Friedrich Gerstäcker
Java
Friedrich Gerstäcker

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10. Japan und der japanische Toko.

Die Holländer schicken bekanntlich alle Jahr, einem Handelsvertrag mit dem Kaiser von Japan gemäß, ein Schiff nach Nipon, in dem sie den Japanern Colonialwaaren, besonders Zucker, europäische Stoffe etc. bringen und dafür von dort Kupfer, eine besondere Art Metall, der Bronze ähnlich und noch mehrere andere Gegenstände zurücknehmen. Dieses Geschäft hat allein die Regierung, außerdem aber verpachtet sie noch den Detailhandel für lackirte Waaren, Seidenzeuge, Spielereien etc., für eine sehr beträchtliche Summe an Privatleute. Diese gehen mit demselben Schiff nach Japan über, haben ihre gewissen Waaren, die sie dort an die Japanen absetzen, und bringen dafür einen bestimmten Antheil Fracht für sich selber – der aber nicht solche von der Regierung selber ausgeführte Produkte, einbegreifen darf – nach, Batavia hinüber.

Alle drei Jahre geht dann eine Deputation von zwei von der holländischen Regierung Abgesandten nach Jeddo, der Residenz des Kaisers, die dort üblichen und schon so viel besprochenen und bekrittelten Huldigungen darzubringen. Diese Deputation wird aber streng bewacht, darf natürlich die ihr vorgeschriebene Straße unter keiner Bedingung verlassen, und muß, sobald die Huldigung – die ganze Reise hat keinen anderen Zweck – vorüber ist, augenblicklich wieder nach Decima (eine kleine Insel und der Sitz der holländischen Faktorei) zurückkehren, wo sie durch eine Zugbrücke, die kein Europäer überschreiten darf, von dem festen Lande total abgeschnitten und geschieden ist.

Der Kaiser von Japan ist übrigens ein sehr gestrenger und von seiner Stellung nicht wenig eingenommener Herr. Als ihm der König von Holland vor einiger Zeit einmal Geschenke, ich glaube ein kostbares Service oder etwas dem ähnliches überschickte, wurden Se. kaiserliche Majestät sehr ungnädig darüber und meinten, was dem König von Holland wohl einfiele, als ob sie gegenseitig in einer Stellung stünden, daß er dem Kaiser von Japan Geschenke anbieten könne – wenn er, der Kaiser ihm das thäte, wäre es etwas ganz anderes. Er hat auch richtig nichts angenommen. Als ein Zeichen seiner noch fortdauernden Huld oder Duldung vielmehr, schickt er aber alljährlich dem Gouverneur von Java – es ist eigentlich boshaft – ein Dutzend seiner eigenen seidenen Schlafröcke. Diese bilden ein stereotypes Geschenk und werden, sowie sie nach Batavia kommen, unter der Firma »kaiserliche Schlafröcke« augenblicklich in Auktion geschickt.

Wenn Se. Majestät der Kaiser von Japan das einmal erführen; oder ob sie denken, daß der Gouverneur von Indien jedes Jahr zwölf über einen Zoll dick wattirte Schlafröcke in einem Klima wie Batavia auftragen soll? Diese Kaiser haben doch manchmal curiose Begriffe.

Japan hat in letzterer Zeit die Aufmerksamkeit Englands, Frankreichs und Amerikas besonders auf sich gezogen, und die Holländer scheinen nicht wenig darüber beunruhigt zu seyn, daß sie bei dem japanischen Handel – der übrigens wie mir scheint, mehr Ehrensache, als so enorm einträglich ist – bald Theilnehmer bekommen könnten. In Güte dürften auch sämmtliche drei Mächte dort nichts ausrichten, denn die Japanesen waren von den beabsichtigten Unternehmungen schon vollkommen in Kenntniß gesetzt, und werden auch wohl nicht die besten Schilderungen von den drei neu zu erwartenden Freunden bekommen haben. Ob aber eine dieser Mächte, oder auch alle zusammen, ein Recht haben, mit Gewalt in Japan festen Fuß zu fassen, braucht gar nicht besprochen zu werden, sie haben das nicht, doch ist es darauf freilich bei allen früheren Entdeckungen auch nicht angekommen, und die Japanesen würden eine fremde Regierung in ihrem Lande eben so gern sehen, wie die Sikhs in Indien, die Javanen hier im Lande oder die californischen Spanier in Californien – sie würden nur nicht gefragt werden. Ob sie aber auch mit Gewalt etwas ausrichten können, ist eine andere Frage. Die japanischen Küsten sind durch ihre Stürme und Klippen vor vielen anderen Ländern sehr geschützt, das japanische Volk ist nicht so feig als das chinesische – die Japanesen sollen vortreffliche Soldaten seyn und ebenfalls ziemlich gute Geschütze haben. Dann ist es auch gar keinem Zweifel unterworfen, daß, im Fall eines Krieges mit anderen Mächten die Holländer sie schon mit allem Nöthigen, unter der Hand versteht sich, auf das Beste versorgen würden (wie es ja die Engländer auch nicht besser auf Tahiti gemacht haben) und das einzige wäre vielleicht, daß die kleineren Inseln leicht durch ein paar Kriegsschiffe von der Verbindung mit den anderen abgeschnitten werden könnten.

