Karl Gjellerup
Die Weltwanderer
Karl Gjellerup

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Drittes Kapitel

Amanda macht einen Gefangenen

Die Manuskriptblätter entglitten ihren Händen, die sich unwillkürlich falteten, um das Gebet mitzubeten – Amaras Gebet, Amandas Gebet, der eigenste Ausdruck ihres Wesens. Denn so war es doch. War sie nicht geradezu das Geschöpf jenes Gebetes, worin sich im Moment ihrer tiefsten Erschütterung und ihrer höchsten Steigerung die Seele Amaras ergossen hatte? Das Gebet – welche Zauberkraft schrieben ihm nicht die alten Inder zu: in ihm lag die eigentliche Schöpferkraft, der die Welten entstammen. Und sieh, hier, in diesem Gebet, hatte jene Kraft eingesetzt, war jene Richtung eingeschlagen worden, welche sie mit der nie irrenden Sicherheit der Planetenkurve mittelst eines ungeheuren Bogens durch Zeit und Raum zu demselben Ort, zu denselben Verhältnissen zurückgeführt hatte.

Dieselben Verhältnisse, und doch andere; für sie besonders auf verwirrende Weise veränderte. Amara konnte handeln. Wie aber sollte sie handelnd eingreifen? Amara konnte schon deshalb handeln, weil sie alles wußte. Was aber wußte sie? Bei ihr war alles Raten und Tappen im Unsicheren. Freilich, daß Edmund die Rani liebte, daß er sie gestern nacht – wie einst Ajatasattu die Fürstin Mahamaya – beim Lampenspiel getroffen hatte, das war keine bloße Mutmaßung. Gar zu deutlich hatte sie ja die Bekräftigung davon in Arthurs undiplomatischem Gesicht gelesen, als die kleine Lampe aus dem Gebüsch in den See hinausschwamm. Wenn sie nun aber weiter ging, wenn sie sich überzeugt fühlte, daß Edmund im Begriff sei, den Fürsten und Kala Rama abzusetzen, um die Herrschaft an sich zu reißen, stände sie dann nicht offenbar unter dem Einfluß einer Zwangsvorstellung, die aus der Vergangenheit die Gestaltung der Gegenwart eigenmächtig deutete? Nur zwei Momente konnte sie finden, die für die Richtigkeit einer solchen Deutung zu sprechen schienen. Das erstere: jenes kleine vertrauliche Gespräch zwischen Sir Edmund und Chandra Singh in der Ecke des Zimmers, das ihr schon damals, als sie noch nichts ahnte, den Eindruck gab, daß die beiden Männer in einem gemeinsamen geheimen Unternehmen verbunden waren. Und dann die Worte Edmunds an sie selbst: von Byrons halb scherzhafter Aufforderung an ihn, das Rajablut in seinen Adern wachzurufen und sich in Indien eine Krone zu holen – das Aufleuchten in der Tiefe seiner orientalischen Augen, als ob in der Tat die Diamanten eines Rajadiadems darin aufblitzten – ein Kräuseln der Lippen, als ob sie sagen wollten: »O, das kann noch werden«. Aber wie wenig sagten diese beiden Kleinigkeiten, wenn man sie mit nüchterner Vernunft, ohne Beihilfe der gar zu unzuverlässigen Phantasie, betrachtete!

Während sie sich solchen grüblerischen Gedanken hingab, vernahm sie Schritte, die sich draußen schnell näherten. Ohne sich zu erheben, trennte sie mit der ausgestreckten Hand die Stränge der Bambusvorhänge ein wenig und guckte hinaus. Sie sah Arthur aus einem Gebüsch heraustreten und gerade auf den Kiosk zusteuern. Ihr erstes Gefühl war das eines Mädchens, das an einem einsamen Ort sich von einem jungen Mann überrascht sieht, den sie gerne hat, aber nicht liebt, und von dem sie einer Liebeserklärung gewärtig sein muß. Aber der Ausdruck seines Gesichts zeigte eine so angstvolle Erregung, daß jene unwillkürliche Furcht sich sofort legte und dem Gedanken Raum gab: vielleicht wird er mir auf diesem Punkt gegen seinen Willen Auskunft geben, wie er es ja auch gestern bei der Lackshmilampe getan hat.

