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Unter den Linden.
Abends 9 Uhr.
Guckkästner. (mit Pathos) Immer ran, meine Herrschaften! Immer ran, meine Herrschaften! Einen Sechser vor's Reinsehen und die Erklärung umsonst! Ick ersuche Sie dringend, in meinen Kukasten zu sehen, da ick Invalide bin, un diese Revange, wegen meiner Mitmachung des Freiheitskriejes fordern derf! Einen Sechser vor's Reinsehen, meine Herrschaften! Die jlänzendsten Jejenstände der Natur und der Weltjeschichte wechseln hier vor ihre Augen und bringen Ihnen einen Bejriff von die neuste Politik bei, welche das deutsche Jemüth intressirt: Einen Sechser, meine Herrschaften!
Erster Junge. Man zu, hier is mein Sechser, auf hochdeutsch: halber Silberling.
Guckkästner. (steckt das Geld ein) Vor Ihnen allein, Jüngling, wird nischt jekukastent. Eine einzige lumpige Person is kein Publikum, un wenn diese Person Kaiser aller Schafsköppe wäre. Vor einen Sechser arbeite ick mir meine Lunge nich entzwee. Sie sind, Jott sei Dank, man Einer, und Einer is kein Publikum.
Erster Junge. Wie Viele müssen 'n da noch kommen, bis ick Publikum werde?
Guckkästner. Noch zwee Stück. (rufend) Immer ran, meine Herrschaften! Der Kukasten jeht jleich los! (zum Jungen) oder jeben Sie noch zwee Sechser, denn sind Sie Publikum alleene.
Erster Junge. Ach so? Hören Se mal, Sie haben woll König jelernt? Ne, ick danke Ihnen, ick werde Eener bleiben.
Guckkästner. (gleichgültig) Wie Sie in dieser Hinsicht empfinden. (zu seiner Gemahlin) Doretheee, jib mir mal die Trösterin! Mein Nationaljefühl wird rege.
Dorothea. (reicht ihm die Schnapsflasche) Aber nich zu ville!
Guckkästner. Sorje nich; den Deutschen wird nie Etwas zu ville. (er trinkt) So, Natur, nu biste befriedigt; nu laß' de Kunst ran.
Zweiter Junge. Jeht es bald an?
Guckkästner. Jeben Sie mal erscht einen Sechser!
Zweiter Junge. Hier!
Guckkästner. (steckt das Geld ein) So! Nu haben Sie blos zu warten, bis der Dritte kommt; dann sind die Löcher besetzt, und alsdann jeht es an.
Zweiter Junge. Haben Sie da ooch das Portrait von den König von Spanien drinn?
Guckkästner. Verstehen Sie Französch?
Zweiter Junge. Ne!
Guckkästner. Schade, sonst hätt' ick uf Französch Ochse zu Ihnen jesagt!
Zweiter Junge. Wie so?
Guckkästner. Wieso? Weil in Spanien jejenwärtig jarkeen König is!
Zweiter Junge. Deshalb bin ick 'n Ochse? Wat kann ick 'n davor?
Erster Junge. Ne, det is wahr, davor kann der Junge nich. Er würde det Jeschäft jern übernommen haben; aber er will nich so hoch hinaus, sondern en ehrliches Handwerk lernen.
Guckkästner. (zum zweiten Jungen) Was woll'n Sie'n werden?
Zweiter Junge. Schlosser.
Erster Junge. Na, det is jut, da kann sich der künftige König von Spanien jleich en Schloß bei Dir bestellen.
Schneidergeselle Fietsch. (näher tretend) Is noch en Platz leer?
Erster Junge. Ja, der Thron von Spanien.
Guckkästner. Einen Sechser kost't et.
Fietsch. Hier!
Guckkästner. So! Nanu, meine Herrschaften, kann et losjehen! Rrrrr! Hür, meine Herrschaften, jenießen Sie des, wie Esbandero in Cadix einschifft.
Zweiter Junge. Wer is 'n Esbandero?
Guckkästner. Dieses war der Baritoniste von Spanien, der seine janze Höhe verloren, un jetzt jar keene Stimme mehr hat. Er sang immer mehr un mehr, riß aber bei Barcelona zu stark Coulissen un trat zuletzt noch als Barbier von Sevilla uf, wo er in's fis jerieth un de Nation g sagte. Er brummt so eben: Fijaro hier, Fijaro da! un jeht zu Schiffe nach England, um Robert Pellen die Klagelieder Jeremiä vorzusingen.
Fietsch. Die Span'sche Nation is woll sehr musekalisch?
Guckkästner. Ja, sie keilt sich sojar nach Noten.
Erster Junge. Is denn nich eine Könijin in Spanien?
Guckkästner. Es is eine da; aber det schadt nischt: es is man 'ne janz klööne, wie Sie Dieses später hören werden. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie die Vertheilung der Orden – dumme Jungens, drängelt euch nich so!