Außerdem sind die Japanesen nicht wie die Chinesen, durch inneren Zwiespalt geschwächt, denn während bei diesen noch das tartarische und altchinesische Blut gegen einander kocht, sind jene ein einziges und einiges Volk, das von seinen Priestern leicht fanatisirt werden kann, und seinem Kaiser blindlings folgt. Soviel ist gewiß, einer förmlichen Eroberung würden sie sich bis zum letzten Blutstropfen widersetzen, und es müßte entsetzliches Blut vergossen werden, dort festen Fuß zu fassen, während die fremden Mächte, wollen sie alles Ernstes eine Verbindung mit Japan anfangen, auch in der That Ernst machen, und sie erst förmlich unterjochen müßten, ehe sie das starrköpfige Volk auch nur zu einer einzigen Unterhandlung brächten. Mit halben Maßregeln ist bei den Japanesen dabei ebenfalls nichts auszurichten, denn ich bin überzeugt, sagten Engländer oder Amerikaner, wir wollen für jetzt gar nicht mit euch handeln, wir müssen aber z. B. einen Hafen eurer Insel für ein Kohlendepot haben (das möchte möglicher Weise die erste Ausrede seyn) und nehmen sie sich den Hafen, so ist nichts sicherer, als daß ihnen die Japanesen nachher eine riesige Mauer da herum bauen, und nachher sind sie so weit entfernt von Japan als je.

Nein, ein solcher Weg würde nicht zu ihrem Zweck führen, aber sie werden auch außerdem schon eine Gelegenheit zum Zulangen finden, und finden sie keine, so machen sie eine – blöde sind die Engländer nicht, das kann man ihnen nicht nachsagen – und die Franzosen und Amerikaner auch nicht.

Die Strenge, mit der sich aber bis jetzt noch die Japanesen jeden Fremden nicht allein, nein Alles, was mit Fremden nur in die geringste Berührung gekommen ist, vom Leib zu halten wissen, soll wahrhaft grausam seyn. Bekannt ist, daß wo ein Schiff an der japanischen Küste strandet, ihm jede nur mögliche Hilfe geleistet wird, es dann aber auch so schnell wie möglich, und ohne mit irgend Jemanden an der Küste verkehren zu dürfen, machen muß, daß es wieder fortkommt. Solche Fälle sind, besonders in letzterer Zeit, verschiedene vorgekommen. Wo aber z. B. ein japanischer Fischer je mit einem fremden Schiff draußen in See verkehren sollte, hätte er sicher den Tod zu gewärtigen; ja Fischerboote selbst, die bei stürmischem Wetter weit hinaus verschlagen und von europäischen oder amerikanischen Schiffen gerettet und an ihre Küsten wieder zurückgebracht wurden, haben die genauste Untersuchung zu bestehen, ob sie wirklich gar keine Möglichkeit mehr vor sich hatten, irgend einen Theil der japanischen Küste zu erreichen, ehe sie die Hülfe der Fremden in Anspruch nahmen. Stellt sich das endlich heraus (und solche arme Teufel bitten gewöhnlich gleich die Capitäne der Schiffe, die sie aufnehmen, vor allen Dingen ihr Boot zu zerstören, damit das nicht als Beweis gegen sie gelten könnte, wenn es noch in einem einigermaßen seefährigen Zustand gefunden würde), so wird ihnen allerdings das Leben geschenkt, aber ihre Familien sehen sie nicht wieder – sie sind abgeschlossen von dem Verkehr mit ihren Landsleuten auf Lebenszeit.

Ich weiß nicht, ob sich der Leser erinnert, daß ich, von den Sandwichs-Inseln aus, eines Wallfischbootes erwähnte, mit dem damals gerade, als ich in Honolulu war, drei Menschen ausgerüstet wurden, von denen einer oder zwei japanesische Fischer waren, die früher von ihrer Küste verschlagen, von einem Amerikaner auf- und mit nach Amerika genommen wurden. Diese wollten wieder nach längerem Aufenthalt unter Fremden in ihr Vaterland zurückkehren und ihnen hatte sich, glaube ich, ein Amerikaner angeschlossen. Die Amerikaner interessirten sich damals auf Honolulu ungemein für diese Expedition en detail und es wurde eifrig für sie gesammelt, sie mit allem Nöthigen wie Instrumenten, Compaß, Kleidern und Provisionen zu versehen; das Boot war, wenn ich nicht irre, ebenfalls durch Beiträge für sie angekauft, und ein amerikanisches Schiff, das in der Nähe Japans vorbeisegelte, erbot sich, sie mitzunehmen, die Hauptinsel in Sicht anzulaufen, und sie dann mit ihrem Wallfischboot auszusetzen, mit dem sie dann nach Japan hinübersegeln wollten. Man war damals ungemein gespannt auf das Resultat.

