Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

15. Kapitel: Traditionen der Mossi

Eine Schilderung des Lebens dieses eigenartigen Mossivolkes ist im VIII. Band der Atlantisausgabe enthalten.]

Der Chronist Abderahman Ben Abdallah Ben Imran Ben Amir Es-Sadi teilt in seinem Geschichtswerke mit, daß Timbuktu im Jahre 1329 von den Mossi zerstört wurde. Die Tradition der Mossipriester gibt an, daß die Zerstörung von dem eigentlichen Gründer des Mossireiches, von Uidi Rogo ausgeführt wurde, daß der Herrscher dies im vierzigsten Jahre seiner im ganzen vierundfünfzig Jahre währenden Regierungszeit ausführte, und daraus geht hervor, daß die Entwicklung des Mossireiches im Jahre 1289 ihren Anfang genommen hat.

In diesem Jahre 1289 gab es in den östlichen Gebieten des Nigerbogens vier Reiche, nämlich:

  1. das Songhai-Reich, welches sich von Niameane stromaufwärts am Niger hinzog und im Westen an das Mande-Reich grenzte;
  2. das Reich Borgu, das am Niger, südlich des Songhai-Reiches lag;
  3. das Reich Bingo (von nördlichen Stämmen Gurma genannt), welches sich westlich von Borgu bis an das heutige Dagombaland erstreckte, und
  4. endlich das Gambaka-Reich, welches im nördlichen Teile der englischen Kolonie der Goldküste gelegen war.

Von diesen vier Reichen hatte der Tradition nach Borgu (oder Bussa) die größte Macht besessen. Bingo (oder Gurma) hatte seinen Haupteinfluß über die Länder des Nigerbogens, in welchem seine Heerführer viele Kriege ausführten. Gambaka hatte aber nach der Überlieferung schon damals eine Stadt, in welcher die Diula oder Mande Handel trieben. Im übrigen war das Bogenland südlich des Niger bewohnt von einer Unzahl kleiner Stämme, deren Kulturzustand dem entsprach, wie wir ihn heute noch in der Dafina, der Provinz der Bobovölker, studieren können. Außer den vier Reichen gab es schon einige kleine Provinzen oder selbständige Fürstentümer, die in ihrer Art sehr eigentümlich organisiert gewesen sein müssen; zu ihnen gehörte vor allen Dingen Namba, ein kleines Königreich, welches sich um das heutige Tenkodugu ausdehnte.

Über die geschichtlichen Ereignisse in diesen Ländern erzählt uns die Überlieferung der Mossi:

1. Bericht der Mossi von Wagadugu

1. Uidi Rogo. – Der Gambaka-naba hatte eine ganze Reihe von Töchtern, aber keinen Sohn. Einer alten Sitte entsprechend, hatte er seiner ältesten Tochter, welche den Namen Njallanga oder nach andern Jendanga führte, verboten zu heiraten. Dieses Mädchen war vielmehr mit der Aufgabe betraut, als kriegerische Fürstin vor den Soldaten des Gambaka-naba herzuziehen und den Krieg in fremde Länder zu tragen. Nur mißmutig verzichtete die Prinzessin auf die Ehe. Ein Streit entspann sich zwischen dem Vater und der Tochter, und sie bestieg eines Tages in wildem Zorne ihren Hengst und ritt von dannen. Der Streit hatte sich entsponnen um das Recht der Ausplünderung des Quartiers der Mandekaufleute, welche der Gambakanaba durchaus schonen wollte. Die Prinzessin sagte: »Mein Vater, du verbietest mir zu heiraten und erlaubst mir nur Kriege zu führen. Nun aber willst du mir auch nicht mehr meinen freien Willen in der Kriegführung lassen und willst mir nicht erlauben, daß ich diese Mande-Diula, die ich hasse, vernichte. So werde ich denn den Krieg dahin tragen, wo es mir gefällt, und werde meine Sitten einrichten, wie es mir paßt!« Die Prinzessin ritt von dannen.

Sie ritt weit fort, bis in die Gegend des Landes Namba. Dort traf sie einen mächtigen Jäger, welcher der Sage nach entweder Riale oder Riaele oder auch Torse oder Tonsa genannt wird. Er war der Sohn des Königs von Bingo, entstammte also dem uralten Geschlechte der Gurmafürsten. Die Prinzessin verliebte sich, ähnlich wie in der Sage der Kalunda- und Bihestämme, in diesen Prinzen und blieb bei ihm. Der Ehe entsproß dann der gewaltige Recke Uidi Rogo. Das Grab des Stammherrn Tonsa wird mit aller Bestimmtheit an den Ort Komtoiga verlegt.

Uidi Rogo erbte den Haß der Mutter gegen die Mande und gegen die Marenga, wie die Songhai bei den Mossi genannt werden. Er sammelte, sobald er erwachsen war, viele Leute um sich, ward Naba in Namba und begann als Namba-naba seine Feldzüge nach den verschiedensten Himmelsrichtungen. Er drängte überall im Lande die Marenga und die Jarsi zur Seite, gelangte auf diesem Zuge immer weiter nach Norden und erreichte im vierzigsten Jahre seiner Regierung den Niger, überschritt ihn und zerstörte die mächtige Handelsempore des Nordens, das altberühmte Timbuktu. Die Leute von Timbuktu erzählen hiervon heute noch. Sie sagen, daß vordem ein mächtiges Wasser von der Sahara her an der Stadt Timbuktu vorüber dem Niger zugeeilt wäre, daß Timbuktu im Schatten mächtiger Wälder von Borassuspalmen gestanden und geblüht hätte. Der gewaltige Mossirecke schüttete aber den Fluß zu. Er ließ Wälder mit Beilen umschlagen und den Flußlauf mit den Stämmen und mit Erde anfüllen. Er machte die Stadt dem Erdreich gleich und brachte auf ihren Trümmern der schwarzen Fahne, die ihm vorangeweht hatte, ein Opfer dar. Langsam nur erholte sich Timbuktu von diesem Schlage, langsam nur wuchsen die Palmen wieder empor und konnten so das Holz geben, aus dem später der mächtige Songhaikaiser seine Kriegsflotte baute.

Nach diesem Kriege kehrte Uidi Rogo nach dem Süden zurück. Im nördlichen Lande des Nigerbogens ließ er seine beiden Söhne, den Rava-naba und den Sonima-naba, zurück. Es war das ein Geschlecht von mächtigen Recken, die zunächst aber nicht mehr im Zusammenhang mit den nach Süden sich ausdehnenden Mossistämmen wirkten. Die Volkslegende weiß, daß es nicht nur kriegerische Leute waren, die hier aus diesem Stamme entsproßten, sondern daß sie auch große Bauwerke auszuführen verstanden. Sie waren außerordentlich grausam und gewalttätig und zwangen mit aller Macht, über die sie verfügten, die Eingeborenen zu mächtigen Kulturleistungen. Am lebendigsten blieb den Eingeborenen die Erinnerung an den Uamtanangonaba im Gedächtnis, der als Schrecken des Landes und grausamer Vorkämpfer des Mossitums geschildert wird. Man erzählt von ihm, daß er die Gebiete um Nderaogo Djitti und Gurga beherrscht hätte. Da er nun häufig nach Sabunu hin und zurück wanderte, weil daselbst eine Frau wohnte, die er über alles liebte, so veranlaßte ihn die Unebenheit des Weges, der gebirgiges Terrain durchschnitt, eines Tages alle Schmiede zusammenkommen zu lassen. Er verlangte von ihnen, daß sie einen guten Weg bauten. Sie kamen dem Befehle nach und hüben einen Hohlweg aus, der nach Kapitän Noirées übereinstimmendem Bericht vierzig Meter obere und zwanzig Meter untere Breite hatte und der heute noch zu sehen sein soll. Der Fürst war über alle Maßen grausam. Eines Tages traf er eine Frau mit einem Kinde auf dem Rücken am Mörser damit beschäftigt, Korn zu stampfen. Der Naba verlangte, daß sie das Kind im Mörser zerstampfe. Die geängstigte Frau legte das Kind in den Mörser; als es ihr aber fröhlich daraus entgegenlachte, warf sie die schon erhobene Mörserkeule fort, sprang dem Fürsten an den Hals und erdrosselte ihn. So kam er ums Leben.

2. Naba Djungulana. – Während im Norden die Söhne des Reichsgründers in dieser Weise wirtschafteten, setzte Uidi Rogo bei seinem Tode seinen Enkel Djungulana als Groß-naba ein. Dieser führte gegen die Völker im Westen des Reiches die Ursprungskriege. Diese Stämme nannte man Ninisi. Zuerst versuchte Djungulana den Krieg mit Pfeil und Bogen. Aber der Pfeilkrieg brachte ihm keinen Vorteil. Er vermochte nicht zu siegen. Da wandte er sich an ein anderes Volk, an die Njonjonsi, und sagte: »Wenn ihr euch in einen Wind verwandelt und diese oder jene Stadt umblast, so will ich euch ein gutes Gericht vorsetzen.« Dann verwandelten sich die Njonjonsi in Winde und bliesen die Stadtmauern und alle Häuser der Ninisi um. Oder Djungulana bot den Njonjonsi Ochsen oder Kaurimuscheln, für die sie ihm auch derartige Dienste erwiesen. Man sah damals viele Leute zusammengekauert und mager und ständig schlaf bedürftig im Lande umherhocken. Wenn man die Leute aufweckte und fragte: »Was hast du denn?«, so antworteten sie: »Das ist die Kunukungu (Schlafkrankheit), die haben die Njonjonsi auf Naba Djungulanas Befehl auf uns her abgeblasen.« Viele Leute bekamen geschwollene Beine oder Arme oder sonst geschwollene Körperteile. Das alles war das Werk der Njonjonsi, die sich auf Naba Djungulanas Befehl in Wind verwandelten. Und so drängte dieser Herrscher die Ninisi nach Westen.

3. Naba Ubri. – Ihm folgte Naba Ubri, der insofern mit Recht als Gründer des Mossireiches genannt wird, als er die Hauptstadt Wagadugu erbaute. Sein Vorgänger hatte gegen die Stämme im Süden, gegen die Gurunsi, erfolglos gekämpft. Ubri setzte dieses Ringen mit doppelter Kraft fort und war fast ununterbrochen im Kriege; zuweilen verbrachte er vierzig Tage im Busche, ohne ein Dach über sich zu haben. Aber er ruhte nicht eher, als bis er die Gurunsi weit über den Volta nach Westen verdrängt hatte, und pflanzte die Fahne als Grenzzeichen in Boroma auf. Weiterhin eroberte er auf weitausgreifenden Kriegszügen einige Provinzen im Norden. Im Nordosten gelangte er bis zu einem Orte, den man sehr einfach Tenga (d. i. Erde), nachher aber Ubri-Tenga nannte.

Eines Tages wollte Ubri die Stadt Kudugu erobern, sah aber, daß er dazu nicht imstande war. Da befiel ihn die Furcht vor einem schlimmen Ende dieses Krieges und er floh nach Nanjali zurück. Hier befiel ihn eine Krankheit, an der er starb. Seine Leute nahmen den Leichnam auf den Kopf und trugen ihn fort. Sie wollten ihn nach Tenkodugu tragen und dort bestatten, kamen aber mit dem Leichnam nur nach Tenga. Die Leute von Tenga sagten: »Bestattet doch den Naba in unserem Orte!« Sie antworteten: »Nein, wir wollen ihn zurück bis nach Tenkodugu bringen.« Die Leichenträger waren aber zu ermüdet, um gleich weiterzuwandern, legten sich hin und schliefen ein. Während sie schliefen, huben die Tengaleute schnell das Grab aus, bereiteten alles gut vor und stahlen den Leichnam des Naba. Das vollbrachten sie um Mitternacht und machten es ganz heimlich. Als die Leichenträger erwachten, war ihr Naba Ubri bestattet, ohne daß die Leute wußten wo. Da blieb ihnen nichts weiter übrig, als ohne die Bürde weiterzugehen und nach Tenkodugu zurückzukehren. Die Leute von Tenkodugu fragten: »Wo ist der Naba Ubri?« Die Leichenträger sagten: »Er wollte die Stadt Kudugu angreifen, kehrte dann aber nach Nanjali zurück, wurde dort krank und starb. Wir nahmen ihn auf die Köpfe und wollten ihn hierher zurücktragen. Als wir aber nachts ermüdeten und im Tengagebiete ausruhten, stahlen die Leute von Tenga den Leichnam und bestatteten ihn heimlich in ihrem Orte.« – Seit jenem Tage nennt man den Ort nicht mehr einfach Tenga, sondern Ubri-Tenga oder Naba-Ubri-Tenga. Die Eingeborenen des Ortes genießen aber bis heute ein eigenartiges Vorrecht: sie dürfen königliches Eigentum stehlen.

4. Naba Sorroba. – Ubri folgte sein ältester Sohn, der Naba Sorroba, dessen erste Handlung war, daß er die Großen des Reiches, also den Uidi-naba, den Lachale-naba, den Gunga-naba, den Tansoba-naba, den Kamsogo-naba und den Ballum-naba zu sich kommen ließ. Nachdem sie aber sechs Tage bei ihm verweilt hatten, sagte der Kaiser: »Ich werde jetzt auf dem Grabe meines Vaters Ubri einen Ochsen schlachten. Hört, was ich euch sage: in Zukunft soll man jedem Mogo-naba (d. h. Kaiser), der gestorben ist, in dieser Zeit einen Ochsen darbringen. Auch soll der Mogo-naba seiner verstorbenen Mutter ein Stück Vieh opfern. Das soll in Zukunft Recht und Sitte sein!« Auf diese Weise war durch Sorroba das Basagafest eingesetzt. – Der Naba Sorroba gab überhaupt viele Gesetze. So richtete er die Sitte der drei Tänze Uarraba, Tschigiba und Uando ein. Er war ein großer Organisator, der sein Leben in Lugusi, südwestlich des Wagadugugebietes, verbrachte.

5. Naba Nasikiemde. 6. Naba Narimtori. – Von den beiden nachfolgenden Kaisern Nasikiemde und Narimtori ist nicht viel zu sagen, wohl aber erfuhr das Mossireich unter dem siebenten Kaiser, dem Naba Nasibirri, eine bedeutende Entwicklung. Unter seiner Regierung haben die beiden Provinzen Kajo und Jatenga, deren Hauptstadt Uahiguja ist, ihre eigentliche Entwicklung erfahren. Es ist hierbei sehr eigenartig und nicht ohne Rechtsstreitigkeiten zugegangen. Um das, was die Eingeborenen sich erzählen, zu verstehen, muß man wissen, daß jedesmal, wenn ein Mossikaiser eine neue Provinz schuf, indem er einem seiner Söhne die Lehnsgewalt über ein zu eroberndes oder neu zu besetzendes Landgebiet übertrug, ein gewisses Zaubermittel von dem Mittelpunkte des Reiches aus leihweise in die neue Stadt getragen wurde.