Zweiter Junge. Ick kann jar nischt sehen; der Junge hier macht sich so breet!
Guckkästner. (zum ersten Jungen) Mache Dir schmaler! (fortfahrend) Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie die Vertheilung der Orden des chineschen Kaisers. – Sie sehen, wie er so eben in seine allerhöchste Kalesche steijen will un noch Viele die Hand ufhalten, worauf Alle wejen ihrer Verdienste befriedigt werden. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen die schöne Bildsäule von Herrmann, den Jerußenkerl, welcher die deutsche Volkskraft vorstellen soll.
Erster Junge. Scherusker heeßt er! Sie haben det falsch verstanden.
Guckkästner. Sie haben det Maul zu halten, wenn ick meine Kunstwerke erkläre! Et wird von die höchsten jebildten Leute Manches anders jenannt, als es heeßt, un derowejen können wir ooch sprechen, wie uns der Schnabel gewachsen is. Nanu weiter! Dieser Herrmann wird eben versetzt.
Zweiter Junge. Er hat woll 'ne Anstellung als Kriegsrath jekriegt?
Guckkästner. Ne, dämlicher Junge, er is jar nich angestellt, sondern ufjestellt. Sein Jeschäft is blos Bildsäule. Aber er is nich janz fertig geworden, weil die Knöppe nich zusammen gekommen sind, un deshalb is die deutsche Volkskraft uf Pfand jejeben worden. Die Unternehmer liefern ihn so eben an's Leihaus ab, und erhalten dajejen einen Zettel, worauf die bekannten Worte stehen: Für Mottenfraß stehe ich nich.
Erster Junge. Na wenn wird'n nu die deutsche Volkskraft wieder injelöst?
Guckkästner. Det weeß ick nich. Vielleicht, wenn Krüg is. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften – Doretheee, schiebe mal hinten de Lampe recht dicht ran! – jenüßen Sie das inposamte Portrait, wie des von den alten Fritzen erbaute Opernhaus zu Berlin jefälligst in Flammen steht. Es fängt von hinten an zu brennen, was jejenwärtig jar nich auffallend is, und des schreckliche Oelement jreift bünnen einer halben Stunde dermaaßen um sich, deß sojar die Steinbilder der alten jriechschen Dichter in des deutsche Feuer unterjehen.
Erster Junge. Hörn Se mal: det Bild jefällt mir nich.
Guckkästner. (zornig) Det muß Ihnen gefallen, det is Oel!
Erster Junge. Ob des Oel is oder Gänseschmalz, des is mir janz ejal: det Bild gefällt mir nich. Man seht jar nischt als eene jroße Flamme un Qualm, weiter is nich die Idee uf des Bild jemalt. Wat da unten nu brennt, det kann nu sind, wat et will! det kann nu eben so jut det Königschteeter wie det Opernhaus oder sonst wat sind.
Guckkästner. Et is aber det Opernhaus, dummer Junge! Det Königschteeter, quatschet Zeug! Det brennt nich; da fängt nischt mehr. Sehen Sie man det Bild orndtlich an! Wenn et det Königschteeter wäre, denn wäre nich so viel Qualm drüberjemacht, weil et kleener is, un denn müßten Sie ooch den Ochsenkopp sehen können.
Erster Junge. Ja aber man sieht ja jar nischt!
Guckkästner. (sehr heftig) Feuer sehen Sie un Rooch, un des is jenug! Jlooben Sie, dämlicher Bengel, det sich der Maler, der det Bild ufjenommen hat, Ihnen zu Liebe wird in de Flammen stellen, um det Mauerwerk von 't Opernhaus abzuzeichnen? Schafskopp! Er stand in de Ferne, an de Academieuhr, un da hat er natürlich vor den ungeheuren Qualm nischt weiter sehen können!
Fietsch. Hörn Se mal: det Opernhaus hat aber viel Pech in de letzte Zeit jehatt. Erscht verlor es den Jrafen von Redern, un nachher brennt et janz ab.
Guckkästner. Natürlich: wo so viel Pech is, kommt leicht Feuer raus. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, jenießen Sie eine herrliche Schweizerlandschaft, wo Jottes Jebirge Freiheit pred'jen und der Mensch aufathent. Die höhern Jipfel sind auch in der Republik mit Eis bedeckt, wie Sie sehen, un lassen nischt jedeihen als höchstens Knieholz. Im Hinterjrunde an der See bemerken Sie mehrere jroße Ochsen, die det berühmte Schweizer Kuh- un Schafgeläute von Amuellen um haben un eben det Lied bimmeln: Schlaf' nur ein, schlaf' nur ein, du Schweizerbub! Links, zwischen die beeden Berje durch werden Sie eine Kirchenspitze jewahr werden, die wie'n drohender Zeijefinger aussieht; un rechts in de Ecke stehen zwei Jesuiten, die mit Wohljefallen nach die jroßen Ochsen rübersehen.
