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16. Kapitel.
Die Schlacht am Volturno

Die Morgenröte des 1. Oktobers beleuchtete in den Ebenen um die alte Hauptstadt Campaniens ein entsetzliches Getümmel, eine brudermörderische Schlacht. Allerdings befanden sich auf der bourbonischen Seite viele fremde Söldner: Baiern, Schweizer und andere, die seit mehreren Jahrhunderten sich gewöhnt haben, unser Italien als die Stätte ihrer Erholung und ihrer Ausschweifungen zu betrachten. Und diese Rotte hat unter der Führung und unter dem Segen des Priesters stets die Italiener hochmütig niedergetreten, die vom Priester dazu erzogen wurden, das Knie zu beugen. Aber gleichwohl war der größte Teil derer, die am Fuß des Tifata stritten, Söhne dieses unseligen Landes, die angetrieben wurden, sich gegenseitig zu erwürgen, die einen von einem jungen Könige, dem Sohne des Verbrechens, angeführt, die andern die heilige Sache ihres Vaterlandes verfechtend. Von den Zeiten Hannibal's an, des Besiegers der stolzen Legionen, bis auf unsre Tage hatten die campanischen Ebenen sicherlich keinen grimmigeren Kampf gesehen, und lange noch wird der Landmann, wenn er den Pflug über jene fruchtbaren Schollen hinwegführt, auf Gebeine stoßen, die die Leidenschaft der Menschen dort gesät hat.

Als ich, von Palermo zurückgekehrt, täglich die beherrschenden Punkte des Sant' Angelo aufsuchte, von wo man das feindliche Lager östlich von Capua und am rechten Ufer des Volturno genau übersehen konnte, erkannte ich, daß die Bourbonischen sich mit den Vorbereitungen zu einer Entscheidungsschlacht beschäftigten. Sie schickten sich an, zur Offensive überzugehen, nachdem sie sich so verstärkt hatten, wie ihnen irgend möglich gewesen war, ermutigt durch die wenigen Teilerfolge, die sie über uns errungen hatten. – Auf unsrer Seite wurden einige Befestigungswerke, die uns sehr zustatten kamen, bei Maddaloni, am Sant' Angelo und hauptsächlich bei Santa Maria errichtet; sie waren erforderlich, weil wir uns in der Ebene und in sehr exponierter Stellung ohne natürliche Deckung befanden. Unsere Schlachtlinie war aber fehlerhaft, weil sie – von Maddaloni bis Santa Maria – allzu weit ausgedehnt war.

Das Zentrum des Feindes, in dem dessen Hauptstärke lag, befand sich in Capua, von wo es zu jeder Stunde der Nacht vorstoßen und unseren nur 3 Miglien entfernten linken Flügel überraschen konnte, der geworfen worden wäre, ehe noch unsere übrigen Haufen oder die Reserve ihm hätten zu Hilfe kommen können. Sant' Angelo, der Mittelpunkt unserer Schlachtlinie, ist zwar von Natur eine feste Stellung, aber man hätte mehr Zeit zur Verfügung haben müssen, um die notwendigen Verteidigungswerke zu errichten, und mehr Mannschaft, um die weit ausgedehnte Stellung zu halten. Letztere wird aber von der sehr hohen Tifata überragt, die, wenn in der Hand des Feindes, die ganze Gegend durchaus beherrscht. – Weiter mußte die sehr wichtige Stellung von Maddaloni von der ganzen Division Bixio gehalten werden, weil sonst der Feind, indem er den Volturno weiter oberhalb überschritt und mit starker Macht die Straße Maddaloni–Neapel einschlug, in wenigen Stunden in der Hauptstadt gewesen wäre, während wir unterhalb, bei Capua, zurückblieben. – Die Reserven beließen wir in Caserta; sie waren sicherlich nur recht gering an Zahl, da wir eine so ausgedehnte Linie besetzt halten mußten. Überdies waren wir gezwungen, in der Front zwischen dem Monte Sant' Angelo und Caserta, am Volturno und bei San Leucio In geringer Entfernung nördlich von Caserta. einige fliegende Abteilungen zur Wahrung unserer Verbindungen zu halten, um den Feind zu hindern, zwischen unsere Heeresteile einzudringen.