Mit dem letzten Schiffe, das im December nach Batavia kam, hörte ich dieses, weil ich mich besonders darnach erkundigte, und Nachricht darüber zu bekommen, wird die Bewohner von Honolulu besonders interessiren: »Vor einiger Zeit war, wie der Bericht lautet, ein Wallfischboot mit drei Männern darin, die zur Seefahrt mit allem Möglichen versehen waren, aber außerdem wenig oder gar keine Provisionen mehr an Bord hatten, an die japanische Küste gekommen und dort von den Behörden sogleich in Beschlag genommen. Von den Männern sprach einer sehr gut, der andere weniger gut, der dritte nur sehr wenig Japanisch. Sie hatten Geld, einige Gold- und verschiedene Silbermünzen bei sich, und sagten aus, daß sie vor langen Jahren mit ihrem Boot an einem gewissen Theil der Küste verunglückt und von einem amerikanischen Schiffe aufgenommen und nach Amerika mit hinüber genommen worden. Die Sehnsucht nach der Heimath hätte aber zuletzt so die Ueberhand bei ihnen gewonnen, daß sie den Entschluß gefaßt, sey ihr Loos auch welches es wolle, nach Japan zurückzukehren. Zu diesem Zweck hätten sie sich ein Wallfischboot ausgerüstet, seyen damit von Amerika herüber gekommen, und riefen nun den Schutz und die Gnade des Kaisers von Japan an.«

Den Japanesen übrigens, die mehr Kenntniß von der außer ihr liegenden Welt haben, als Manche wohl denken, war dieß, von Amerika in einem offenen Boot Herüberkommen, etwas unwahrscheinlich erschienen. Zu gleicher Zeit wurden überall an der Küste, von wo aus die Männer einst verschlagen zu seyn vorgaben, die genausten Nachforschungen angestellt, ob ihre Aussagen begründet wären. Erweist sich das als unbegründet, so ist kaum ein anderer Fall denkbar, als daß sie den Versuch, in Japan gegen die Gesetze zu landen, mit dem Leben büßen müssen; aber auch im günstigsten Fall, wie Japanesen selbst versichert haben, steht ihnen kein besseres Loos als lebenslängliches Gefängniß, sey dieß auch so milde wie es wolle, bevor – mit der übrigen Welt kommen die Unglücklichen in keine Berührung wieder.

Furchtbare Strenge herrscht auch gegen die der eigenen Unterthanen, die sich selbst mit den, unter dem Schutz ihres Kaisers stehenden Holländern nur im geringsten weiter einlassen, als es ihnen und wahrscheinlich ziemlich genau, vorgeschrieben ist. Viele Gegenstände sind dabei arg verpönt und dürfen bei Todesstrafe derer von den Japanesen, die sich damit befassen, nicht in die Hände der Europäer fallen. Zu diesen gehören Abbildungen des inneren Landes oder geheiligter Personen, z. B. des Kaisers – Waffen – selbst nicht die Abbildung eines Schwertes, irgend etwas das mit ihren Göttern in Beziehung steht, Bücher, Schriften oder Geld.

Der ganze holländische Handel mit ihnen beruht einzig und allein auf Umtausch. Alles was die Holländer von ihnen kaufen, zahlen sie in Waaren und für Alles was sie bringen bekommen sie nur wieder Waaren, nicht die kleinste Münze zurück.

Ein früherer Abgesandter der holländischen Regierung, ein Deutscher Namens Siebold, der auch das umfassendste Werk über Japan veröffentlicht hat, wußte sich freilich damals mit den japanischen Beamten zu verständigen und es gelang ihm eine Masse, auf das strengste verbotene Artikel auszuführen, die Sache wurde aber auch ruchbar, und es sollen eine große Anzahl von Menschenleben deßhalb zum Opfer gefallen seyn.

In dem holländischen Quartier auf Decima sind japanesische Beamte, die den dort wohnenden Holländern Alles von, ihnen erlaubten, Artikeln liefern, die sie verlangen; diese führen darüber, auch über die kleinsten unbedeutendsten Gegenstände, Buch, und beim Abschluß der Rechnungen wird Alles was sie gebraucht haben von der Regierung (denn sämmtliche dort wohnende Holländer sind ja Beamte, von denen sogar nur eine gewisse Zahl sich dort aufhalten darf) in Waaren bezahlt.

Auf ihr Verlangen bekommen sämmtliche Beamte oder Seeleute, solange sie in Decima wohnen oder im Hafen liegen, auch eine Frau geliefert, für die sie dem Kaiser eine gewisse Abgabe entrichten, diese müssen aber, wenn sie Japan verlassen, wie etwa mit ihnen gezeugte Kinder, zurückbleiben.

Die Prostitution entehrt wie es scheint, die Frauen auf Japan nicht. – Der Staat selbst hält besondere zu diesem Zweck bestimmte Häuser, in welche die Mädchen als Kinder hinein gegeben werden und bis zum fünfzehnten Jahre dienen. Vom fünfzehnten bis fünfundzwanzigsten Jahre treten sie förmlich ein, und heirathen sie nach dieser Zeit, wieder hinaus. In alter Zeit mußte einer ihrer Kaiser vor seinen Feinden flüchten, und hielt sich in einer kleinen Stadt mit seiner Gemahlin und wenigen Dienerinnen verborgen. Um aber sein heiliges Leben zu sichern blieb selbst seiner Gemahlin zuletzt nichts anderes übrig als sich preis zu geben, es gelang ihr jedoch ihn zu retten, nach einiger Zeit siegten seine Anhänger wieder, und das Gewerbe wurde dadurch gewissermaßen geheiligt – denn eine Kaiserin konnte nichts entehrendes begehn.

