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»Was rennt das Volk, was wälzt sich dort
Die langen Gassen brausend fort?«
Kein Tag ist den Berlinern merkwürdiger, kein Tag wird heißer ersehnt, als der vier und zwanzigste August. Schon früh Morgens sind die Straßen belebt; Groß und Klein, Jung und Alt, Reich und Arm, Vornehm und Gering – Jeder hat noch etwas für den Nachmittag zu besorgen. Verkäufer und Verkäuferinnen eilen dem Stralower Thore zu, um ihre Waaren bei Zeiten aufzustellen: Elegants laufen in die Pfandleihen, versetzen Uhren und Ringe, um heute das lustige Volksfest mitmachen zu können; Fuhrleute stellen ihre Nippenbrecher in den Straßen auf; Schiffer schmücken ihre Kähne und Gondeln; Hausfrauen eilen in die Läden, um die trockenen und nassen Bedürfnisse des Magens zu besorgen – ja selbst die Droschken bewegen sich heute schneller als je.
So vergeht der Vormittag. Liebedurstende Herzen und vergnügungssüchtige Sinne haben die Minuten gezählt, freudig ergreifen sie jetzt den besten Rock und die schönste Pfeife, die bunteste Weste und die größte Kümmelflasche, denn – der Mittag ist herangenaht, und der große Moment ist da, wo der Verdienst einer ganzen Woche in den Tabagieen Stralow's und Treptow's verschwinden soll.
Eben hat es zwei geschlagen, Brr! da hält auch schon ein Wagen Vor des Töpfermeisters Thüre. Und das Kinderheer, nach Sitte, Nimmt die Hintersitze ein, In die stuckerfreie Mitte Sitzt das Eh'paar sich hinein. Endlich auf den vordern Sitz, kommt das Mädchen und – der Spitz. Für der vollen Körbe Heer Blieb die Unterwelt noch leer. Fort mit Nadel, Zwirn und Elle! Weg die Flinte setzt der Jäger, |
Kurz, was Beine zum Gehen hat, oder »Jroschen zum Fahren«, zieht hinaus durch die Mühlenstraße zum Thore. Immer dichter und dichter drängen sich die Massen zusammen. Schaarenweise, Arm in Arm, gehen die Subaltern-Mitglieder der edlen Pechkunst, und pfeifen und singen; schon vernimmt man von Zeit zu Zeit einige aus den tiefsten Tiefen der Seele gepreßte Interjectionen, als: »Grober Flegel!« »Lümmel!« ja! es befreit sich sogar ein »Ochse« aus dem zarten Munde einer aufgedonnerten Köchin, deren Arm von einem vorüberfliegenden Barbiere unsanft touchirt wurde. Aber das perpetuum mobile läßt diese Schmeichelei unbeachtet, ohne sich umzusehen drängt er sich durch die Zahl der Gäste, die wallend strömen zu dem Völkerfeste, denn seine Dörthe, seine innig geliebte Dörthe hatte die Zeit nicht erwarten können, bis er den letzten Strich mit dem Rasiermesser vollendet hatte – wild rollen seine Augen im Kopfe, sie, die Angebetete begehrend, aber so viel er auch spähet und blicket und die Stimme, die rufende schicket – keine Dörthe, soweit das Auge reicht! Da wird er eine andere, ohne einen zärtlichen Begleiter Dahineilende gewahr. Die allumfassende Liebe eines Bartvertilgers in der Brust, vergißt er Dörthen, und ergreift schnell diese andere Jungfrau, wes Namens sie auch sei, und mit einem tiefempfundenen Händedruck sind zwei Seelen vereint, die sich im Laufe des vier und zwanzigsten August's nie wieder trennen werden.
Unter Toben und Schreien, unter Lärmen und Singen, Jubeln und Springen, erreicht man endlich das Stralower Thor, und schnell verändert sich die Scene.
