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Wie der Leser bemerkt haben dürfte, ist es ziemlich leicht, den hypnotischen Schlaf zu erzeugen und – bei einiger Erfahrung und Uebung – auch nicht allzu schwierig, den Schlafenden regelrecht zu erwecken, wie wir später sehen werden. Schwierig dagegen ist die Erteilung von Suggestionen, so schwierig, daß ich hier unbedingt den Rat erteilen muß, nicht früher zu experimentieren, als bis man sich über die zu erteilende Suggestion völlig klar ist und – wenigstens im Geiste – den Verlauf der Prozedur von A bis Z festgestellt hat.
Ich will nun versuchen, die Suggestion, soweit dies für die Praxis nötig, zu definieren, und glaube, daß sodann dem Leser auch die Bedeutung derselben klar wird. Ich folge bei meinen Ausführungen dem klassischen Bernheimschen Buche »Hypnotismus, Suggestion, Psychotherapie«, sowie den Forelschen und Mollschen Grundsätzen.
Suggestion im weitesten Sinne ist der Vorgang, wie ein Gedanke in das Gehirn eingepflanzt und von diesem aufgenommen wird.
Jede eingegebene und angenommene Idee hat das Bestreben, sich in eine Handlung umzusetzen, oder mit den Worten A. Molls:
»Jeder erwartete physiologische oder psychologische Effekt im Körper hat die Neigung einzutreten.«
Es ist dies das wichtigste psychologische Grundgesetz, welches die ganze Suggestionslehre beherrscht.
Treffend und sehr verständlich erklärt Falk Schupp in einer in der Zeitschrift »Die Neue Heilkunst« »Die Neue Heilkunst«. Jetzt »Blätter für Volksaufklärung«. Volkstümliche Halbmonatsschrift für alle Fragen der persönlichen und sozialen Wohlfahrt. Schriftleiter Reinh. Gerling. 2l. Jahrgang. Jahrespreis 4 M. Verlag des Orania-Verlags, Oranienburg. veröffentlichten Arbeit »Ueber die Eingebung« das Wesen der Suggestion:
Versetzen wir uns auf die Leipziger Messe, wo durch die engen Reihen von Buden sich das sonntäglich geputzte Volk drängt. Mit Neugier bestaunen die Leute die Sachen, mäkeln daran herum, aber in der Hoffnung, da und dort noch etwas Besseres, Billigeres zu finden, fluten sie weiter und kaufen nichts. Da plötzlich, an einem unscheinbaren Stand, der weit weniger Auslagen aufweist, als seine nachbarlichen Mitbewerber, sehen wir einen Mann sich auf eine Kiste schwingen und nun in beredten Worten, die weithin alle Neugierigen anlocken, seine Waren anpreisen. »Sehen Sie,« ruft er mit näselnder Emphase, »dieses Taschenmesser, feinster Solinger Stahl, mit eins, zwei, drei Klingen (er klappt sie auf), einem Korkenzieher und hier einem Universalglasabschneider, mit dem ich jedes Glas besser wie mit einem Diamant schneide. Sehen Sie, eins, zwei, drei! Dabei zieht er scharfe Risse über eine Glasplatte, die er zerbricht. Dieses prachtvolle Messer mit Perlmutterglanzschale, mit drei famosen Klingen, einem Korkenzieher und dem unübertroffenen Patentuniversalglasabschneider, das kostet in jedem Laden 3 Mark, bei mir aber kostet dasselbe, mit diesem Futteral dazu, nur 2,50 M., wer wünscht eins? Damit bietet er es im Kreise herum. Viele wenden sich ab, niemand greift zu. Unverdrossen fährt der Händler fort: Niemand, meine Herrschaften? Passen Sie auf, ich will Ihnen zeigen, was der wahre Jakob kann (er spricht von sich in der dritten Person), er muß und will verkaufen, und darum sollen Sie es haben zu 2,40 – 2,30 – 2,20 – 2,10, geben Sie her, hier haben Sie das schöne Messer mit (folgt dieselbe Beschreibung wie oben) für den Spottpreis von 2 Mark! Wieder findet sich niemand. Und mit einer ähnlichen Motivierung schlägt er abwärts zählend den Preis von 1,50 Mark vor. Wenn auch da noch niemand zugreift, packt er das Messer mit verdrießlicher Miene ein, um, wie von einem scheinbaren Impuls erfaßt, es noch einmal herauszureißen, und mit dem wohlgespielten Affekt der Verzweiflung es also feilzubieten: Sehen Sie her, ich will nichts daran verdienen, ich gebe es Ihnen, wie ich es in der Fabrik gekauft habe, zu 1,40 Mark, ich habe noch zehn Stück, wer wünscht? Und siehe, der Widerstand ist besiegt: einmal – ruft er, und durch die Lüfte fliegt dem Käufer sein Neuerstandenes zu – zweimal, dreimal usw.