In derselben Zeit nun als ich mich oben im Lande befand, kam das jährige Schiff von Japan, mit all den Produkten jenes wunderlichen Landes, auf der Rhede von Batavia an. Das Löschen des Schiffs wie das Auspacken der Waaren dauerte indeß noch einige Zeit, obgleich sich dießmal die Eigenthümer gewiß beeilten noch vor Weihnachten damit zu Stande zu kommen.

Am 23. December wurde denn auch wirklich der japanische Toko eröffnet, und es versteht sich von selbst, daß ich nicht versäumte mich an dem Tag dort einzufinden.

Was das Wort Toko betrifft, so ist es Malayisch und bedeutet einfach Laden oder Verkaufslokal; es wird aber von den Holländern im gewöhnlichen Leben fortwährend in ihrer eigenen Sprache gerade so gebraucht, wie das gleichbedeutende englische Wort store von den Deutschen in englischen oder amerikanischen Colonien.

Die Eröffnung des japanischen Tokos war übrigens etwas, was besonders die Damenwelt Batavias interessirte, und wohl manchem armen Ehemann einen Seufzer auspreßte – denn einen Hauptartikel dieser Ausstellung bildeten seidene Kleider und Shawls, bei deren allerersten Auspacken sie jedoch natürlich seyn mußte, um auch die »erste Auswahl« zu haben. Zu diesem Zweck war fast die ganze schöne Welt Batavias– weiße und schattirte Farbe natürlich, denn die braune wird nicht mit dazu gerechnet – im japanischen Toko versammelt; die Straße worin er sich befand stand gedrängt voll Equipagen und Miethwagen, und an den Tisch, auf welchem die Seidenwaaren auslagen, hätte man nicht mit einer zehn Fuß langen Stange hinanreichen können.

Der Laden selber bestand aus drei Abtheilungen, von denen zwei, außer den Seidenwaaren und einigem Spielzeug, fast einzig und allein durch lackirte Waaren gefüllt wurden, während die dritte Procellan, Steingut und Bronzewaaren enthielt.

Der wichtigste Artikel unter all den japanischen Waaren, und der in welchem der Pachter dieses Handels auch die meisten Geschäfte macht, sind die lackirten Waaren, in deren Anfertigung die Japanesen eine bis jetzt noch unübertroffene Geschicklichkeit und Kunstfertigkeit beweisen. Der Lack hat den schönsten und gleichmäßigsten Glanz, den man sich nur denken kann, und ist so fest und dauerhaft gearbeitet, daß selbst darüber gegossenes heißes Wasser nicht den mindesten nachtheiligen Einfluß auf ihn ausübt. Ja sie fertigen selbst mit diesem Lack überzogene hölzerne Tassen an, aus denen sie fortwährend den heißen Thee trinken, ohne daß es dem Lack auch nur im geringsten schädlich wäre. Auch elastische Stöcke lackiren sie, die man biegen und durch einander drehen kann, ohne daß der Lack auch nur im mindesten dadurch angegriffen würde.

Besonders kunstreich und allerliebst gemacht sind dabei die Figuren, die sie von Perlmutter dem Lack einzulegen wissen, so daß sie mit diesem nur eine einzige spiegelglatte Fläche bilden. Vögel, unter diesen Fasanen und Reiher, und Blumen und Blätter bilden die Hauptgegenstände dieser Perlmutterausschmückungen, die so zart und zierlich gefertigt sind, daß man manchmal darauf schwören möchte es sey gar kein wirklicher Perlmutter, sondern nur mit einer, vielleicht künstlich hergerichteten Auflösung dieses Stoffes gemalt. Die Farbe des Lacks ist meist schwarz, aber viele Gegenstände sind auch in roth, grün und bronce Farbe, und die Goldmalerei ist fast durchschnittlich geschmackvoll angebracht.

Besonders sprachen mich einige Tische an, worauf sie in durcheinander geschobenen Mustern, aber auf höchst geschmackvolle, und keineswegs überladene Art ihre fünf verschiedenen Hauptgattungen des Lackirens – die Art mit Schwarz und Perlmutter, dick aufgetragener Goldlakirung, roth und Gold und noch zwei andere Farben, zusammengestellt hatten.

Schwarz roth und gold scheint eine ihrer Lieblingsfarben zu seyn, denn sie kommt sehr häufig vor, und es ist nur ein Glück für Japan, daß weder Oesterreich, Preußen oder Sachsen irgend Absichten auf das Land hat, sie müßten ihren Geschmack sonst total ändern.