Für das Auge ist Genuß, Hier fürwahr im Ueberfluß, Denn so weit es auch nur schaut, Find't man Buden aufgebaut, Voll von Hering und Salaten, Schweinezungen, Hammelbraten, Pfefferkuchen, Kälbernieren, Hiesigen und fremden Bieren, Butter, Käse, Pfeffer, Salz, Saure Gurken, Gänseschmalz, Schinken, rohen und gekochten, Branntewein in allen Sorten, Rüben, gelbe so wie rothe, Alle Sorten Würste, Brodte; Ganz besonders für den Gaumen Sind in Mengen: Hundepflaumen, Und verkaufend her um Birnen, Sitzen Männer, Frauen, Dirnen. |
Jetzt heißt's »Holla Bruder! hier werden die Flaschen wieder gefüllt.« Schon oft hatte der Durstige auf der Straße die Flasche aus dem finstern Chaos der Tasche hervorgezogen, und mancher edle Zug war über die ewig trockene Chaussee des Gaumens hinübergeglitten, jetzt aber war der geistvolle Quell versiegt, und nur ein Paar kleine Tropfen zeugten von dem früheren Dasein. Aber der Gott der Spirituosa, der die Eckensteher in den heißen Julitagen nicht verschmachten läßt, er hatte auch hier einige bescheidene Tonnen aufpflanzen lassen, die den Verzweifelnden mit neuer Hoffnung erfüllten. Schon sieht man Manchen, der das Sprichwort: »Der grade Weg ist der beste«, zu hassen beginnt, schon schwankt Mancher zwischen Sein und Nichtsein (betrunken), aber noch wälzt sich Keiner im Grase – dies Vergnügen ist für spätere Zeiten aufbewahrt!
Doch werfen wir einen Blick auf die Chaussee – und dann einen auf die Spree:
Durch der Straße lange Zeile, Fahren hier in größter Eile, Kremser wie Charlottenburger. Sehen kann man auch nicht weiter: Gute, so wie schlechte Reiter, Wagen, eigen und bedungen, Töpfer, Maurer, Cigarr'njungen. Ganze Haufen Musikanten, Hautboisten wie Sergeanten, Stellenweise Offizianten. Seifensieder, Sänger, Küster, Fleischer, Sattler und Magister, Bürstenbinder, Balgentreter, Der Soldaten lust'ger Schwarm, Tambour, Pfeifer und Trompeter, Die Geliebte in dem Arm, Wandern jetzt in Stralow ein, Sich des Festes zu erfreu'n. |
Auf der Sprea azurblauen Wogen ziehen die leichten Kähne und die buntbeflaggten Gondeln dahin. In jedem Schiffe sitzt ein Virtuose auf dem Leierkasten, und ein Barde, dessen tiefgefühlten Töne die Herzen der Schlosser, Drechsler und Handschuhmacher ergreifen, und unwillkührlich zum disharmonischen Mitgesang fortreißen.
Aber die Disharmonie hat sich nicht blos über die Wellen verbreitet; auch zwischen die friedlichen Staubwolken des Landes ist sie eingekehrt, denn die Zeit der Prügel ist gekommen! Wo wäre für den Sohn der Pfrieme ein Vergnügen zu finden, wenn er sich nicht prügeln könnte; wie könnte die Freude in das Herz eines Grobschmied's einkehren, wenn er seine Fäuste nicht in die Wangen seiner Collegen abdrücken könnte; und wie könnte ein Korbmacher glücklich sein, dem Natur und Kunst eine Beule vor dem Kopfe versagt hätte? – Seht, wie sich dort zwei Hausknechte mit zärtlicher Wuth umschlungen halten, und alle erdenkliche Mühe geben, sich gegenseitig ein Paar Real-Injurien beizubringen.
In den Haaren liegen sich Beide,
Und weinen vor Schmerz und vor Freude!
Da tritt endlich die gute Polizei dazwischen; der rothe Kragen und der klappernde Säbel sprechen deutlich die Worte: »Friede sei unter Euch!« und beide Kämpfer verstehen sich, sehen sich noch einmal fragend an, greifen sich noch einmal unter den Arm und – trinken zusammen einen Anis.
Doch wir rücken in Stralow ein. Rechts und links sind die Gasthäuser mit Menschen besäet.