Gewiß erinnern sich viele der Leser, einer solchen oder ähnlichen Szenen einmal beigewohnt zu haben; sie haben damit die einfachste und vielleicht älteste Form der Wachsuggestion kennen gelernt. Wenn wir uns nun psychologisch analisierend nach dem Grund der Erscheinung fragen, so finden wir als das wesentlichste an dem Vorgang die Hinlenkung der Aufmerksamkeit auf eine einzelne Erscheinung, die Ausnutzung der erregten Aufmerksamkeit, durch Schildern der Merkmale des Gegenstandes im Anschluß daran das Bewerten der Merkmale und damit der ganzen Sache, zum Schluß die Annäherung des auf fiktivem Wege erzeugten Wertes an den vorausbestimmten Handelswert, zum Schluß die Vereinigung beider Prozesse durch einen Endaffekt, der sehr geschickt die erregten Wertvorstellungen in einen Willensakt, nämlich den des Kaufes, umsetzt.
Die Suggestion kann, wie betont, zu Heil- und Erziehungszwecken verwertet werden. Das durch irgend eine Idee angeregte Gehirn setzt diejenigen Nerven in Tätigkeit, welche jene Idee verwirklichen sollen. Vermöge seiner Fähigkeit der Steigerung oder Hemmung kann das Gehirn die organischen Funktionen in einer den Genesungsprozeß befördernden Weise herabsetzen oder verstärken, denn es beherrscht alle Organe und deren Verrichtungen. Jeder Punkt im Organismus endigt in einer Gehirnzelle, und Verdauung, Atmung wie Blutzirkulation werden direkt von den Gehirnzentren beherrscht und geregelt.
Nach dem Gesagten wird es klar sein, daß jede gegebene Suggestion angenommen und so zur Idee, zur Autosuggestion werden muß, wenn sie sich verwirklichen soll. Nun ist dies aber nur möglich durch die dem menschlichen Geist innewohnende Neigung, zu glauben. Im wachen Zustande ist diese Neigung beschränkt, denn unser Kritikvermögen, unsere Urteilskraft kontrolliert jede Eingebung mehr oder weniger strenge und weist zurück, was ihr nicht annehmbar oder – sagen wir – einleuchtend erscheint.
Man könnte also Suggestionen auch im Wachzustande mit Erfolg erteilen, wenn nur die Gläubigkeit des Patienten stark genug ist, die so empfangene und angenommene Idee zur dominierenden zu machen und die entgegengesetzten Ideen und Vorstellungen zu unterdrücken bezw. deren Verwirklichung zu verhindern. Gebe ich z. B. einem an Schlaflosigkeit Leidenden die feste Versicherung, er werde heute sofort einschlafen und er glaubt mir, so wird die entgegengesetzte Vorstellung des Nichteinschlafenkönnens verdrängt, sie wird verblassen, und meine Versicherung, d. h. meine Suggestion wird sich verwirklichen können. Derartige
sind gegenwärtig in der ärztlichen Praxis sehr beliebt und spielten wohl auch schon früher – allerdings mehr unbewußt – eine wichtige Rolle. Das Vertrauen des Patienten zu seinem Arzt erleichtert die Annahme und die Wirksamkeit solcher Suggestionen. Bernheim gebührt das Verdienst, sie systematisch angewendet und in die ärztliche Praxis eingeführt zu haben. Diese Art psychischer Einwirkung beruht auf dem Prinzip, daß man die Vorstellung der Heilung durch eine lebhafte Manipulation einpflanzt. Indem man den Gedanken, wie Renterghem meint, bis zum Beginn seiner Ausführungen lebendig vorstellt, reizt man durch das Beispiel zur Nachahmung Eine neue Art der Wachsuggestion wendet E. Kampmann-Frankfurt a. M. mit glücklichstem Erfolg an. Auch Karl Winzer-Berlin C. bedient sich vielfach mit überraschendem Erfolg der Wachsuggestion und unterstützt deren Wirkung mit geistvoll kombinierten technischen Hilfsmitteln.. Eine nicht verwirklichte Suggestion ist oft nur eine unfruchtbare Mitteilung des Gedankens und bleibt für viele Gehirne ein toter Buchstabe. Die lebhafte Aufmunterung ist eine lebendige Verkörperung des heilwirkenden Gedankens. Dieser Gedanke, der anreizend wirkt und der durch die Stimme und die Geste anregt, macht seine Wirkung geltend auf die Gehirnrindenzellen und durch sie auf die Reihe der nervösen Elemente. Andrerseits hat der eingepflanzte Gedanke eine ab leitende Wirkung auf Ideen, welche, bis dahin aufgehäuft, ein zu hebendes Hindernis darstellen. Der heilende Einfluß des Gedankens auf den Körper ist in seinem Wesen verschieden, je nach dem Patienten. Man ist deshalb gezwungen, diesen Gedanken bei der Wachsuggestion durch entsprechende Manipulationen haftend zu machen, wie z. B. durch Anwendung der Elektrizität usw. Es soll das Kritikvermögen eingeengt, die Zweifelsucht des Patienten bekämpft werden.