Außer der Lackarbeit sind sie noch ungemein geschickt in Stickereien und erhaben aufgelegten Figuren, besonders von Vögeln mit ihren natürlichen Federn. Einzelne Sachen mit Enten und Fasanen darauf habe ich gesehen, die wirklich unübertroffen waren. Hie und da haben sie auch Figuren in diesen Stickereien mit Porcellangesichtern, nach chinesischer Art, und die Hauptstücke der ganzen Ausstellung waren einige große Ofen- oder Bettschirme mit herrlich lackirter und perlmutterverzierter Einfassung und solcher Stickerei zur Ausfüllung.

In der Malerei leiden sie aber mit den Chinesen noch, was wenigstens die Perspektive betrifft, an einem Fehler – sie haben allerdings eine Idee davon und in all ihren Malereien habe ich keine so grobe Schnitzer entdeckt, wie das bei den Chinesen noch oft der Fall ist – sie wissen, daß die Perspektive die Gegenstände verkleinert, aber es kommen doch manchmal noch wunderliche Sachen dabei vor, da sie eben diese Verkleinerung oft nicht richtig anzuwenden oder zu mäßigen verstehen.

Kraniche scheinen beim Abbilden und Lackiren ihre Lieblingsvögel zu seyn, und sehr viele Stücke kommen vor, die mit einer Unmasse goldener und silberner, nach allen Richtungen durcheinander fliegender Kraniche förmlich bedeckt sind.

Zu den großen und prachtvollen Stücken des japanischen Toko gehörten auch noch einige lackirte und in ihrer Form ächt japanische Meubeln, ein Mittelding zwischen Kommode und Schrank, mit Schiebladen, Thüren und Gefachen wild und unordentlich durcheinander geworfen. In all diesen unregelmäßigen Theilen herrscht aber doch auch wieder ein gewisses System, und sie scheinen darin einer bestimmten, stets wiederkehrenden Anordnung zu folgen. Alles was sie aber liefern, ist im vollsten Sinne des Wortes fertig – das Innere und der untere Theil einer jeden Schublade, ja selbst das innere Gefach und die innerste Wand, in der und gegen die die Schublade liegt, selbst der Rücktheil der Meubeln wird eben so sorgfältig fast lackirt als die Außenseite; kein Theil, wäre er auch dem Auge noch so viel entzogen, wird vernachlässigt, kein Flecken übersehen.

Mit diesem harmonirt vollkommen selbst die Verpackung; die größten und schwersten Kisten von dem ordinärsten Holz sind sauber gehobelt und passen auf das sorgfältigste ineinander. Zu den kleinsten Gegenständen haben sie dabei niedlich gearbeitete und auf das geschickteste eingefalzte Kistchen, die eine Verpackung und Verschickung der Gegenstände nachher ungemein erleichtern. Die lackirten Sachen werden in dieser Art besonders genau behandelt; jedes Kästchen hat zuerst einen besonderen, es genau umschließenden Papiersack von dem dauerhaften, zähen und schwer zu zerreißenden Reispapier, von dem sie selbst Bindfaden drehen, die Schlüssel daran zu befestigen; der lockere Raum wird dann mit etwas zusammengedrehter Baumwolle oder einem kleinen Papierkissen fest ausgefüllt und der glatte Deckel schließt genau und dicht darüber.

Außer ihren japanischen Modellen haben sie aber auch sehr viele, und wohl die meisten, von den Holländern ihnen aufgegebenen Formen, wie Näh- und Schreibkasten, Nähtische, Cigarrenbecher und Büchsen, Schnupftabaksdosen etc. Außerordentlich genau wissen sie dabei Alles ihnen Aufgegebene nachzuahmen. So geschieht es sehr häufig hier von Batavia aus, daß sie Unterschriften hinüber bekommen mit dem Auftrag, sie in dem inneren Deckel irgend eines bestellten Kästchens oder sonst an einem anderen Gegenstand anzubringen, und sie führen das mit solcher Genauigkeit aus, daß selbst das Spritzen der Feder in ihren kleinsten Pünktchen nicht vergessen und auf das getreuste nachgeahmt wird. Ich habe mehrere dieser in Goldlack nachgemachten Handschriften gesehen, und sie waren vortrefflich.

Neben den lackirten Waaren nimmt das Porcellan eine sehr bedeutende Stelle ein; dabei sind es aber hauptsächlich die Tassen, in denen sie Ausgezeichnetes liefern. Ich habe Tassen gesehen, von denen ich überzeugt bin, daß das ganze Dutzend zusammen, mit Untertasse und Deckel, keine sechs Loth wog. Sie sind förmlich durchsichtig und so dünn und zart, daß man glauben sollte, das Hineinwerfen eines Stückchen Zuckers müßte sie zerbrechen, und doch gibt ihnen gerade diese Dünne eine Elasticität, die ich ihnen nie zugetraut hätte. Das Zierlichste, was ich darin sah, waren sehr kleine niedliche Täßchen, so dünn wie Papier und auch so leicht wie dieses, außen aber noch mit einer dichten, auf das feinste gearbeiteten Strohlage überflochten, die so fest um das Porcellan hin sitzt, als ob sie darum gegossen wäre. Man begreift in der That nicht, wie es möglich war, dieß Strohgeflecht so fest um das feine papierdünne Porcellan zu legen, ohne das letztere förmlich ineinander zu drücken. All diese Sachen sind übrigens enorm theuer, und man kann die einfachsten Tassen kaum unter fünf Gulden das Stück bekommen.