Mitten hier in dem Gewühle Stehen Bänke, Tisch' und Stühle, Kannen, Tassen sieht man blinken, Matte von des Tages Schwüle Kommen hierher um zu trinken, Daß des Kaffeegeist's Gebräue Ihnen Munterkeit verleihe. |
Welche Feder malt diesen Wirrwarr; die meinige ist zu schwach. Hier sitzt ein begeisterter Kammermusikus neben seiner Angebeteten, und sucht vergebens einen für ihn gestimmten Ton in der Tastatur ihres Herzens; hier rennt ein Weinhändler mit einem Wasserträger zusammen; dort kokettirt ein bevatermörderter Ladenschwengel mit einer Stickermamsell, und scheint nur in der Liebe nicht Maaß zu halten; hier klimpern einige Hof-Musikanten die Cavatine: »Komm, o holde Dame!« und dort zankt sich eine Höckerin mit ihrem Gemahl, der sich zwischen den Birnen wälzt. Hier geht ein junger Journalist einem Mädchen nach und spricht von Preßfreiheit, dort eilt ein Censor, der gleichfalls etwas auf dem Strich hat; hier geht ein Menageriebesitzer und scheint etwas verloren zu haben, dort spaziert ein modischer Affe, und sieht sich in seinem Spiegel, den er aus der Tasche zieht; hier sitzt ein dicker Rezensent und trinkt ein Glas Punsch; dort kommt ein Scharfrichter und reicht ihm die Hand. Hier watschelt mit hochmüthiger Geberde ein vorsichtiger Arzt, dort fängt ein rußiger Bauer einen Sperling, dort zankt sich ein grober Direktor mit einer Unbekannten; hier steht ein Krüger, und lobt sein gutes Essen; dort weicht ein junger Schriftsteller einem Ochsen aus; hier läßt sich eine Sängerin unter einer Linde den Hof machen, und dort angelt ein kleiner Uebersetzer. Hier spielen ein Paar lustige Schneider Versteckens; dort tanzen ein Paar rothwangige Köchinnen im Grase herum. Hier hört man die liebliche Stimme einiger soliden Damen, dort das Gequake der Frösche, hier die ohrenzerreißende Musik der Straßenvirtuosen, dort das Schmerzgeschrei eines auf den Fuß Getretenen; hier das Geschnatter mehrerer klatschsüchtigen alten Jungfern, und dort das Wiehern der Pferde.
»Hanne! Rieke!« hört man schrei'n, »Cigaro!« erschallet's drein, »Saure Gurken! meine Herr'n!« Höret man von nah und fern. Schiffer schrei'n in größter Eile: »Alleweile! Alleweile!« |
Aber dort an jener Bude, in der Fortuna gar wunderlich mit den Menschen spielt, bemerken wir wieder unsern Barbier, mit seiner neuen Liebe. Hier, wo die Würfel des Schicksals geworfen werden, hier, wo man oft für zehn Augen nur ein Neunauge gewinnt; hier wo so eben eine zahnlose Frau eine Zahnbürste; ein junges Mädchen von fünf Jahren eine Schachtel Schneeberger Augentabak, ein alter Podagrist eine kleine Reitpeitsche, eine Nonne den allergrößten Reiter von Pfefferkuchen, ein Liberaler eine Schachtel Soldaten, ein Aristokrat eine Schuhbürste und ein Constitutioneller ein Spiel Karten gewonnen hat – hier will auch er mit seiner Begleiterin den Becher ergreifen, und der hohen Glücksgöttin überlassen, ob sie ihn vielleicht den höchsten Preis, jene mit silbernen Troddeln umwundene Pfeife, oder nur eine unbedeutendere Pieçe gewinnen läßt. Aber der Mensch denkt, Gott lenkt. Hier, wo er gemüthlich den Becher ergreift, hier in den noch nicht umgestürzten Würfeln lag das ganze Schicksal seines Lebens, Freude und Kummer, Schmerz und Lust. Wie das duftende, in lieblichen Farbenschmelz getauchte Veilchen anspruchslos im grünen Moose versteckt, mit kosenden Zephyren spielt, und nicht ahnt, daß es im nächsten Augenblicke, der reizenden Schwester, einem anmuthigen Mädchen, am Busen prangen wird, so ahnte auch unser Barbier nicht, daß der nächste Augenblick der entscheidendste seines Lebens sein würde. Er setzt seine Sechsdreier – er wirft – und eilf Augen sind es, die er geworfen. »Elfe!« ruft die budenbesitzende Priesterin Fortuna's, »Elfe jewinnt eine jroße Prätzel!«
