Frau, dann folgt der Mann,
Und da – fängt das Martyrium an.
Erst schildert man der Ehe Qualen ...
Pardon! Erst muß man Vorschuß zahlen!
Das ist zwar anfangs nicht so arg.
Doch immerhin sind's fünfzig Mark,
Und das – so fühlt man grambeschwert –
Ist doch die ganze Frau nicht wert!
Allein man zahlt dem guten Mann,
Und fängt hierauf zu schimpfen an.
Doch da mischt sich die Frau hinein.
Sie schreit: »Der Mann war stets gemein!«
Das wieder will der Mann nicht leiden.
Der Herr Justizrat soll ihn scheiden,
Worauf der murmelt: »Das ist stark!«
Und dann – kost's wieder fünfzig Mark!
Ich detailliere nicht die Schmerzen.
Die Sache geht mir sonst zu Herzen,
Und wenn sich andere blamieren,
Brauch' ich mich doch nicht echauffieren!
Auch wird zu lang schon mein Gedicht,
Und so viel Gage krieg' ich nicht!
Der Schluß, den man erraten könnte,
Ist der, der Mann zahlt – Alimente!
Du Rindvieh, sag' mir's offen nun:
Konnt'st du das nicht auch ledig tun?
Gingst ledig du noch heut' spazieren,
Konnt' dir doch auch nicht mehr passieren;
Du hörst so oft von Männern sprechen,
Die ledig Alimente blechen,
Und zahlte man die ledig schon,
Da hatte man doch was davon!
Was aber ist zum Schlusse dein?
Das Hochgefühl, ein Ochs zu sein!
Man wird nun aufs Tapet mir bringen,
Daß Männer in die Ehe springen,
Weil ihrer Sehnsucht höchster Lohn
Ein Sohn; und zwar ein solcher Sohn,
Der sich gesetzlich fortbewegt
Und seines Vaters Namen trägt!
Die Antwort hab' bereit ich schon:
Wozu gibt's eine Adoption?
Wenn ich ein Kind mir adoptier',
Weiß ich bestimmt, 's ist nicht von mir;
Doch krieg' ich eins von meiner Frau,
Weiß ich die Sache nicht genau!
Mit dieser Wahrheit also schließ' ich:
Die Ehe, die ist überflüssig,
Und zu den Dümmsten wird gezählt
Von mir ein Mann, der sich vermählt;
Das Dümmste, was es für mich gibt,
Ist jedenfalls ein Mann, der liebt! |