Ist diese Kontrolle, dieses Kritikvermögen verringert, so wird die »Neigung zu glauben« in gleichem Maße erhöht. Im gewöhnlichen Schlaf ist die Verstandestätigkeit eingeschränkt und die Einbildungskraft hat die Herrschaft übernommen. Die Kritik der aufgenommenen Eindrücke hat aufgehört, es entstehen phantastische Träume, Halluzinationen, die ebenso wie jede andere Idee eine Wirkung auf die Körperlichkeit ausüben, daher der Angstschweiß, die Furcht, das Entsetzen infolge unangenehmer Träume. (Abbild. 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13.)
Es handelt sich also für den Hypnotiseur darum, die Kontrolle der Urteilskraft und Aufmerksamkeit zu verringern, und dies geschieht eben durch die Herbeiführung jenes Schlafzustandes, den wir Hypnose nennen. Der hypnotische Zustand ist somit nichts anderes als ein Zustand erhöhter Suggestibilität, und die im hypnotischen Schlaf erteilten Suggestionen werden, zum Unterschied von den eben besprochenen, als
bezeichnet.
Jeder Mensch besitzt die beiden Elemente der Hypnose, nämlich Schlaf und Suggestibilität. Gelingt sie nicht bei jedem, so liegt dies nur daran, daß manche Leute, besonders Gelehrte, Hypochonder und Hysterische, sich unmöglich in den dazu nötigen passiven Zustand versetzen können, indem sie beständig geistig voreingenommen sind. Es ist gerade, als wenn wir mit vollem Bewußtsein schlafen wollen; dann gelingt es uns erst recht nicht. Die geistig Gesunden, mit gesundem Schlaf, die einfachen Leute aus dem Volk sind unbedingt am leichtesten zu hypnotisieren und durch Suggestion zu beeinflussen. Intelligente Menschen sind leichter zu beeinflussen als stupide; auch auf nervöse, unruhige, egoistische Menschen, Leute, die nicht gewöhnt sind, sich selbst zu beherrschen, oder verzärtelte, verhätschelte Naturen ist es schwer einzuwirken, aber nicht unmöglich. Nur sind oft zahlreiche Sitzungen notwendig.
Zur Suggestion gehört nach Forel: 1. Zutrauen der Leute. 2. Unbefangenheit. 3. Uebung und Sicherheit.
Es kommt darauf an, das Subjekt durch Worte, Bewegungen oder sonstige Manipulationen so zu beeinflussen, daß die beabsichtigte Idee in sein Gehirn auch wirklich eindringt. J. Großmann, ein bekannter Hypnotiseur, berichtet Zeitschrift für Hypnotismus. Jahrgang 1893. Verlag von H. Burger., daß er in folgender Weise mit Hilfe der Suggestion den Schlaf erzeuge und sodann auch die Suggestibilität erhöhe: »Zunächst suggeriere ich jedem Patienten die Suggestibilität. Dem Skeptiker begegne ich am besten durch folgendes kleine Experiment. Ich sage ihm, daß ich, was er kaum glauben würde, mit meinem Finger auf seine Conjunctiva bulbi (Augäpfel) drücken würde, ohne daß er auf diesen Eingriff mit Zwinkern reagieren würde. Das Experiment gelingt fast immer, da ja die Conjunctiva bulbi fast bei allen Menschen, zumal bei gleichzeitigem Fixieren auf die diesbezügliche Suggestion unempfindlich wird. Die gelungene Suggestion erhöht die Suggestibilität oft schon so sehr, daß der einfache, sofort erfolgende Schlafbefehl genügt, um sofortige Hypnose eintreten zu lassen. Im anderen Falle lasse ich den auf einem Fauteuil nicht angelehnt sitzenden, oder noch besser auf einem Diwan in halb sitzender, halb liegender Stellung befindlichen Patienten mich einige Sekunden fest fixieren. Ich suggeriere ihm nun, daß ein Gefühl der Wärme seine Glieder durchziehe, daß vor allem seine Arme, die auf den Knien aufliegen, bleischwer würden.
Bei diesen Worten hebe ich diese, sie bei den Handgelenken erfassend, ein wenig in die Höhe und lasse sie mit einem leichten Ruck meiner Hände plötzlich fallen. Sie fallen anscheinend bleischwer auf den Knien auf, der Patient hat tatsächlich das Gefühl außerordentlicher Müdigkeit in seinen Armen, wie es mir fast allseitig bestätigt worden ist. Nun kommt, wenn ich noch nicht den etwas starren Ausdruck im Blick, das nur wenige Sekunden anhaltende Anzeichen dafür, daß der Schlafbefehl Erfolg haben dürfte, bemerke, der Haupttrick. Ich bitte den Patienten, seine Augen zu schließen oder schließe sie ihm schnell selbst, ergreife seine Handgelenke bei rechtwinklig nach oben flektierten Unterarmen und suggeriere, daß er so müde würde, daß er sich nicht mehr aufrecht halten könne, vielmehr unbedingt hintenüber falle. Dabei drücke ich ihn selbst mit minimalem Rücken allmählich hintenüber, bis er mit dem Kopf an die Fauteuillehne angelangt ist, und erteile, wenn überhaupt noch nötig, den Schlafbefehl.