Sie hatte gerade Zeit, die umhergestreuten Manuskriptblätter zu sammeln und in den Schrein einzuschließen, als Arthur hereintrat.

– Entschuldigen Sie, Fräulein Eichstädt, daß ich so in Ihre Einsamkeit hereinbreche, aber ich habe Sie überall gesucht, und dachte mir, Sie müßten hier sein. Ich habe eine Bitte, eine sehr große Bitte an Sie: Gehen Sie heute abend nicht zu diesem Gartenfest.

Amanda stutzte. Was bedeutete dies? War das wirklich der Weg zu einer neuen Entdeckung, der sich hier schon öffnete?

– Aber Herr Steel, wie können Sie denn von mir begehren, daß ich auf ein so seltenes Vergnügen verzichten soll? Ein orientalisches Fest, ein altindischer Fürstenpark illuminiert – es muß ja etwas Wundervolles sein. – Und warum denn?

Arthur krümmte den Panamahut in seinen Händen.

– Mein Grund ist nur meine Besorgnis für ihre Sicherheit, Fräulein Amanda. Ein solches orientalisches Fest ist nichts für Frauen; es kann dort sehr wild hergehen. Es könnte leicht gefährliches Gedränge entstehen, Salven werden abgegeben und ein Gewehr kann zufällig geladen sein. – Sie sind nicht ehrlich, Herr Steel!

Für eine eminent ehrliche Natur ist es doppelt peinlich, einmal bei einer notwendigen Unehrlichkeit ertappt zu werden, doppelt aber, wenn das geliebte Weib selbst die ertappende Person ist.

Arthur errötete tief, zwang sich aber, ihrem mißtrauischen Blick zu begegnen.

– Nie bin ich ehrlicher gewesen, Fräulein Eichstädt, nie habe ich etwas Wahreres gesagt, als wenn ich Ihnen sage, daß mein einziger Grund, diese Bitte an Sie zu richten, meine große Besorgnis für Ihre Sicherheit ist. Wenn Sie mir das nicht glauben wollen...

– O das glaube ich Ihnen, so weit sind Sie ehrlich genug. Aber es ist nicht so, wie Sie mich glauben machen wollen, daß Sie nur wegen des allgemeinen Charakters eines orientalischen Festes um meine Sicherheit besorgt sind: – es ist der Ihnen bekannte Charakter gerade dieses Festes, der Sie besorgt macht.

– Ich verstehe Sie nicht, murmelte Arthur mit der verzweifelten Empfindung, doppelt so rot zu werden, und wiederum ebenso wie gestern Nacht angesichts der schwimmenden Lackshmilampe mit dem Gefühl, daß Amanda etwas ahnte, was sie doch unmöglich seiner Meinung nach ahnen konnte.

– Nicht? fragte Amanda im zweifelnden Ton. Schade, daß Sie die Einleitung zu dem, was Kala Rama uns gestern Nacht erzählte, nicht gelesen haben. Dort wurde in aller Kürze von einer Verschwörung erzählt, die Ajatasattu bei einem kleinen Hof in Pendschab angezettelt hatte, und die bei einem nächtlichen Fest zum Ausbruch kam, wo aber bei dem Kampfe im Palastgarten die Getreuen die Oberhand gewannen, so daß Ajatasattu nur gerade mit dem Leben davonkam. Bei einem solchen orientalischen Feste wären allerdings Damen nicht am Platze, daß muß ich Ihnen zugeben.

Die Verwirrung des jungen Mannes war in ihrem Schweigen beredsam genug. Er getraute sich nicht, sie anzusehen. Und Amanda zögerte nicht, ihren offenbaren Sieg zu verfolgen.

– Und Sie wissen, daß es gerade ein solches Fest wird. Leugnen Sie es nicht! Ich will Ihnen sagen, was ich weiß – gleichgültig, wie ich es zu wissen bekam: Sir Trevelyan liebt die Rani und wird von ihr geliebt. Er hat eine Partei hier am Hofe, durch ihre Hilfe und durch das Mißvergnügen, das bei vielen über die Neuerungen Kala Ramas herrscht. Die Brahmanen geben ihn sogar für Râm aus. Gestern Nacht hat er die Rani drüben an den Ruinen bei ihrem Lampenspiel getroffen und wahrscheinlich das letzte mit ihr verabredet, und heute abend bei dem Fest im Parke soll die Mine gesprengt werden. Wie Sie zu so etwas haben mitgehen können, weiß ich nicht. Sie tun mir wahrlich leid!