Am meisten gefährdet aber unter unsren Stellungen war Santa Maria, das in der Ebene liegt und wo in wenigen Tagen nur geringe Verteidigungswerke von uns hatten aufgeführt werden können; wir waren dort auch der zahlreichen Reiterei des Feindes und seiner Artillerie, die ebenfalls zahlreicher und besser bedient war als die unsrige, fast schutzlos ausgesetzt. Wir hatten aber diese Stellung eingenommen mit Rücksicht auf die brave Bevölkerung von Santa Maria, die bei dem Rückzug der Bourbonischen ihre liberale Gesinnung an den Tag gelegt hatte und deshalb in dem Gedanken zitterte, ihre alten Herren wiederzusehen. Hätten wir die Streitmacht, die wir in Santa Maria aufstellten, als Reserve der Abteilung von Monte Sant' Angelo am Fuße der Tifata verwendet, so würde das unsere Linie wesentlich verstärkt haben. Da wir aber Santa Maria besetzt hielten, so mußten wir auch San Tammaro Wenig westlich von Santa Maria. als dessen linke Flankendeckung besetzen und eine Abteilung auf der Straße von Santa Maria nach Sant' Angelo unterhalten, um zwischen diesen beiden Punkten die Verbindung zu sichern. Das alles stellte Schwächen unserer Aufstellung dar, und ich rate meinen jungen Mitbürgern, die sich in einem gleichen Falle befinden könnten, die Sicherheit des Heeres nicht mit Rücksicht auf die Gefahren der Bewohner des Landes aufs Spiel zu setzen, denn letztere können sich an einen sicheren Ort zurückziehen.

Und in der Tat ließ mich das Bewußtsein von den Mängeln unserer Aufstellung nicht ruhen, zusammen mit den Vorbereitungen zu der entscheidenden Schlacht, zu der sich das zahlreichere und in jeder Weise besser ausgerüstete bourbonische Heer anschickte. Um 3 Uhr des Morgens am 1. Oktober bestieg ich in Caserta, wo sich mein Hauptquartier befand, mit einem Teil meines Stabes die Eisenbahn und kam noch vor Tagesanbruch in Santa Maria an. Ich setzte mich in einen Wagen, um nach Sant' Angelo zu fahren, als sich in eben diesem Augenblick Gewehrfeuer auf unserer Linken vernehmen ließ. General Milbitz, der die dort vereinigten Streitkräfte kommandierte, kam zu mir und sagte: »Wir werden bei San Tammaro angegriffen; ich gehe, um zu sehen, was es dort gibt.« Ich befahl ihm, in größter Schnelligkeit dorthin zu fahren. – – Der Lärm des Gewehrfeuers nahm zu und dehnte sich allmählich über die ganze Front bis nach Sant' Angelo aus. Beim ersten Dämmern des Tages erreichte ich die Straße zur Linken unserer Streitkräfte von Sant' Angelo, die bereits in den Kampf verwickelt worden waren. Als ich dort ankam, wurde ich von einem Hagel feindlicher Kugeln begrüßt, mein Kutscher wurde getötet, der Wagen mit Kugeln gespickt, und ich mußte mit meinen Adjutanten aussteigen und den Säbel ziehen, um mir einen Weg zu bahnen. Bald fand ich mich inmitten der Genuesen Mosto's und der Lombarden Simonetta's, so daß wir uns nicht mehr selbst zu verteidigen brauchten: da nämlich jene hochgemuten Streiter uns in Gefahr sahen, griffen sie die Bourbonischen mit so großer Wucht an, daß sie sie eine beträchtliche Strecke weit zurückwarfen und uns den Weg nach Sant' Angelo frei machten. Daß der Feind sich innerhalb unserer Linien und in unserem Rücken festzusetzen versuchte, eine Bewegung, die, obschon nächtlicherweile vorgenommen, vortrefflich und mit großer Umsicht ausgeführt wurde, erwies mir, wie gut er das Terrain kannte. Unter den Wegen, die vom Monte Tifata und vom Monte Sant' Angelo nach Capua führen, gibt es verschiedene, die mehrere Meter tief in den aus vulkanischem Tuff gebildeten Boden eingeschnitten sind. Diese Wege sind wohl in alten Zeiten als Verbindungslinien auf einem Schlachtfelde angelegt worden, und das Regenwasser, das an den umgebenden Bergen herunterkommt, hat dann zweifellos dazu beigetragen, den Boden noch mehr auszuhöhlen. Tatsache ist, daß in jenen Gängen ansehnliche Streitkräfte aller drei Waffengattungen marschieren können, ohne irgendwie bemerkt zu werden. Die bourbonischen Anführer nun hatten in ihrem wohlerwogenen Schlachtplan klugerweise von diesen Gängen Nutzen gezogen, indem sie einige Bataillone im Rücken unserer Aufstellung dort hindurchführten und nächtlicherweile die furchtbaren Höhen der Tifata besetzen ließen. – Nachdem ich dem Getümmel, in dem ich mich für einen Augenblick befunden hatte, entronnen war, begab ich mich mit meinen Adjutanten nach Sant' Angelo, da ich glaubte, der Feind befinde sich nur auf unserer Linken; aber als ich mich den Höhen näherte, bemerkte ich sofort, daß der Feind sich ihrer bemächtigt habe und in unserem Rücken stehe. Das waren zweifellos die bourbonischen Bataillone, die nächtlicherweile mittels der erwähnten unterirdischen Gänge unsere Aufstellung durchschnitten und Stellung genommen hatten in unserm Rücken auf den Höhen.