Wie mir von meinen Patienten versichert wird, wird so ein unbezwingliches Müdigkeitsgefühl erzeugt, wohl basierend auf einem leichten Schwindelgefühl, von dessen Eintreten sich ein jeder leicht überzeugen kann, wenn er in sitzender Stellung bei geschlossenen Augen sich selbst langsam ziemlich tief hintenüberlegt.
Der Vorgang muß sich natürlich in wenigen, längstens 6–10 Sekunden abgespielt haben und erfordert allerdings einige Uebung. Ich hoffe, mit der Mitteilung dieser Methode gerade den Anfängern in der Hypnotisationspraxis unter den Kollegen einen Dienst zu erweisen. Sie wird ihnen das Hypnotisieren sehr erleichtern. Ich will daran noch einige weitere Verhaltungsmaßregeln knüpfen, die sich bei mir und anderen beim Hypnotisieren bestens bewährt haben. Mißlingt der erste Versuch, so lasse man sich nicht abschrecken, man wiederhole ihn vielmehr sofort event. mehrere Male. Kommt man nicht ans Ziel, so lasse man den Patienten die Augen schließen und mache einige Minuten Passes mit der flachen Hand, die man in nicht zu schnellem rhythmischen Tempo von der Stirn bis etwa zum Epigastrium führt. (Wetterstrand.) (Abbild. 2.)
Bleibt der Patient dann immer noch refraktär, selbst wenn ich einige Personen vor seinen Augen hypnotisiert habe, dann bitte ich ihn, sich einfach nochmals einem Versuch zu unterziehen und suggeriere ihm, sofern dieser wieder erfolglos bleibt, daß er, allerdings leicht und für das erste Mal genügend tief hypnotisiert sei (Bernheim). Wir haben ja gesehen, daß die Wachsuggestion bei geschlossenen Augen auch Chancen hat, und falls sich dann auch nur eine therapeutische erfüllt hat, genügt dies, um die Suggestibilität gewöhnlich so zu steigern, das man in längstens einigen Tagen bis auf sehr seltene Fälle zu einer wirklichen und hinreichend tiefen Hypnose gelangt. Das um so mehr, als sich die Hypnose meist von Mal zu Mal selbst vertieft.
Ob Hypnose eingetreten und wie tief sie im einzelnen Falle ist, erkennt man aus dem Gelingen einiger Suggestionen.
Der tiefe Schlaf ist zum Gelingen der Suggestion nicht immer erforderlich. Der Hypnotiseur muß vielmehr sein Hauptaugenmerk auf die Erhöhung der Suggestibilität richten, die oft in gar keinem Verhältnis zur Tiefe des Schlafes steht. Einzelne Individuen sind wachend leicht zu beeinflussen, andere selbst im Tiefschlaf nur sehr schwer.
Der Hypnotiseur lerne daher erst den Charakter der zu hypnotisierenden Person kennen, damit er seine Suggestionen so redigieren kann, daß sie dem Verständnis des Subjekts angepaßt, gleichzeitig aber auch diesem sympathisch sind, damit der Hypnotisierte nicht bewußt oder unbewußt Widerstand leistet. Oft muß die Suggestion geschickt laviert werden, so daß man auf einem Umwege zum Ziele gelangt; oft muß sie durch Manipulationen unterstützt werden, die der Phantasie des Hypnotiseurs überlassen bleiben, da sie von Fall zu Fall verändert werden müssen. So habe ich, dem Rate Forels folgend, die Seekrankheit behandelt, indem ich die Hypnotisierten während des Schlafes gründlich schaukelte, ihnen dabei Wohlgefühl anbefehlend.
Richtige Redaktion, entsprechende Kombination, Beharrlichkeit, Ruhe – und die meisten Suggestionen werden sich verwirklichen.
Sehr richtig und nachahmenswert verhält sich der bekannte hygienische Arzt Dr. C. Gerster, dessen Ausführungen, die ich zum Teil hier wiedergebe, auch von manchem älteren Psychiater beherzigt werden sollten. Dr. Gerster sagt in einem »Beiträge zur suggestiven Psychotherapie« betitelten Aufsatz u. a.:
»Um zu erfahren, ob ich in einem Krankheitsfalle mit Suggestion oder Hypnose direkt vorgehen kann, verfahre ich folgendermaßen. Ich lasse mir vom Patienten seinen Zustand eingehend schildern; aus dem subjektiven Bericht im Vergleich mit der darauf folgenden gründlichen objektiven Untersuchung ersehe ich, ob und wieweit die »Einbildung« eine Rolle spielt, wie groß der Grad der Empfindlichkeit ist und wie tief allenfallsige Autosuggestionen sitzen. Ich suche sein ganzes »Milieu« zu erfahren, seine Lebensweise, seine wichtigsten Schicksale, sein Verhalten in besonderen Glücks- und Unglücksfällen, sein Verhältnis zu seiner Umgebung, seine speziellen Neigungen usw.; ich frage, ob der Schlaf nachts rasch eintritt, ob er tief und mit Träumen verbunden ist und suche schließlich so weit als möglich die Familienkrankheiten herauszubringen. Die Beschaffenheit von Intelligenz, Wille und Empfinden des Patienten läßt sich aus der Art und dem Inhalt der Antworten unschwer ersehen und man kann hiernach verfahren. Ich bemerke, daß mich Erfahrungen unangenehmer Art dazu gebracht haben, niemand eine spezielle Suggestions- oder hypnotische Behandlung einzureden oder aufzudrängen, auch wenn sich der Fall noch so sehr dazu eignen würde; ich nehme eine solche nur auf ausdrücklichen Wunsch der Patienten selbst oder unter Umständen, namentlich bei Minderjährigen, auch der Angehörigen, vor, bei weiblichen Patienten ziehe ich zu den hypnotischen Sitzungen einen Zeugen (am liebsten einen Angehörigen oder Bekannten der Patientin) zu.