Und mit dem plötzlichen Humor, der ihr oft in den schwersten Momenten zu Hilfe kam, fügte sie hinzu:

– Wenn ich Sie so dastehen sehe, muß ich an das Molièresche Wort denken: Mais que diable allait-il faire dans cette galère? – Eine Galeere, die einer Brigantine zum Verwechseln ähnlich sieht.

Arthur erhob den Kopf und sah ihr treuherzig in die Augen:

– O Fräulein Amanda, was das angeht – warum ich – – Er schwieg und biß sich auf die Lippen.

– Sie wollten sagen? fragte Amanda mit beißender Ironie. Bitte fahren Sie fort.

Aber Arthur schwieg beharrlich und sah ihr nicht wieder in die Augen.

– Darf ich mir dann Ihren Degen ausbitten, Herr Steel! Sie sind mein Gefangener.

Amanda scherzte, und der scherzende Ton war ihr vonnöten, wenn sie nicht schluchzend zusammenbrechen sollte. Erst jetzt wußte sie, wie sehr sie in ihrem innersten Herzen gehofft hatte, daß Arthur irgendeine Erklärung hätte geben können, wodurch ihre ganze Vorstellung von Edmunds im Gange befindlichen Verbrechen sich als ein traumhafter Spuk aufgelöst hätte. Und nun war er so gut geständig, als ob er mit klaren Worten alles berichtet hätte. Es war alles so, wie sie es sich gedacht hatte – ein trauriger Triumph für sie. Aber wenigstens wußte sie jetzt, wo sie daran war und stand vor ihrer Pflichttat – eine recht kleine, unscheinbare Tat, verglichen mit der furchtbaren, glorreichen Selbstaufopferung Amaras – aber die einzige Tat, die ihr blieb. – Und als mein Gefangener – setzte Amanda fort – müssen Sie mich zu Kala Rama begleiten. Er muß gewarnt werden.

Arthur taumelte fast zurück, so berauschend stieg ihm die Freude zu Kopfe. So liebte sie doch nicht Edmund, wie er gefürchtet hatte! Denn wie könnte sie ihn sonst seinen Gegnern ausliefern? Oder hätte sie sich die Wirkung eines solchen Schrittes nicht klar gemacht?

– Edmund wird Sie hassen, fuhr es aus ihm heraus – und sofort wünschte er, daß die Worte ungesagt geblieben wären.

Amanda erblaßte. Das war das Opfer! – das Opfer des Herzens. Amara hatte gleichsam ihren ganzen Leib geopfert – wie das Hinduweib, das den Scheiterhaufen eines geliebten Gatten besteigt; sie aber mußte ihr eigenes Herz herausreißen und es in die Opferflamme der Gerechtigkeit hineinwerfen, um so herzlos weiter zu leben, leer an allem, was warm und leuchtend und belebend war. Wie einfach, scheinbar, wie unheroisch, ja fast wie gemein war dies: hinzugehen und jemand anzugeben. Wenn man aber den liebt, den man angeben muß, welch schwerer, schwerer Gang!

– Ob er mich hassen wird oder nicht, sagte Amanda mit fester Stimme, das Verbrechen muß verhindert, Kala Rama muß gewarnt werden. Und ich darf keine Zelt verlieren. Eben darum auch müssen Sie mich begleiten. Der kürzeste Weg ist der quer über die Bucht nach dem nördlichen Landungsplatz der Stadt. Von dort haben wir nur wenige Minuten nach dem Palast des Ministers. Wir müssen das Boot hier unten nehmen, und ich kann es nicht allein hinüber rudern.