Sonst haben sie an Porcellan wenig hübsches und noch weniger eigenthümliches, doch fand ich besonders eine Theekanne, die mir sehr gefiel, und die einen in einer Art Korb liegenden Fisch auf sehr geschickt benutzte Weise darstellte. Ihre Eßmenagen und Schüsseln, in ihren Formen vielleicht sogar von den Holländern aufgegeben, sind ungemein einfach.

Mehrere Tische waren mit Broncewaaren, meist Räuchergefäße und Aufsätze, in den wunderlichsten und sehr phantastischen Formen, bedeckt. An diesen ist aber die Arbeit das kostbarste, und wer darin nicht wirklicher Kenner ist, wird sie nach ihrem Preis wenig zu schätzen wissen. Sie sollen alle einzeln ausgehämmert seyn, und das würde manche davon wirklich zum Kunstwerk erheben, was aber das Aeußere angeht, so werden sie von den französischen Broncearbeiten bei weitem übertroffen. Sie stellen meist Elephanten, Büffel, Kraniche und auf diesen reitende Menschen vor, die dann zum Abheben sind, um irgend einem Zweck, wahrscheinlich dem des Räucherns, zu entsprechen. Ich konnte mich für diese Sachen nicht viel interessiren und sie schienen auch wenig gekauft zu werden.

An diesem ersten Tag mußte ich mich denn auch richtig mit den lackirten und Porcellanwaaren begnügen, so dicht umlagerte das schöne Geschlecht den Theil der Tische, wo die Seidenwaaren ausgebreitet lagen, und damit das ganze übrige Viertel; denn ihr rechter Flügel lehnte sich an den Tisch mit Spielsachen und der linke an eine andere Tafel lackirter Waaren, alles Uebrige ohne Erbarmen mit zum Centrum nehmend. Was ich von sonstigen Sachen sehen wollte, mußte ich auf eine günstigere Zeit verschieben.

Am nächsten Morgen war schon etwas mehr Luft – die Damen mußten übrigens verwünscht früh aufgestanden seyn und an Hinankommen war noch immer nicht zu denken; erst am dritten Morgen gelang es mir einmal, einen flüchtigen Blick auf das Übriggebliebene zu werfen. Zu einzelnen Kleidern abgepaßte Stücke Seidenzeug, meistens mit klein carirtem geschmackvollem Muster, fünfundzwanzig Gulden das Kleid, bildeten das schwere Geschütz dieser sonst keineswegs reichhaltigen Waaren. Außerdem waren nur noch dreierlei Crepeschärpen, die einen himmelblau, die anderen scharlachroth und die dritten ebenfalls roth, aber auf eine eigenthümliche Weise gearbeitet, daß der Zeug an einzelnen erhabenen Punkten wie gepreßt aussah. Diese Arbeit, die ich aber ebenfalls nicht zu würdigen verstand, soll ungemein mühsam seyn, da all die einzelnen kleinen Erhabenheiten auch einzeln umwickelt und dann gefärbt werden müssen. Ich verstand zu wenig davon, mich besonders dafür zu interessiren, den Damen schienen sie aber desto mehr zu gefallen und am dritten Abend war auch nicht eine einzige mehr übrig.

Die japanischen Korbwaaren, von denen auch eine ziemliche Auswahl aufgestellt stand, sind allerdings recht nett und zierlich, jedoch haben wir die besser, oder doch wenigstens eben so gut, in Deutschland. Etwas besonders Neues war auch nicht darunter. Allerliebste Sachen fanden sich aber unter dem Spielwerk für Kinder – alle nur möglichen kleinen Figuren von Papiermaché, und kleine hölzerne Hausgeräthschaften, mit einem höchst frapanten japanesischen Geruch. Dann niedliche Kästchen mit Glas, die einen kleinen Teich vorstellen sollten, in dem eine Schildkröte und ein paar Goldfischchen herumschwammen; die Fischchen saßen auf federartig gerolltem dünnen Draht, der ihnen eine Bewegung gab, als ob sie sich im Wasser bewegten, und an den Schildkröten hingen Kopf, Füße und Schwanz in kleinen losen Haken, so daß es das Schwimmen dieser Thiere auf das täuschendste nachahmte.

Außerdem war eine ganze Auswahl von Puppen hier, aber so zierlich und sauber gearbeitet, wie sie ihnen selbst Nürnberg wohl nicht nachmachen kann. Jedes Gelenk daran beweglich, aber nicht wie unsere deutschen hölzernen Gelenkpuppen (ich meine hier wirklich die hölzernen), sondern mit ineinander gefügten Gliedern, seidenem Körper und Lackaugen.

Außer diesen kamen noch eine Menge anderer kleiner Spielereien und Nippessachen vor, kleine Porcellanfiguren mit beweglichem Kopf und herausfahrender Zunge, elfenbeinene Figuren und vergoldete, drei bis vier Zoll hohe Statuen, Fächer, Bambusbüchsen, die verschiedensten Arten Cigarrendosen etc.