Ohne Zeit zu verlieren, sammelte ich alle Mannschaft, die mir unter die Hände kam, und suchte auf Wegen, die in die Berge führen, jene oben zu umgehen. Gleichzeitig sandte ich eine mailändische Kompagnie aus, um den Gipfel der Tifata oder San Niccola zu besetzen, das die sämtlichen kleineren Erhebungen des Sant' Angelo überragt. San Nicola ist ein Heiligtum auf dem Gipfel des Monte Tifata. Jene Kompagnie brachte, verstärkt durch 2 Kompagnien der Brigade Sacchi, die ich hatte herbeiholen lassen und die zu rechter Zeit erschienen, den Feind zum Stehen; er wurde zerstreut und wir machten eine Anzahl Gefangene. Nunmehr konnte ich den Monte Sant' Angelo besteigen, von wo ich wahrnahm, daß die Schlacht auf der ganzen Linie von Santa Maria bis Sant' Angelo lebhaft entbrannt war und daß sie sich bald günstig für uns anließ, bald wieder die Unsrigen vor den feindlichen Massen zurückwichen. Seit mehreren Tagen schon hatte mir auf meinem Beobachtungsposten, dem Monte Sant' Angelo, von dem aus ich das ganze feindliche Lager überblicken konnte, eine große Reihe von Anzeichen die Gewißheit ergeben, daß ein Angriff bevorstehe, und ich hatte mich deshalb durch verschiedene Demonstrationen des Feindes auf unserer Rechten und unserer Linken nicht irre machen lassen, deren Hauptziel war, uns zu veranlassen, einen Teil unserer Streitkräfte von dem Mitteltreffen, gegen das er seinen Hauptangriff zu richten gedachte, an die Flanken zu senden. Und das war gut, denn am 1. Oktober brachten die Bourbonischen gegen uns alles ins Feuer, was sie noch an Streitkräften im Felde und in den Festungen zur Verfügung hatten, griffen uns aber – zu unsrem guten Glück – gleichzeitig in der ganzen Ausdehnung unserer Schlachtreihe in allen unseren Stellungen an. Allerorten wurde mit großer Hartnäckigkeit gestritten – von Maddaloni bis Santa Maria. In Maddaloni hatte nach manchen Wechselfällen General Bixio den Feind siegreich zurückgeworfen. Auch bei Santa Maria wurde der Feind geworfen und ließ an beiden Stellen Gefangene und Geschütze in unseren Händen zurück; auf unserer Seite wurde General Milbitz verwundet. – In Sant' Angelo erfolgte das nämliche nach einem mehr als sechsstündigen Kampfe; aber da die Streitkräfte des Feindes hier besonders stark waren, so blieb er mit einer starken Kolonne Herr der Verbindung zwischen diesem Punkte und Santa Maria, so daß ich, um zu den Reserven zu gelangen, die ich dem General Sirtori herbeizuholen aufgegeben hatte und die auf der Eisenbahn von Caserta aus ankommen sollten, gezwungen war, einen Umweg zur Linken der Hauptstraße zu machen, und erst nach 2 Uhr nachmittags Santa Maria erreichte. In diesem Augenblick langten auch die Reserven von Caserta an, und ich ließ sie auf der Straße, die nach Sant' Angelo führt, in Angriffskolonne formieren: die Brigade Milano als Vorhut, die Brigade Eberard als Rückhalt und einen Teil der Brigade Assanti in Reserve. Auch die hochgemuten Calabresen Pace's sandte ich zum Angriff vor, da ich sie zu meiner Rechten im Gebüsch vorfand, und sie kämpften ebenfalls in glänzender Weise.

