|
Ich geh' so rasend gern auf die Post.
Das ist doch ein Spaß, der fast gar nichts kost'.
Gibt's denn ein schön'res Vergnügen im Leben
Als rekommandierte Briefe aufgeben?
Man nimmt einen Brief, klebt die Briefmarke drauf,
Tritt an den Schalter und gibt ihn auf.
Das heißt, pardon, es geht nicht sofort,
Es steh'n ja auch and're Parteien noch dort,
Mit Drucksachen, Zeitungen, Briefen und Karten,
Und bis die erledigt sind, muß man noch warten!
Warum denn auch nicht? Wozu das Geschrei?
Bitte, ich bin heute fünfzig vorbei;
Fünfzig Jahr' hab' ich Zeit mir gelassen,
Bis heute bequem da den Brief zu verfassen.
Und jetzt, wo ich endlich den Weg hergefunden,
Reg' ich mich auf wegen zwei bis drei Stunden?
Denn mehr als zwei Stunden muß man nicht steh'n.
Da ist es erlaubt, wieder wegzugeh'n!
Das ist ja das Nette, worauf es doch ankommt,
Man braucht nicht zu warten, bis man darankommt!
Denn wenn man zwei Stunden gewartet hat
Und war noch nicht d'ran und hat es schon satt,
Da gestattet die Post, und das find' ich so schön,
Bevor man noch d'ran war, wieder wegzugeh'n!
Denn vollkommen logisch nimmt nämlich die Post an,
Ein Brief kann warten, der setzt keinen Rost an.
Und abgeseh'n davon, daß es nix kost',
Ist doch das Warten so schön auf der Post!
Man hat doch Gesellschaft, man ist doch kein Alter!
Gewöhnlich steht irgend ein Mädel am Schalter,
Blendend gewachsen, herrlich gebaut.
Also, was kann das schon schaden, man schaut – –
Man schaut sich sie an mit heißem Entzücken,
Oben den Hals, unten den – Rücken,
Denn herrlich gebaut ist die liebliche Hex':
Oben konkav und unten konvex.
Und wenn man jetzt tüchtig ist, kann's sogar glücken,
Dort, wo's konvex ist, die Sache zu drücken!
Man bahnt sich zu ihr durch, was ist denn dabei,
Und hat man sich durchgebahnt, – ist man so frei ...!
Und schimpft dann die Fee, daß man so was geplant hat,
Daß man – so frei war, und daß man – gebahnt hat,
Wird man sie glatt mit dem Satze beschwichtigen:
Freie Bahn auf der Post dem Tüchtigen!
Doch nicht nur dem Tüchtigen, auch dem Zwerge
Erscheinen lockend die weiblichen – Berge!
Und so fahr' ich denn fort, mit heißem Entzücken
Als Drückeberger die Berge zu drücken!
So schwinden die Stunden, der Schalter wird frei,
Die Leut' vorn sind weg, man ist an der Reih'!
Also jetzt nimmt man den Brief, klebt die Briefmarke drauf,
Tritt an den Schalter und gibt ihn auf –
Das heißt, pardon, die Post ist kein Blitz!
Man kann nicht verlangen, daß blitzschnell vom Sitz
Der Beamte aufspringt mit freundlichen Mienen
Und schnell wie der Blitz uns beginnt zu bedienen.
Er hat ja noch andere Dinge zu tun!
Gewöhnlich zählt er Geld in die Truh'n,
Fünfhundert Fünfziger, alle zerdrückt.
Er glättet sie sorgsam, er zählt sie geschickt,
Da gibt es kein Stöhnen, kein Ächzen:
Vierhundertfünfzehn, vierhundertsechzehn,
Vierhundertsiebzehn – – – da wird er verworr'n,
Bei vierhundertachtzehn beginnt er von vorn!
Aber nur ruhig, nur kein Geschrei!
In einer Stund' ist auch das vorbei,
Dann nimmt man den Brief, klebt die Briefmarke ... Nein!
Jetzt gibt er das Geld in die Kassa hinein!
Dann – nimmt er zwölf Bögen, wo Ziffern drauf sind,
Welche er sanft zu addieren beginnt,
Doch dann – beginnt er zu zählen die Bögen!
Hierauf aber – wechselt er Geld beim Kollegen!
Dann tut er dieses, dann tut er jenes,
Momentan, daß ich als Beispiel erwähn' es,
Putzt er sich grad' mit dem Bleistift die Zähn'.
Was kann ich machen? Warten und steh'n!
Denn wenn ich an's Fenster klopf', was kann es nutzen?
Er wird mich entsetzlich herunterputzen!
Denn aufs Putzen scheint er sich sehr zu versteh'n:
Mich herunter und sich die Zähn'!
Aber was soll uns das Putzen schon grämen?
Auch Zähne müssen ein Ende nehmen!
Und er putzt sich sämtliche Zähn' im Gesicht,
Mehr als vierzig hat er doch nicht!
Einmal muß er doch fertig sein!
Und das ist das Zeichen für die Partei'n.
Man nimmt seinen Brief, klebt die Briefmarke drauf,
Tritt an den Schalter, und gibt ihn auf –
Das heißt, pardon, so rasch geht das nicht!
Der Beamte haut mir den Brief in's Gesicht,
Denn wie das so alle vier Wochen schon geht,
Ist seit gestern wieder das Porto erhöht.
»Da fehl'n,« schreit er, »noch zwanzig Pfennige drauf!«
»Bitte schön«, sag' ich, »kleben Sie auf!«
Aber da brüllt er mit Wut, mit kalter,
»Briefmarken, bitte, am Wertzeichenschalter!«
Rrratsch – und die Scheibe vom Fenster ist zu.
Aber auch das bringt mich nicht aus der Ruh',
Ich geh' zu den Wertzeichen, was ist denn dabei,
Und dort steht geschrieben: »Geschlossen bis drei!«
No meinen Sie, ich werd' mit der Post mich verkrachen?
Ausgeschlossen, mit mir nicht zu machen!
Ich bin doch kein Laie, ich kenne mich aus!
Ich renn' also um die Marken nach Haus',
Dort nehm' ich den Brief, kleb' die Briefmarke drauf,
Renn' zurück zum Briefschalter,
Und jetzt ist der wieder nicht auf!
Der Briefschalter zu und nichts mehr zu hoffen!
(Dafür ist jetzt der mit den Wertzeichen offen!)
Da bekommt die Partei einen Wutanfall,
Es siedet ihr Blut, es kocht ihr die Gall', –
Ich aber find', daß ganz recht ihr geschah:
Ja, ist denn die Post für die Briefe da?
Die Post ist da, das verfluchte Schreiben
Den Staatsbürgern endlich mal auszutreiben!
Und hat man kapiert diesen edlen Gedanken,
Da gibt es kein Zögern, da gibt es kein Schwanken,
Man nimmt seinen Brief, klebt die Briefmarke drauf,
Tritt an den Schalter und – hängt sich auf! |