Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Philemon, der bei großen Schätzen Ein edelmütig Herz besaß, Und, andrer Mängel zu ersetzen, Den eignen Vorteil gern vergaß: Philemon konnte doch dem Neide nicht entgehen, So willig er auch war, den Neidern beizustehen. Zween Nachbarn haßten ihn, zween Nachbarn ruhten nie, Aufs schimpflichste von ihm zu sprechen. Warum? Er war beglückt, und glücklicher, als sie. Ist dies nicht schon ein groß Verbrechen? Die Freunde rieten ihm, sich für den Schimpf zu rächen. »Nein«, sprach er, »laßt sie neidisch schmähn, Sie werden schon nach meinem Tode sehn, Wieviel sie recht gehabt, ein Glück mir nicht zu gönnen, Das wenig Menschen nützen können.« Er stirbt. Man findt sein Testament, Und liest: »Ich will, daß einst, nach meinem Sterben, Mein hinterlaßnes Gut die beiden Nachbarn erben, Weil sie dies Gut mir nicht gegönnt.« So mancher Freund verwünscht dies Testament. »Wie? Konnt ich ihn nicht auch beneiden? Mir gibt er nichts, und alles diesen beiden?« Die beiden Nachbarn sehn vergnügt Den Sinn des Testaments vollführen. Denn damals wußte man nicht recht zu prozessieren, Sonst hätten beide nichts gekriegt. So aber kriegten sie das völlige Vermögen. Wie rühmten sie den Selgen nicht! Er war die Großmut selbst, er war der Zeiten Licht, Und alles dies des Testamentes wegen, Denn eh er starb, war ers noch nicht. Sind unsre Nachbarn nun beglückt? |