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Des Festes Ordner schreitet durch den Saal
Ein kleiner Herrgott, dessen Wort befahl:
»Verkörpert sei der Seelen liebster Traum,
Das schönste Gotteswort: es werde Licht!«
Ein glanzvoll Firmament ward dieser Raum,
Wie Stern an Stern flammt Kerz' an Kerze dicht;
Als Mond und Sonnen um den Glanzpreis ringen
Lichtgloben, Kandelaber, Girandolen;
Daß nicht den Lichtbewohnern fehlen Schwingen,
Umwob Musik mit Flügeln Leib und Sohlen.
Nun trittst du, Jungfrau, ein mit zagem Tritt,
Ins dunkle Trugmeer Welt dein erster Schritt!
Du bebst, und könntest kühn, allein vor allen,
Aufrecht und stolz im schärfsten Lichtstrahl wallen,
Denn deines Leibs entdeckt er keine Fehle
Und findet keine Makel deiner Seele.
Und doch führst du zum Fest an zarter Hand
Ein wüst Gefolg' unheimlicher Gestalten,
Unzart ihr Leib, unfestlich ihr Gewand,
Die Faust beinah geballt, die Stirn in Falten,
Nicht kennend der Gesellschaft Grund und Feste,
Die Satzung, die da zähmt die Anarchie
Von Frack und Handschuh, von Krawatt' und Weste!
Der Dienertroß verwiese zürnend sie,
Doch nur mein Auge sieht die finstern Gäste.
Da ist ein Mann, Seewasser in den Haaren,
Ein landgeborner Triton, der gefahren
In seiner Glocke dunklem Totenschrein
Zum tiefsten Meeresgrund um deinetwegen,
Dir schöne Perlen um den Hals zu legen;
Der hat ein Anrecht wohl, dir nah zu sein? –
Da ist der Bergmann, ein ergreister Knabe
Mit Schurzfell, Grubenlicht und Hämmerlein;
Er hat sich selbst geweiht zu frühem Grabe,
Aus grünen Talen, sonn'ger Luft verbannt,
Daß aus der Tiefe goldnes Erz er bringe
Für diese blanken Spangen, diese Ringe,
Die neidenswert dir küssen Arm und Hand;
Der Lampe rotes Zünglein überschimmert
Gar seltsam grell den Glanz, der ringsum flimmert,
Ein Blutfleck scheint's, auf weißen Schleier fallend,
Ein Wehschrei durch des Wohllauts Wogen schallend! –
Da ist ein Mann, der Riesenberge Sohn,
Ein frommer Christ! Er betet, hustet, fastet
Am Webestuhl, das Schifflein nimmer rastet,
Und darbt mit Weib und Kind seit Jahren schon,
Der Linnen feinst Geweb' um dich zu legen,
Das dich umschmiegt rein wie ein Vatersegen. –
Da ist die Blumenmaid, Jungfrau wie du,
Doch bleich und abgehärmt; kein Frühlingswind
Spielt je ums Lockenhaar dem blassen Kind;
Sie schloß ihr Tor den Frühlingswonnen zu,
Um selbst dein Lenz zu sein in Wintersruh,
Dir Blumen bindend aus bemalten Flittern,
Die farbig als Girland ums Haupt dir zittern,
Wenn starr die Erde, todeskalt die Luft;
Dem Kranz doch fehlt die Blumenseele: Duft!
Mahnt er dich nicht an jene, die ihn wand?
Da ist das fremde Weib mit kranken Buben,
Ein Feigenblatt von Woll' ihr Festgewand,
Man hieße frech es, wär' es nicht so elend!
Sie leben wühlend in Brasiliens Gruben,
Den Demant dir – und sich das Fieber wählend. –
Da ist ein Knabe, vorgereift dem Alter,
Gesandt zum Seelentod in Lasterschulen,
Zur großem Werkstatt mit den Seidenspulen,
Ein Bändchen dir zu wirken, bunt wie Falter;
Er selbst ein Seidenwürmlein, – sterben muß es,
Bevor zum Flug entfaltet seine Schwingen!
Leichtsinnig flattern deines Bandes Schlingen;
Vergaß es ganz das Säuseln seines Grußes? –
Da ist ein Seemann, braun vom Sonnenbade,
Mit roter Schärp' und blankem Lederhut;
Er fuhr durch Sturmwindsbrausen, Tropenglut,
Damit ein Schal von Hindostans Gestade
Dir weich und warm mag um die Schultern fallen,
Daß bei der Heimfahrt nicht der Nachtluft Wallen
Den tanzerhitzten Lebensgeistern schade. –
Daß du ein Stündchen kannst im Reigen schweben,
O Jungfrau unschuldvoll und seelenrein,
Entweiht, geknickt, zerstört so viele Leben!
Um deine Lichtgestalt die finstern Reihn,
Du siehst sie nicht, ich schaue sie allein
Und frage nicht die schwarzen Schatten weiter,
Der dunkleren Gestalten Festbegleiter. |