»Ludwig!« ruft eine weibliche Stimme hinter unserm Helden. Erschrocken dreht er sich um, und Dörthe, seine zum Fischzuge vorangeeilte Dörthe ist es, die mit zusammengeballter Faust auf ihn zueilt. »Ludwig! Was? Du bist mit eener Andern hier? Du bist mit Jeheim-Sekertärsch Rieke hier? O Du schlechter Mensch, Deine Dörthe verschmähst Du und treibst Dir mit solchen Rieken-Racker rum?« »Wat?« fängt hier mit gerechtem Zorne die von Geheim-Sekretairs für Alles Gemiethete an: »Wat, ich bin een Racker? Son Karnickel will mir Meinen abspenstig machen? Warte!« Mit diesen Worten fährt sie der ihr muthig entgegenkommenden Kollegin in die Haare, und mit einem Griff liegt der Babylonische Thurm der Wiener Seiden-Locken zertrümmert auf der Erde. Diese aber wehrt sich, ein zweiter Marius auf den Ruinen Carthago's, und streicht ihr so zärtlich über die purpurrothen Wangen, daß man beinahe der Meinung wurde, sie hätte die Finger darauf liegen lassen. So kämpfen Beide, Liebe und Verzweiflung in der Brust; schon hängen die Haare wirr vom Kopfe herab, schon sinken ermattet die Glieder, da fährt plötzlich ein großer Gedanke durch den Kopf des Bartvertilgers. Er, der bis dahin ruhig den Kriegerinnen zugeschaut hatte, er tritt jetzt mit hochgehobener Brätzel zwischen sie, und mit Würde und Ernst spricht er folgende Worte: »Dörthe und Rieke! Ihr streitet Euch um meinen Besitz; diese Prätzel hat mir das Schicksal zugesendet, um Euren Zwist zu enden. Ihr seht mich staunend an, Ihr fragt, wie des möglich is? so hört: Diejenigte von Euch, die das größte Stück von dieser Prätzel reißt, soll die Meinige werden. Hier faß Du an, Dörthe, und hier Sie, Mamsell Rieke, und jetzt: eins, zwei und – – – drei!
Es war geschehen.
Mamsell Rieke hatte den größten Theil gezogen, und Dörthe stand da, betrübt und niedergeschlagen, das kleine Stückchen Kuchen in der Hand, das eine Thräne aus ihrem schwarzen Auge benetzte. »O Ludewig!« lispelte sie, »hab' ich des um Dir verdient?« und noch eine Thräne entrollte ihrem Auge. Da tritt heiter und anspruchslos ein Bäckergeselle aus den Reihen, drückt die Tochter des Feuerheerdes stürmisch an sein Herz und spricht: »Mamsell! auch in meinen Busen wohnt eine warme und frische Liebe – nehmen Sie mir!« Dörthe sieht ihn flehend stehen, ihr feuriger Sinn durchfliegt noch einmal die Begebnisse des heutigen Tages, noch einmal besieht sie die dividirte Brätzel, drückt sie an ihr Herz, steckt sie – in den Mund und ißt sie auf. Dann nimmt sie den Arm des Brodtgebenden, und verliert sich mit ihm unter die Menge. Auch wir wollen uns jetzt durch die dichten Massen arbeiten, um ein seltenes Schauspiel, nämlich: Freude auf dem Kirchhofe zu sehen.
Es ist zwar nichts Seltenes, daß in dem Herzen einer Frau Freude wohnt, wenn sie ihren Mann zur Ruhe bestattet, aus dem einfachen Grunde, weil er von den Qualen dieses Lebens befreit, und in jene bessere Welt einzieht; aber dieses ist nur eine geheime Freude, keine Freude, wie die heutige, die sich in Tanzen und Springen, Jubeln und Singen offenbart.