Sehr wichtig ist es, den ersten Versuch zur Hypnose nur zu unternehmen, wenn der Patient in geeigneter (suggestiver) Stimmung ist. Erregbaren Naturen und solchen, die in höchster Spannung der Dinge warten, die da kommen sollen, suggeriere ich in der ersten Sitzung festen Schlaf, da sie durch allzu gespannte Aufmerksamkeit auf die ihnen ungewohnte Situation verhindert sind, die gegebene Idee plastisch umzusetzen, d. h. die Allosuggestion in Autosuggestion zu übertragen. Ich begnüge mich damit, sie bequem zu lagern und ihnen zu empfehlen, eine Zeitlang mit geschlossenen Augen bewegungslos liegen zu bleiben, während ich die Hand auf ihren Kopf lege oder »mesmerische« Striche mache. Haben sie sich einmal an die fremdartige Situation gewöhnt, so kann später die Schlafsuggestion und die therapeutische Suggestion dazu kommen. Hat man sich einmal eine suggestive Atmosphäre à la Nancy geschaffen, so kann man natürlich viel rascher vorgehen. Bringt der Patient keine suggestive Stimmung mit und bleibt er beim ersten Mal der Schlafsuggestion gegenüber unempfindlich, so setzt sich nur allzu leicht die Autosuggestion in ihm fest, daß ihm der betreffende Hypnotiseur oder die Suggestion überhaupt nicht beikäme. Man quält sich dann vergeblich bei ihm ab und registriert ihn allenfalls als schwer oder gar nicht hypnotisierbar, während er bei irgend einer Gelegenheit oder einem andern Hypnotiseur rasch in hypnotischen Schlaf verfällt. Hysterische kommen bei den ersten Versuchen zur Hypnose leicht in Krämpfe und es ist oft ein sehr langsames Vorgehen nötig, in anderen Fällen ein rasches; Erfahrung und Takt müssen hier entscheiden.«
Es mögen nunmehr einige Andeutungen folgen, welche dem Leser ein Bild geben sollen von der Art der Suggestionen. Ausdrücklich bemerke ich jedoch, daß es sich hier nicht um allgemein gültige Vorschriften handeln kann, sondern daß vielmehr stets dem Fall entsprechend verfahren werden muß.
Schlaflosigkeit wird etwa wie folgt zu behandeln sein: Nachdem Patient hypnotisiert – es genügt hier meist schon das zweite oder dritte Liébeaultsche Stadium –, sage man ihm ruhig und bestimmt: Sie werden heute um – Uhr oder zur Zeit, da Sie gewöhnlich zu Bett gehen, – eine Müdigkeit empfinden. Sie werden sich infolge dessen entkleiden und hinlegen. Sobald Sie eine bequeme Lage inne haben, werden Sie die gleichen Empfindungen haben, wie solche der Reihe nach sich jetzt bei Ihnen einstellen werden. Die Augen werden müde werden, eine Schläfrigkeit und Müdigkeit legt sich schwer wie Blei in ihre Lider, dringt von da weiter über den Hals in Ihre Arme – Sie fühlen bereits, wie sie Ihnen schwer werden. Auch auf den Unterkörper erstreckt sich jene Schwere und Müdigkeit, die Atemzüge werden tief und regelmäßig, Sie fühlen das Nahen des Schlafes. Ein dunkler Schleier legt sich über Ihre Augen, dieselben schließen sich, das Bewußtsein schwindet und Sie schlafen fest ein. –
Hat sich diese Suggestion verwirklicht, so wird sie wiederholt mit dem Zusatz, der Schlaf solle bis zu einer bestimmten Stunde dauern und das Gefühl der Kräftigung und körperlichen Frische hinterlassen. Oft reicht die Verbalsuggestion nicht aus und wird man dieselbe verstärken müssen. In diesem Falle sage ich: Sie erhalten von mir ein Pulver, davon nehmen Sie um 10½ Uhr eine Messerspitze (oder einen Teelöffel) in einem Weinglase Wasser. Darauf werden Sie um 11 Uhr Müdigkeit empfinden usw. wie oben. Das Pulver ist dann gewöhnlicher Milchzucker, was dem Patienten vorläufig verschwiegen wird.