Zweiter Junge. Was is'en Des: Jesuit?
Guckkästner. Jesuit is italiensch, un heeßt uf deutsch; Atje Licht! Des janze Jemälde sieht aus wie Stillleben!
Zweiter Junge. Wie was?
Guckkästner. (heftig) Wie Stillleben!
Zweiter Junge. Was is'en des: Stillleben?
Guckkästner. Stillleben is deutsch un heeßt uf deutsch: Stillleben, Schafskopp!
Zweiter Junge. Stillleben heeßt Schafskopp?
Guckkästner. Ja, Du wirst nie unruhig werden. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen der jroße Feldzug der Bundeskorpser im Jahre 1843 jejen die Haidschnucken in de Lüneburjer Haide. Es is der Mojement aufjefaßt, wo Wieprechten sein jroßer Zappenstreich vor die versammelten Potentaten aufjeführt wird, un mehr als zweidausend Trommeln einen orndtlich angst machen. Der in de Mitte, der sein Schwert über Alle raushebt un einen majestätschen Blick umherwirft, is seine Majestät der Kaiser von Rußland. Seine Majestät der König von Hannover sprengen eijenhändig heran un fragen: Sind Sie zufrieden, Vetter? worauf der Kaiser von Rußland antwort: Bald, Vetter! Mehr nach hinten erblicken Sie eine Masse Königliche Hoheiten, die sich ebenfalls amüsiren, un vorne fällt ein Haidschnucke einen Bundeskorpser, der sein Schwert über ihm schwingt, zu Füßen un bittet ihn um Pardon, worauf der Bundeskorpser zur Erwiedrung jibt: keune Furcht, juter Mann, es is man Spaß!
Erster Junge. Des Bild is recht hübsch, aber der Kaiser von Rußland war ja jar nich da?
Guckkästner. Des schadt nischt: des is Poesie.
Fietsch. Aber was bei des Bild sehr stört, des is, deß die Haidschnucken jar keene Völker sind, wie Sie sagten, sondern Schaafe!
Guckkästner. Des schadt ooch nischt; des bleibt sich jleich. Ein Maler hat wie jeder Künstleer des Recht, seinen Jejenstand über des jemeine Wirkliche zu heben, was man ästhetisch nennt. Wenn Sie keinen höhern Unterricht jenoßen haben, so halten Sie gefälligst bei meine Kunstwerke Ihr Maul.
Fietsch. Na hören Se mal, Sie sind aber höllisch jrob; Sie können Keile kriejen, wenn Sie mir det noch mal sagen!
Guckkästner. Sind Sie en Deutscher?
Fietsch. Ja! Ick jloobe, det können Sie woll hören!
Guckkästner. Na denn wiederhol' ick Ihnen, det Sie Ihr Maul halten sollen! Verstehen Sie mir?
Fietsch. (ärgerlich) Ick habe aber bezahlt, un vor meinen Sechser kann ick mitreden!
Guckkästner. (wütend ) Stille sag' ick! Un wenn Sie 'n Dhaler bezahlt hätten. Sie haben blos zuzusehen! Verstanden? Wenn Sie um en Paar Jahrhunderte voraus sind, denn menagiren Sie sich hier, Herr! hier, bei meinen Kukasten hat blos Eener mitzureden, det bin Ick! Außer mir versteht keen Mensch davon wat, wat in meinen Kasten vorjeht! Un wenn ich Ihnen wirklich erlaube, mitzureden, so haben Sie blos zu loben, un wenn Sie sich unterstehen zu tadeln, so sind Sie ein verwerfliches Subjekt! Un Dieses is eine Rede, die ich Ihnen gehalten habe!
Fietsch. Is nich möglich!
Guckkästner. Wollen Sie nu ruhig sind?
Fietsch. Na ja, man zu!
Guckkästner. Na des freut mir, deß Sie besserdenkend jeworden sind. Dafür verdienen Sie eine Auszeichnung, Da! (Er drückt ihm was in die Hand.)
Fietsch. (besieht es) Wat soll ick 'en mit den Plunder?
Guckkästner. Machen Sie sich en Orelljee draus.
Zweiter Junge. Na aber...
Erster Junge. Na aber hörn Se mal: um Ihre alten Redensarten mitanzuhören, bin ick nich hierherjekommen un habe meinen Sechser bezahlt! Ick will Bilder sehen!
Guckkästner. Jeduld!
Erster Junge. Ach wat Jeduld! Mein Vater sagt: Jeduld muß man an einen jewißen Ort haben, aber an keinen – ungewissen.
Guckkästner. Wissen Sie Des bestimmt, deß des Ihr Vater is, der des jesagt hat?
Erster Junge. Ja!
Guckkästner. Na, denn jrüßen Se Ihren Vater von mir. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, jenießen Sie das imposamte Portrait, wie Ihre Majestät Victoria, Könjin von England, nach Frankreich jeht, ohne den Umweg über Berlin zu machen, und Ludwig Philippen uf Ei besucht.
