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»Auf brechen wieder Ungarns alte Wunden!
Kein Mittel als das Eisen macht gesunden.«
Ein Jüngling hat aus fast unbärt'gem Munde
Dies Wort geschleudert in die Fürstenrunde;
Zu seinem Volk doch sprach in weh'nden Zungen
Sein Bannerspruch: »Gott, Freiheit, Vaterland!«
Von den Karpaten zu den Niederungen
Ha, wie das warb und freudig Kriegsvolk fand!
Längst ist's vorbei, – das dunkle Haar ward weiß,
Der Jüngling vor der Zeit ein kranker Greis!
Die Kerkerluft tüncht keine Wange rot
Und Muskeln stählt nicht der Verbannung Brot;
Die Hände, die zu schwach, ein Schwert zu halten,
Sie lernen willig zum Gebet sich falten.
Die Heimat, ach wie fern! Nicht wecken ihn
Frühglocken mehr; doch tut's der Muezzin,
Der zum Gebet Rodostos Gläub'ge ruft.
Kein Vesperklang! Ein Ave trägt bisweilen
Von Griechenschiffen her die Abendluft,
Die scheu durch der Propontis Wellen eilen.
Das Türkenweib, das Krüg' am Brunnen füllt,
Der Freiheit mahnt's, die sich in Schleier hüllt:
»O stürme, Sturm! Den Schleierflor verwehe,
Daß schleierlos mein Volk ihr Antlitz sehe!«
Umsonst! Das Heer der Tapfern hat verblutet, –
Der Führer selbst gebeugt, ergreist, entmutet,
In fremdem Land auf seinem Sterbebette!
Vor seinem Geist entrollt sich nun die Kette
Von Schlachten, Siegeszügen, Niederlagen
Bis hin zu der Verbannung dunklen Tagen.
Die letzten Trümmer, des Exils Genossen,
Der Greis Bercseny, treuester Achates,
Und Esterhaz', der Mann des Schwerts und Rates,
Sie ruhn, von fremder Erde längst umschlossen.
Ein Türkensklave hieb in ihren Stein
Ihm unbekannte Zeichen, wie zum Hohne,
»Verteidiger von Ungarns Freiheit« ein.
Gefahrlos Wort auf der Propontis Gründen!
Du wirst in Herzen nicht bei Osmans Sohne
Und nicht bei Peras Diplomaten zünden.
Der Kranke hält in seiner dürren Hand
Ein schweres Buch, in schwarzen Samt gebunden,
Ein golden Kreuz prangt auf der Deckelwand,
Die Inschrift sagt: »Rakoczys Andachtstunden«.
Gebete sind es, Übungen im Büßen,
Die selbst er schrieb und die ihn oft erbaut;
Der Heiltrank ist's, den er sich selbst gebraut,
Der Leiden bittren Wermut zu versüßen.
Wer schwertgewohnt das Schwert doch lassen muß,
Läßt drum nicht müßig rasten seine Hand;
Der treibt die Tulpenzucht, der fischt am Strand,
Der jagt und jener betet – aus Verdruß.
Rakoczy spricht zu Sebrik dem Genossen,
Dem letzten, der ihm blieb, treu, unverdrossen:
»Kriegshandwerk, Freund, ist unser ganzes Leben,
Ein Kämpfen, Wandern, Siegen, Sichergeben,
Ausfall und Flucht, heut Darben, morgen Prassen;
Drum mocht ich gern in dieses Büchlein fassen
Losung und Kriegsartikel, die erfunden
Ein Krieger Gottes, ich für Lagerstunden.
Kampfmüd bin ich, den Ruhe stets gemieden;
Will's Gott, bald schließ ich meinen besten Frieden!«
Nie hat der Herr sich ihm so hold erwiesen,
Ihm keinen Wunsch so schnell erfüllt wie diesen.
Vielleicht als Bote trägt's, da es will lenzen,
Der Wandervöglein eins an Ungarns Grenzen:
Des Ungarbundes Herzog und Woiwode
Von Siebenbürgen sei erblaßt im Tode.
Der Freund schließt ihm das Augenlid zur Ruh,
Nimmt dann die staub'ge Fahne von den Wänden,
Deckt still damit die Fürstenleiche zu
Und auch das düstre Buch in ihren Händen;
Dann liest er feierlich vom Fahnenband
Den Bannerspruch: »Gott, Freiheit, Vaterland!«
Ihm hat das Unglück nicht die Kraft zerrieben,
Noch ist sein Herz ein tapfres Herz geblieben
Und seines Volkes einziger Vertreter
Kniet bei dem Toten er, der einz'ge Beter:
»Nicht was du sprachest, da dein Herz voll Wunden,
Nicht was du schriebest in den Marterstunden,
Womit die Schuld du zahltest ird'scher Schwäche, –
Dein altes Banner nur, statt deiner spreche!
Es ist dein Wort, es ist dein eigner Mund,
Doch bist du jung und stark noch und gesund.
Das ist allein die Losung, die du meinst,
Mit der dein armes Volk noch mag gesunden,
Wenn – o verhüt' es Gott! – vielleicht dereinst
Aufbrechen wieder Ungarns alte Wunden.« |