Handelt es sich um eine Stuhlverstopfung, so wird man, nach Forel, wie folgt verfahren müssen:
»Nach dem Einschlafen beginnt man sanft den von den Kleidern bedeckten Bauch zu reiben und zu kneten und gibt die Suggestion, es werde ein angenehmes Wärmegefühl eintreten. Sobald dies bestätigt wird, gibt man die Versicherung, daß nun der Darm durch Einwirkung auf das Nervensystem angeregt werde. Es habe nur eine Darmträgheit vorgelegen, die jetzt für die nächsten acht Tage geregelt worden sei, Patient werde jetzt alle Tage in der Frühe, eine halbe Stunde nach dem Aufstehen, das Bedürfnis fühlen, die Defäkation zu vollziehen. Er werde diesem Drange folgen und es werde stets ohne jedes andere Hilfsmittel Stuhlgang eintreten.«
Hat sich die Suggestion verwirklicht, so folgt diejenige, daß nun dauernd die Verstopfung beseitigt sei.
Starke periodische Blutung bei Mädchen oder Frauen behandelte ich in der Weise, daß ich zunächst lebhaftes Wärmegefühl im Unterleib und Rücken suggerierte. War dies eingetreten, so legte ich beide Hände auf den Unterleib der Patientin, machte einige leichte Massagestriche vom Schoß aus nach oben zu und suggerierte, daß nunmehr das Blut die Richtung nach dem Herzen zu nehme, so daß die Blutung mäßiger bezw. normal würde. Darauf ließ ich Patientin eine halbe Stunde schlafen, wiederholte dann nochmals die Suggestion, um bald darauf vorsichtig zu erwecken.
Bei hysterischen Beschwerden lege man weniger Wert auf die Erzielung des hypnotischen Schlafes als vielmehr auf die geschickte Suggestion. Es wird meist schwierig sein, tiefere Schlafstadien herbeizuführen, dagegen sind Hysterische sehr leicht suggestibel, wenn man es versteht, ihr Vertrauen zu gewinnen. Man behandle sie mit Liebe und Geduld, gehe scheinbar auf ihre Ideen ein, weise ihre Klagen nicht schroff oder gleichgültig ab, widerspreche auch keinesfalls. Ich gab mir den Anschein, als seien alle geschilderten Symptome tatsächlich höchst beachtenswert und bediente mich bei den folgenden Sitzungen im Gespräch und von den Patienten unbemerkt oft der Wachsuggestion. In der Hypnose gehe man dann stets von der geschilderten Situation aus und redigiere dementsprechend seine Suggestion. Handelt es sich um Kopfschmerz, so suggeriere man denselben nicht fort, sondern sage beispielsweise, indem man mesmerische Striche, faradischen Pinsel oder Konkussor anwendet, die Schmerzen würden sich vom Kopfe mehr nach dem Rücken usw. ziehen, dort aber schwächer und erträglich sein usw.
Soll eine Hystero-Epilepsie geheilt werden, so wird es fast niemals gelingen, im Anfall selbst irgend welche Beeinflussung auszuüben. Dagegen ist es leicht, dem Patienten in normaler Hypnose die Suggestion zu erteilen, daß er im Zustande des Anfalls den Hypnotiseur kenne und ihm unbedingten Gehorsam leiste. Dadurch wird der hystero-epileptische Anfall in hypnotischen Schlaf verwandelt und die Heilung nur geringe Schwierigkeiten bereiten.
Bei nervösen Verdauungsstörungen, Magenleiden usw. (keinesfalls aber bei Magengeschwür, Krebs usw.) unterstütze man die Verbalsuggestion durch den elektrischen Strom. Ebenso ist es ratsam, bei Ischias den faradischen Pinsel in der Hypnose anzuwenden.
Soll jemand von der Trunksucht befreit werden, so darf der Hypnotiseur nicht etwa den Alkoholgenuß plötzlich verbieten, sondern anfänglich nur darauf wirken, daß zu bestimmten Zeiten getrunken wird. Später suggeriert man Widerwillen gegen alkoholische Getränke, der sich bis zum Brechreiz steigert, und erst nach einigen Wochen, wenn der Trinker dem Gifttrank keinen Geschmack mehr abgewinnt, verbiete man den Alkoholgenuß vollständig Ausführliche Angaben über die Erteilung der Suggestionen findet man in meinem »Handbuch der hypnotischen Suggestion«, 3. Auflage, bearbeitet von Jacques Groll (Wilhelm Möller, Oranienburg-Berlin). Preis Mk. 4,50, gebd. Mk. 5,50..
Aehnlich hat sich der Lehrer oder der Vater bei Unarten des Kindes zu verhalten. Er überzeuge das Kind von der Häßlichkeit des betreffenden Uebels und verbiete es erst, nachdem diese Ueberzeugung Platz gegriffen und nur noch die moralische Schwäche zurückgeblieben.
Handelt es sich darum, ein Kind von nächtlichem Bettnässen zu befreien, so darf man natürlich nicht ein allgemein gehaltenes Verbot suggerieren, sondern vorheriges, rechtzeitiges Erwachen infolge des Harndranges, so daß das Kind entweder rufen oder das Bedürfnis ordnungsmäßig selbst verrichten kann.