Zweiter Junge. (verwundert) Uf Ei?
Guckkästner. Ja, uf Ei. Ei heeßt des Schloß, welches Sie im Hinterjrunde sehen, und dieses is des Sommerlogis von den Franzosenkönig, wo er ebenfalls zur Erholung Karte spielt. Ludwig Philipp looft Victorian entjejen un ruft ihr uf engelsch die Worte zu: Willkommen uf Ei! worauf Ihre Majestät die Könjin von England uf französch antwort't: Jesejente Mahlzeit! Hierauf sagt Seine Majestät der König der Franzosen uf engelsch: Treten Sie gefälligst näher! worauf Ihre Majestät die Königin von England auf französch erwiedert: Es freut mir, Ihnen wohl zu sehen! Der Maler hat diesen wichtigen Mojement der Weltjeschichte festgehalten, wodurch ein öwije Verbindung zwischen England un Frankreich entstanden is.
Erster Junge. Wer sind 'n die Beeden da link?
Guckkästner. Dieses is een engelscher Lords, der einen französchen Minister frägt, ob se keene Boomwolle gebrauchen könnten. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie den jungen Herzog von Bordauks, wie er in London eine jroße Versammlung hält, um sich über die Zukunft Frankreichs zu unterhalten. Alle Jroßen von Paris, die vor ihn sind un des Haus Orleans nich anerkennen, haben sich dichte zusammenjedrängelt un liejen uf de Knieen vor ihren Herrscher, den weiter nischt als Frankreich fehlt, um König von Frankreich zu sind. Der Herzog von Bordauks wirft einen jnädijen Blick uf diesen Lejitimist-Haufen un äußert dabei die allerhöchste Hoffnung, deß alle seine Unternehmungen jedeihen un blühen werden. Der Eine, welcher vor ihn steht un mit den Zeijefinger stolz uf en Blatt Papier zeigt, des is der Schriftsteller Jraf von Schateaubrigand. Er überreicht Seiner allervielleichtijen Majestät eine Landkarte von Frankreich un bricht in die erhabnen Verse aus: Sire! Dieses is Ihre!
Erster Junge. Na wat macht 'n nu Bordauks mit die Landkarte?
Guckkästner. Det weeß ick nich, un danach haben Sie ooch jar nich zu fragen, Jüngling! Wahrscheinlich läßt er sich Frankreich einrahmen un hängt et an den Nagel.
Fietsch. Det wär 't Jescheidste: da kann et mal vor ihn abfallen.
Guckkästner. Dieses is eine dumme Bemerkung, die hier janz überflüßig is. – Sie haben sich nich um Staatsjeschäfte zu bekümmern, denn ick vermuthe sehr stark, det Sie nich Hofrath sind.
Fietsch. Ick bin immer mit den Staat beschäftigt.
Guckkästner. Wie so?
Fietsch. Weil ick Schneiderjeselle bin.
Guckkästner. (sehr ernst) Ach so! Hören Se mal, wenn Ihnen en Millionär vor den Witz en Dreier jibt, denn muß er jerichtlich unter Vormundschaft gestellt werden. Wat ick Ihnen fragen wollte: sind Sie villeicht Mitarbeiter an de Staatszeitung?
Fietsch. Ne!
Guckkästner. Det is schade: Sie würden die Artikel über's Inland sehr jut übernehmen können.
Fietsch. Wie so?
Guckkästner. Weil keene rinkommen.
Fietsch. (achselzuckend) Ach! Hörn Se mal, wat wird 'n der Witz kosten, wenn er fertig is?
Guckkästner. Freilich war 't man en halber Witz, denn zum janzen jehört Eener, der 'en versteht.
Fietsch. Da haben Se Recht; ick schösse mir 'ne Kugel durch 'n Kopp, wenn ick solche Witze verstände.
Guckkästner. Det wär' sehr arrogant von Ihnen, denn Sie sind keenen Schuß Pulver werth.
Fietsch. Sie sind aber wirklich eenen werth!
Guckkästner. Det is richtig; bei mir lohnt et doch. Wenn man Ihnen aber 'ne Kugel durch 'n Kopp jagt, denn bleiben Sie am Leben.
Fietsch. Wenigstens länger als Sie; denn des is ein sehr kurzes Jeschäft, Ihren Jeist aufzugeben!
Guckkästner. Bei Ihnen dauert et freilich länger; denn eh'r Sie bei sich Jeist zum Aufjeben finden, darüber können Sie Achtzig Jahr alt werden.
Fietsch. So alt werden Sie allerdings nich; denn über's Jewöhnliche kommen Sie ooch da nich weg.
Guckkästner. Ne, ick muß mir immer mit rumstreiten.
Fietsch. Det is Ihnen woll ungewöhnlich, det mal en jescheidter Mensch mit Ihnen streit't?