7. Naba Nasibirri. – Dieser Nasibirri hatte nun außer seinen Söhnen noch eine Tochter, welche Pawere oder Bi-Kajo hieß. Von ihr erzählt die Sage eine Überlieferung, deren Sinn sowohl die Jatenga wie die Kajoleute für sich in Anspruch nehmen. Trotzdem man mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, daß die entsprechenden Ereignisse Jatenga betrafen, erhielt ich von Kajoleuten die bessere Version, die ich im folgenden wiedergebe. Sie erzählen, daß es am Hofe des Kaisers Nasibirri ein Zaubermittel gegeben habe, das »Pemtiga« hieß und das, wie alle andern Staatszaubermittel, der Oberaufsicht des Gungu-naba unterstellt war. Dieses Medikament wirkte gegen Pfeilschußwunden, ja auch gegen Pfeilgifte. War jemand verwundet, so brauchte er nur ein wenig von Pem-tiga abgekratztes Pulver auf die Wunde zu streuen, um seiner Genesung sicher zu sein. Oder aber auch, man wandte sich, bevor man in den Kampf zog, an dieses Zaubermittel und sagte: »Wenn ich aus diesem Kampfe unverletzt zurückkehre, so will ich dir ein weißes Huhn zum Geschenk machen.« Man war in solchen Fällen des Schutzes Pem-tigas sicher. Nun hatte der Naba Nasibirri der Sitte gemäß seine Söhne mit Gebieten an der Grenze des Reiches belehnt, und zwar da, wo ein ständiger Kampf mit den kriegerischen Alteingeborenen vorauszusehen war. Besonders der in Kajo angesiedelte Sohn war einem stetigen Kampfe ausgesetzt und verlor im Pfeilkampfe mit den Eingeborenen viele Leute, wie auch sein eigenes Leben ständig bedroht war.

Da beschloß die Schwester des Kajo-naba, das noch als Pogo-Bi-Kajo in der geschichtlichen Erinnerung sehr lebendige Mädchen, dem älteren Bruder einen Schutz zu verschaffen und ihrem Vater das Zaubermittel Pem-tiga zu rauben. Sie führte ihr Vorhaben in einer dunklen Mitternacht aus. Der Gungu-naba sah das Mädchen, die Kaisertochter, eines Abends bei sich eintreten. Er konnte sich nichts Schlimmes denken. Am andern Tage besichtigte er aber die Reichszaubermittel und fand die Pem-tiga nicht. Er begab sich sogleich zum Mogo-naba und fragte: »Hast du die Pem-tiga an dich genommen?« Naba Nasibirri sagte: »Nein; sind sie nicht mehr vorhanden?« Der Gungu-naba sagte: »Die Pem-tiga sind nicht mehr bei mir. Allerdings sah ich gestern abend die Pogo-Bi bei mir eintreten, ich weiß aber nicht, ob sie etwas weggenommen hat.« Der Mogo-naba schickte sogleich Reiter mit dem Gunga-naba ab, um das Entwendete oder die Diebin zu suchen. Die Reiter suchten die ganze Gegend ab, fanden aber nichts mehr. Pogo-Bi war schon zu weit. Sie war zu ihrem Bruder nach Kajo entflohen und hatte dem die Pem-tigas gegeben. Als sie das getan hatte, sandte sie selbst eine Nachricht an Naba Nasibirri, ihren Vater, den Mogo-naba von Wagadugu, und ließ ihm sagen: »Ich war es, die die Pem-tiga stahl. Mein Vater hat meinen ältesten Bruder nach Kajo geschickt, und hier gibt es so viele Pfeilschüsse, daß er seines Lebens nicht sicher ist. Deshalb habe ich meinem älteren Bruder die Pem-tiga gebracht, daß er sie anwende. Wenn Naba Nasibirri die Pem-tiga wieder erlangen will, dann muß er sie schon selbst holen!« Während nun einige sagen, daß der Naba Nasibirri die Sache dabei hätte auf sich beruhen lassen, erzählen andere eine sehr eigentümliche Fortsetzung.

Naba Nasibirri sagte: »Die Pem-tiga mag da bleiben, wo sie jetzt ist. Ich will aber auf jeden Fall diese Pogo-Bi, meine Tochter, die die klügste und tapferste unter den Frauen der Mossi ist, zurückgewinnen. Ich werde ihr folgen, bis ich sie wiedererlangt habe.« Nasibirri machte sich mit einem gewaltigen Heere auf den Weg. Die Prinzessin sammelte ihre Streiter und Reiter um sich. Sie floh über den Niger und kam in die große Stadt der Marenga. Der Kaiser folgte ihr. Er eroberte die Stadt, nahm seine Tochter gefangen und kehrte mit ihr zurück. Die Pogo-Bi ward darauf die kriegerische Vorkämpferin des Nabatums.

Der Schluß der Mossiversion ist deswegen so interessant, weil wir in der Songhaichronik für das Jahr 1480 verzeichnet finden, daß der Kaiser der Mossi im Juli in der Stadt Biro angelangt sei, ihre Krieger überwunden und sie nach einem Monat wieder verlassen habe. Merkwürdigerweise erzählt die Chronik, daß er von den Eingeborenen eine Frau verlangt hätte und daß dies die Tochter eines sehr gelehrten Mannes gewesen sei. Er habe sie geheiratet. Es heißt, daß der Mossikönig zuerst die Bewohner von Biro überwunden und ihre Familien in Gefangenschaft gesetzt, die Gefangenen nachher aber im Kampfe wieder verloren habe.

Daß wir hier ein historisches Ereignis, das von zwei Seiten beleuchtet wird, vor uns haben, geht aber noch daraus hervor, daß der Herrscher sich nicht mit dieser Tatsache begnügte. Vielmehr rüstete er im Jahre 1498 einen Zug gegen diesen Kaiser, der in der Chronik als Na-Asirra, in der Tradition der Nordmossi aber als Naba Asirri aufgeführt ist. Der Songhaikaiser verlangte vom Mossikaiser die Annahme des Islam. Dieser erklärte, daß er mit seinen Ahnen Rücksprache nehmen wolle, begab sich in den entsprechenden Tempel und erlebte es, daß sich ein Greis aus der Tiefe erhob. Die Mossi warfen sich anbetend vor dem Verstorbenen nieder, und dieser erklärte dann im Namen der Vorfahren, daß sie nie damit einverstanden sein würden, wenn die Mossi Islamiten würden; sie sollten vielmehr bis zum letzten Augenblick gegen die islamitischen Heere kämpfen. In der Tat vermochten die Heere des Kaisers das Mossivolk nicht zu überwinden.

8. Naba Njiginjem. – Diesem historisch so wichtigen Herrscher folgte Njiginjem, von dem die Sage nichts anderes zu verzeichnen weiß, als daß er die Großen des Reiches bestach, auf daß sie gegen das Herkommen seinen Sohn zum Nachfolger machten. Dieser, der Naba Kundumje, hat auch in der Tat eine ganz bedeutende Rolle gespielt; ihm ist die eigentliche Festigung und Organisation des Landes, die Einteilung in große Provinzen, zuzuschreiben. Er führte sehr viele Kriege und wußte selbst den Bogen geschickt zu handhaben. Er setzte seine eigenen Söhne als Provinzverwalter ein. Vor allen Dingen unterwarf er zunächst den Nordwesten und gründete die Provinz des Bussama-naba, der seinerseits dann seinen jüngeren Bruder Mani-naba mit einem Distrikte belehnte. Kundumje war aber auch der erste, der gegen aufrührerische Mossifürsten, also gegen eigene Verwandte, umfangreiche Kriege führen mußte, und vor allen Dingen machten ihm die immer sehr selbständigen Herren des Nordens, der Provinz Jatenga, das Leben schwer. So gründete er denn die Provinz Jako, die in der Mitte zwischen Jatenga und der Wagaduguprovinz lag. Dann rief er noch die Städte Kumkiesse Tenga, dann Tanga und im Süden Gjellogo und Pauam-Ture ins Leben. Der Poa-naba verließ als Kurita das Land.

Jedesmal nämlich, wenn ein neuer Kaiser auf den Mossithron gesetzt wurde, wurde der älteste Vollbruder des neuen Herrschers förmlich und feierlich mit den Kleidern des verstorbenen Vaters gewissermaßen investiert. Er erhielt den Titel Kurita, während die andern Vollbrüder als Kurita-damba galten. Der Kurita ward aber der König der verbannten Vollbrüder. Sobald die Krönung stattgefunden hatte, wurden nämlich Kurita und Kurita-damba verjagt und für die ganze Lebenszeit aus der Reichshauptstadt verbannt. Ihr Leben ist ein sehr merkwürdiges. Der Kurita wird vom Mogo-naba im allgemeinen gefürchtet. Sein Name und Titel wird bei Hofe nicht genannt. Der König der Verbannten und seine Brüder haben nämlich irgendwo in entfernt liegenden Gegenden Ländereien inne. Sie brauchen keinerlei Abgaben zu zahlen und werden für ihre Taten, die denen des alten Raubrittertums gleichkommen, nie bestraft. So können sie z. B., wenn es ihnen gelingt, ungestraft Herden des Mogo-naba anfallen und auch Boten, die dem Herrscher Abgaben bringen, berauben. Niemand zieht sie zur Rechenschaft. Auf solche Weise ward manche Provinz des Reiches selbständig. Vom Bulsi-naba erzählt es die Sage und vom Jatenga-naba können wir es annehmen. Manche von diesen Kuritas gingen aber früher aus dem Lande und eroberten dem Mossitum neue Provinzen. Folge dieser Sitte ist auf der einen Seite Ausdehnung des Mossi volkes, auf der andern Seite langsam und sicher vor sich gehende Abtrennung einzelner Reichsteile und Auflösung des eigentlichen Mossi reiches.

9. Naba Kudumje. – Der Kaiser Kudumje hatte mit seinen Feldzügen ganz außerordentliches Glück. Wenn er kriegerischen Mutes war, so gab er dem Tapo-Rane, dem Fahnenträger, den Befehl, die Tapo-Kaore, die Reichsfahne, herbeizubringen. Der Fahnenschaft wurde mit Opfern und Medikamenten behandelt und dann das Banner auf freiem Felde entfaltet. Nun achtete der Mogo-naba genau darauf, nach welcher Richtung der gerade herrschende Wind die Fahne flattern ließ. In der hierdurch gegebenen Richtung brach er dann mit seinen Truppen auf, indem er sie anfeuerte und sagte: »Nach dort fliegt unsere Tapo-Kaore. Nach dort wollen wir ziehen. Dort werden wir jedenfalls siegreich sein !« Und wirklich siegte Naba Kundumje immer. Unter seiner Regierung fielen viele Krieger im Kampfe. Aber sonst war er kein roher Herrscher, und in Wagadugu hat er wenig Leute hinrichten lassen. Dagegen war er außerordentlich freigebig, gab jedem Tonsaba (General) reichlich Sklaven und Weiber und trachtete nicht danach, selbst Schätze aufzuspeichern. Seine Residenz hatte er in Kiu im Südsüdwesten von Wagadugu. Er starb nicht im Kriege, sondern daheim eines friedlichen Todes. Er war es, der das eigentliche Kaiserreich Wagadugu ausbaute und organisierte.

10. Naba Kuda. – Von seinem Sohne Kuda weiß die Sage zu berichten, daß er viele Kriege geführt und seine Söhne als Landesverwalter eingesetzt habe. Er galt als ausgezeichneter Kaiser von großer Klugheit, der allerhand übernatürliche Fähigkeiten anzuwenden wußte und endlich als hochgeehrter Herrscher in Wagadugu starb.

11. Langoegoma. – Sein Sohn und Nachfolger Langoegoma entwickelte die übersinnlichen Fähigkeiten seines Vaters in noch höherem Maße. Die Summe der Traditionen, die sich um den Namen dieses Herrschers gesammelt hat, beginnt schon mit seiner übernatürlichen Geburt.

Langoegoma war schon zu Lebzeiten seines Vaters ein mächtiger und gefürchteter Tansoba (General). Oftmals blieb er lange von Wagadugu fern, um einen entlegenen Landstrich zu unterwerfen. So war er auch abwesend, als sein Vater, der Naba Kuda, starb, und infolgedessen setzten die Großwürdenträger seinen jüngeren Bruder, den Naba Jotembussuma, auf den Thron. Langoegoma fand also bei seiner unerwarteten Rückkehr den ihm zukommenden Platz besetzt. Er begab sich sogleich in das große, im Westen des Herrscherhofes von Wagadugu gelegene Haus seines Vaters und setzte sich darin nieder. Die Nachricht von seiner Heimkehr verbreitete sich schnell, und am andern Morgen erschienen die Großen des Reiches, um ihm ihren untertänigen Gruß zu entbieten. Naba Langoegoma herrschte sie aber an und fragte: »Wie kommt ihr dazu, ohne einen Befehl von mir abzuwarten, meinen jüngeren Bruder zum Mogo-naba zu ernennen?« Die großen Fürsten warfen sich demütig zu Boden und sagten: »Verzeihe uns, aber du warst so lange im Kriege auswärts, daß wir nicht wußten, ob du noch lebtest. Darum haben wir deinem jüngeren Bruder Jotembussuma die Herrschaft anvertraut.« Naba Langoegoma sandte nun sogleich zu seinem jüngeren Bruder, dem Naba Jotembussuma, und ließ ihm sagen: »Mein jüngerer Bruder soll sogleich Wagadugu verlassen und fliehen, damit ich ihn nicht etwa zu sehen bekomme.« Zornig saß er im Kreise der Großen im großen Hause seines Vaters. Er schnaubte; da fuhr Feuer auf die Erde und breitete sich auf dem Boden aus. Dann sagte er: »Führt mich zum Grabe meines Vaters, ich will das Grab meines Vaters sehen und will weinen.« Die Großfürsten führten ihn dahin. Als Langoegoma an dem Grabe stand, tropften aus seinem linken Auge Blutstropfen, aus seinem rechten Tränen. Während dessen rief der Naba Jotembussuma die Großfürsten zu sich und sagte: »Ich danke euch für alles, was ihr für mich getan habt. Ich habe aber die Botschaft meines Bruders, des Naba Langoegoma, empfangen und werde jetzt gehen. Ich werde Wagadugu verlassen. Wenn mein ältester Bruder sterben sollte und ihr dann glaubt, daß ich hier am Platze bin, so könnt ihr mich wieder rufen.« Dann ging Naba Jotembussuma von dannen. Als dies Naba Langoegoma hinterbracht wurde, sagte er: »Ich habe mich geirrt. Ich habe geglaubt, mein jüngerer Bruder habe mir einen bösen Streich spielen wollen. Nun aber sehe ich, daß ich mich geirrt habe und daß mein jüngerer Bruder ein rechtlich denkender Mann ist. Wenn ich also einmal sterbe, so wählt nur keinen meiner Söhne zum Nachfolger, sondern meinen Bruder, den Naba Jotembussuma.«

Naba Langoegoma führte glückliche Kriege und bewährte sich dabei als mächtiger Bumbande (Zauberer). Wenn er eine Stadt angriff, verwandelte er sich in aller Eile in einen gewaltigen Wirbelwind und brauste über die feindliche Stadt hin. Dann zerstörte er die Mauern und Häuser und machte alle Leute krank. Der eine hatte einen Beinbruch, der andere eine Bauchschwellung, der dritte ein Augenleiden, der vierte die Schlafkrankheit, der fünfte Rückenschmerzen usw. Viele Berichterstatter sagen, solche grausamen Kriege habe er aber nur geführt, ehe er in Wagadugu Mogo-naba ward und nachher nicht mehr. Vielmehr ist er nachher ein friedliebender und sehr guter Herrscher gewesen. Als er seinen Tod herannahen fühlte, rief er seine beiden Söhne und sagte zu ihnen: »Ich habe seinerzeit meinem jüngeren Bruder Unrecht getan, denn ich dachte, er hätte Schlechtes vorgehabt und mich vom Throne verdrängen wollen. Es ist aber nicht so gewesen. Nun verlange ich von euch beiden, daß ihr nicht danach trachtet, meine Nachfolger zu werden. Ich will, daß Naba Jotembussuma mir nachfolge. Auch wenn der Naba Jotembussuma sterben sollte, verlange ich von euch, daß weder ihr, noch eure Nachkommen zum Throne drängen; denn ich will nicht, daß es zwischen meinen und Naba Jotembussumas Nachkommen zu einem Streite komme. Ich werde nach eurem Glauben mit meinem Leibe unter der Erde sein. Ich werde aber doch auch in der Luft gegenwärtig sein. Fragt also, wenn ihr nicht sicher seid, die Erde über meinem Grabe, was mein Wille sei, und ich werde euch meinen Willen bekanntgeben.«

Danach starb Naba Langoegoma. Man wollte ihn nun bestatten und grub eine Grube. Inzwischen bewachten die Schwestern den Leichnam. Als man aber den Toten holen wollte, um ihn in die Grube zu versenken, war er verschwunden. Man suchte und suchte, man fand ihn aber nicht mehr. Er war in der Luft verschwunden. Man weiß, daß er auch heute noch in der Luft umherschwebt. Aber damals suchte man ihn vergeblich, und weil man nicht das leere Grab schließen wollte, opferte man ein Huhn und einen Widder und legte beide Opfer in den Grabkanal.