Bei Lügenhaftigkeit eines Kindes hat man zunächst den kleinen Patienten in der Hypnose von der Häßlichkeit und den Nachteilen zu überzeugen, die dieses Laster für ihn im Gefolge haben müsse. Der Eindruck ist weit tiefer und nachhaltiger als die gleiche im Wachzustande erteilte Ermahnung. Später suggeriere man starkes Erröten, Unruhe und Zittern nach jeder ausgesprochenen Lüge. Hat sich diese Suggestion verwirklicht, so folgt diejenige, die Unruhe und das Zittern werde schon bei beabsichtigter Lüge eintreten, der Zustand werde schrecklich sein, während die gesprochene Wahrheit sofortige Erleichterung und großes Wohlbehagen bringen werde usw.
Linkshändigkeit beseitigt man am besten durch die Suggestion momentaner lähmungsartiger Schwäche im linken Arm, welche stets eintreten würde, sobald Patient die linke Hand da zu brauchen beabsichtige, wo eigentlich die rechte Hand gebraucht werden müsse. Gleichzeitig folgt die Suggestion, daß die rechte Hand sehr leicht und frei bewegt und gebraucht werden könne.
Das Nägelkauen ist keineswegs eine »Unart« im gewöhnlichen Sinne, sondern eine krankhafte Erscheinung. Strenge und Bestrafungen führen nur selten zum Ziele. Das Nägelkauen ist sehr oft mit nächtlichem Aufschrecken, Nachtwandeln, Sprechen im Schlaf, Stottern, gedrückter Stimmung und moralischen Verirrungen vergesellschaftet. Viele Nägelkauer schlafen mit offenem Munde. Ich gab den Patienten zunächst im Schlaf oder in der Hypnose die energische Suggestion, nicht mehr an den Nägeln herumzubeißen. Ein sich sofort einstellender bitterer Geschmack im Munde und Brechreiz werde sie an das Häßliche des Uebels jedesmal erinnern und so der Wiederholung vorbeugen. Nach 4 bis 6 Wochen trat gewöhnlich Heilung ein, selten währte die Behandlung länger. Die Wirkung war von Dauer.
Eine wirksame Methode, die selbst bei den schwersten Fällen zur Heilung führte, hat Carl Winzer-Berlin C. erdacht und angewendet. Er verändert durch ein eigenartiges Verfahren den Biß des Patienten, so daß es diesem physisch unmöglich wird, die Nägel abzubeißen. Dieses rein technische Verfahren, das dem Erfinder geschützt worden ist, unterstützt er durch angemessene psychische Beeinflussung und erreicht zunächst das Wachsen und die normale Entwickelung der Nägel. Durch fortgesetzte Suggestionen bekämpft Winzer auch den Trieb zum Kauen an den Nägeln und hat somit eine geradezu ideale Methode zur Bekämpfung des hartnäckigen Uebels geschaffen Näheres bei C. Winzer, Berlin, Alexanderstr. 27..
Der Veitstanz> ( Chorea) kann durch die sogenannte Handprobe meist schon vor seinem Ausbruche erkannt und behandelt werden. Eltern und Lehrer sollten nicht versäumen, die Handprobe zu machen. Wenn früher aufmerksame, artige und fleißige Kinder plötzlich ein gegenteiliges Benehmen zeigen, nachts aufschreien oder unruhig und schreckhaft werden, dann ist der Verdacht auf beginnenden Veitstanz naheliegend. Die Kinder werden in solchem Falle veranlaßt, in ruhiger, strammer Stellung beide Hände dem Beobachter in ungezwungener Haltung entgegenzustrecken und – die Innenflächen nach oben – einige Minuten zu halten. Zucken die einzelnen Finger nach 2 bis 3 Minuten mehr oder minder lebhaft, so ist der Verdacht begründet und man beginne mit den Suggestionen. Es wird zunächst Ruhe und Gleichmütigkeit befohlen und versichert, daß eine am andern Tage zu gebende Ganzpackung (18–20° R) nach starkem Schweißausbruch bedeutende Erleichterung bringen werde. – Nach der Wasseranwendung folgt die Suggestion »vollkommener Ruhe aller Glieder«. »Die Körperkräfte werden bedeutend zunehmen.« »Die Reizbarkeit werde verschwinden, der Schlaf ruhig, tief und kräftigend werden usw.« So wird ein Symptom nach dem andern beseitigt, gleichzeitig aber durch reizlose Kost, tägliche milde Wasserprozeduren Siehe: Lexikon der Gesundheits- und Krankenpflege, das unter Mitarbeit tüchtiger Aerzte und Aerztinnen von Dr. Kühner in Eisenach herausgegeben wurde und reich illustriert ist. Preis M. 7.50. Erhältlich durch jeden Buchhändler und den Verlag W. Möller, Oranienburg. und Massage die Behandlung unterstützt und so der Ausbruch des Leidens verhütet oder dieses selbst beseitigt werden.