Arthur sah mit einem Blick, in welch gehässiges Licht er sich als Begleiter Amandas bei einer solchen Gelegenheit stellen würde, aber auch, daß er durch seine Weigerung sein unfreiwilliges Geständnis noch unterstreichen würde; vor allem aber sah er, daß, wenn er ihrem Wunsche willfahre, gerade das erreicht würde, um dessenwillen er so ängstlich besorgt das Mädchen aufgesucht hatte: Amanda würde nicht zum Parkfest gehen, würde nicht irgendwie in Gefahr kommen – es sei denn unterwegs. Denn der Pöbel der Hindustadt war ja von den Priestern aufgewühlt, würde in wenigen Stunden das Schulgebäude in Brand stecken – befand sich also jedenfalls jetzt schon in einem Zustande hochgradiger Gärung und mußte jeder europäischen Erscheinung gegenüber äußerst reizbar sein. Um so gebieterischer aber war seine eigene Anwesenheit als ihr Beschützer gefordert.

– Gut, Fräulein Amanda, ich werde Sie begleiten.

Amanda hatte schon ihren breitkrämpigen Strohhut aufgesetzt.

– Also, gehen wir!

In diesem Augenblick hörten sie eine Stimme »Fräulein Amanda« rufen.

– Mein Mädchen, rief Amanda bestürzt, schnell, schnell!

Aber es war schon zu spät.

Kaum war Arthur aus dem Kiosk hinausgetreten, so wurde er von dem heraneilenden Bärbele daraufhin angerufen, ob er das gnädige Fräulein gesehen habe. Und obwohl er dies verneinte, stürmte die unhöfliche Schwäbin unaufhaltsam auf den Kiosk zu und trennte mit roher Hand den Bambusvorhang, »den Tingeltangel«, wie sie diese zierliche Vorrichtung unehrerbietig nannte.

– Dachte ich mir's doch! rief sie, also hier steckt das gnädige Fräulein! Gott sei Dank, daß ich Sie endlich finde, es ist Zeit sich anzuziehen.

– Wie? Zum Fest? Das kann doch nicht so spät sein.

– Spät? Und die Elefanten, die vom Hof geschickt sind, stehen schon hinter dem Hause. Ich danke den Heiligen, daß ich nicht auf so ein Vieh hinauf soll. Wenn sie auch warten können – sie sehen geduldig genug aus – aber in einer Stunde müssen alle fertig sein, und das ist nicht zu viel Zeit, um das gnädige Fräulein anständig anzuputzen, daß diese kaffeebraunen Heiden sehen können, wie eine gute Christin im Staate ausschaut – und was all das Diamantengehänge ihrer Betel-kauenden Frauen angeht – ja, wenn es die Menge machte – –

– Nun, die Größe macht es bei mir gewiß nicht, unterbrach Amanda lachend den Redefluß der getreuen Dienerin.

Bärbele stemmte ihre Arme in die Seiten und sah ihre Herrschaft mit einem verschmitzten Lächeln an.

– So, das meint das gnädige Fräulein? Da sollten Sie doch erst sehen, was mit den Elefanten kam – für Sie – von dem großen Herrn – ihm, der gestern da war.

– Vom Minister Kala Rama?

– Ja, Minister nennen sie ihn wohl, bestätigte Bärbele mit einem verächtlichen Schnauben, das deutlich genug sagte: ich weiß schon, wie ein Minister aussieht und lasse mir von diesem Heiden kein X für ein U machen. – Ein reicher Mann muß er jedenfalls sein, und ein freigebiger dazu. Ich mußte dem Herrn Professor helfen, das Paket aufzumachen, und was lag darin, glauben Sie wohl? Ein gelber Diamant – so groß – das sei ein Geschenk für das gnädige Fräulein, beim Fest zu tragen – er habe sich gestern Nacht überzeugt, wie schön der Stein Sie kleidet, schrieb er, denn der Herr Professor las mir den Brief vor.

Da Arthur kein Deutsch verstand, verdolmetschte Amanda ihm diesen letzten überraschenden Teil von Bärbeles Rede.

Arthur machte große Augen und schüttelte den Kopf:

– Hab ich nicht recht behalten! – Aber das muß ich denn doch sagen – zwei Vermögen im Verlaufe von zwei Tagen verschenkt!

Von allen Rätseln, die in diesen Tagen auf ihn einstürmten, war dies ökonomische Rätsel für den braven Schotten doch schließlich das unlösbarste.