12. Naba Jotembussuma. – Dem Willen des älteren Bruders entsprechend, ward Naba Jotembussuma zurückgerufen und zum Herrscher gemacht. Er war sehr gut und ständig bestrebt, den Wünschen des älteren Bruders nachzukommen, von dem er wußte, daß er ihn umschwebe und alle seine Maßnahmen überwache. Er herrschte in Wagadugu.

13. Naba Jandefo. – Sein Nachfolger Jandefo soll nicht weniger als sechzig Jahre lang Herrscher in der Reichshauptstadt gewesen sein. Schon als jüngerer Monarch war er wenig kriegslustig und wich schon hierin von der Art der andern Mossikaiser ab. Hatte er einen Widersacher, so trachtete er danach, ihn nicht durch kriegerische Gewalttätigkeit, sondern auf geheimnisvolle Weise aus dem Leben zu schaffen. Er lud die, die seine Gegner waren, ein, zu ihm nach Wagadugu zu kommen. Auf dem Wege, auf dem sie seine Hofburg erreichen mußten, vergrub er Zaubermittel. Wenn der Fuß des Herannahenden dann die Stelle streifte, so starb er.

Als er nun alt war, stellten sich allerhand Schrullen bei ihm ein. Eines Tages sagte er z. B. zu seinen Leuten: »Ich bin schon so lange Mogo-naba, und ihr habt mir im Laufe der Zeit schon so viele Kaurimuscheln, Steinperlen, Stoffe usw. geschenkt, daß ich reich genug und dieser Dinge überdrüssig bin. Bringt mir also in Zukunft als Zeichen eurer Unterwürfigkeit und Treue etwas anderes. Bringt mir Asche und Kohlenabfall. Das werft dann vor meinem Hofe auf eine Stelle zusammen.« Die Leute taten so, und daraufhin häufte sich jener kleine Abfallberg auf, der heute noch in Wagadugu als Tampure des Naba Jandefo gezeigt wird. Er liegt im Westen der Stadt. Es ist ein regelrechter Kjökkemöddinger, wie solche weiter im Süden, im Lande der Gurunsi, häufig sind, und wie ich sie später am Benue in Djenn und in Adamaua als häufiges Vorkommnis feststellen konnte.

14. Naba Natjeng. – Der Kaiser Natjeng gilt als überaus gütig und durchaus vorbildlich. Er wurde sehr geschätzt, und man sagt, daß er seinen Ruf auch verdient habe, denn es wären viele Fremde in seinen Dienst getreten, und er habe viel ausländisches Handelsvolk in Mossi zusammengezogen. Er war so religiös, daß er die üblichen Opfer auf den Gräbern verdoppelte. Er brachte zwei Ochsen statt einen, zwei Hühner statt eines, zwei Hunde statt einer Ziege dar – und üppiger kann man im Mossilande nicht sein, denn Hunde gelten als wertvollste Opfergabe unter dem Kleinvieh. Er verbrachte sein Leben in Dassuri und ist daselbst, nachdem er zehn Jahre regiert hatte, auch gestorben.

15. Naba Namego. 16. Naba Kiba. 17. Naba Kimba. – Vom Naba Namego wird noch berichtet, daß er fünf Jahre regierte und während dieser Zeit eine große Reihe von Kriegen gegen die Bussangsi und gegen Bussuma geführt habe. Seine Kriege richteten sich besonders gegen Osten, und während eines Krieges ist er auch gestorben. Sein Sohn Kiba herrschte zwei Jahre lang und hatte als Nachfolger Naba Kimba, der schon sehr alt war, als er zur Regierung kam. Er hatte die Herrschaft nur sechs Jahre lang in kraftlosen Händen.

Nach Naba Kimbas Tode erhoben die Großfürsten erst den Naba Sana, von den Mande auch Naba Djana oder Naba Gana genannt, auf ihren Herrschersitz. Aber sowie er zu seiner Würde gelangt war, begann eine ernste und schwere Zeit für das Land. Es hörte auf zu regnen. Dieser unselige Zustand währte drei Jahre, und in dieser Zeit hat das Mossireich seine Kraft eingebüßt. Die Wahlfürsten des Reiches versammelten sich daher, hielten eine lange Besprechung ab und fanden nach der Befragung der Priester heraus, daß der Naba Sana dem Lande nur Unglück bringe. So veranstalteten sie denn eine Opferung und gingen dann zu dem Mogo-naba, um ihm zu sagen: »Du bringst nur Unglück über das Land! Willst du freiwillig gehen oder sollen wir dich töten?« Naba Sana sagte: »Ich gehe freiwillig.« Die Großen gaben ihm einige Sklaven und Frauen und was er sonst zum Leben nötig hatte, und er verließ Wagadugu und sein Land.

18. Naba Gobaga. – Darauf setzten die Wahlfürsten den Naba Gobaga auf den Thron, der zehn Jahre herrschte. Er war eine Geißel für alle Großfürsten, denn er sandte an alle Pewere-Soba (Inhaber schwerer Zaubermittel) im Lande die Nachricht: »Kommt an meinen Hof«, und als sie kamen, schloß er mit ihnen Freundschaft und ein Bündnis, das gegen die Großfürsten seiner Umgebung gerichtet war. Mit den Pewere-Soba zusammen, d. h. also unter Ausübung ihrer Zauberkräfte, begann er alle Großen im Lande zu töten. Während seiner Regierungszeit war keine Henkersnot, aber alle alten Würdenträger des Reiches wurden vernichtet. – In jener alten Zeit war es Sitte, daß, wenn gute Herrscher einen Sohn hinterließen und wenn sie im Lande bei einem Kriegszug verstarben, ein Sohn die Leiche des Herrschers nach Wagadugu bringen und selbst die Herrscherwürde in Empfang nehmen durfte. Als nun Naba Gobaga in Ubri-Tenga starb, sah man von diesem Brauche ab, begrub ihn in dem Orte seines Verscheidens und erlaubte nicht, daß seine Leiche nach der Reichshauptstadt überführt wurde. Denn alle Würdenträger waren seine Gegner und freuten sich seines Todes.

19. Naba Sana. – Danach berief man den Naba Sana wieder auf den Thron nach Wagadugu. Er war noch einmal sechs Jahre lang Herrscher. Kaum aber begann seine Regierung, da hörte wieder der Regen auf. Die Ernte versagte. Es war wieder das alte Elend, und mit Sehnsucht wartete man auf seinen Tod, der ihn in Wagadugu erreichte.

20. Naba Giliga. 21. Naba Ubi. 22. Naba Muatuba. – Naba Giliga soll einer der grausamsten Herrscher gewesen sein. Während man vordem die Eunuchen aus Gambaka bezog, führte er die Sitte der Verstümmelung im Lande selbst ein und begann Eunuchen zu exportieren. Nachdem er in Wagadugu verschieden war, kam in Ubi wieder ein beliebter und ausgezeichneter Monarch zur Herrschaft, der während acht Jahren das Land regierte und in der Hauptstadt starb. Zuweilen rief er alle seine Großen zusammen und schlachtete an hundert Stück Rindvieh. Er veranstaltete viele Opferfeste, beschenkte und speiste die Großen und pflegte zu sagen: »Mein Vater brachte dem Lande viel Unglück. Ich will versuchen, es anders zu machen.« Ihm folgte sein Sohn Muatuba, der acht Jahre herrschte und wenige, unbedeutende Kriegszüge nach Westen unternahm, in deren Verlauf er auch auswärts verschied.

23. Naba Uaraga (der Name soll heißen: »der Regen macht«). – Uaraga regierte ungefähr sieben Jahre und soll einer der schlimmsten Herrscher in Wagadugu gewesen sein. Er begann in Saptenga einen Feld- und Zerstörungszug, den er ungefähr bis La fortsetzte. In jedem neu eroberten Orte – es scheint, daß die ganze Nordlinie im Aufstande war – nahm er die hübschesten Mädchen für sich in Beschlag und kastrierte einige Eingeborene, sie dadurch zu Eunuchen und Oberaufsehern seines Harems zu machen. Als er in La ankam, sagte er: »Diese Gegend gefällt mir ganz besonders.« Er baute da eine große Stadt und richtete sich wieder einen großen Harem ein.

Mit vielen seiner Großen war er unzufrieden, und besonders der Häuptling von Kombissiri sagte ihm gar nicht zu. Er ließ diesen zu sich kommen. Er schlug ihm dann den Kopf ab und setzte darauf seinen zweiten Sohn als Kombissiri-naba ein. Dann brach ein Krieg zwischen ihm und dem Nanon-naba aus. Der Kampf der beiderseitig arg mitgenommenen Parteien währte sieben Tage. Fast hätte der Naba von Nanon gesiegt. Im letzten Augenblicke aber ward dem Kaiser noch der Sieg zuteil. Er ließ nun dem auf ständigen Fürsten den Kopf abschlagen und setzte seinen vierten Sohn als Nanon-naba ein.

Von diesen Kriegszügen kehrte er nach Wagadugu zurück, lebte hier noch ein Jahr und starb dann in der Hauptstadt. Ihm folgte sein Sohn:

24. Naba Dumburi oder Djumburi, das soll heißen: »so stark wie Pfeffer«. – Er regierte dreißig Jahre lang, und zwar war er ein friedlicher Herrscher, der es versuchte und verstand, die religiösen Institutionen des Landes für die Regentschaft nutzbar zu machen. Im Lande lebten damals – zumal an den Orten Boassa, Tengondogo (Tenkodugu?) und Sangadogo, erstere beide im Osten, letzterer Ort im Süden, – die Njonjonsi, ein Volk, das seit Alters im Ansehen stand, besonders kenntnisreich und mächtig in allen religiösen Kultusangelegenheiten zu sein. Er sandte nun überall dahin, wo noch diese alten Anwohner in blühenden Anwesen ihren Kultus übten, eine Botschaft und ließ ihnen sagen: »Ich habe gehört, daß ihr ganz besondere Fähigkeiten beherrscht, daß ihr zum Beispiel Wind machen könnt, daß ihr imstande seid, euch in einen Leoparden zu verwandeln, daß ihr Krankheiten bereiten könnt, daß ihr die Erde im Orakel zu befragen versteht. Kommt also alle nach Wagadugu und zeigt mir, was ihr könnt, damit ich euch die entsprechende Ehre erweisen kann.« Darauf machten sich die Njonjonsi auf und kamen auch nach Wagadugu. Der Naba Dumburi sagte: »Nun zeigt mir, ob ihr Wind machen könnt.« Die Njonjonsi hatten ihre kleine heilige Axt, deren Griff mit Opferblut und Federn bedeckt ist, die Tobaga, mitgebracht, und der Träger legte sie auf die Mauer. Er sagte: »Ich brauche ein weißes Huhn.« Man brachte das weiße Huhn. Der Kultuszelebrant trat vor die Tobaga und sagte: »Hier bringe ich dir ein weißes Huhn, ich will es dir gerne opfern. Aber siehe: der Mogonaba hat uns hierhergerufen, damit wir zeigen, was du kannst. Nun tue es so!« Der Mann opferte das Huhn. Sogleich erhob sich ein starker Wind.

Der Mogo-naba sagte nun zu den Njonjonsi: »Nun lest das Erdorakel und sagt mir, wer in meiner Umgebung schlecht und wer in meiner Umgebung gut ist.« Die Njonjonsi lasen das Erdorakel. Darauf sagte einer: »Der und der will dir nicht wohl. Der und der will dir wohl.« Ein anderer verbesserte und sagte: »Es ist nicht so oder so, sondern so oder so.« Der Naba Dumburi achtete genau auf alles, und als er sah, daß ein Stümper darunter war, wies er ihn heraus, die aber, die ihm von den weisen Leuten als schlechte Menschen seiner Umgebung bezeichnet wurden, die setzte er schlechtweg ab und ergänzte den Hofstaat durch würdigere Leute. Er machte es aber nicht wie seine Vorgänger, die unredliche Leute einfach köpfen ließen.

Danach sagte Naba Dumburi zu den Njonjonsi: »Ich habe gehört, daß ihr es auch regnen lassen könnt. Ist das wahr?« Die Njonjonsi sagten: »Wir wollen es dir zeigen. Gib uns ein weißes Huhn.« Darauf reichte man den Njonjonsi ein weißes Huhn. Der Herr der Tobaga wandte sich an die kleine heilige Axt und sagte zu ihr: »Wir wissen, daß du unseren Vätern und Großvätern (dabei zählte er alle Namen auf) nur Gutes getan hast. Der Naba Dumburi möchte, daß es regnet. Das ist etwas Gutes. Zeige, daß du es regnen lassen kannst. Ich will dir auch dies weiße Huhn opfern.« Nachdem das Opfer dargebracht war, begann es zu regnen. – Sieben Tage blieben die Njonjonsi bei dem Naba Dumburi. Dann schenkte ihnen der Mogo-naba Vieh, Kauri und Kleider und sagte: »Kehrt jetzt heim. Wenn ich euch brauche, werde ich euch wieder kommen lassen.« Die Njonjonsi gingen. Der Naba Dumburi ließ sie aber oft nach Wagadugu kommen und fragte sie um Rat, beschenkte sie und blieb so in ständigem Verkehr mit ihnen.