Nachdem die Vorhut kaum aus dem Gebüsch hervorgetreten war, das die Hauptstraße in der Nähe von Santa Maria umgibt, wurde sie – gegen 3 Uhr nachmittags – vom Feinde entdeckt, der uns mit Granaten zu beschießen begann. Das rief einige Unordnung in unseren Reihen hervor, aber nur für einen Augenblick; denn kaum erscholl das Signal zum Angriff, so stürzten sich die jungen mailändischen Bersaglieri der Vorhut auf den Feind. Den Reihen der mailändischen Bersaglieri folgte bald ein anderes Bataillon der nämlichen Brigade, das unerschrocken auf den Feind anstürmte, ohne einen Schuß zu tun, wie ich es befohlen hatte. – Die Straße, die von Santa Maria nach Sant' Angelo führt, liegt rechts der Straße von Santa Maria nach Capua und bildet mit dieser einen Winkel von etwa 40 Grad, so daß, indem unsere Kolonne auf der ersteren Straße vorging, sie stets links aufklären mußte, wo sich hinter natürlichen Schutzwehren noch sehr zahlreiche Feinde befanden. Während nun die Mailänder und die Calabresen schon in den Kampf eingetreten waren, schob ich rechts von ihnen die Brigade Eberard an den Feind, und es war ein schönes Schauspiel, die ungarischen Veteranen Garibaldi bemerkt hier: Türr, Tükery, Eber, Duyow waren Ungarn und in jener Brigade befand sich eine große Zahl dieser unserer tapferen Waffenbrüder zu Pferde und zu Fuß. in Wetteifer mit ihren Gefährten von den Tausend dem Feuer mit einer Ruhe und Kaltblütigkeit und mit der nämlichen Ordnung wie auf dem Manöverfelde entgegengehen zu sehen. Die Brigade Assanti schloß sich der Vorwärtsbewegung an, und es dauerte nicht lange, so machte sich bei dem Feinde eine rückwärtige Bewegung auf Capua zu bemerkbar. Dem Vorrücken dieser Angriffskolonne gegen das Zentrum des Feindes schlossen sich fast unmittelbar zur Rechten die Divisionen Medici und Avezzana und auf der Linken der Rest der Brigade Türr auf der Straße nach Capua an. Nachdem er hartnäckig gestritten, wurde der Feind endlich auf der ganzen Linie erschüttert und zog sich gegen 5 Uhr nachmittags in Unordnung in die Stadt Capua zurück, von dem Geschütz dieses Platzes gedeckt. Um die nämliche Stunde zeigte mir General Bixio seinen Sieg über die Bourbonischen auf dem rechten Flügel an. So konnte ich nach Neapel telegraphieren: »Sieg auf der ganzen Linie!«