Guckkästner. Ja, det kommt jar nich vor.
Fietsch. Der größte Schafskopp, der Ihnen vorjekommen is, war jewiß im Spiejel.
Guckkästner. Wenn Sie rinsehen, jlooben Sie jewiß, uf 'ne belebte Wiese zu stehen.
Fietsch. Fürchten Se sich nich: ick bin keen Schlächter.
Guckkästner. Schlechter können Sie ooch nie werden.
Fietsch. Ne, denn ick will meine Kinder so lange hungern lassen, bis Sie klug werden.
Guckkästner. Wat! Sie werden doch keene Kinder haben? Ne, det dhun Sie der Welt nich an!
Fietsch. Sein Se ruhig; Sie sollen se nich unterrichten.
Guckkästner. Abrichten, wollen Sie sagen.
Fietsch. Ja so! Ick verjaß Ihren Stand.
Guckkästner. Mein Stand is der ehrenwerthste in Deutschland; ick bin Invalide!
Fietsch. Det merk' ick! Sie haben wahrscheinlich en Hieb durch 't Jehirn jekrigt.
Guckkästner. (wüthend) Spotten Sie nich über einen Invaliden, oder er wird noch mal wieder Kriejer! (stolz) Wir haben unser Vaterland frei jemacht!
Fietsch. Wo denn?
Guckkästner. (schweigt und reicht ihm nach einer Weile die Hand) Nanu lassen wir's jut sein! Es kommt nischt Jescheidtes dabei raus.
Erster Junge. Ja, hörn Se mal, ick dächte, et wär' wirklich Zeit, det Sie mal wieder an den Kukasten jingen. Ick habe mir hier nich vor meinen Sechser in 'ne Lebensversicherungs-Anstalt injekooft, sondern ick will Bilder sehen!
Guckkästner. Sie haben sehr Recht, deutsche Hoffnung. (seine Frau rüttelnd) Doretheee, schlaf' nich! Verträume Deine Jugend nich, Lebensjefährtin! Wie ick Dir vor Sechsunzwanzig Jahren heirathete, haste bei weiten weniger geschlafen als anjetzt. Polke mal den Docht aus de Lampe en bisken weiter raus; die brennt, als ob se gesetzliche Vorschriften hätte. So! Nanu weiter! Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen die Fontenelle von Frankreich: Aljier, wie es wirklich is und wie es sein könnte. Sie sehen ein Stück Sand, woruf der Jeneral Büjod steht un ausruft: Jott sei Dank, det hätten wir wieder; Abdelkater is perdü! Von hinten indessen sehen Sie aber Abdelkatern un seine Frau Jemahlin Abdelmies. Diese Beuden sprengen plötzlich auf ihre arabische Hengste durch der Wildniß un rufen Büjodten zu: Juter Mann, Sie irren sich; es jeht uns noch janz passabel! – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie Seine Heiligkeit den heiligen Vater, Papst und Beherrscher der römischen Lande, wie er zu Peters Stuhl jejangen is, um über die jetzigen Unruhen nachzudenken. Im Hinterjrunde hängt ein jroßes Bild, auf welchen Christus die erhabenen Worte ausruft: Mein Reich is nich von dieser Welt! Vorne unterzeichnen mehrere Cardineelers eine neue Anleihe, un durch die jroße Dhüre sehen Sie gefälligst einen Jensd'armen, der einen zerlumpten Kerl reinschleppt un die Meldung thut: Diese Bande haben wir eben wieder ufjehoben!
Zweiter Junge. Braucht denn der Papst ooch Jensd'armen?
Guckkästner. Wui!
Zweiter Junge. Na wie kann denn aber en heilijer Vater Jensd'armen gebrauchen?
Guckkästner. Halten Sie's Maul! Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften erblicken Sie den diesjährigen jroßen Landtag zu Cassel, welcher, wie in de Zeitungen steht, wejen Mangel an Vorlagen ohne alle Beschäftijung is, un selbst die Ausschüsse nischt zu dhun haben. Sie sehen eine Menge ausjezeichneter Menschen versammelt, die des Vertrauen der Nation haben, un deshalb da sitzen. Der Präsident erhebt sich so eben un sagt: wir sind zum Wohle des Vaterlandes hier versammelt! worauf die janze Versammlung Ja antwort't. Hierauf sehen sich sämmtliche Deputirte jejenseitig an, un es tritt eine lange, sich wichtige Stille ein, während welcher die Volksvertreter über ihre Diäten nachdenken. Mit ein Mal stecht ein unjlücklicher Mensch aus des Hessencasselsche Volk seinen Kopp durch de Dhüre und frägt weiter nischt als: Na?! Ueber diese Störung sind die Vertreter sehr unjehalten un beschließen einstimmig, sich ferner nich stören zu lassen. Unter die vielen Jemälde an der Seitenwand is ooch Seine Hoheit der Mitrejent. – Rrrrr, ein anderes Bild! – Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie eins von die vielen Berliner Festfressen, welche den schönen Zweck haben, daß sich Einije amesiren können. Sie bemerken auf dieses herrliche Jemälde Hundertunfufzig deutsche Männer essen un drinken, un im Hinterjrunde den Wirth, welcher über den allgemeinen Patriotismus sehr erfreut is. Zuerst kommt Bouillon, aber jleich nachher wird ein Toast auf unsern König ausjebracht, und nachher kommt jar keine Bouillon mehr. Nachher kommt blos noch Cavjaar, Am Rhein, am Rhein, Krebsschwänze, Heil Dir im Siejerkranz, Sauerkohl, Bratwurst un deutsche Tugend, Mehlspeise un Ehrt de Frauen. Hierauf steht Einer vor de Zwischenspeise auf, zeigt seine Orden un redt so lange, bis er nischt jesagt hat un setzt sich darauf unter den Jubel der janzen Versammlung nieder. Während dieser rührenden Scene besingt der Hofrath Förschter einen Hammelbraten, un nachher kommt noch Champanjer un nasse Wonne, un den andern Dag der Katzenjammer über des Janze in de Zeitung.