Naba Dumburi wurde sehr alt. Es störte ihn, daß auf dem Markte, der nordöstlich des heutigen Platzes lag, ständig Streit und Zwiespalt entstand. Er sagte: »Der Markt soll auf den Platz verlegt werden, der neben meinem Hofe gelegen ist.« So kam er an die Stelle, wo er heute noch abgehalten wird. Ihm folgte sein Sohn:

25. Naba Kom I. (sein Name soll so viel heißen wie »Wasser«). – Kom war sieben Jahre Mogo-naba. Seine Mutter war eine Mohammedanerin, und so war es naheliegend, daß er im Gegensatz zur Politik seines Vorgängers, der den alten eingeborenen Priestern große Macht einräumte, den Mohammedanern sehr häufig das Ohr lieh. Und zwar kam das so. In der ersten Zeit war der Monarch gewalttätig und ließ ohne Ansehen von Recht und Billigkeit alles hinschlachten, was ihm im Wege stand. Eines Tages aber legten sich die Mohammedaner ins Mittel und sagten ihm: »Gewiß ist es richtig, wenn schlechte Leute schlimmes Schicksal haben. Du sollst aber nie töten, ohne in einer Gerichtssitzung Recht und Unrecht nachgeprüft zu haben.« Das überlegte er sich. Von da an machte er den Salaam und ward ein milder und gerechter Mogo-naba, der sehr beliebt ward. Ihm folgte sein Sohn:

26. Naba Saga (Saga soll so viel heißen wie »Regen«). – Er herrschte im ganzen sechs Jahre, aber den größten Teil seines Lebens hatte er in schweren Kämpfen mit seinen Vaterbrüdern zu verbringen, – Kämpfe, die schon anfingen, lange ehe er auf dem kaiserlichen Hofe in Wagadugu Einzug hielt.

Als er noch ein Junge war, sandte ihn sein Vater, der Naba Kom an den Hof des im Süden wohnenden Giba-naba (oder Gipo), der sein Verwandter war, nämlich der fünfte Sohn des Naba Uarraga. Der Giba-naba warf den Neffen aber einfach heraus, doch war es mir nicht möglich, die Gründe hierfür in Erfahrung zu bringen. Der junge Saga kam als Flüchtling nach Wagadugu, vergaß aber die ihm zugefügte Schmach nicht. Ohne Wissen seines Vaters, des Herrschers, rüstete er eines Tages einen Heerhaufen und griff den Oheim an. Er mußte aber erfolglos zurückkehren. Drei Jahre lang zog er jährlich einmal gegen den Onkel zu Felde. Beim dritten Zuge gewann er die Oberhand. Er eroberte die Ortschaft und zerstörte sie. Viele Eingeborene flohen nach Gurunga. Er aber tötete seinen Oheim und kehrte nach Wagadugu zurück.

Ein Jahr später starb sein Vater und die Großen des Hofes erwählten ihn zum Mogo-naba. Kaum war das aber ruchbar geworden, da taten sich alle Nachkommen des Naba-Uarraga zusammen und zogen gegen den Naba-Saga zu Felde. Sie sagten, erst kämen die Vaterbrüder und dann die Söhne zur Regentschaft. Den Uarragasöhnen gegenüber vereinten sich die Komsöhne, um für ihren Bruder und sich das Recht geltend zu machen. Es kam zu einem langen, erbitterten Kriege. Der Erfolg schwankte. Erst gewannen die Uarragasöhne die Oberhand. Sie gelangten bis Wagadugu, setzten den Naba-Saga ab und führten ihn in einem schmachvollen Aufzuge, nämlich auf einen Esel gebunden, nach dem Süden, bis nach Sapone. Dort blieb der arme entthronte Kaiser drei Jahre lang. Dann erst gelang es seinen Brüdern, die Oberhand zu gewinnen und ihm die Möglichkeit zu bieten, als Herrscher wieder in Wagadugu Einzug zu halten. Dann hatte er noch eine ungetrübte Regierungszeit von drei Jahren. Ihm folgte der älteste Sohn:

27. Naba Lulugu (Lulugu soll ein Vogel, und zwar ein Stelzvogel, der Dibong der Mande, sein, dessen Flug hie und da als Omen beobachtet wird). – Er regierte etwa neunundzwanzig Jahre, aber er führte so viele Kriegszüge, daß er im ganzen kaum einen Monat in Wagadugu zubrachte. Den Anfang dieser fortlaufenden Kriegsperiode scheint das Ringen mit Bussuma-naba gewesen zu sein. Er zerstörte dessen Macht und Ansehen, dann zog er weiter. Die Kumtegaleute, die zuerst auch aufständig gewesen zu sein schienen, unterwarfen sich ohne starken Widerstand. Dann zog der Herrscher weiter nach Garango und zerstörte auch diese Ortschaft. Dann hub der große Krieg gegen die Bussanga an. Als sie unterworfen waren, kehrte er zurück nach Mani. Hier kam es wieder zu einem Kampfe, in dessen Verlauf der Mogo-naba einen Pfeilschuß erhielt. An den Folgen der Wunde starb er. Seine Leiche wurde nach Wagadugu gebracht und hier beigesetzt. Im folgte sein ältester Sohn:

28. Naba Sagadogo (Sagadogo soll so viel bedeuten wie gewitterreiche oder gute Jahreszeit). – Er regierte im ganzen siebzehn Jahre, von denen er die ersten zehn Jahre in guter, den Rest in sehr schlechter Gesundheit verbrachte. Er war anscheinend Diplomat und ein sehr vorsichtiger Mann. So erzählte man von einem Getränk besonderer Art, das er jeden Morgen genossen habe. Viele schwierige Familienangelegenheiten wußte er geschickt in Ordnung zu bringen. – Seine Krankheit ward zuletzt so schlimm, daß er das Ende des Lebens in der Hütte verbrachte, unfähig zu sprechen oder sich zu bewegen. Ihm folgte sein ältester Sohn:

29. Naba Karfo (Karfo soll so viel bedeuten wie dunkelblauer Stoff oder gleichfarbiges Gewand). – Er regierte sieben Jahre. Auch er wieder hatte mit einem Aufstand eigener Verwandten zu tun. Der Sondere-naba, Kollogo mit Namen, schloß Freundschaft mit dem Widi-Naba, und diese beiden suchten unter den Großen am Hofe nach Anhang, um den Naba Karfo zu beseitigen. Die andern Großen aber widersetzten sich dem Plane und machten dem Mogo-naba Mitteilung von dem Anschlag. Naba Karfo rüstete sogleich einen Feldzug und rückte nach Osten gegen die vereinte Truppenmacht der Aufständigen vor. Er schlug sie auch und jagte sie bis nach Bassoko (im Osten). Viele Leute kamen in diesem Kriege um das Leben. Als der Mogo-naba nach Wagadugu zurückgekehrt war, traf bald darauf auch der rebellische, aber zurückgeschlagene Widi-naba ein, um sich zu unterwerfen – was der Mogo-naba auch annahm.

Der fernere Verlauf dieser Sache ist ungemein charakteristisch für die Negerpolitik im allgemeinen und das Verhältnis der Abhängigkeit, in dem der Mogo-naba von Wagadugu zu seinen Reichsgroßen, nenne man sie nun Fürsten oder erbliche Minister, stand. Naba Karfo wagte es nicht, die Unterwerfung des Widi-naba abzulehnen und ihn zu kassieren. Er wagte es nicht, einen andern an die Stelle des aufrührerischen Beamten zu setzen, und doch wollte er sich seiner entledigen, gleichwie auf welche Art. Er wandte sich also an einige als Getreue bekannte Leute mit der Frage: »Dem, der es wagt, den Widi-naba schnell auf anständige Weise aus dem Leben zu schaffen, will ich ein Pferd, eine Frau und hunderttausend Kauri schenken. Wer wagt es?« Darauf meldete sich ein tapferer Mann mit Namen Daogo. Daogo sagte: »Ich will es unternehmen.« Naba Karfo fragte: »Wie willst du es ausführen?« Daogo sagte: »Gib mir zwei Pfeile.« Naba Karfo gab ihm zwei schwer vergiftete Pfeile und sagte: »Sage mir nun aber genau, wie du die Angelegenheit erledigen willst?« Daogo sagte: »Ich will mich abends um sechs Uhr in den Hof des Widi-naba einschleichen. Dann werde ich dem Pferde alles Heu wegnehmen und das Heu beiseite werfen, dahin, wo der Mond hinscheint. Dann werde ich mich verstecken. Nachts wird das Pferd wiehern, weil es das Heu, das nahe bei ihm liegt, nicht erreichen kann. Der Widi-naba als guter Pferdeherr wird erwachen, auf den Hof treten, nach dem Heu sehen, das Heu aus dem Winkel im Mondlicht nehmen und dem Pferd hinwerfen wollen. Das wird ein guter Augenblick für meine Pfeile sein.« Naba Karfo sagte: »Es ist gut so; geh!« Der tapfere Daogo ging und machte alles, wie er es vorher gesagt hatte. Als der Widi-naba in den Mondschein trat, das Heu zu ergreifen und dem Pferde hinzuwerfen, legte er gleich beide Pfeile auf die Sehne des Bogens und schoß auf den Widi-naba. Dann lief er sogleich in die Hofburg des Mogo-naba und sagte ihm: »Ich habe es ausgeführt. Der Widi-naba stirbt.« In der gleichen Nacht starb der Widi-naba. Am andern Tage schenkte Naba Karfo dem Daogo ein Pferd, ein Weib, hunderttausend Kaurischnecken und außerdem noch ein schönes Kleid.

Zum vollendeten Beispiel afrikanischer Kaiserpolitik wird die Geschichte durch den Abschluß, den die ganze Sache nahm. Nach einigen Tagen überlegte sich der Mogo-naba die Sache und kam zu dem Schlusse: »Dieser Daogo ist ein gefährlicher Mensch.« Und er gab den Befehl, ihn zu töten. Da ward der tapfere Daogo getötet. Auf Naba Karfo folgte sein Oheim:

30. Naba Bongo oder Banko (Bongo soll soviel heißen wie Gewässer). – Er regierte etwa fünf Jahre in Wagadugu und gilt als ein sehr schlechter Kaiser. Man sagt ihm vor allem nach, abends oder gegen Nacht habe er sich häufig in alte lumpige Gewänder gehüllt und sei dann so in die Stadt geschlichen. In der Stadt habe er umher gelauscht, was man rede. Und wenn er hörte, daß irgend jemand Schlechtes oder Mißachtendes von ihm, dem Mogo-naba, sage, so habe er ihn am andern Tage mit den bekannten drei Keulenschlägen töten lassen. Überhaupt stand auf dem geringsten Vergehen gegen seinen Hof- und Hausbesitz die Todesstrafe. So ließ er Hühnerdiebstahl und alles vergelten. Weiterhin wird ihm nachgesagt, daß er zu schlimm getrunken habe. Endlich führte er emsige Kriegs- oder vielmehr Beutezüge gegen Garango im Bussangogebiet aus. Er ließ die Sklaven von dort holen, wie der Metzger Schlachtstücke aus der Rinderherde nimmt. Ihm folgte der Neffe:

31. Naba Kutu (Kutu soll soviel heißen wie Eisen). – Dieser wieder recht fruchtbare Herrscher hatte siebzehn Söhne. Naba Kuta soll etwa siebzehn Jahre regiert haben. Das wesentlichste Ereignis in dieser Zeit ist ein Krieg gegen die Stadt Surruku im Südsüdwesten von Wagadugu. Der Naba dieses Gemeindewesens war gestorben und die Städter sandten zu Naba Kutu, ihn um die Entsendung eines würdigen Nachfolgers bittend. Naba Kutu sandte seinen eigenen Sohn hin. Doch dieser führte sich derart schlecht auf, daß die Surrukuleute nach einiger Zeit beschlossen, ihn herauszutun und diesen Beschluß auch in die Tat umsetzten. Danach wählten die Städter sich einen eigenen Anführer. Als Naba Kutu das hörte, blieb ihm, wenn er das Ansehen seines Willens und seiner Familie aufrecht erhalten wollte, nichts anderes übrig, als einen Kriegshaufen gegen die aufrührerische Stadt zu entsenden. Der Stadtherr nun, den die Einwohner sich selbst gewählt hatten, besaß Energie genug, dem kaiserlichen Willen Widerstand zu leisten und sich den Truppen des Mogo-naba entgegenzustellen. Die Folge davon war, daß Surruku durch die Truppen des Naba Kutu vollkommen zerstört und der Stadtnaba getötet wurde. Im folgte sein ältester Sohn:

32. Naba Sanum (Sanum oder Sanam[a] soll so viel bedeuten wie Gold). Er regierte achtzehn Jahre. Er führte heftigen Krieg gegen Bussuma und Bulsi, das auch Bulsena genannt wird. Unter seiner Regierung kamen die ersten beiden Europäer nach Wagadugu, und zwar stieg der erstere bei »Maliki«, der letztere bei Manam ab. Der Herrscher beschaffte reiches Sklavenmaterial im Osten. Er starb in Wagadugu und wurde auch daselbst bestattet. Im folgte sein Bruder:

33. Naba Uobogo (Uobogo soll so viel heißen wie Elefant). – Naba Uobogo regierte in Wagadugu etwa acht Jahre, und zwar in der Zeit, die die französischen Okkupisten jener Periode lachend als die »Zeit der Fahnenkriege« bezeichnen. Damals suchte manche Vertreterschaft europäischer Großmächte in verschiedener Art Kolonialausdehnung zu gewinnen. Diesem Fahnenkriege fiel wohl Naba Uobogo zum Opfer. Die näheren Umstände historisch festzustellen, wird vielleicht einmal die französische Kolonialgeschichtsschreibung unternehmen. Jedenfalls ward er nach dem Süden verjagt.

Diese Tatsache hat für mich übrigens eine ausgezeichnete Folgeerscheinung gezeitigt. Da der Fürst hinausgeworfen war, so sprachen sich die Wagaduguleute freier und unbefangener über sein Privatleben aus, als das einem andern Herrscher gegenüber geschehen wäre. Da kam ich denn hinter eine eigenartige Sitte: Seit den Zeiten des Naba Ubri, d. h. des eigentlichen Reichsgründers, ist es Brauch, daß der Mogo-naba einige oder mehrere seiner eigenen Töchter beschläft, während eine, anscheinend die älteste, unbedingt Jungfrau bleibt, solange er Herrscher und am Leben ist.

Dieser blutschänderischen Sitte huldigte auch der Naba Uobogo. Er beschlief seine drei Töchter Habibu, Laie und Kuka. Sie folgten ihm auch als Kebsweiber in das Exil, und eine von ihnen, die Kuka, ward auch von ihm schwanger. Die unehrliche Leibesfrucht wurde aber bald nachher zum Sterben gebracht. Die Mossi schämten sich sehr beim Vortrag dieser Tatsachen. Der Kaiser starb im Exil und ward im Ausland begraben.