Die Affäre vom 1. Oktober war eine wirkliche Feldschlacht. Ich habe schon erwähnt, daß unsere Aufstellung wegen ihrer Unregelmäßigkeit und allzuweiten Ausdehnung fehlerhaft war. Nun wohl, zu unserem Glück war auch der Schlachtplan der bourbonischen Anführer fehlerhaft. Sie lieferten uns eine Schlacht in paralleler, statt in schräger Front, durch welche letztere sie unsere Verteidigungswerke unnütz gemacht und überhaupt die größten Vorteile erzielt haben würden. Sie griffen uns mit beträchtlichen Streitkräften auf der ganzen Linie an 6 verschiedenen Punkten an: bei Maddaloni, bei Castel Morrone, bei Sant' Angelo, bei Santa Maria, bei San Tammaro und bei San Leucio. Indem er auf die Heiligennamen in diesen Ortschaftsbezeichnungen zielt, bemerkt Garibaldi: »Ich glaube, die Süditaliener werden der Freiheit und des Wohlstandes würdig werden, wenn sie diese garstigen Namen aufgegeben haben werden. Auch die Hauptstellung in Maddaloni heißt ›San‹ Michele – wie man sieht, alles Heiligennamen.« Somit lieferten sie eine Parallelschlacht, indem sie Stellungen und Streitkräfte angriffen, die darauf vorbereitet waren, ihren Angriff zu empfangen; hätten sie statt dessen – was durchaus in ihrer Macht stand, da sie die Initiative beim Angriff hatten – eine schräge Schlacht geliefert, die ihnen noch durch ihre starke Stellung in Capua und an beiden Seiten des Volturno mit Brücken über diesen erleichtert worden wäre, indem sie in nächtlichen Scharmützeln 5 der obenerwähnten Punkte bedroht und mittlerweile, ebenfalls in der Nacht, 40 000 Mann zwischen unsere Linke und San Tammaro geschoben hätten, so trage ich kein Bedenken zu behaupten, daß sie mit geringen Verlusten Neapel hätten erreichen können. Die Südarmee wäre dadurch nicht vernichtet worden, aber es hätte uns das doch einen bösen Streich gespielt, hauptsächlich inmitten einer so wandelbaren Bevölkerung, wie es die von Partenope ist. – Einen anderen Grund des Unterliegens der bourbonischen Truppen gab der Umstand ab, daß sie im Vorgehen feuerten, eine Lieblingsmethode unserer Feinde, denen sie aber in allen ihren Zusammenstößen mit unseren Freiwilligen verhängnisvoll wurde, während letztere stets mit ihren wuchtigen Angriffen, ohne einen Schuß zu tun, den Sieg errangen. Vielleicht wirft man mir ein, daß diese unsere Methode bei den neuen verbesserten Waffen schädlich sein kann; ich aber sage, daß sie vielmehr bei solchen Waffen nur noch mehr geboten ist. Denken wir uns ein ebenes Schlachtfeld ohne natürliche Hindernisse. Zwei Schützenlinien stehen einander gegenüber, die eine marschiert und feuert auf die andere, die ihrerseits unbeweglich bleibt und das feindliche Feuer aufnimmt. Ich behaupte, den Vorteil hat die stehende Linie, weil sie mit größerer Kaltblütigkeit und größerem Nachdruck die Waffe lädt und abfeuert. Der Soldat dieser Abteilung vermag sich auch besser schräg zu stellen, um dem feindlichen Geschoß eine so geringe Fläche wie möglich darzubieten, während der andere, der marschiert, erregter ist und deshalb in seinen Schüssen weniger genau. Hauptsächlich aber ist es unmöglich vorzugehen, ohne den Körper in höherem Grade als der, der festen Fußes den Angriff ab wartet, zu exponieren. Wenn bei den heutigen Waffen eine Schützenlinie die Kaltblütigkeit besitzt, eine feindliche, die feuernd anstürmt, abzuwarten, so wird sie sicherlich viele Leute verlieren; aber von den Feinden wird nicht einer unverletzt davonkommen. Ferner aber gibt es wohl nur wenige Gegenden und lassen sich nur wenige Fälle denken, wo eine Schützenlinie, die den Feind in Stellung erwarten muß, nicht hier und da ein Hindernis findet, um ihre Leute dadurch ganz oder teilweise zu decken. In diesem letzteren Falle aber wird, wenn die Zahl auf beiden Seiten gleich ist, kein einziger Soldat der vorrückenden Kette bis zu dem feststehenden Gegner, der ihn erwartet, herankommen. Entweder muß man den Feind, der steht, überhaupt nicht angreifen oder aber den Angriff so einrichten, daß man zum Handgemenge kommt. Andernfalls verliert man viele Leute, ohne auch nur halbwegs heranzukommen.

Ferner aber war ein großer Vorteil für uns die wackere Haltung unserer Offiziere; wenn man Führer hat, wie Avezzana, Medici, Bixio, Sirtori, Türr, Eberard, Sacchi, Milbitz, Simonetta, Missori, Nullo usw., so muß es nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn der Sieg die Banner der Freiheit und der Gerechtigkeit im Stiche läßt!


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