Erster Junge. Na wat is denn nu die Veranlassung zu des Fest?
Guckkästner. Hunger.
Fietsch. Na sagen Se mal: halten denn die Leute keene schöne politische Reden?
Guckkästner. Ne, dazu sind se zu ängstlich.
Erster Junge. Uebrigens erinnere ick mir aus de Zeitung, deß se doch ooch zuweilen politisch reden.
Guckkästner. Ja, sehr zuweilen, un wenn se wirklich mal reden, denn is es ooch danach; denn heeßt es so viel wie: komm' her un dhu' mir nischt, oder: wasch' mir 'n Pelz un mach'n mir nich naß. Se reden diplomaatsch, des heeßt: nich jehauen un nich gestochen. Ick wer' Ihnen mal en Beispiel jeben, un zu Ihnen so 'ne freisinnige Rede halten wie uf de Festfressen. (Mit Salbung.) Meine Herren Jungens oder meine junge Herren! Heute is der Tag, dessen hohe Bedeitung Sie Alle kennen un dessen hohe Bedeitung uns hier versammelt hat, un dessen hohe Bedeitung lebendig zu erhalten ins Jedächtniß der Nation, die anzujehören wir Alle stolz sind. Wenn ein Tag jeeijent is, des Herz eines Patrioten nach diesen vortrefflichen wilden Schweinebraten zu entflammen, so is es der heitije, dessen hohe Bedeitung noch die Seelen unsrer Nachkommen mit Stolz erfüllen wird, wenn Wir längst weder essen noch drinken können. Er läßt sich nach jerade die Erfahrung nich beseitijen, daß in einijen Jemüthern unserm jemeinsamen Vaterlandes Deutschland die Ueberzeijung wurzelt, als dürfte ein ruhiger, höchst anständijer und gemessener Fortschritt im Weje der Jesetze und der Jnade von die erhabenen Herrscher unsers jemeinsamen Vaterlandes, und durch dessen bekannte und nie jenug zu rühmende Jeduld ein sehr fernes Ziel endlich erreicht werden möchte, von welches aus man sich kaum scheuen dürfte, auf dem Volke hinabzublicken, das einst mit Gut un Blut die Freiheit seiner Fürsten eroberte. Es liegt uns nich ob...
Erster Junge. Ob!
Guckkästner. Stille! (fortfahrend) Es liegt uns nich ob, in den ruhigen Jang der Bejebenheiten gewaltsam einzujreifen, aber es liegt uns ob, durch der öffentlichen Weihe, welche wir diesen Tag jeben, dessen hohe Bedeitung in das Andenken der Nation festzuhalten, indem wir sehr jut essen un vorzüglich jut drinken, damit des arme Volk eine Basis bewahrt werde, ein Boden, den es mit seine jute Jedanken, die indessen immer höchst anständig bleiben müssen, nach und nach besäe, um vielleicht in kommenden Jahrhunderten das erste hoffnungsvolle Jrün eines möglichst besseren Zustandes heranwachsen zu sehen, das ihren spätern Nachkommen Blüthen und Früchte versprechen dürfte. Darum meine Herren Jungens, erjreifen Sie jetzt mit mich Ihre Jläser, gedenken Sie bei diesen ausgezeichneten Champanjer des armen Volkes un lassen Sie mit mich vereint Deutschlands erhabene Herrscher leben, welche uns nich verwehrten, die hohe Bedeitung dieses Tages zu beessen und zu betrinken!
Fietsch. Na hörn Se mal, wenn mir Eener so was vorredte, den würd' ick höchst anständig in de Fresse schlagen.