34. Naba Sigirri (der Name scheint irgendwie mit dem Anfange der Regenzeit zusammenzuhängen). – Er regierte in Wagadugu zehn Jahre. Während dieser Zeit bekamen die französischen Truppen ohne Schwierigkeit die Herrschaft in die Hand, denn Naba Sugirri brachte den Europäern alle erdenkliche Freundlichkeit und biegsamen Geist entgegen. Er starb und ward begraben in Wagadugu. Schon er war keine Persönlichkeit mehr. Ihm folgte sein Sohn:

35. Naba Kom II. – Mit diesem körperlich voll entwickelten und geistig kümmerlichen Herrn ist das Ende der eigentlichen Herrscherkraft unter der französischen Regierung offenkundig erreicht. Zur Zeit meiner Anwesenheit in Wagadugu (November 1908) regierte er etwa dreieinhalb Jahre.

Dieser Naba starb im Dezember 1908 oder Januar 1909 gelegentlich einer Epidemie, die im Mossilande ausbrach, während wir in Nordtogo weilten und arbeiteten. Man schrieb diese Epidemie der Tatsache zu, daß die heiligen Masken das Land verlassen hatten.

2. Bericht der Mossi von Wahiguja

Auch die geschichtlichen Erinnerungen und Sagen der Mossi von Jatenga sind scharf und klar. Nur die Anfangslegende, die Angabe über den Ursprung ist etwas variantenreich. Die Genealogie der Herrscher ist konturenrein und bei vielen Typendarstellungen fällt das Streben, porträtähnlich herauszumeißeln, in die Augen. Vieles und wahrscheinlich mancherlei vom wesentlichsten fehlt in diesen Überlieferungen. So vermißt man hier im Norden die Erwähnung von Kriegszügen der Mossi gegen Timbuktu, von dem die alten Autoren mit Schrecken berichten. Aber für die Mossi Wahigujas selbst war dieses kleine Ereignis entschieden bedeutend weniger wichtig als für die mohammedanischen Propagandisten, die die Blüten einer islamitischen Saat zertreten sahen, ehe der Samen herausgereift war. – Der Name »Jatenga« für dieses nördlichste Königreich – früher sicher eine Provinz des Mogo-naba von Wagadugu – wird einstimmig auf Jadaga, den Reichsgründer, zurückgeführt. Uns fällt die Ähnlichkeit des Namens Jatenga mit der einundvierzigsten Hofwürde und dem Titel des Jam-tenga-Naba auf. Das ist in Wagadugu der Oberherr der Wildlieferung. – Die Mossi von Wagadugu nennen dies abgefallene Königreich Jatiga.

Ein wesentlicher Zug in der Geschichte dieses Landes besteht in den ständig wiederholten Kriegen gegen Jako, gegen den Naba von Jako, dessen Residenz am Südrande Jatengas lag, und der zeitweise ein selbständiger Fürst, zeitweise ein Vasall von Wagadugu, zeitweise einer von Wahiguja war. Wir werden sehen, daß besonders die Anfänge der historischen Berichterstattung in Wahiguja mancherlei Detail bieten, das nicht einmal in Wagadugu wieder zu finden war, aber durchaus Anspruch auf Beachtung hat.

Vorgeschichte. Der erste Mossi überhaupt war Uidi Laogo oder Widi Laogo. Widi heißt Pferd, Widi Laogo heißt Hengst. Von seinem Ursprünge erzählt die Sage zwei Varianten:

1. Aus Gambaga soll ein Mann mit Namen Riaele gekommen sein. Das war ein Naba. Eines Tages war ein Hengst desselben entlaufen. Ein Sklave ging ihm nach, ihn zu suchen, fand im Busche eine Frau, beschlief sie. Die Frau ward schwanger. Als das Kind geboren war, nannte man es Uidi Laogo, weil es gelegentlich der Suche nach dem Hengst gefunden war. Diese Version hat nicht viel Wert; sie ward mir von Kurumi-nkobe vorgesetzt.

2. Die Version der eigentlichen Mossi von Jatenga lautet: In Gambaga herrschte der erste Naba der Mossi, Gambaga Naba genannt. Er hatte eine Tochter, die hieß Jendenga. Der Naba wollte nicht, daß diese, seine Tochter, heirate und verlangte von ihr, daß sie wie ein Mann ein Pferd besteige und als Heerführer große kriegerische Taten vollbringe. Derart zog denn Jendenga aus. Sie führte Kriege. Sie unterwarf andere Stämme. Eines Tages aber traf sie einen Jäger mit Namen Riaele. In diesen verliebte sie sich. Sie schlief bei ihm. Sie sagte: »Wenn auch mein Vater mir verboten hat, je zu heiraten, so will ich dich doch und trotz allem zum Manne haben.« Sie heiratete den Jäger Riaele. Sie schlug mit ihrem Manne ihr erstes Lager in Bito auf. Dort ward das Kind, der Stammherr der heutigen Mossi, geboren. Weil nun Jendenga ihren Mann auf dem Pferde reitend gewann, nannte man das Kind Widi Laogo, den Hengst. Seine Nachkommen aber nannten sich Mogosi, d. h. Menschensame, und das soll heißen, daß sie die ersten Menschen seien.

Widi Naba hatte zwei Söhne, nämlich:

1. Naba Rawa. Dieser führte Krieg nach Norden hin. Er verdrängte die Habe, die im heutigen Jatenga ansässig waren und eroberte das Land Jatenga für die Mossi. Sein Lager schlug er in der Ortschaft Sanga auf, die ich auf dem Wege zwischen Tu und Tiu kennen lernte. Er hatte einen Sohn.

Naba Sonima, der den Ort gleichen Namens gründete. Weiter wissen die Mossi Jatengas von dieser Familie nichts zu sagen.

2. Naba Sungarana. Dieser blieb erst in Bito, dann siedelte er nach Tenkodugu über. Dieser hatte einen Sohn, der hieß Ubri. Mit diesem Naba Ubri beginnt die Geschichte des eigentlichen Kaiserreichs Wagadugu. In jenen alten Zeiten soll es nämlich Sitte gewesen sein, daß jeder Nachkomme den Siedelplatz des verstorbenen Vorgängers verließ und einen eigenen Ort gründete. Die von Ubri gegründete oder auserwählte neue Wohnstatt war Wagadugu.

Der Sohn Naba Ubris war Naba Naskiembi. Auch der herrschte in Wagadugu. In die Zeit von dessen Regierung im Süden fallen die Großtaten des Uamtanango Naba im fernen Norden. Ob derselbe aus Rawar oder Sungaranas oder aus noch anderem Stamme ist, konnte ich nicht feststellen, jedenfalls denken selbst die Mossi, noch viel mehr aber die älteren Einwohner dieses Landes, mit Schrecken an diesen grausamen Vorkämpfer des Mossitums zurück. Man erzählt von ihm: Er beherrschte die Distrikte Uderaogo, Djitti und Gurga im Norden Jatengas. Da er nun, anscheinend weil er daselbst ein Liebesverhältnis hatte, häufig nach Sabunu und zurück pilgerte, so störte ihn die Unebenheit des Weges, der über ein gebirgiges Terrain führte. So ließ er denn eines Tages alle Schmiede zusammenkommen und verlangte von ihnen, daß sie einen guten Weg bauten. Sie kamen dem Befehl nach und hoben einen Hohlweg aus, der nach Kapitän Noirées gleichlautenden Nachrichten eine Tiefe von 40 m bei 40 m oberer und 20 m unterer Breite hatte und der heute noch zu sehen sein soll. Dieser Fürst war über alle Maßen grausam. Eines Tages traf er eine Frau mit dem Kinde auf dem Rücken am Mörser. Er verlangte, daß sie das Kind im Mörser zerstampfe. Die Frau legte das Kind auch wirklich hinein, als es ihr nun aber fröhlich entgenlachte, warf sie die schon erhobene Mörserkeule fort, sprang dem Fürsten an die Kehle und erwürgte ihn. So kam er ums Leben.

Dem Naba Naskiembi folgte in Wagadugu dessen Sohn Naba Narimtori. Dem Naba Narimtori folgte in Wagadugu dessen Sohn Naba Nasibirri. Nasibirri verlegte die Residenz nach dem Orte La.

Naba Nasibirri hatte drei Kinder, nämlich: Naba Gumdunje, der in Wagadugu Herrscher ward, die Tochter Pawere und den jüngsten Sohn Jadaga. Besagter Jadaga war der Gründer des Königreichs Jatenga.

1. Naba Jadaga. Die Geschichte der Gründung resp. Absonderung Wahigujas oder Jatengas spielte sich folgendermaßen ab. Nasibirri verteilte das Land unter seine Söhne. Seine Tochter Pawere war in La verheiratet; Jadaga erhielt Gursi. Gumdumje war zunächst in Bussuma ansässig und zeugte daselbst einen Sohn. Dann ging er nach Wagadugu. – Es sei gleich hier betont, daß die direkte Abstammung Jadagas aus Sungarana-Nasibirris Stamm mir nicht ganz sicher ist. Denn die Überlieferung berichtet: Jadaga wurde zu Lebzeiten Naba Nasibirris am Hofe des Minima-Naba erzogen. Der Minima-naba war aber ein Urenkel des Naba-Rawa. Jadaga war eigentlich zur Thronfolge in Wagadugu bestimmt. Da er aber zur Zeit des Todes Naba Nasibirris gerade beim Minima-Naba und somit von Wagadugu fern war, so benutzte Gumdumji oder Kumdumji die Gelegenheit und schwang sich auf den Thron von Wagadugu. In dieser verdrängten Lagerung fand aber Jadaga in seiner Schwester Pawere eine Helferin, die ihm ein angenehmes Plätzchen, wenn auch nicht in Wagadugu, so doch im Norden bereitete. Das absolute Recht am Kaiserstuhle von Wagadugu hing nämlich ab vom Besitz der Reichsamulette, der sog. Tido. Pawere stahl nun eines Tages dem Kumdumje diese Tido und brachte sie ihrem andern Bruder Jadaga. Jadaga brachte sie in Gursi unter und dort werden sie heute noch aufbewahrt. Nun beschloß Jadaga die Gründung eines eigenen Reichs. Er sandte eine Botschaft an den Minima-Naba und ließ ihn bitten, zu ihm zu kommen und ihm zu helfen. Die Aufforderung lautete nach den Worten der Sage: »Komm, hilf mir, mein Kleid auszumessen.« Der Minima-Naba ließ antworten, er werde kommen. Darauf ließ Jadaga eine tiefe Grube ausheben. Die Erde ward fortgeschafft und die Grube mit Matte bedeckt, so daß niemand den Tatbestand kannte. Als der Minima-Naba kam, lud ihn Jadaga ein, auf der Matte Platz zu nehmen. Der Minima-Naba trat darauf, die dünne Matte gab nach, der Minima-Naba stürzte in die Grube. Dann ließ Jadaga durch seine Frauen brühendes Wasser auf den Minima-Naba herabgießen. Darauf riß Jadaga die ganze Herrschaft an sich, und seitdem nennt man nach ihm das Land Jataga-tenga oder Jatenga.

Nach Jadagas Tod regierte über Jatenga:

2. Naba Jaulo Fagama, ein jüngerer Bruder Jadagas, über den nichts Besonderes zu erfahren war. Nach diesem regierte:

3. Naba Kurita, der war ein Sohn Jaulo Fagamas. Soviel ist sicher, daß Kuritas Recht auf den Königsstuhl nicht unbestritten war, daß vielmehr noch ein Sohn Jadagas am Leben war, der hieß Djedda und gab sich alle Mühe, den Kurita von dem Platze, der ihm, dem Djedda, zukomme, zu verdrängen. Auf folgende Weise erreichte er sein Ziel:

In jener alten Zeit war es Sitte, daß jeder Jatenga-König erst ein »Tido-logo«, ein Haus voll heiliger Zaubermittel, das in La stand, aufsuchen mußte. Er mußte zu Fuß dorthin wandern und empfing im Umkreise dieser Tida seine eigentliche Weihe. (Man sieht also, daß Kurita sich nicht in Gursi, sondern in La weihen lassen wollte.) Als Kurita diese Pilgerfahrt angetreten hatte, verbreitete Djedda möglichst schnell im Lande die Kunde, der Kurita sei auf der Pilgerfahrt ums Leben gekommen. Als alles Volk von der Nachricht erfüllt war, war es klar, daß man ihn, den Djedda, als zukünftigen König begrüßte und Djedda wußte sich sogleich dadurch beliebt zu machen, daß er die jungen »Witwen« Kuritas unter die Großen des Hofstaates verteilte. Die nahmen dankbar die Gabe des neuen, freien Königs an. Djedda nahm also keine der Frauen für sich selbst. Kurze Zeit später ward es bekannt, daß Kurita gar nicht gestorben, sondern vollkommen gesund, am Leben und im Begriff sei, auf Wahiguja zu marschieren. Sogleich verbreitete sich nun große Furcht unter allen denen, die eine Frau des Naba Kurita in ihr Haus bekommen hatten. Sie kamen zu Djedda und fragten: »Was sollen wir tun?« Djedda sagte: »Mich geht das eigentlich nichts an, denn ich habe mit keiner der Frauen etwas zu schaffen gehabt. Das ist eure Sache. Am besten wäre es für euch, wenn der Naba Kurita nicht lebend hier ankommt, damit ihr nicht tot von hinnen zu gehen braucht.« Diesen Wink verstanden die Großen. Sie töteten Kurita-naba am Wege, ehe er an den Hof zurückkam und dann ward König:

4. Naba Djedda, der Sohn Jadagas. Durch die Erfahrung seiner Vorgänger gewitzigt, versammelt Djedda sogleich alle Großen seines Reiches und ließ an alle Dorfhäuptlinge die Nachricht ergehen, alle großen Zaubermittel seien nach Gursi zu bringen und dort in einem Hause, in jenem Heiligtum, in dem auch die von Pawere in Wagadugu gestohlenen Insignien aufbewahrt wurden, zu vereinen. So geschah es. Vordem mußte der neugekrönte Naba während sieben Jahren in einem derartigen Tida-logo zubringen, von nun ab ward es Sitte, daß der neue Mogo-naba von Jatenga nur sieben Tage im Heiligtum von Gursi schläft. – Nach Djedda bestieg ein weiterer Sohn Jadagas den Thron, nämlich:

5. Naba Puschinga, der seine Residenz nach Sai verlegte und in Sai verblieb. Sonst wird nichts Besonderes von ihm gesagt. Nach ihm regierte noch ein Sohn Jadagas, der hieß:

6. Naba Sonda, der regierte in Dombori. Sonst wird nichts Besonderes von ihm berichtet. Nach ihm bestieg der letzte Sohn Jadagas den Thron, nämlich:

7. Naba Untibaregum, der regierte in Sumjaga. Es wird nichts Besonderes von ihm berichtet. Mit ihm ist die Reihe der Söhne Jadagas abgeschlossen und nun kommen Herrscher an die Reihe, von denen gesagt wird, »daß sie länger regiert hätten als die Söhne Jadagas.« Es folgte zunächst der Sohn Naba Uantibaregums, das ist:

8. Naba Lamboiga, von dem nichts weiter berichtet wird, als daß er in Tangai lange Zeit regiert habe. Ihm folgte der Sohn Lamboigas:

9. Naba Sungunum, von dem nichts weiter berichtet wird, als daß er in Bugunam residierte. Ihm folgte sein Sohn:

10. Naba Sangajella, der regierte in Arrasogoma. Unter seiner Regierung soll das Reich Jatenga den Gipfelpunkt seiner Macht erreicht haben und weder vor noch nach ihm soll ein Mogo-naba von Jatenga gleichen Hofpomp entfaltet haben. Die Legende erzählt sehr umständlich:

Naba Sangajella hatte an seinem Hofe einen Elefanten, einen Löwen und einen Panther, die waren alle drei zahm und in allen Ländern sprach man von diesem wunderbaren Besitze, der ein Zeichen der ungeheuren Macht des Naba Sangajella war. Auch der Mogo-naba von Wagadugu hörte von dem Pomp und von der Pracht, die am Hofe des Naba Sangajella herrschten. Er ward eifersüchtig und ließ zwei Fulbe und einen Mossi kommen. Zu denen sagte er: »Geht zusammen nach Jatenga an den Hof des Naba Sangajella. Man sagt mir, daß Naba Sangajella mehr Pracht biete und über größere Macht verfüge als ich.« – Die Boten brachen sogleich auf. Als sie nach Arrasogoma kamen, wurden sie freundlich empfangen. Sie sahen sogleich den Reichtum, der hier herrschte, denn ihre Pferde wurden nicht an gewöhnlichen Holzpfählen festgepflöckt, sondern an Ringen festgebunden, die aus purem Kupfer bestanden. Auch wurde ihnen gesagt, daß der König sie am nächsten Tage empfangen wolle. – Am andern Tage wurden die Boten zum Empfangsplatze geführt. Sie warteten ein wenig, dann brachte man einen mächtigen Elefanten. Dann brachte man einen Panther herbei, der legte sich im Schatten des Elefanten nieder. Dann führte man einen Löwen herbei, der legte sich auch in dem Schatten des Elefanten nieder. Endlich kam der Naba Sangajella selbst. Die Leute legten ein Kissen in den Schatten des Elefanten zwischen den Panther und den Löwen. Darauf nahm der Naba Sangajella Platz, so daß er im Schatten des Elefanten lag und daß seine eine Hand auf dem Panther und die andere auf dem Löwen ruhte. Und der Naba fragte die Boten: »Ihr kommt von Wagadugu. Wie geht es dem Naba von Wagadugu?« Nachher entließ er die Boten. Sie kehrten nach Wagadugu zurück. Als sie zum Mogo-naba kamen, fragte der sie sogleich: »Ist es wahr, daß der Naba von Jatiga (Jatenga) so mächtig ist? Wer ist mächtiger, ich oder er?« Der Mossibote sagte: »Du bist mächtiger.« Die beiden Fulbeboten aber sagten sogleich: »Das ist nicht wahr. Der Mossi, der mit uns war, und der dasselbe sah, was wir gesehen haben, lügt.« Die beiden Fulbeboten fragten dann den Mogo-naba von Wagadugu: »Hast du je im Schatten eines Elefanten gelegen? Hat deine eine Hand je auf einem Panther, deine andere je auf einem Löwen ausgeruht? Nein, das vermochtest du nie. Du hast das nie gesehen und gekonnt. Das sahen wir aber am Hofe des Herrschers von Jatenga. Also ist der Herrscher von Jatenga mächtiger als du es bist.« –

Nach ihm erhielt die Königswürde von Jatenga ein Sohn Sungunums, der hieß:

11. Naba Kissum. Er schlug seine Residenz auf in Kissamba. Es war nichts Besonderes über ihn zu erfahren. Ihm folgte der eigene Sohn:

12. Naba Nabassere, der regierte in Bissigai und war ein gar kriegerischer Herr. Wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger führte er mit dem Naba von Jako Krieg. Gelegentlich eines solchen Kriegszuges ward er von einem Pfeil getroffen und starb an der Wunde in Tugung. Ihm folgte ein zweiter Sohn Naba Kissums, nämlich:

13. Naba Njobö, der schlug seine Residenz in Sissamba auf. Es wird nichts Besonderes von ihm erzählt. Man sagt nur, daß er mit Geschick dem eigenen Sohne zur Nachfolge verhalf, das war:

14. Naba Parima, der in Uomssum residierte. Ihm folgte wieder ein Sohn Kissums:

15. Naba Kumpaugung, der residierte in Ligi. Ihm folgte wieder ein Sohn Kissums:

16. Naba Tossedo, der residierte in Jalaka. Ihm folgte der letzte Sohn Kissums:

17. Naba Schieni, der residierte in Jeka. Ihm folgte ein Sohn des Naba Sungunum, der hieß:

18. Naba Jemba und residierte selbiger in Sitigo. Er war uralt und nicht imstande, sich zu bewegen. Darauf bestieg den Thron der erste Sohn Nabasseres:

19. Naba Pigo, der in Ubissige residierte; danach folgte ein zweiter Sohn Nabasseres:

20. Naba Kango. Die geschichtlichen Erinnerungen der nördlichen Mossistämme haften an keiner Persönlichkeit fester, als an diesem Manne. Ein Legendengewirr von typischer Üppigkeit hat sich um diesen Mann gesponnen. Das mag zum Teil in der sehr wichtigen Tatsache seinen Grund finden, daß Naba Kango der erste Herrscher Jatengas war, der sich in Wahiguja fest ansiedelte und dieser Stadt zu einer Blüte verhalf, deren Blätter leider zum größten Teil im Winde der verschiedenen modernen Ereignisse abgerissen und verweht wurden. Es ist sicher, daß zur Zeit dieses Naba Wahiguja eine außerordentliche Entwicklung nahm, daß seine Bevölkerung sich vervielfachte, der Handel zunahm und ein großer Stapelplatz von Salzniederlagen hier entstand – und daß trotzdem die Sage fast nichts Gutes von dem Manne zu berichten weiß. – Vor allem erbaute er ein Schloß, ein Tuku. Tuku ist soviel wie ein Soro bei den Mande, d. i. ein großer Verteidigungsturm, wie ich ihn z. B. in Falaba schräg gegenüber von Sigirri photographiert habe. Bei dem Bau seines Schlosses entwickelte Kango einen ganz besonderen Ehrgeiz. Er sagte: »Ich will mein Tuku so hoch bauen, daß ich von hier, von Wahiguja aus, den Niger und Djenne sehen kann.« Allerdings begann er den Bau des Schlosses, dessen Ruinen heute noch als imposante Massen aus den Feldern und Hainen emporragen, erst, nachdem er sich seines Thrones endgültig versichert hatte. Und das ist ihm, allen Anschein nach, schwer genug geworden oder gemacht worden.

Zunächst hatte der Naba Kango schwere Kämpfe mit den Naba Uabugu in Sitiga zu bestehen. Naba Kango ward geschlagen und mußte fliehen. Kango kam auf der Flucht zu dem Tenga-demba-Häuptling von Luguri. Er fragte ihn: »Sag' mir doch, was aus mir werden soll und ob ich nicht wieder Herr von Jatenga werden kann!« Der Häuptling sagte: »Ich will das Orakel befragen und ein Opferhuhn schlachten. Wenn das verendete Huhn mit dem Kopfe nach Osten auf dem Rücken liegend verendet, wirst du wieder Mogo-naba von Wahiguja werden. Wenn solcher Fall nicht eintritt, ist keine Hoffnung für dich.« – Das Huhn ward geschlachtet. Es verendete mit dem Kopf nach Westen und mit der Brust auf dem Boden liegend. Naba Kango sah dieses schlechte Zeichen und befahl: »Töte noch ein Huhn!« Der Tenga Demba opferte noch ein Huhn und dieses verendete mit dem Rücken auf dem Boden liegend und dem Kopf nach Osten. Dieses Mal war das Orakel also günstig.

Darauf machte sich Naba Kango nochmals auf den Weg und floh bis nach Kong. In der Stadt Kong lebten und herrschten die gelehrten, einflußreichen und alleswissenden Mohammedaner. Naba Kango ging zum ersten unter ihnen und sagte: »Ich bin aus Wahiguja geflohen. Der Dorfchef von Luguri hat aus dem zweiten Orakelhuhn herausgefunden, daß ich wieder Mogo-naba von Wahiguja werden würde. Ich kann also nicht ohne eure Hilfe und ohne euren entscheidenden Rat, die große Schwierigkeit der Wiedereroberung meines Landes mit Mut und Hoffnung beginnen.« Der große Marabut von Kong sagte: »Bring' mir einen weißen Hahn herbei.« Naba Kango tat es. Der Marabut nahm den Hahn, er tötete ihn, er zerschnitt ihn in ganz kleine Stücke, er füllte sie insgesamt in einen Topf. Auf den Topf stülpte er einen Deckel, der fest schloß. Darauf sagte er zu Kango: »Warte nun sechs Tage.« Am siebenten Tag hob Kango den Topfdeckel empor. Da flog der weiße Hahn lebendig hervor, als ob nichts mit ihm geschehen sei. Der Marabut aber sagte: »Du hast gesehen, was ich mit dem weißen Hahn vermochte; um dich wieder zum Mogo-naba von Wahiguja zu machen, bedarf es desselben Verfahrens.« Naba Kango sagte: »Wenn es nötig ist, tue es!« Der Marabut nahm den Naba Kango wie ein Opfertier. Er schlachtete, er zerschnitt den Naba Kango in lauter kleine Stückchen; er warf alle kleinen Stückchen zusammen in einen Topf. Dann stülpte er einen Deckel darüber. Hierauf ließ er den Topf sechs Tage lang stehen. Als er am siebenten Tage den Deckel lüftete, kam Naba Kango unbeschädigt, wohlerhalten an allen Gliedern und gesund wieder aus dem Topf heraus. Das alles sah der Naba Saga mit an. Der Naba Saga war der jüngere Bruder des Naba Kango, der hatte ihn auf seiner Reise bis hierher begleitet. Der Marabut sagte zu: Naba Kango: »Nun kehre getrost in dein Land Jatenga zurück. Allah wird dir alles geben, was du brauchst. Nur eines ist dir versagt. Dein Sohn wird nicht alt genug werden, um dir auf den Thron folgen zu können.« Naba Kango sagte: »Das macht mir nichts, denn mein jüngerer Bruder Saga, der mich begleitet, kann mir nachfolgen und seine Kinder gelten mir ebensogut wie die meinen. Sorge du nur, daß er einen Sohn habe.« Darauf wurde der Naba Saga mit vielerlei Medikamenten gewaschen, auf daß ihm Nachkommen erwüchsen.

Der Marabut sagte noch allerhand zu den beiden Nabas, dann verließen die beiden Kong. Sie reisten nun beide nach Segu. Naba Kango führte einen Strauß mit sich. Als er mit seinem Bruder und dem großen Vogel nach Segu kam, fragten ihn die Leute: »Was ist das für ein Vogel, den du da bei dir führst?« Naba Kango sagte: »Das ist ein Huhn aus Jatenga.« Die Leute in Segu fragten: »Sind alle Hühner in Jatenga so groß?« Naba Kango sagte: »Ja, sie sind alle so groß.« Die Leute sagten: »Laß uns mit dir gehen, damit wir auch solche Hühner kaufen und essen können.« Der Naba Kango sagte: »Es ist gut, kommt nur mit mir.« Es schlossen sich ihm viele an. Er kam aus einem Orte in den andern. In allen Städten und Dörfern bewunderten die Leute das große Huhn, erkundigten sich nach seinem Ursprung, baten um die Erlaubnis mitzugehen und schlossen sich ihm an. So wuchs die Zahl seiner Begleitung von Tag zu Tag.

Der Marabut in Kong hatte dem Naba Kango ein kleines Gewehr, eine Feuersteinpistole, gegeben und gesagt: »Nimm dieses kleine Gewehr mit. Wenn du nach Jatenga zurückkommst, wird dir ein Tansoba mit Truppen entgegenkommen. Auf den schieße mit dem kleinen Gewehr. Wenn dann beim Abschießen dein eigener Daumen weggerissen wird, so betrachte dies als gutes Zeichen, dann ist dir der Sieg sicher. Bleibt aber deine eigene Hand unversehrt, so ist das schlecht, so ist das ein Zeichen, daß deine Zeit noch nicht gekommen ist.« Mit dem kleinen Gewehr aus Kong und seiner Truppenmacht aus Segu marschierte Naba Kango nun auf Jatenga zu. Zwischen den Dörfern Gomboro und Tangare kam ihm der feindliche Tansoba entgegen. Dieser Tansoba rief ihm zu: »Komm zurück! Dein Bruder tut viel Schlechtes im Lande und alle Leute hoffen auf dich!« Naba Kango gedachte aber der Aufforderung des Marabut in Kong. Er schoß mit dem kleinen Gewehr auf den feindlichen Heerführer und als der Schuß losging, ward ihm der eigene Daumen abgeschlagen. Das war ein gutes Zeichen. Er schlug seinen Bruder, den Usurpator, und jagte ihn bis nach Jako. Er selbst aber ward wieder Mogo-naba von Jatenga. –

Nunmehr begann er das Schloß zu bauen, das so hoch werden sollte, daß er von dessen Dache aus bis nach Segu und dem Niger schauen könne. Er ließ zum Baue viele Leute aus allen Teilen seines Landes zusammen kommen. Als der Hauptturm einige Stock hoch aufgeführt war, stürzte er zusammen und begrub viele Leute in seinen Trümmern. Er sagte: »Das ist mir gleich, beginnt von neuem!« Darauf ward wieder begonnen. Der Turm stürzte oft ein und begrub oft fünfzig und hundert Bauleute unter sich. Der Naba Kango sagte aber stets: »Es ist mir gleich, beginnt von neuem!«

Eine besondere Sache hatte Naba Kango mit den Fulbe im Norden zu erledigen. In Homburi wohnte ein großer Fürst der Fulbe, der hatte zahlreiche Herden und viele Hirten. Ein Diawando des Fürsten pflegte seine Herden weit nach dem Süden zu treiben. Da war ein Ort, an dem gab es sehr viele Strauße und Perlhühner und der Diawando suchte hier deren Eier. Deshalb nannte man den Ort Djellegobi (d. i. Djelgoddi der Habe und der Karte). Der Diawando sandte von den Eiern häufig an seinen Fürsten nach Homburi. Der Homburifürst freute sich hierüber, nahm die Geschenke an und machte dem Diawando Gegengeschenke. Auch kam er dann und wann nach Djellegobi zu Besuch. So nahm durch eigene Tüchtigkeit und durch das Wohlwollen seines Fürsten die Macht des Diawando immer mehr zu, so daß er zuletzt eine große Selbständigkeit erreichte und versäumte, seinem Fürsten seine Besuche zu machen. Das hatte aber zur Folge, daß der Fulbefürst von Homburi dem Diawando eines Tages den Befehl zukommen ließ, nach Homburi zurückzukehren.

Der Diawando kam diesem Befehl nicht nach. Vielmehr sandte er eine Botschaft nach Wahiguja zu Naba Kango, dem Mogo-naba von Jatenga und ließ ihm sagen: »Ich will meinem Herrn, dem Fürsten von Homburi nicht mehr gehorchen! Hilf du mir, ihm Widerstand zu leisten!« Der Naba Kango ließ dem Diawando antworten: »Ich kann dir zur Zeit keine Leute leihen. Ich habe aber von Kong ein Zaubermittel von außerordentlicher Kraft mitgebracht, das stelle ich dir für deinen Feldzug zur Verfügung. Es ist das ein heiliger Bare, Pferdepflock, der den Namen Kirre hat. Er besteht nicht wie andere Pferdepflöcke aus Holz, sondern aus Eisen. Schlage den Kirre in der Mitte deines Gehöftes ein und du wirst einen großen Erfolg sehen. Es wird dir niemand etwas anhaben können.« Der Diawando bot darauf hin seinem Fürsten Trotz. Der Fürst sandte Truppen. Die Truppen wurden vom Diawando geschlagen. So ward der Diawando mit Hilfe des Kirre selbständig.

