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Die Berliner Köchinnen oder Dienstmädchen, in den Zeitungen »Mädchen für Alles« genannt, sind in den bürgerlichen Familien zu sehr mit Arbeit überhäuft, um sich immer sauber halten zu können. Sie müssen kochen, die Küche rein erhalten, die Zimmer ausfegen und scheuern, Gänge besorgen, Kinder warten und wenn ihnen gar Abends eine Stunde übrig bleibt, Strümpfe stopfen. Alle vierzehn Tage aber haben sie ihren Sonntag, und wenn sie dann Nachmittags mit dem Aufscheuern fertig geworden, dann werfen sie sich in ihre prachtvollsten Kleider, legen alle ihre Kostbarkeiten an, nehmen den reichlich mit erübrigten Materialien gefüllten Pompadour unter den Arm, und wandern am Arme des Geliebten vom Militair nach Moabit oder einem anderen Lustorte, wo gespielt, getanzt und Alles unternommen wird, was man zu den Erholungen rechnen darf.
Ach, und der Erholung bedürfen sie! Abgesehen von aller Arbeit genießen sie selten eine freundliche Behandlung von der Herrin des Hauses. Denn die Hausfrauen glauben nur dann recht tüchtig ihre Pflicht zu üben und ihren wichtigen Beruf zu erfüllen, wenn sie mit böser Miene umhergehen, immer tadeln, immer treiben, immer Das laut werden lassen, was in der Stille eben so gut und besser abzumachen wäre. Wird das Dienstmädchen nicht ihrer Faulheit und Unehrlichkeit wegen ausgezankt, so behandelt sie die Kinder schlecht, vernachlässigt sie, ist nicht reinlich, legt zu viel Holz an, nimmt zu viel Kaffee, bleibt zu lange aus, wenn sie fortgeschickt wurde, klatscht mit den anderen Köchinnen des Hauses, »hat jewiß wieder mit ihren Soldaten ufn Flur gestanden!« kurz: Etwas findet sich immer, das der wartenden Hausfrau Stoff zur Unzufriedenheit und zum Zank bietet.
Es kann und darf nicht behauptet werden, daß die Fehler der Mädchen für Alles fehlten, daß sie nur in den Augen ihrer Herrschaft existirten. Aber schon der Name »Mädchen für Alles«, der nicht naiv, sondern charakteristisch entstanden, und der so viel unverdiente Schmach und unverdientes Elend documentirt, sollte die Damen doch zu humanerer Behandlung ihrer Sklavinnen und zur Nachsicht mit ihren Schwächen bewegen. Wie viel gerechter wird die Forderung allgemeiner Freiheit, wenn wir, von Institutionen aller Art Gedrückten, unsern Untergebenen ihr Unglück nicht noch durch rohe, tyrannische Behandlung verdoppeln, sondern ihnen dasselbe durch Nachsicht und Freundlichkeit so viel wie möglich vergessen machen!
Nachdem ich noch eingeräumt, daß die Berliner Dienstmädchen 1) gern ihren Colleginnen die Geheimnisse ihrer Herrschaft mittheilen, 2) für ihren Soldaten zuweilen einige Materialien zu erübrigen suchen, 3) mit demselben sehr gern Abends auf dem Hausflure kosen, 4) wenn es möglich, gediegene Räuberromane lesen und 5) sich zu lange im Materialladen bei dem syrupsüßen und candiszarten Diener aufhalten, laß ich sie selbst mit ihren Tugenden, Leidenschaften und Eigenthümlichkeiten auftreten.