Unter den letzteren befand sich eine Art, von der man jetzt glaubt, sie bestände aus einer eigenthümlichen Gattung Papier, obgleich früher behauptet wurde, der Stoff, aus dem sie gemacht wären, sey gegerbte Menschenhaut – jedenfalls gleichen sie eher Haut, als Papier. Sie sind dunkelbraun, von einer etwas durchscheinenden zähen dünnen Masse, und haben einen höchst merkwürdigen, keineswegs angenehmen, starken Geruch.

Eine bedeutende Quantität Regenschirme kommt hier ebenfalls auf den Markt, alle von geöltem Papier und sehr sauber und nett, viel besser als die chinesischen gearbeitet – sonst aber ganz in der chinesischen Form. Die Regenschirme sind braun, mit einem breiten, ringsum laufenden dunkelgelben Streifen in der Mitte, die Sonnenschirme mit vier bunten großen Bildern ausgeschmückt, die ihnen allerdings ein etwas wunderliches Ansehen geben.

Allerliebste Fußmatten, von Stroh geflochten, mit höchst geschmackvollen Farben, in grau, roth und gelb, Kehrbesen, Suppensaucen, Agger-Agger etc. bilden dann das schwere Geschütz und werden, die Matten ausgenommen, die rasch im Einzelnen weggingen, gewöhnlich dutzend- und kistenweis verkauft.

Der Agger-Agger ist noch etwas, das einer besonderen Erwähnung verdient. Er kommt in Kisten, in denen er in einzelnen Paketen gepackt ist und hat, wenn man ihn roh kostet, etwa den Geschmack und das Gefühl auf der Zunge wie die Seele eines Federkiels; gekocht oder auf seine bestimmte Art zubereitet, liefert er aber ein vortreffliches Gelee, das besonders mit Rheinwein oder Früchten angekocht, ausgezeichnet schmeckt. Es soll eine Art Seegewächs seyn, das sich an den indischen und japanischen Küsten findet, und es kommt dasselbe auch auf Java vor, wo es besonders viel von den Chinesen, aber sonst auch in europäischen Haushaltungen zu Gelées benutzt wird.

Der japanische Toko bleibt hier jedesmal drei Monat eröffnet, und was bis zu der Zeit nicht davon verkauft ist, wird eingepackt und nach Holland geschickt, von wo auch wohl einzelne Sachen dann und wann ihren Weg nach Deutschland fanden, im Ganzen habe ich übrigens sehr wenig derartiges schon im alten Vaterlande gesehen, und das meiste war mir vollkommen neu.

Wie vortrefflich übrigens die Lackwaaren seyn müssen, beweist, daß selbst die Chinesen derartiges, obgleich sie selber ungemein viel lackirte Waaren liefern, ankaufen. Es sind schon solche Sachen hier aufgekauft und nach China geschafft und haben dort nachher, also aus vierter Hand, noch einen sehr guten Preis gebracht.

So hat jede Nation ihr Eigentümliches, denn während die Chinesen von der Schönheit des japanischen Lacks entzückt sind, wäre es den Japanesen wieder nicht möglich, jene in ihren Elfenbeinschnitzereien, in denen sie wirklich Außerordentliches liefern, zu erreichen.

Eine höchst interessante Bekanntschaft machte ich auch in dieser Zeit in dem Dr. Mohnike, welcher sich die letzten drei Jahre, natürlich im Dienst der holländischen Regierung, auf Decima aufgehalten und die Gesandtschaftsreise nach Jeddo mitgemacht hat. Dr. Mohnike könnte manches Interessante über das Leben dieses wunderlichen Volkes mittheilen, wenn nur eben die indische Regierung nicht so ungemein streng darauf hielte, daß ihre Beamten auch nur für sie selber denken und arbeiten sollen. Die Verhältnisse, Japans sind aber, besonders in jetziger Zeit, viel zu kitzlicher Natur, als daß sie einem ihrer Beamten gestatten sollte, darüber zu schreiben oder sich nur auch ausführlich darüber mündlich auszusprechen.

Er war als Arzt hinüber gegangen, durch seinen langen Aufenthalt dort und seiner Stellung aber auch mit sehr vielen Japanen zusammengekommen. Seine Stellung als königlicher Beamter verbot ihm dabei allerdings irgend eine Zahlung für den Japanesen in ärztlicher Hinsicht geleisteten Dienst anzunehmen, konnte aber nicht verhindern, daß ihm diese, besonders bei seinem Abschied, aus Dankbarkeit manche kleine, dem Land eigenen Geschenke brachten, und mit dem, was er selber angekauft, hat er eine zwar nicht sehr bedeutende, aber allerliebste Sammlung hergestellt, unter dem sich besonders sehr viele Sachen und Gegenstände befinden, die es dem Pachter des Regierungshandels gar nicht möglich gewesen war zu bekommen.

