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Der entzückendste Mensch auf der ganzen Welt,
Ein Mensch, der mir wirklich unglaublich gefällt,
Und auf den ich mit wahrer Zärtlichkeit schau',
Das ist der Geliebte meiner Frau!
Also meine Frau ist gewiß ein reizender Engel,
Aber ihr Freund ist noch ein reizenderer Bengel!
Ich bin geradezu stolz auf ihn.
Er hat einen offenen, vornehmen Sinn,
Ist aus gutem, gediegenem Haus,
(Sieht auch fast gar nicht jüdisch aus!)
Seine Nase ist klein, seine Augen sind groß,
Seine Füße und Hände sind tadellos,
Kurz, jeder Zoll ein Frauenverwöhner.
Also was soll ich Ihnen sagen? Ich bin auch nicht schöner!
No, was sagen Sie, was für ein Glück ich hab',
Daß Gott meiner Frau diesen Menschen gab?
Sie hätte doch auch um dasselbe Geld
Einen Freund finden können, der mir mißfällt!
Es hätte doch können ein Kerl sein,
Dessen Charakter weniger fein!
Die ganze Welt hätt' gewundert sich,
Und wer hätt' es ausbaden müssen? Nur ich!
Die ganzen Leute hätten gemeint:
»Na also! So ist's! Wie der Mann, so der Freund!
Ist schon der Mann ordinär und gemein,
Warum soll der Freund etwas Besseres sein?
Denn daß bei der Frau der Geschmack eben schweigt,
Das hat sie doch schon bei der Wahl ihres Gatten gezeigt!«
Solche Reden hätt' man geführt!
Ich bin überzeugt, das wäre passiert,
Hätt' meine Frau einen Freund sich erlesen,
Der ein gemeiner Kerl gewesen!
So aber, wo ein Kavalier ihr gefällt,
Bin ich auf einmal der Mann von Welt!
Man findet mich nett und gentlemanlike,
Und weil ich nie überzeugungsfeig,
So sag' ich mir eben nur logisch und schlau:
»Wem dank' ich das alles? Dem Freund meiner Frau!«
Denn wenn der ein Mensch ist, der schick ist und fein,
Muß logischerweise ich ebenso sein.
Denn hat meine Frau bei dem jetzigen Schwarm
Gesunden Sinn für Anmut und Charme,
So muß sie den Sinn auch schon früh'r gehabt haben
Und ergo – besitz' ich die nämlichen Gaben!
Ich hoffe somit, es sieht jedermann ein:
Dem Freund meiner Frau hab' ich dankbar zu sein.
Nur soll'n mir die Leut' nicht jetzt einreden wollen
Es sei meine Pflicht, dem Manne zu grollen,
Weil nämlich das Schicksal, betrogen zu werden,
Das Allerlächerlichste auf Erden,
Und Betrogenwerden bringe nur Hohn! ...
Was heißt das, betrogen? Ich weiß doch davon!
Was heißt das, ich weiß? Ich seh's doch mit an
Und hab' meine innige Freude daran!
Jawohl, ich freu' mich und erkläre hiemit:
Ich lob' mir den Hausfreund auf Schritt und Tritt.
Gott, wenn ich denke, in früheren Jahren,
Wie ich und meine Gattin doch unglücklich waren,
Meine Frau ist ja reizend und lieb und gescheit,
Aber – sie verlangt zu viel Aufmerksamkeit!
Zum Beispiel früher, da hab' ich erbittert
Vorm ersten Frühlingstag jährlich gezittert.
An jedem einundzwanzigsten März
Hat meine Frau – aber nicht im Scherz! –
Im Ernst verlangt vor allen Dingen,
Ich hab' ihr Veilchen nach Haus' zu bringen!
Sie war auf den Tag und die Blumen versessen,
Aber, was tut Gott? Ich hab' beides vergessen!
Es war ja vielleicht eine Infamie,
Aber ich bitte Sie, wer denkt an Astronomie?
Meine Frau aber hat das ganz rasend gemacht,
Und wenn ich nicht Blumen nach Haus' hab' gebracht,
Ist jeden einundzwanzigsten März
Ihr Jahr für Jahr gebrochen das Herz!
Man wird jetzt begreifen: bei solchen Thesen
Ist mir mies vor dem Frühling gewesen.
Heut' aber freu' ich direkt mich auf ihn,
Ich brauch' mich mit Veilchen nicht mehr zu bemüh'n,
Denn wenn ich am ersten Frühlingstag
In aller Frühe die Augen aufschlag',
Steh'n schon die Veilchen am Frühstückstisch.
Meine Frau ist schon wach und wie die Veilchen so frisch,
Sie ist ganz beglückt, na und wer beglückt sie?
Wer schickt ihr die Veilchen? Der Hausfreund schickt sie!
No, sagen Sie, geht das nicht wunderbar zu?