An den Bombardier Krause
(Genau copirter Brief)
Deuerster freund sie währten es mier Nicht Uewel nähmen, daß ich mich die freiheit nähme an ihnen zu Schreiwen da ich mir genöththiegt sähe an ihnen zu schreiben. ich hätte mir zwar die Mühe nicht sollen nähm aber ich habe es mit den jrößten verjnüjen gethan lieber Freund unbekannterweise ich als aufrechtes Mäthgen ich währte wohl jeter Zeit wieder so einen finden wie sie sein. will aber nicht hoffen daß er noch solcher lieger und schwindlerischer mensch sein wie sie denn sein ja nicht die Dinte noch daß Schöne Babbier wärth. Lieber Freund unbekannterweise denn wir können uns nicht meehr – weill sie untreie gewesen sein hätte ich daß gewust daß sie so währen hätte ich mir lieber Gott weis waß als das – ich wollte lieber daß meine Augen ihnen nichtgesähn hätten denn so ein mensch ist mier in meinen Augen nichts wenn sie zu mich wollten Treu zuhrückkehren ist es guth aber sie müssen nur nicht glaubenn daß ich Trauehre nun athge mein Schatz indessen ich thue Deiner bald vergessen nun athge so lähwe wohl du von mir scheiten solst mit vergnügen geschehn. Aber noch eins bitte ich mir von ihnen aus daß sie mir das urband von Perrellen gleich schicken was sie Von mier haben weil mein name drauf ist und sie mir nicht auf ihre Brust tragen sohlen weil sie mir nicht mehr drein haben in die Brust.
Lähwen sie wohl!
ich verbleibe ihre treue freuden
Marie Antonette Knausewitz Kroppsteht und 1 Grus an ihre Miene die sie Jezz Stadt meiner haben daß sie ein Dreier haben möchte wünsche ich ihr denn ich hätte mehr zutrauen in ihnen gesucht.
An Bombather Krause abzugeben. |
logiert in die Kaserne. 4 bein Kupfergraben. |
Liebe Ulrike in Oranjenburch!
Seit ick von Oranjenburch fort bin, hat sich villes mit mir verändert; denke Dir, ick habe mir verliebt! Ulrike, Du weeßt vermuthlich noch nich was Liebe is, un ick kann's Dir ooch nich beschreiben, dazu haben de Worte keine Sprache nich. Det Herz un de Brust werden immer so gedrückt, un man kann gar keenen Athen holen; un wenn man nu gar den Lohgerber sieht, den ick liebe, so wird eenen wohl un weh in den ganzen Körper. Det Abens, wenn ick mit det Ufschauern fertich bin, steht er schonstwien Proppen vor de Dhüre, un haart uf mir. Ach, den sollteste sehen, wenn mir mein Lohgerber zu sehen kriecht, wie er sich hat un freut, und wie verrückt is. Allens wat von meine Herrschaft übrich bleibt, det bring' ick ihn jedesmal runter, un denn setzt er sich uf de Treppe un nimmt mir uffen Schoß, und eßt die Fänder meiner Liebe uf. Erscht, wenn er Allens runter hat, fängt er an zu lieben, un küßt mir gradezu int Gesichte und hätschelt und tätschelt mir. Det ick mir dabei streibe, kannst de Dir wohl denken, aberscht et hilft nich, er läßt nich locker. In einer einsamen Stunde, wenn ick meine Herrschaft die Hackens wieder in de Strümfe stoppen muß, überleg ick manchmal, ob ick ihm auch wohl wirklich liebe, oder ob es blos die Gewohnheit is, aberscht nein! Des ich ihm wirklich liebe, hab' ick erst neulich recht deitlich gemerkt, wo er ne Pike uf mir hatte; die ganze Nacht hab' ick nich schlafen können, so hab ick mir gegrämt, det er bese war, und sein Gänseschmalz is ganz sauer geworden, womit ich ihm besenftigen wollte. Und wodrummer war er bese? bloß weil ick mit den Hanlungsdiener bei Nünnekens gedanzt habe, der immer mit mir zusammen in de Mohrenschtraße Wasser holt.
Aberscht ick merke, ich annnegire Dir mit meine Liebe, aberscht ick weiß wirklich nischt anders zu schreiben, weil mir immer nischt anders infällt als mein Lohgerber, der ein sehr spaßhafter Mensch is und sein hinreichliches Brot hat.
Deine beklückte Freindin Johanna Triesel beim Braueschen Herr Butrel, Kronenschtraße No. 113. vorne raus. |
Allerliebstes Carlinchen!