Hierzu gehörten vor allen Dingen zwei Modelle, das eine eines japanischen Hauses, mit vollkommener innerer Einrichtung, Matten, Meublen, Geschirren und Beigebäuden, und das andere das der Sänften, in welchem die jedesmalige dreijährliche Gesandtschaft von Decima nach Jeddo, der Hauptstadt des Reichs, geschafft wird. Fabel ist dabei, was man früher von dieser Gesandtschaft erzählte, daß sie in einer festverschlossenen Sänfte, mit niedergelassenen Jalousien eingepackt und hunderte von Meilen weit transportirt würde, ohne daß es dem Inliegenden gestattet wäre, auch nur das Geringste von der umliegenden Landschaft zu sehen. Die Sänfte ist im Gegentheil nicht allein mit vollkommen offenen Jalousien, sondern dem Europäer auch gestattet, wenn ihm das Spaß macht, nebenherzugehen – also an ein Einschließen gar nicht zu denken. Seidene Polster und Decken liegen darin und das Dach ist, was nur Vornehme tragen dürfen, mit Sammet belegt.

Was mich aber besonders interessirte, war eine Sammlung von Bildern, die sich Dr. Mohnike gewußt hatte zu verschaffen, wie außer diesen einzelne japanesische Bücher. Unter den letzten ein botanisches Werk mit vortrefflichen Zeichnungen. Die Bücher sind übrigens vollkommen auf die chinesische Art hergestellt – auf sehr dünnem seidenartigem Papier, und nur auf einer Seite gedruckt, während zwei Seiten immer unaufgeschnitten zusammenhängen. Natürlich gehen sie auch wie die chinesischen von rechts nach links.

Die anderen schienen kleine Volksbücher zu seyn, mit Illustrationen und Beschreibungen dazu, wie ich sie auch ganz ähnlich, nur nicht so sauber gedruckt, von Chinesen gekauft habe. – Es ist jammerschade, daß die Schrift für uns nur aus unauflöslichen Hieroglyphen besteht.

Die Bilder dagegen waren faßlicher und stellten meist Landschaften und Straßenscenen, Arbeiter in ihren verschiedenen Beschäftigungen, Hafenplätze etc. vor. Hierbei kamen aber auch ihr Kaiser und eine Masse geschichtlicher Bilder, manche wirklich von vortrefflicher Zeichnung und lebendiger Färbung vor. Die Perspektive war übrigens selten vollkommen richtig und manchmal schlichen sich sogar, vielleicht von ungeübteren Händen gemacht, sehr grobe Fehler ein. Darin sind übrigens die Chinesen groß; ich habe ein kleines Buch, auf dem eine Anzahl Reiter hinter einem Fichtenwald vorgesprengt kommen. Die Fichten stehen zu den vorn befindlichen Figuren in ziemlich richtigem Verhältniß, die hinten vorkommenden Reiter müßten aber jeder wenigstens zweihundert Fuß hoch seyn. Jeder einzelne Kopf tritt wie eine Mondscheibe hinter der Waldung vor.

Eine andere Art von Spielerei in Bildern haben die Japanen mit eingeklebten Jalousien, Klappen, Treppen, Coulissen etc., so daß man das ganze Bild flach zusammenlegen kann und dann die erste Zeichnung vor sich hat, die sich aber, je nachdem man nun rechts oder links, oben oder unten, einen der aufgeklebten Streifen in die Höhe oder zur Seite schlägt, sich verändert und verwandelt.

In ihrer Tracht kommen sie den Chinesen ziemlich gleich – es ist derselbe Schnitt fast, derselbe Charakter, die Frauen sind aber in ihren Moden wenigstens so viel vernünftiger, daß sie sich die Füße nicht verkrüppeln lassen, wie es ihre chinesischen Nachbarinnen thun. Nein, den Bildern und Figuren nach haben die Damen dort sogar höchst ansehnliche Füße, auf denen sie sich gewiß mit vieler Leichtigkeit im Gleichgewicht halten können. Sonderbar ist übrigens, daß sie an den Füßen Handschuhe tragen (nicht wahr, es ist ein curioses Volk, wir tragen aber freilich auch an den Händen Schuhe und haben ihnen deßhalb nichts vorzuwerfen). Ihre Strümpfe haben nämlich ordentliche Daumen, in denen der große Zehen steckt, welcher der Sandalen wegen von den übrigen abgesondert bleiben muß.

Auch breite enorme Gürtelbänder oder vielmehr Binden tragen sie, von schwerem steifem Seidenzeug, und das Haar auf die wunderlichste Weise ineinander gelegt und mit Nadeln und Pfeilen festgesteckt; ich bin aber leider zu wenig Schneider und Friseur, um meinen schönen Leserinnen darüber einen klaren Begriff geben zu können. Soviel aber habe ich nur erfahren, daß sie Nachts ganz besondere, wohl sechs bis acht Zoll hohe hölzerne, aber mit einem kleinen runden Polster versehen und wahrhaft halsbrechende Kopfkissen gebrauchen, um die wahrscheinlich sehr künstlich und mühselig aufgesteckte und hergerichtete Frisur nicht in Unordnung zu bringen oder zu beschädigen.


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