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Der Hauptcharakterzug dieser Leute ist ein unendliches Phlegma, an welchem die ewige Gleichheit, oder wie Schiller sagt, die Dasselbigkeit ihres Geschäfts und Lebens schuld ist. Jede andere Arbeit der niederen Volksklasse findet schon in der Oeffentlichkeit ihre Abwechselung, die Holzhauer aber befolgen eine Regelmäßigkeit in ihrem Thun und Treiben, die durch keine äußere Einwirkung unterbrochen wird. Essen, Trinken, Trinken, Schlafen, Vergnügen und Arbeit: Alles hat bei ihnen eine genau bestimmte Zeit, in welcher kaum die verschiedenen Jahreszeiten eine Aenderung hervorbringen.
Sie sind, fast ohne Ausnahme, verheirathet. Ihre Frauen haben aber nicht nur die Wirthschaft zu führen, sondern helfen entweder im Geschäft, indem sie das kleingehauene Holz in die Keller tragen, oder tragen auf andere Weise ihr Scherflein zur häuslichen Kasse bei.
Die Holzhauer gehen früh Morgens, leicht und keineswegs nach dem letzten Modenkupfer gekleidet, aus ihrer kleinen Behausung fort, tragen Säge, Bock und Beil und erwarten am Orte ihrer heutigen Thätigkeit den Wagen vom Holzplatze.
Nachdem sie eine Stunde gearbeitet, kommt die Frau mit dem Morgenkaffee, von dem mehrere Schalen in den – mit Ausnahme eines bereits dankbar entgegengenommenen Schnapses – nüchternen Magen gegossen werden. Gegen zehn Uhr wird zweites Frühstück abgehalten; der Mittag wird genau nach der Sonne genommen und nicht vornehm hinausgeschoben; ihm folgt ein kurzer Schlaf auf dem Hausflure, und dann die eifrigste, nur vom Nachmittagskaffee unterbrochene, schwere Arbeit.
Nach vollbrachtem Tagewerk geht der Holzhauer in den, das Wirthshaus ersetzenden Victualienkeller, wo sich ihm ein außerordentlich starkes Spiel Karten von 32 Blättern oder ein unterhaltendes Gespräch zur Erholung darbietet. Der Sonntagmorgen findet ihn gewöhnlich in der Kirche, der Nachmittag vor dem Thore, wo es so lustig wie möglich zugeht, und das Familienhaupt so lange trinkt, bis es seine Frau und Kinder doppelt sieht: was sein erhitztes Blut plötzlich wieder abkühlt.
Nachdem wir wissen, was die Holzhauer thun, erlauschen wir das, was sie sind, wohl am Besten aus ihren Gesprächen.
(Der Holzhauer steht in der Stube des Bürgers an der Thür, und hat die Mütze unter'm Arm.)
H. Na, alleweile sind wir mit den Haufen fertich jeworden; meine Frau feecht noch die Speene zusammen.
B. Gut. Und was bekommt Ihr nun?
H. O, det weren Sie schenst wissen! Det is ja nicht det Erschtemal, det wir Ihnen jehauen haben.
B. Ja, aber diesmal war das Holz so glatt und schön, daß Ihr weit weniger Arbeit damit gehabt habt.
H. Meen'n Se wirklich? Ne da irren Se sich! Die dicken Knubbels haben Se woll nich jesehen, die mang waren, un wodruf sich mein Camerate seine Aexsche janz zu Schande jehauen hat?
B. I wer weiß, wie der Mensch d'rauf losgehauen hat.
H. (sieht ihn groß an). Na, det lassen Se man jut sind! Wat Hauen belangt, da wissen wir alle Bescheed, denn Ihr Holz is nich det erschte wat wir hauen; un wird Jott sei Dank ooch nich det letzte sind. Un denn überdem, wir haben schonst Jrafen jehauen un Jeheimeräthe un Barone un Alle, aber von Alle die soll noch Eener jekommen sind, un soll jesacht haben, det wir ihn schlecht jehauen haben!
B. Davon ist ja die Rede auch nicht! Sagt nur, was ich zu bezahlen habe.
H. Det wissen Se ja – een Haufen macht 5 Dhaler Curant.
B. Aber, lieber Mann, da verdient Ihr ja Jeder über einen Thaler.
H. Nu, wat is denn det? Det is woll ooch wat, en Dhaler? Un denn sind wir doch ooch keene Dagelöhner, die sich den janzen Dach vor 10 Sgr. puckeln missen! Unser Jeschäft kann nich Jeder dreiben, un wie lange kann Unsereens denn hauen? Det kommt selten vor bei uns, det eener sein 50jährijet Jubeleum als Holzhauer feiert, un wenn wir uns nich en Nothpfennich zurückjelegt haben, un sind alt und haben uns de Knochen mürbe jehauen, denn jibt uns keene Seele en Sechser, un denn heeßt et: nu knabbert Euch det Fleesch von Leibe runter, wenn ihr nich verhungern wollt.
B. Nun, hier sind die fünf Thaler.
H. (steckt das Geld ein und bleibt stehen). Na, wie is et denn?
B. Was denn nun noch?
H. Na hör'n Se, ohne Bierjeld wer'n Se uns doch nich...
B. Auch das noch? Nein, nein, Ihr habt genug! Ich gebe keinen Heller mehr.
H. Nich? So? Na, lassen Se't man jut sind, det hat nischt zu sagen. Darum laß ick mir ooch noch keene jraue Haare wachsen; et jehört zwarsch dazu, aber wenn't nich is, denn is et nich. Na, schlafen Se recht woll, det hat nischt zu sagen. (Er geht und wirft mit aller Kraft die Thür hinter sich zu.)
B. (kommt schnell heraus und schreit mit kupferrothem Gesicht). Was soll denn das heißen? Warum wirft er denn die Thür so?
H. (sieht sich auf der Treppe nach ihm um). Nee, nu lassen Se man sind, nu nehm' ick keen Bierjeld, un wenn Se mir en Dhaler bieten!
B. (wüthend). Untersteh' Er sich solche Dummheiten noch mal!
H. Nee, Se können mir bieten, wat Se wollen. Ooch nich en Pfennig nehm' ick.
B. (immer wüthender). Was? Er will mich wohl noch foppen, er dummer Kerl?!
H. Nee, wie jesacht, jeben Se sich keene Mühe! Det war ja man mein Spaß, wie ick mir von Ihnen Bierjeld foderte. Wenn ick wirklich mal Bierjeld nehme, so seh' ick mir meinen Mann an, aber von All und Jeden nehm' ick keen Bierjeld! Nee! Da könnte am Ende Jeder kommen, un wollte mir Bierjeld jeben!
Kamm'raten, frisch haut zu, Un jönnt euch keene Ruh. Schmeckt euch de Arbeet ooch nich süß, Am Abend holen wir det Kies, Det klimpert in de Taschen, Un füllt uns unsre Flaschen; Drum jönnt euch keene Ruh' Un haut man frisch druf zu. Laßt alle Sorjen sind, Der Haufen is jemacht, |