Aus Deinen Brief habe ich ersehen, daß Du an mir geschrieben hast; es freut mir, daß es Dich gut geht und das Du Dein Auskommen hast, und daß Dir zu Weihnachten Deine Herrschaft gut presentirt hat, und daß Du Dir bald verheurathen wirst, wozu ich Dir Glück wünsche. Was mir betrifft, ich war Dich recht krank; ich hatte mich den Magen mit einen Dardanellen-Sallat ganz und gar verdorben, und unser französischer Refermater meente, des wäre eine malizgöse Melodie, weil ick sonne ochsige Kolike kriegte. Gott sei's Dank, ich bin nu wieder volluff! Unser Balbiergeselle hat mich die Megazine die mir der Abdeker in das Leib gegagt wieder raus gepumpt. Liebe Seele, Dein Liebster kommt also bald von de Wanderschaft retur? der wird sich recht uff dir freuen! Mir gehts nich so gut mit meine, Ich habe viel Maleer mit Sie gehat. Der Lezte hatte noch bei Schicklörs Contor Confekt in de Kasse gemacht, und da haben sie ihm das Wenige was er hatte abgeschnitten, um zu ekzestiren, und nun mochte ich ihm auch nich! Und habe mich einen neuen präparirt! Dieses ist ein wunderscheener Mensche der gestern einen Rehsultan von das Krimel-Apartement kriegte, daß er ein Jahr in Spandau sitzen muß, weil er seinen Herrn beleidigt hat und etwas genommen. Ich habe ihn noch ein hübsches baptisten Schmisjet genäht, und werde ihm vielleicht auch seine Begnadigung verschaffen, weil ich einen Exkuter kenne der mir wohl will. Jetzt hab' ich keene Zeit mehr, drum lebe wohl und spute Dir an mir zu schreiben ehr mir uns mündlich sehen.
Deine Freindin Charlotte Knippel. |
Einzich steh kuh ne junde!
Berlin den 30sten Julü 1833.
Ne watt Dich alleweile jetzt vorne Hitze bei uns is da kannste dir keen Begriff von machen. Ick möchte mir ja nich wie mein Herrn sein Hund in den Sonnenschein hinlegen. und wenn mich Eener 8 Groschen geben wollte. Nein Du hast keine Fantasi nich von de Hitze. Bei den Petipgeeren untern Linden steht et uf Bluthitze un der Perjamotter steicht alle Augenblicke ein Zoll und bei den andern Meschanikus ebenso. un uffen Schlosplatz wo der dicke Kurfürscht steht seind zwee Vögel vom Himmel runter uf die Erde gefallen. Da soll nu eener bei arbeiten. Un wenn ick denn nu jearbeet habe. un ick denke ick soll vor Hitze umkommen un meine Beene sollen mir ausfallen. denn licht mich Abends mein Jardekohr uffen Halse. det ick ihn was geben soll, wat von de Herrschaft abfällt, was ick erübriche, aberscht den ranz ick an. Höre sacht ich neulich zu ihn wie er wieder drum Rum ging un schmunzelte, höre Boomstengel, Boomstengel heeßt er nämlich, wenn de weiter nischt weißt als wat von mir zu ziehen denn pack in mit Deine Liebe und prehstire Dein Gewehr uf den Exirplatz und laß mir zufrieden. Druf gab er mir zur Antwort, wat denn auch mich Widder beruhigte. I kleener Deibel sei doch nich wunderlich seh mal Du dumme Ganz dhu ick Dir denn nich Allens zu Liebe wat nur ein Vieh dhun kann? Hol ick Dir nich frischet Wasser ruf von Brunnen zum Ufschauern un hau ick Dich nich, Holz. Un wat verlange ick denn von Dir höchstens det wat Du langst!
Bei diesen Ausdruck drückte ich ihm eine Gesunde uf die Backe un er küßte mir un nu war Allens wider gut. Un denn spielten wir Beede in de kleene eenfensterge Küche Zeck un er kriechte mir alle Ogenblicke übergens is meine Mutter dot un mein Vetter hat sich in den Schaafgraben versöft. Des wunderte mir denn er war nie Liebhaber von Wasser. Na et schat ooch nischt daß er aus der Welt is. Denn er war wie ich, Dir oft schrieb ein sehr großer Schaafskopp.
Deine Freindin in de Kreizgasse bein Schneider Lehmriech neben de Matregalhantlung. Fridrike Purzel. |