Ueberraschend geradezu sind die Erfolge der hypnotischen Suggestionsbehandlung beim Stottern, Stammeln, Lispeln und andern psychischen Sprachstörungen. Allerdings ist hier eine fachmännische Behandlung angezeigt und ich halte es für meine Pflicht, an dieser Stelle eines Mannes Erwähnung zu tun, der bereits unendlich segensreich gewirkt hat: des Heilpädagogen Robert Ernst-Berlin SW., der ein geradezu ideales System der Stottererheilung ersonnen, bei welchem die Suggestion eine Hauptrolle spielt. Mit seiner Methode hat Ernst in mehr als 90 von 100 Fällen Heilung erzielt und selbst da noch Erfolge gehabt, wo die verschiedensten »Kuren« vergeblich versucht worden waren. Robert Ernst sagt über das Stottern: das Stottern ist ein psychisches Leiden und besteht in der Zwangsvorstellung, sprachlichen Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Die Zwangsvorstellung tritt bei einzelnen bei jedem Versuch zu sprechen auf, bei andern nur bei gewissen Buchstaben und Lautverbindungen bezw. bestimmten Wörtern und Redewendungen, und bei einer dritten Kategorie von Stotterern nur dann, wenn sie mit fremden oder hochgestellten Personen zu sprechen haben. Wird der Leidende von der Zwangsvorstellung seines sprachlichen Nichtkönnens gepackt, so bemächtigt sich seiner zugleich eine deprimierende Gemütserregung, und diese zeigt sich in allen Fällen in einer beschleunigten oder verhaltenen Respiration. Er hat bald zu viel, bald zu wenig Luft und kann dieselbe zur Stimmbildung nicht regelrecht verwenden. Um dennoch vorwärts zu kommen, nimmt der Geängstigte ein übermächtiges Maß von Kraft Zur Geräusch- und Stimmbildung in Anspruch und daraus ergeben sich die krampfartigen Erscheinungen des Stotterns, das Pressen und Stoßen der Konsonanten und Vokale, das zeitweise Stocken und Ausbleiben der Stimme. In vielen Fällen werden schließlich noch andere Muskelgebiete von dem Zuviel der Kraft betroffen, es kommt zu Mitbewegungen des Gesichts, des Kopfes, der Arme und Beine und dergleichen mehr.
Füllt die Zwangsvorstellung fort, so bekommt der Gedanke des Könnens die Oberhand. Der Leidende ist ruhig und gelassen, gebraucht keine Kraft zur Inbetriebsetzung seines Sprachorganes, und das Stottern tritt nicht in Erscheinung. Das Leiden ist mithin autosuggestiver Natur; es ist kein Krampfzustand, keine schlechte Gewohnheit, auch liegt ihm keine organische Störung zu Grunde, wie solches die Schulmedizin anzunehmen beliebt. Darum ist ihm auch nicht durch Medikamente, durch rein gymnastische Sprachübungen und durch operative Eingriffe beizukommen, sondern die einzige richtige Behandlung hat in der Unterbindung und Ausrottung der Zwangsvorstellung und Stotteridee zu bestehen und hier bietet die hypnotische Suggestion ein außerordentliches Hilfs- und Heilmittel. Es genügt jedoch nicht allein die einfache Suggestion »Sie werden von jetzt an nicht mehr stottern«, und namentlich nicht bei solchen Stotterern, die bereits Jahre und Jahrzehnte lang an dem Uebel leiden. Man muß daher in der herbeigeführten Hypnose zu Sprachübungen seine Zuflucht nehmen und an ihnen den Stotternden die Redefertigkeit beweisen: denn sehr hochgradiges Stottern pflegt auch in der Hypnose aufzutreten.
Diese Andeutungen mögen genügen, in meinem Handbuch der hypnotischen Suggestion habe ich ausführlichere Anleitungen gegeben.
Wendet man so die Suggestion mit Sorgfalt an, dann wird man beginnende Krankheiten gleichsam im Keime ersticken bezw. zur natürlichen Heilung bringen können und in anderen Fällen oft selbst da noch Hilfe leisten, wo andere Heilmethoden versagen. Eins aber muß ich noch hinzufügen: Wer mit der Suggestion Großes leisten will, der wende sie, wo irgend angängig, im Verein mit der Hydrotherapie ( Wasserbehandlung) Näheres hierüber in dem vortrefflichen Buche: » Lexikon der Gesundheits- und Krankenpflege«, das unter Mitarbeit tüchtiger Aerzte und Aerztinnen von Dr. Kühner in Eisenach herausgegeben wurde, reich illustriert ist und nur 7,50 Mk. kostet. Dasselbe ist im Verlag von Wilhelm Möller in Oranienburg erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen. an. Wenn das deutsche Volk einmal soweit aufgeklärt sein wird, daß schon in der Schule jeder Knabe und jedes Mädchen den Bau des menschlichen Körpers und seine naturgemäße Behandlung kennen lernt, wenn die Anwendungsformen aller Mittel der Naturheilmethode, Wasser, Luft, Licht, Hypnose, Magnetismus, Massage, Diät, Ruhe, Bewegung, Gemeingut des gesamten Volkes geworden, dann ist ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Teil der sozialen Frage gelöst.