Guckkästner. Wie Sie darüber empfinden. – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen die intressante Bejebenheit, wie Seiner Majestät der König von Neujriechenland, Otto der Allererschte, am dritten September Achzehnhundert un dreiunvirzig sehr dringend ersucht wird, seinen Volk die versprochne Konstition zu jeben. Dieses Bild is sehr schön gemalt, und durch die Fenster des Schlosses bemerken Sie ein bewimpertes Schiff, auf welches man sehr schnell nach Deutschland fahren kann. Oberscht Kalerji, der vor's jriechsche Volk steht, was nich so'n Brummochse wie manches andere is, steht vor den König, deutet mit den Zeijefinger auf dieses Schiff, un hält mit de linke Hand Otton die Konstition vor, indem er bescheiden äußert: au! au! welches auf Deutsch: Entweder, oder, aber! bedeutet. Seine Majestät hören Dies mit ihren hochjeneigten Ohren an un schütteln eine halbe Stunde lang ihren allerhöchsten Kopp, worauf unten aus Versehen ein Jewehr losknallt. Hierauf unterzeichnen Seine Majestät Ihren allerwerthsten Namen, treten an's Fenster un freuen Sich zu des versammelte Volk, deß sie Ihr Versprechen gehalten haben. Hinten fällt Ihre Majestät die Könijin, weil Sie so was in Oldenburg nich jewohnt waren, in eine Ohnmacht, wodurch Sie den janzen Zustand ausdrückt. An's Fenster steht ein Mönch und liest des Volk, um es zu zerstreuen, Jedichte vor, un rechts in de Ecke präsentirt ein deutscher Kammerherr einen jriechschen Jroßen ein Jlas Baiersch Bier, welches Dieser aber mit den neujriechschen Worten ablehnt: Ne, Lehmannaio, meine Konstition verdrägt des Baiersche nich.
Fietsch. Des is aber sehr schnell jejangen, die Jeschichte!
Guckkästner. Ja, die Jriechen konnten sich nich lange damit ufhalten: sie haben mehr zu dhun. Die letzte französische Revolution dauerte drei Dage; die jriechsche man drei Stunden, un wenn eine Nation wat will oder wenn eine Nation wat will, so kann sie Allens in drei Minuten abmachen.
Fietsch. Also König Otto hatte die Konstition versprochen?
Guckkästner. Ja, des is historisch.
Erster Junge. (trällert nach der Melodie des "God save the King") La, la, lalla, la, la! La, la, lalla, la, la! La, la, la, la!
Guckkästner. Willste 's Maul halten, dummer Junge! Ich bitte mir die äußerste Ruhe aus, bis ick fertig bin! Es is jleich alle. Nachher kannste getrost zu Hause jehen un Dir alle mögliche dumme Arien vorsingen. Hier habe ick aber die Solostimme, verstehn Se? -- Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen ein politisches Jemälde aus Potsdam, welches von der höchsten Bedeutung is un worauf Europa sehr bedenkliche Blicke wirft.
Erster Junge. Wie so? Da seh' ick blos vier Leute stehen, die sich wat erzählen?
Guckkästner. Diese vier Leute stehen aber zusammen, und dieses sind die Folgen der aufrührerischen Correspondenzen aus Potsdam in de Vossche Zeitung.
Zweiter Junge. I Jott bewahre!
Guckkästner. Ja, es is schrecklich! – Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen das imposante Portrait, wie die dreizehnjährje majorenne Könjin von Spanien Isabella secunde in de Cohorteskammer zum Eid fährt, wozu ihr acht Pferde ziehen. – Ihre Majestät hat den Königsmantel um, der ihr natürlich noch en bisken zu lang is un das Wetter is schlecht. Es rejent fürchterlich, so deß lauter Jucks uf de Straße is, und die Augen der versammelten Zuschauer sind vor Wonne janz feucht. Das Volk schreit Fifathoch, worauf Ihre kleine Majestät mit de Hand winkt, um dadurch anzuzeijen, deß sie schon weiß, was Des zu bedeiten hat. Jejenüber von de Könjin sitzt ihre Hofmeisterin Madam Santa Cruzzen, welches auf Deutsch Heilijes Kreiz heeßt, und nöben ihr liegt der Zepter.
Zweiter Junge. Schwört se denn in 'n Wagen?
Guckkästner. Sie sind besoffen. (wieder mit Pathos) Ihre Majestät, welche noch ein Kind is und blos als Idee dient, fährt nach de Cohorteskammer, besteigt die Tribiene, nimmt de Eid uf de Konstition, der ihr vorjeschrieben is, in de Hand, hält ihn, un leest ihn ab, welches Alles nich lange dauert und worauf Spanien bis auf die verschiednen Unruhen janz beruhigt is. Hierauf verneigt sich Ihre Majestät die kleene Idee, un so wie die Volksvertreter: Es lebe die Könjin Isabella secunde! uf Spansch jerufen haben, fährt se zurück.
Erster Junge. Vor Schreck?
Guckkästner. Ne, in't Schloß.