Nach einiger Zeit sandte der Naba Kango an den Diawando eine Nachricht und ließ ihm sagen: »Ich habe dir mit meinem Kirre gegen deinen Fürsten geholfen. Nun sende mir entweder den Kirre zurück oder zahle mir hinfort Abgabe.« Der Diawando ließ darauf antworten: »Ich bin dir für deinen Kirre sehr dankbar. Möglicherweise brauche ich ihn auch in Zukunft und deshalb kann ich ihn dir nicht wiedergeben. Abgaben werde ich dir aber nicht zu zahlen brauchen, solange der Kirre in meinen Händen ist.« Als Naba Kango diese schnöde Antwort erhielt, rüstete er sogleich Truppen und gab den Befehl den widerstrebenden Diawando zu züchtigen, ihm den Kirre wieder abzunehmen und ihn zu zwingen, in Zukunft Abgaben zu zahlen. Die Truppen machten sich auf den Weg und kamen nach Djellegobi. Sie wollten die Plünderung beginnen. Aber jede Kuh, die die Krieger wegführen wollten, jeder Ochse, den sie wegtreiben wollten, warf sich zu Boden und niemand vermochte es, die Tiere wieder emporzubringen, so fest lagen und hafteten sie am Boden. Das war die Wirkung des Kirre, den Naba Kango aus Kong mitgebracht und den er dem Diawando geliehen hatte. Die Leute suchten den Kirre, aber sie konnten ihn nicht finden. Sie kehrten unverrichteter Sache nach Wahiguja zurück. Seitdem aber besteht zwischen den Mossi von Jatenga und den Fulbe von Djellegobi Krieg. Bis heute ist kein Friede zwischen beiden Völkern geschlossen.

Eines Tages beschloß der Naba Kango mit dem Mogo-naba von Wagadugu Krieg zu führen. Er rüstete eine starke Truppenmacht und stellte diese unter den Befehl seines Bruders, des Naba Saba. Er begleitete mit seinen eigenen Truppen seinen Bruder ein gutes Stück weit und sandte dann den Naba Saga weiter, daß er die Sache mit Kraft anfasse. Er selbst blieb mit seinen Leuten liegen. Er erwartete in seinem Lager eine Nachricht von seinem Bruder, dem Naba Saga. Die Botschaft ließ sehr lange auf sich warten. Im Lager Kangos entstand daher Unruhe. Eines Tages sangen die Pendaga, Spielleute, vor dem Naba Kango: »Der Mogo-naba von Wagadugu ist zu mächtig; wir werden in dem Kampfe unterliegen. Es ist besser für uns, wenn wir heimkehren.« Der Naba Kango antwortete: »Ich will hier abwarten, bis mein Bruder Naba Saga zurückgekehrt ist. Eher werde ich diesen Platz nicht verlassen.« Er blieb mit seinen Leuten liegen. Eines Tages kam der Naba Saga in großer Hast angejagt. Sein Pferd war von sechzehn Pfeilen getroffen, die ihm im Leibe steckten. Als Naba Saga vor dem Naba Kango angekommen war, brach das schwer verwundete Pferd zusammen, überschlug sich und starb. Naba Kango fragte seinen Bruder: »Ist in Wagadugu für uns etwas zu machen?« Naba Saga sagte: »Du siehst es ja selbst. Betrachte mein Pferd und urteile. Wenn du es aber willst, bin ich natürlich bereit, den Krieg fortzusetzen.« Naba Kango sagte: »Ich sehe die sechzehn Pfeile, das genügt mir. Wir wollen zurückkehren.« So kehrte er mit seinem Bruder von dem Feldzuge gegen Wagadugu unverrichteter Sache zurück. –

Eines Tages sandte Naba Kango eine Botschaft nach dem Dorfe Sabuni und ließ sagen: »Die Bewohner von Sabuni sollen mir Luftziegel herstellen, denn ich will bauen.« Die Bewohner von Sabuni hielten eine Versammlung ab und sagten unter sich: »Das hat noch niemand von uns verlangt; das ist nicht unsere Sache. Wir wollen es dem Mogo-naba mitteilen.« Sie sandten den Boten zurück und ließen dem Mogo-naba sagen: »Noch niemals hat man von uns verlangt, Luftziegel zu machen. Du bist aber unser Mogo-naba, verlangst du unwiderruflich, daß wir Luftziegel machen?« Der Naba Kango ließ antworten: »Ja, ich verlange unbedingt, daß ihr mir Luftziegel macht.« Die Leute von Sabuni sagten: »Wir werden also deinem Befehle nachkommen. Du wirst aber erstaunt darüber sein, was passiert!« Die Sabunileute machten sich sogleich an die Arbeit. Sie fertigten fünftausend Luftziegel an. Sie sagten: »Wir haben, dem Befehl des Mogo-naba nachkommend, fünftausend Luftziegel gemacht. Nun wollen wir diese fünftausend Luftziegel auch nach Wahiguja marschieren lassen.« Dann schnitten die Sabunileute Stöcke und begannen auf die Luftziegel loszuschlagen. Darauf begannen die Luftziegel zu laufen. Sie liefen so schnell sie konnten. Die Luftziegel begannen immer schneller zu laufen. Die Sabunileute jagten sie, jagten sie, bis sie ohne alle andere Hilfe auf Wahiguja zu marschierten. Die Sabunileute trieben sie einfach vor sich her, sowie die Hirten eine Ochsenherde treiben. Sie trieben die fünftausend Luftziegel bis zum Dorfe Juba. Als sie so weit gekommen waren, kam beim Naba Kango eine Botschaft an, die lautete: »Die Sabunileute haben fünftausend Luftziegel bereitet, sie treiben sie jetzt wie die Hirten eine Ochsenherde vor sich her. Die Luftziegel laufen ganz von selbst und sind schon beim Dorfe Juba angekommen.« Als der Naba Kango das hörte, befiel ihn große Furcht. Er sandte sogleich eine eilige Nachricht und ließ sagen: »Die Luftziegel der Sabunileute sollen sogleich, da wo sie sind, liegen gelassen werden. Ich will sie nicht mehr haben und will sie überhaupt nicht sehen.« Der Bote mit der Nachricht rannte auf dem kürzesten Wege so schnell wie möglich von dannen. Aber als er nach Juba kam, waren die Ziegel schon weitergetrieben. Der Bote lief hinterher und traf sie erst, als sie schon ganz dicht bei Wahiguja angekommen waren. Als die Sabunileute die Nachricht vernahmen, trieben sie die Ziegel nicht weiter. Sie blieben alle zusammen auf einem Haufen liegen. Sie bildeten einen Hügel, den man noch heute sehen kann. Er ist im Lande wohlbekannt und hat den Namen Kabine-Tanga. –

Eines Tages sandte der Naba Kango an die Bewohner des Ortes Ninga eine Botschaft, die lautete: »Stellt sogleich Kalebassen her und sendet sie umgehend, denn ich benötige sie für den Haushalt meiner Frauen!« Als die Ningaleute die Nachricht empfingen, hielten sie eine Versammlung ab und sagten: »Wir haben diese Gewohnheit nicht. Wir sind Tanga-Dumba. Wir machen keine Kalebassen. Wir wollen das dem Mogo-naba sagen.« Alle sagten: »Wir wollen das dem Mogo-naba sagen.« Sie sandten eine Botschaft an den Mogo-naba, die lautete: »Wir Leute von Ninga sind nie Kalebassenmacher gewesen, wir sind Tenga-Dumba.« Der Naba Kango ließ ihnen aber antworten: »Ich verlange von euch die Kalebassen für den Haushalt meiner Frauen.« Als die Leute in Ninga die Nachricht empfingen, pflanzten sie sogleich einen Kürbiskern. Dieser Kürbiskern keimte augenblicklich, und sehr schnell sprossen Zweige aus dem Keime hervor, der pflanzte sich mit großer Schnelligkeit fort; er schlängelte sich in der Richtung auf Wahiguja fort, langte dort an, ließ Blüten aufgehen und dann zwanzig Kürbisse keimen. Der Mogo-naba wußte nichts davon. Als eine Spanne Zeit verstrichen war, sandte er eine neue Botschaft nach Ninga, die lautete: »Vor längerer Zeit habt ihr den Auftrag erhalten, Kalebassen für den Haushalt der Frauen des Mogo-naba nach Wahiguja zu schaffen. Wo bleiben die Kalebassen?« Die Leute von Ninga antworteten: »Der Mogo-naba soll hinter seinen Hof sehen. Die Kalebassen sind schon lange angelangt. Wir sind nicht so mächtig als Naba; wir wissen aber unsere Angelegenheit doch auch in besonderer Weise zu regeln.« Der Mogo-naba empfing die Botschaft; er schaute hinter seinen Hof und sah die Kürbisranke aus Ninga und daran die zwanzig Kürbisse. Da bekam er Angst und sagte zu den Ningaleuten: »Behaltet lieber eure Kalebassen.« –

Bei den Mossi war es in jener alten Zeit Sitte, daß nur die Großen und die Vornehmen lange Beinkleider trugen. Das niedere Volk mußte sich mit kurzen, zwischen den Beinen hosenartig durchgezogenen Zeugstreifen begnügen. Ein Aufseher der Sklaven des Königs war nun groß und angesehen geworden und der Mogo-naba hörte, daß der Mann die Angewohnheit angenommen hatte, bei sich zu Hause lange Hosen zu tragen. Der Naba Kango dachte: »Dieser Mann wird mir zu groß, ich werde ihn beiseite bringen.« Er sagte einem Boten: »Laufe sogleich zu dem Sklavenaufseher und sage ihm, er soll schnell zu mir kommen, das Fleisch herzurichten.« Der Bote lief hin. Er traf den Sklavenaufseher in seinem Hause, angetan mit langen Beinkleidern. Er sagte: »Naba Kango ruft dich. Du sollst sogleich zu ihm kommen, um Fleisch zu zerlegen.« Der Sklavenaufseher sagte: »Ich komme sofort.« Er wechselte schnell die lange Hose (Kurugu genannt) mit dem kürzeren Lendenhöschen (Pogei genannt), nahm seine Fleischaxt auf die Schulter und machte sich auf den Weg zum Mogo-naba; Naba Kango sah ihn an und sagte: »Es ist dein Glück, daß du im Sklavenkleid kommst. Andernfalls wärst du verloren gewesen. Nun geh, ich habe genug Leute zum Fleisch zerteilen.« –

Eines Tages ward eine der Frauen Kangos guter Hoffnung. Es war aber keine sittengemäß geheiratete Frau. Man verkündete das weit im Lande, und als das Kind glücklich geboren war, brachten die Leute von allen Seiten Geschenke, zumal Stoffe, Kleider und dergleichen herbei, damit alles recht feierlich und großartig hergehe. Die großen und vornehmen Minister der Umgebung des Naba Kango sagten aber: »Dieser Mogo-naba, Naba Kango, ist ein ungemein grausamer und gewalttätiger Mann. Es wäre schlimm, wenn solchem Herrscher ein noch schlimmerer Nachkomme folgen würde.« Dann trugen sie, gleich wie bedacht auf Ehrung dieses Kindes, viele Stoffe und Kleider herbei. Sie riefen: »Man gebe dem Kinde, was ihm zukommt« und häuften so lange Kleider und Stoffe über ihm auf, bis es erstickt war. Dann sagte man dem Naba Kango: »Dein Kind ist geboren, es ist aber auch wieder gestorben.« Der König antwortete: »Man sagte mir schon in Kong, daß ich keinen Nachfolger aus eigenem Blute haben würde.« –

Naba Kango war über alle Maßen streng und sehr grausam. Von seinem Turme aus konnte er weit über das Land sehen. Er sah, wenn abends die Sklavinnen und Arbeiterinnen seines Hofes fort und zwischen den Feldern hingingen, um Wasser oder Holz zu holen. Wenn dann ein Vorübergehender nur mit diesen Hofsklavinnen nichts weiter als ein freundliches Wort wechselte, so ließ er ihn zu sich kommen, sagte ihm, daß er gegen die Ordnung gehandelt hätte, indem er mit den Hof Sklavinnen sprach, und ließ ihn töten.

Solchergestalt tötete er viele Leute. Eines Tages sagte er: »Ich habe genug getötet, ich habe genug Leute auf die gewöhnliche Weise hinrichten lassen. Von jetzt ab will ich nicht mehr so töten wie sonst, sondern ich will einmal verbrennen.« Darauf ließ er in der Nähe von Pinschi die Schmiede viel Holz schlagen und zu einem großen Haufen zusammenwerfen. Darin ließ er Männer und Weiber in großer Menge verbrennen. Seit der Zeit aber wächst an dem Platze kein Holz mehr.

Naba Kango regierte im ganzen dreißig Jahre. Nach seinem Tode bestieg den Thron sein Bruder.

21. Naba Saga. Es war der gleiche, der den Naba Kango auf der Reise nach Kong begleitet hatte. Er residierte in Tsiga. Dauer seiner Regierung unbekannt. Nach ihm bestieg den Thron in Jatenga ein vierter Sohn Nabasseres:

22. Naba Kanko, der nicht mit dem Naba Kango zu verwechseln ist. Er regierte nur sehr kurze Zeit in Kumsidiga. Im folgte ein Sohn des Naba Saga:

23. Naba Tunguri, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja. Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

24. Naba Tanga, der regierte fünf Jahre lang in Wahiguja. Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

25. Naba Ragongo, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja und hatte zum Nachfolger abermals einen Sohn Naba Sagas.

26. Naba Saguru, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja. Er gründete Nabasinigama, »den Platz der Könige«. Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

27. Naba Totebalebo, der residierte in Siga. Er führte einen schweren Krieg mit Rischiam bei Koroko, Sabaseing und Korra. Er verbrannte alle Städte und jagte den feindlichen Fürsten auf den Berg. Nun bat der so geflüchtete Rischiam um Frieden. Rischiam ließ sagen: »Wir sind Verwandte und bei der ganzen Sache handelt es sich doch nur um eine Frau!« Naba Totebalebo war damit einverstanden. Der Friedensschluß kam zustande, und der Mogo-naba von Jatenga machte sich wieder auf den Heimweg. Diesen Rückmarsch benutzte Jembe, der Bruder Totebalebos, den Herrscher aus dem Wege zu räumen und sich selbst auf den Thron zu bringen.