Amanda runzelte nachdenklich die Stirn.

– Geh nur hinauf, gute Bärbele, ich werde sofort nachkommen.

Bärbele schüttelte den Kopf bedenklich, und ihr Blick ging mit unverhehltem Verdacht zwischen Mädchen und Jüngling hin und her.

– Wenn Sie nur nicht wieder Zeit und alles vergessen! das ist so mit der Jugend.

Sie verließ ungern dieses Paar, das sie überrascht hatte. Daß der junge Mann sich sterblich in Fräulein Amanda verliebt habe, war ihr so sicher, wie das Evangelium. Und sie hatte viel einzuwenden gegen einen Engländer, der nicht einmal Deutsch sprechen konnte, wenn sie auch zugeben mußte, daß er wie ein Christ aussähe, und nicht wie der Wirt eine wahre Mohrenfratze hätte, vor der es einem angst und bange werden könnte. Daß dieser Sir Edmund ihr liebes, schönes Fräulein wegschnappen solle, war ihre stetige Angst.

Aber auch diesem jungen Fanten – der außerdem, wie sie wußte, nichts hatte – gönnte sie den ihr anvertrauten Schatz nicht.

– Ja, ja, Jugend hat keine Tugend, scherzte Amanda – das wissen wir schon – aber beruhige dich, diesmal werde ich gewiß keine Minute verlieren.

– Ist das ein Wort? fragte das hartnäckige Dienstmädchen.

– Es klingt einem solchen recht ähnlich, sagte Amanda ungeduldig, und nun spute dich!

Diesmal zögerte Bärbele nicht, dem gemessenen Befehl ihrer jungen Herrin nachzukommen.

– Und nun schnell zum Boot hinunter! rief Arthur.

– Nein, nein, ich habe mir's überlegt – es ist viel später, als ich dachte, und höchst wahrscheinlich für diesen Plan zu spät. Wenn wir Kala Rama nicht in seinem Palast mehr antreffen, dann sind wir schlecht daran – wir können doch nicht so beim Fest erscheinen, selbst wenn man uns einließe; das würde Aufsehen und Verdacht erregen. Nein, wir müssen uns jetzt in vollem Putz mit unserer Gesellschaft zusammen zum Fest begeben.

– Aber Fräulein Amanda, ich bitte Sie – nein, nein, das dürfen Sie nicht! rief Arthur, der zu seiner Verzweiflung so unerwartet das Gefürchtete, das er schon glücklich ausgeschaltet wähnte, wiederkehren sah – nur nicht zu diesem Fest gehen!

– Ich muß – nur dort kann ich mit Sicherheit Kala Rama treffen. Daß er mir dies außerordentliche Geschenk übersandt hat, gibt mir gerade Gelegenheit, mich an ihn heranzudrängen, um ihm zu danken, und dabei werde ich mir sein Ohr für eine dringende Mitteilung erbitten.

Sie war schon aus dem Kiosk hinausgeeilt, aber Arthur hielt sie am Arm zurück.

– Nein, nein, es nützt nichts, so viel müssen Sie mich doch auch jetzt kennen: wenn etwas bei mir feststeht – –

– Aber ich will ja alles tun, was Sie mir auferlegen, wenn Sie nur hier in Sicherheit zurückbleiben wollen. Ich will Kala Rama einen Brief von Ihnen übergeben –

Amanda schüttelte den Kopf: – Ich danke Ihnen – –

– Es ist meine Ehre, die ich Ihnen opfere, denn dies ist schlimmer, als Sie nach dem Ministerpalast zu begleiten – aber ich tue es gern, wenn Sie nur der Gefahr fern bleiben.

Amanda drückte gerührt seine Hand.

– Ich danke Ihnen, – von Herzen danke ich Ihnen – aber annehmen kann ich es nicht.

– O ja, Sie können, Sie müssen – –.

– Ich kann nicht, denn ein Brief würde nicht genügen. Ich muß mit Kala Rama persönlich sprechen – ich muß.

Mit einem tiefen Seufzer gab Arthur die kleine welche Hand frei, deren Druck soeben solchen Wärmestrom durch seine Adern geschickt hatte, und folgte schweigend dem Mädchen durch den Garten nach dem Bungalow.


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