Sie hat ihre Veilchen und ich meine Ruh'!
Und gegen den Mann soll ich auftun den Mund?
Gott erhalt' mir den Hausfreund gesund!
Ein anderes Beispiel: ich hass' die Musik,
Wenn ich Opern nicht hör'n brauch', dann ist das mein Glück.
Nun, das Glück hab' ich früh'r nie genießen können.
Ich mußt' mit der Frau in die Oper rennen.
Sie ist dann vorn in der Loge gesessen,
Und ich – hab' mir hinten das Herz abgefressen.
So langweilig war's. No, ich hab's auch verflucht.
Und Stücke hat sich die ausgesucht!!
Die allerlängsten und fadesten Sachen!
Also »Tristan«, – schön, da kann man noch lachen,
Aber »Lohengrin«, sehn Sie, das ist doch mies,
Was »Rastelbinder« mir lieber is!
Es hat aber alles mir nichts genützt,
Einmal die Woche hab' ich Opern geschwitzt!
Aber heut', wenn ich einmal gut aufgelegt bin
Und sag' zu der Frau: »Du, wo gehn wir heut' hin?
Gehn wir doch wieder in die Oper hinein ...,«
Da sagt sie ganz zärtlich: »Aber wozu denn? Nein, nein!
Du willst dich nur opfern! Bleib' lieber zu Haus',
Sei ruhig, ich geh' schon auch ohne dich aus!«
Und dann geht in die Oper beglückt und gerührt sie,
Und wer führt sie aus? Der Hausfreund führt sie!
Nun sagen Sie: geht das nicht wunderbar zu?
Sie hat ihre Oper und ich meine Ruh'!
Und gegen den Mann soll ich auftun den Mund?
Gott erhalt' mir den Hausfreund gesund!
So habe ich jahrelang friedlich gelebt,
Und hab' nicht einmal vor der Aussicht gebebt,
Daß uns dieser Freund am End' einmal verläßt,
Denn wen meine Frau einmal hat, den hat s' fest!
Aber gestern erfuhr ich verzerrten Gesichts:
Sie hat ihn gar nicht, denn er hat mit ihr nichts,
Er hat sie bisher nur platonisch verehrt!
No, haben Sie schon so eine Frechheit gehört?
Ich wollt' es zuerst gar nicht glauben von dem Mann,
Daß so gemein gegen mich er benehmen sich kann,
Aber ich habe von ihm einen Brief gelesen,
Und da ist mein Verdacht bestätigt gewesen!
Er hat meiner Frau ganz einfach geschrieben,
Er gebe die Hoffnung ganz auf, sie zu lieben,
Nachdem sie ihm sagte, sie liebe nur mich!
No, sagen Sie: ist das nicht fürchterlich?
Ich ärger' seit gestern mich grün und blau.
Ich will gar nicht reden von meiner Frau!
Mich muß sie lieben! ... Und ich muß das lesen!!
Aber die ist ja immer verrückt schon gewesen!
Und dann ist ihre Liebe – bei Lichte beseh'n,
Und wenn man mich anschaut – zum Schluß zu versteh'n,
Sie kann sich als Frau trotz schärfstem Bemüh'n
Meinem sieghaften Reiz eben nicht entzieh'n!
Dem Freund aber kann ich es niemals verzeih'n.
Mich nicht zu betrügen, das ist doch gemein!
Ich weiß, welche Pflicht ich als Ehemann hab':
Die Frau zu ernähr'n hab' ich bis an mein Grab,
Ich hab' ihr die Kleider und Hüte zu stellen
Und jährlich ein Pelzwerk aus unechten Fellen!
(Aus echten hab'n Sie vielleicht gedacht!
Zum Rothschild hab' ich's noch nicht gebracht!)
Das also tu' ich alles für die Frau mit Vergnügen.
Von mir aus sogar kann sie Kinder noch kriegen.
Aber daß diese Kinder, sobald sie schon hier sind,
Noch außerdem dann auch, ich bitte, von mir sind,
Das kann kein Mensch von mir noch verlangen.
Hier hat der Hausfreund anzufangen!
Wenn nicht, soll er geh'n, er soll sich nicht binden!
Ich werd' mir schon noch einen anderen finden!
Der Hausfreund hat seiner Pflicht zu genügen,
Oder soll ich selber vielleicht mich betrügen?
Dumm wär' ich, wenn ich mir Umstände mache,
Das sieht man doch ein, das ist seine Sache!
Aber ich lasse mich nicht um mein Recht von ihm bringen.
Alles, nur das soll bei mir nicht gelingen!
Ich tu' in allem gern meine Pflicht,
Aber – betrügen lass' ich mich nicht.
Und da eines Hausfreunds Betrug darin liegt,
Daß er eben mich nicht betrügt,
So ist meine alberne Langmut jetzt aus –
Und morgen schmeiß' ich den Hausfreund hinaus! |