An den Bäumen und im Grase Ist gelagert Jung und Alt, Fröhlich bei dem vollen Glase Rings herum der Jubel schallt. Was in Körben hergetragen, Giebt in Stralow einen Schmaus, Daß gestärkt der leere Magen, Packt es jetzt die Hausfrau aus, Denn die Vesper hat geschlagen! |
Unstreitig ist auch hier auf dem Kirchhofe für jeden Natur-, Volks und Kinderfreund die schönste Aussicht. Hier stehen wir am grünen Ufer der Spree, auf der sich reich besetzte Schiffe kreuzen, hinüber sehen wir nach dem jenseitigen Ufer, nach Treptow, das heute die zweite Auflage von Stralow ist, tausend und abermal tausend Menschen hinter uns, tausend und abermal tausend vor uns: die ganze Bevölkerung Berlin's scheint herausgezogen zu seyn, um, jeden lästigen Zwang und jede Etiquette vergessend, sich einzig dem Vergnügen und der allgemeinen Lust hinzugeben. – Aber was wälzt sich hier mit Jubelgeschrei Alles nach dem grünen Platze an der Kirche? In stattliche Tracht gekleidet, springt ein Affe auf einem Kameele herum, und unten tanzt mit schwerfälligem Fuße ein schwarzer Bär. Nicht weit davon steht ein Guckkastenmann, und ruft mit heiserer Stimme sich Zuschauer heran, während seine Frau den Hineinschauenden die herrlichen Bilder erklärt, und ihre vielseitigen Kenntnisse bekundet. »Hier werden Se schauen«, fängt sie an, »den jroßen Jroßsultan, umjeben von allen seinen Dardanellen, – der da rechts mit die rothe Hose ist sein Leibdardanelle – hinten scheint die Sonne!« Letzteres ist der Refrain bei jeder Erklärung eines Bildes, höchstens variirt sie mit einem »hinten bricht der Mond durch die Wolken!«
So naht der Abend heran. In dem blauen Ocean des Aethers badet sich die keusche Sonne, und als der Mond still hervorschleichend sie belauscht, färben sich in jungfräulicher Schaam purpurroth ihre Wangen, und leise entzieht sie sich seinen Blicken. Der Schwüle des Tages folgt eine milde und heitere Abendluft, und belebt von Neuem die Gemüther.
Jetzt bemerkt man Schüssel bringen, Teller klirren, Gläser klingen, Mägde auf und niedergehen, Alle Sorten Fisch und Braten, Gurken wie Sell'rie-Salaten, Manches Gläschen Branntewein, Und Kartoffeln dampfend stehen Auf den Tischen hier im Frei'n. Jetzt wird Spiel und Tanz vergessen, Alles strömt herbei zu essen, Daß die frische Abendspeise Kräfte leihe zu der Reise, Denn so eben giebt die Thurmuhr Kunde, Daß zur Heimkehr nun die Stunde. |
Mit geschäftiger Industrie rufen die hundert und abermal hundert Fiaker die nach Hause Wollenden an, und mit starker Fracht versehen, eilt Wagen an Wagen durch die dichten Reihen der Fußgänger nach der Residenz zurück. Von fröhlichem Gesange ertönt die Luft; jauchzend Arm in Arm ziehen die Mitglieder verschiedener Zünfte dahin; schwankend geht der Familienvater mit dem jüngsten Kinde auf dem Arme, während die Hausfrau die leeren Körbe heimträgt; selig im Rausche des Branntweins und der Liebe führt der Jüngling sein Mädchen, hinter Busch und Hecken werden Küsse gestohlen, und die Bestohlenen fordern gerechter Weise Satisfaction. Doch wir treten wieder in die verwaist gewesene Stadt. Tobendes Lärmen und fröhliche Musik schallen aus allen Tabagieen, denn Jeder, dem noch Plutus einige Münzen in der Börse gelassen hat, legt sie freudig auf den Altar des Schenktisches nieder. Im raschen Walzer drehen sich die glücklichen Paare; brennende Pfeifen hüllen sie wie die Götter in lichte Wolken; Billardkugeln rollen auf der grünen Flur dahin; schäumendes Weißbier gleitet in die glatten Kehlen, und um einige liebliche Erinnerungen zurückzulassen, erhebt die Prügel noch einmal ihr riesiges Haupt. So endet unter frohen Genüssen aller Art das Berliner Volksfest, der weit und breit berühmte Stralower Fischzug; so hat heut der Einwohner Berlins seine Sorgen in Lust verwandelt, und wenn die Letzten heimkehren, bricht die Aurora des neuen Tages durch die grauen Morgenwolken.