Fietsch. Wie 'n Schnepper. Sagen Se mal: se soll ja ooch wohl nächstens en Mann kriegen un sich verheirathen?
Guckkästner. Ja, des soll sie.
Fietsch. Na wer wird 'n des sind?
Guckkästner. Deß weeß ich nich. Sie nich un ich ooch nich, des steht fest; darüber is Frankreich, England un Spanien schon einig.
Fietsch. So.
Guckkästner. Ja.
Fietsch. Na denn brauch' ick mir also deshalb keene Unruhe zu machen?
Guckkästner. Ne. Sein Sie janz ruhig, ehrlicher Schneiderjeselle; Ihr jutes Jewissen steht nich uf't Spiel. Et wird woll ein Coburger werden; denn des Haus hat kronische Zufälle.
Fietsch. Wie so?
Guckkästner. Wie so? Weil ihm die Kronen zufallen.
Fietsch. Ach, als wie so?
Guckkästner. Ja. Rrrrr, ein anderes Bild! Hür, meine Herrschaften, erblicken Sie die berüchtigte chinesche Bande Pi-this-thee, welche den janzen ausjeschlagnen Dag uf de Knieen rumrutscht un de Welt weiß machen will, det der schöne Mensch in de schöne Natur blos zum Entbehren da is. Diese Jeschöpfe haben von de chinesche Pollezei die Erlaubniß jekriegt, fromm zu dhun, um des Volk in seiner Dummheit zu erhalten, denn von fromm sind is nich de Rede, da de Meesten von diese Bande Wuchrer, Bedrüjer, Spitzbuben un sonstige Canaillen sind. Viele lassen sich ooch blos in diese Bande ufnehmen, um Stellen zu kriechen, wollt' ick sagen: kriegen.
Erster Junge. (mit Abscheu) Aeh!
Zweiter Junge. Fui Deibel!
Fietsch. Ick will mir nich den Apptitt zum Abenbrodt verderben. Ju'n Nacht! (Er geht.)
Guckkästner. (ihm nachrufend) Hörn Se mal, Herr Leutemacher, bleiben Se noch eenen Oogenblick! Det letzte Bild müssen Se noch sehen, det is Ihnen bekannt un hat deshalb Intresse vor Sie.
Fietsch. (tritt wieder an den Guckkasten) Na man zu!
Guckkästner. Es is nämlich die Berliner Schloß-Freiheit.
Erster Junge. Des is en schöner Platz.
Guckkästner. Ja.
Erster Junge. Zeijen Sie ihn bei Dage?
Guckkästner. Sie sollen ihn verschieden sehen: bei Dage un bei Lichte.
Zweiter Junge. Ei, daruf freu' ick mir!
Guckkästner. (zu seiner Gemahlin) Doretheee halte mal immer zu nachher die kleene Lampe bereit. – Rrrrr, ein anderes Bild, und dieses, meine Herrschaften, is des Letzte. Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich Ihnen die Berliner Schloß-Freiheit...
Ein Gensd'arme. Hörn Se mal, es is zehn Uhr; Sie dürfen hier Nichts nich mehr zeijen!
Guckkästner. (kupferroth vor Zorn) Was?
Gensd'arme. Es is zehn Uhr; Sie müssen einpacken. Kein Kukasten darf nich mehr gezeigt werden, weil dabei gesprochen wird. Um zehn Uhr muß Allens stille uf de Straße sind.
Guckkästner. Aber die Menschen hier (auf die beiden Jungen und Fietsch zeigend) haben ihren Sechser bezahlt, wovor ich die Verpflichtung übernommen habe, Ihnen alle meine Bilder zu zeijen. Un ich halte meine Versprechen; ich bin en armer aber en ehrlicher Mensch, verstehn Se, Herr Jensd'arm! Die Leute haben bezahlt, un nu soll ihnen des Ihrije werden! Hür, meine Herrschaften, präsentirt sich ihnen die Berliner Schloß-Freih...
Gensd'arme. Stille!! Den Aujenblick zusammenjepackt, oder!
Erster Junge. (lachend) Na, na! (zum zweiten Jungen) Sage mal, Jottlieb, fürchst Du Dir vielleicht?
Zweiter Junge. (ebenfalls lachend) I Jott bewahre!
Fietsch. (geht fort und singt das Preußische Volkslied)
Wie heißt das Volk, das kühn von That, Der Tyrannei den Kopf zertrat? Groß, unbezwungen steht es da! Es is dein Volk, Borussia! |
Gensd'arme. Um zehn Uhr hört Allens auf, wat laut is uf de Straße! (Er überzeugt sich, daß der Guckkästner zusammenpackt, und geht langsam fort.)
Guckkästner. (ihm nachrufend) Hörn Se mal, Herr Jensd'arme! Ick habe Hunger un Sorjen; wie is es 'n damit? Derfen Die ooch nich nach Zehne laut werden? Die müssen bei Nachte laut werden dürfen: denn wenn is denn Dag?