Man erzählt, Totebalebo sei blind gewesen. Als der führende Fulbe den Mogo-naba nun auf das Dorf Darrigima beim See Bama zuleitete, verbreitete Jembe im Hintergrunde, d. h. unter dem Nachtrabe, plötzlich das Gerücht, Rischiam habe den Friedensvertrag gebrochen und greife plötzlich die abziehende Armee Totebalebos im Rücken an. Sogleich bemächtigte sich der Leute eine große Panik. Alles drängte nach vorn, und der mit fortgerissene blinde Naba Totebalebo jagte unversehens auf das Ufer des Sees zu, in dessen Schlamm er erstickte. Jembe hatte seinen Zweck erreicht. Er bestieg als Nachfolger Totebalebos den Thron. Somit regierte wieder ein Sohn Naba Sagas:

28. Naba Jembe. Obgleich man das nach der hinterlistigen Weise, in der er seinen Bruder ums Leben und sich auf den Thron gebracht hatte, nicht glauben sollte, gilt er als der beste Mogo-naba, der je über Jatenga herrschte. Er regierte siebenundzwanzig Jahre lang in Wahiguja. Unter seiner Regierung unternahm eines Tages der Fulbekönig Balobo von Tenekung, Kako und Konari einen anscheinend religiösen Kriegszug gegen die Fulbe von Djellegobi. Die Fulbe von Djellegobi flohen zu Naba Jembe nach Wahiguja und baten um den Schutz des Herrschers von Jatenga. Der ward ihnen zuteil. Naba Jembe sandte seinen Tansoba gegen Balobo, und der gewann den Sieg. Jembe gründete Diniuokoro und andere Ortschaften. Sein Nachfolger war ein Sohn Naba Kankos, nämlich:

29. Naba Sannum, der nur zwei Jahre in Sisamba regierte und von dem nichts Besonderes gesagt wird. Ihm folgte ein Sohn des Naba Tuguri:

30. Naba Ngoboga, der residierte fünf Jahre in Wahiguja. Ihm folgte ein Sohn des Naba Totebalebo:

31. Naba Pigo, der nur sieben Monate in Wahiguja residierte und dem folgte nach ein Sohn des Naba Jembe:

32. Nabo Baogo, regierte von 1884 bis 1895 in Wahiguja. Das wichtigste Ereignis in seinem Leben war ein sehr schwieriger Krieg gegen Mamadu Laki, den mohammedanischen Fulbeherrscher in Bandiangara. Naba Baogos Lage ward dadurch so schwierig, daß ihm im eigenen Lande in Bagare, in einem Sohn des Naba Tunguri ein gefährlicher Widersacher erwuchs, der sich im Jahre 1894 mit dem Fulbeherrscher vereinte und Naba Baogo zwang, auswärts eine Hilfe zu suchen. Sein Appell an den damals eingesetzten französischen Militärchef von Bandiangara hatte zur Folge, daß beiden Königsparteien Friedenshaltung anbefohlen wurde. Naba Baogo war damit nicht gedient. Nach Darstellung der Mossi ward er durch die Fulbe nochmals zum Kampfe gezwungen, der sich bei Tiu abspielte. Nach Angabe der Fulbe hat Naba Baogo den Kampf nochmals begonnen. Jedenfalls ward der Naba Baogo bei dem Streite durch einen Pfeilschuß verwundet und starb kurz nach dem Wiedereintreffen in Wahiguja an den Folgen dieser Verwundung. Ihm folgte sein Widersacher Bagare, der als Mogo-naba von Jatenga den Namen annahm:

33. Naba Bulli (der Sohn Tunguris), der vom 26. Januar 1896 bis 1899 in Wahiguja regierte. Das Eintreten in die Regentschaft ward ihm sehr schwer gemacht, da die wichtigste Partei im Lande gegen den »Bundesgenossen der Fulbe« eingenommen war. Ja, er soll nach den alten Landesgesetzen nicht einmal erbberechtigt gewesen sein. Die Nachkommen des Naba-Saga befehdeten ihn und machten ihm die Lage so schwierig, daß er seine alten Bundesgenossen, die Fulbe in Massina und die französische Regierung zur Hilfe in Anspruch nahm. Sie verhalfen ihm im Jahre 1898 zur rechtmäßigen Anerkennung und Königsweihe zu Gursi. – Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Tunguri:

34. Naba Ligidi, der regierte vom 4. Februar 1899 bis zum 12. Februar 1902. Er war ein bequemer, nach jeder Richtung seniler und stumpfer Mann, dem das Mogo-nabatum ganz gleichgültig war und der dem »Rufe des Volkes« nur Folge leistete, weil seine Großwürdenträger es verlangten. Diese nämlich fürchteten, die Oberherrschaft ihrer Familien aus den Händen zu verlieren, wenn jetzt, was evtl. geschehen konnte, ein Sagasproß ans Ruder käme. Ihm folgte ein Sohn Naba Ngobogas:

35. Naba Kaboga, der am 28. Februar 1902 in Wahiguja die Weihe empfing und bis zur Zeit meiner Abreise herrschte. Er ist ein alter, ziemlich stumpfsinniger Herr, dem am Absynth mehr liegt als an selbständiger Herrscherwürde. Er wird der französischen Regierung jedenfalls keine Schwierigkeiten bereiten.

3. Bericht der Mossi von Tenkodugu

Die Traditionen der Mossi von Tenkodugu führen zurück bis nach »Bingo«, das dem heutigen Fada-Gurma entsprechen soll. Der Sage nach zogen die Ahnen aus dieser Heimat Bingo nach Gambakko, das im englischen Goldküstengebiet liegt. Näheres ist unbekannt. Von Gambakka erfolgte die Wanderung der Mossi nach Tenkodugu, von Tenkodugu endlich zur heutigen Reichshauptstadt Wagadugu. Von der Auswanderung aus Gambakka erzählt der Volksmund.

Der Gambakka-naba hatte viele Töchter. Allen gab er Männer, nur einer nicht; das war Njallanga, seine Älteste. Sie sollte unbemannt bleiben. Njallanga war darob entrüstet und pflanzte eine Mana, eine lange Aubergine. Die Mana keimte, wuchs auf und trug oben an der Spitze endlich eine lange schöne Manafrucht. Die Frucht wuchs hoch oben. Njallanga aß aber diese Frucht nicht. Sie betrachtete sie, pflegte sie, aber nahm sie nicht ab. Der Gambakka-naba fragte sie eines Tages: »Du hast eine schöne Mana. Weshalb bereitest du keine Speise davon?« Njallanga sagte: »Es soll ihr so geschehen wie mir. Alle meine Schwestern sind verheiratet. Nur ich habe keinen Mann. So mag meine Mana auch ungenützt bleiben gleich mir.« Der Vater und die Tochter stritten sich zuletzt darüber. Endlich aber stahl Njallanga eines Tages das Pferd ihres Vaters und ritt heimlich von dannen in den Busch. Im Busch wußte sie nicht Bescheid. Großer Durst befiel sie. Endlich entdeckte sie das Lager eines Jägers. Der hieß Riala. Riala war vom Stamme der Dagana. (Wo die Dagana heimisch sind, konnte mir keiner der Leute sagen.) Njallanga verliebte sich in Riala. Riala verliebte sich in Njallanga. Sie schliefen und blieben beieinander. Als Sohn ward ihnen der erste Sprosse der Mossi geboren, den nannten sie Uidi Rogo. Das war der erste »Mossiknabe«. Den von da ausstrahlenden Stammbaum zählten mir die Tenkoduguleute folgendermaßen auf:

  1. Uidi Rogo
  2. Naba Jungurana
  3. Naba Ubri
  4. Naba Bondogo
  5. Naba Mallaka
  6. Naba Tjemmogo
  7. Naba Rabuile
  8. Naba Bugu
  9. Naba Sigilli
  10. Naba Djigimpolle
  11. Naba Jemde
  12. Naba Bongo
  13. Naba Sallugo
  14. Naba Djigimde
  15. Naba Sapellema
  16. Naba Sannam-Saare
  17. Naba Karongo, gestorben 1907
  18. Naba Kom, zur Zeit meiner Durchreise Herrscher.

Alle diese Herrscher sollen jeder immer der Sohn des Vorhergehenden gewesen sein.

4. Die geschichtlichen Überlieferungen der Leute aus Bingo oder Fada Gurma

Die historische Vergangenheit der Stämme von Bingo oder Fada-Gurma beansprucht ganz besonderes Interesse, denn sie stellt den Übergang zwischen den Mossi und den Ostsonghai dar. So war es mir denn eine große Freude, als der Administrateur der französischen Station Fada-Gurma meiner Bitte Raum gab und mir einige alte, in der Geschichte wohlbewanderte Leute zu Studienzwecken nach Wagadugu sandte. Später konnte ich selbst noch einiges im Mobalande hören und endlich hatte auch Hauptmann Meilin die Freundlichkeit, den auf deutsches Gebiet entflohenen König von Pama abzuhören. Wie nachgehend an der Hand des Stammbaumes gezeigt werden wird, entsprechen meine in Wagadugu gesammelten, und die von Hauptmann Mellin in Mangu gesammelten Stammbaumangaben einander vollkommen.

Die Bingoleute Gurmas nennen sich selbst Binumba (Sing. Bina) und berichten von ihrem Ursprünge folgendes:

Djaba, der erste Mensch, fiel vom Himmel zur Erde herab. Damals war die Erde noch weich, und so drückten sich seine Glieder tief in die Erde ein. Man kann diese Stelle heute noch sehen. Otiennu, das ist Gott, sandte noch andere Menschen alldort herab, und so ward das Menschenvolk. Vor allen war aber Djaba der erste. Als er kam, hatte er seine Kalebasse bei sich. Er verließ den Platz, an dem er herniedergekommen war, und baute sich andern Ortes an. Da errichtete er Häuser. Aber jener Ort des ersten Herniederkommens wird heute noch heilig gehalten. Er heißt Lompodenni und liegt etwa vier Tagereisen nördlich von Fada-Gurma. Kein Mensch darf daselbst seinen Acker bauen. Bis vor kurzer Zeit (die heutige Landeshauptstadt ist ein wenig weit entfernt und so hat man den Brauch aufgegeben) wurden daselbst große Opfer dargebracht und viele heilige Zeremonien abgehalten. – Djaba gilt auch als erster Gesetzgeber und Ordner. An dem Tage, da er herniederfiel, sagte er: »Meine Leute sollen nicht Usuano (Vampyrmenschen, in Mande Subaga) werden. Sie sollen auch nicht Djondjonne (Diebe) sein.« Fernerhin sagte er: »Bis heute sind es nicht viele Menschen. Aber es werden deren sehr, sehr viele werden. Ihr sollt andere Völker bekriegen, aber unter euch sollt ihr immer Frieden halten.« Im Anfange bestellten die Binumba nicht den Acker. Djaba und seine Leute gewannen Korn, Vieh, Frauen und Kleider nur durch Kriege. Die Vornehmen sind bei dieser Lebensweise geblieben und lassen heute noch die Sklaven arbeiten, selbst nichts anderes tuend als befehlen.

Eines Tages wurde Djaba krank. Er war sehr lange krank und starb endlich. Man packte ihn auf ein Pferd und führt ihn so ans Flußufer, wo der Strom eine große Höhle in den Felsen gefressen hatte. Ein Pferdejunge führte das Pferd mit der wertvollen Last dahin. Der Junge kam nicht wieder. Man weiß nicht, wo Leiche, Pferd und Pferdejunge geblieben sind. Auch kennt man die Stelle nicht mehr, an die die Leiche gebracht war. Nur erinnert man sich noch recht genau der Einkleidung der Leiche. Es war ein Stier getötet, seine Haut abgezogen und dahinein die Leiche gehüllt worden. Darauf hatte man sie auf einen Pferdesattel gesetzt und ihr ein weißes Gewand umgehängt, so daß es war, als wenn ein Lebender ritte. Auf dem Pferdesattel war er festgebunden und fortgeführt.

Ihm folgte sein ältester Sohn Tidafo oder Tidabo. Man betrachtet ihn, glaube ich, als den ersten König von Fada-Gurma. Der Sohn dieses Obato (Obato soll das alte Wort für König sein) ging nach Gambakka. Er gewann viele Anhänger, indem er an tapfere, aber arme Leute Kleider, Pferde und auch wohl ein Weib vergab. Als er so ein starkes Gefolge beisammen hatte und eines Tages von einem Großen, namens Djamfallama, hörte, versammelte er die sorgsam gewonnenen Freunde, überfiel jenen und zerstörte dessen Markt. Djamfallama war der Herr eines Kanibalenvolkes, das weit im Süden, weit südlicher als Djuggu oder Dsuggu (Wangara) wohnte. Möglicherweise ist dieser Name aber nicht der eines Königs, sondern der eines Volkes. Nach diesem Kriege lebte er außerordentlich friedlich. Ihm folgte sein Sohn Untani.

Von dem Obato Untani erzählte man sich sehr merkwürdige Sachen. Er soll ein riesengroßer und grausig starker Mann gewesen sein. Er hatte die Gewohnheit, am Morgen Pfeil und Bogen zu nehmen und auf die Jagd zu gehen. Gemeiniglich erlegte er einen Elefanten, und von dem verspeiste er dann die Hälfte. Er war so stark, daß er einen Elefanten auf dem Kopfe zu tragen vermochte. Über den Arm gestreift trug er einen Litandi genannten Steinring, der war von so mächtigem Umfange, daß ihn kein gewöhnlicher Mensch über den Arm zu streifen vermochte. Ähnliche Steinringe werden übrigens heute noch in Billanga hergestellt. Untani war nur Jäger und führte keine Kriege. Von seinen Jagden aber werden ganz erstaunliche Sachen erzählt. So sollte er eines Tages einen Elefanten lebend fangen. Er packte ihn an einem Zahn. Er hielt ihn fest. Unter dem Sträuben des Elefanten brach das Elfenbein. Der Zahn blieb in der Hand Untanis, und der Elefant lief von dannen.

Ihm folgte sein Sohn Banjiroba, der war im Gegensatz zu seinem Vater außerordentlich kriegerisch. – Leider brach an dieser Stelle die Geduld meiner Legendenerzähler ab. Ich mußte froh sein, die historischen Angaben schon vorher verzeichnet zu haben.

Indem ich hier den Stammbaum mit der Angabe der Gebietseinnahme wiedergebe, betone ich, daß in Gurma, ebenso wie im alten Mossi jeder Herrscher eine neue Provinz aufgesucht zu haben scheint, die sein Sohn (vielleicht als Kurita) besiedelte.

  Die von mir in Wagadugu aufgenommene Reihe   Mellins Reihe, aufgenommen in Sansanno Mangu
1. Djaba, lebte in Lompodenni. Siehe oben.   Fehlt
2. Tidafo oder Tidabo, sandte seinen Sohn nach Gambakka. Nachkommen sollen heute noch im Dorfe Madjoali wohnen.   Tiderpo
3. Untani sandte seinen Sohn nach Tenkodugu. Nachkommen sollen noch in Piete oder Piedo wohnen.   Untali
4. Bairoba sandte seinen Sohn nach Bulsi oder Bulsena. Nachkommen sollen heute noch in Konguaung wohnen.   Banyidoba
5. Labetieto sandte seinen Sohn nach Bilanga. Nachkommen sollen noch in Toboga wohnen.   Labedeto
6. Tedi Utueteba sandte seinen Sohn in das Land Djaforri, d. i. die Gegend von Sansannu Mangu. Die Leute nennen ein Dorf »Kankambo«. Sollte das das Konkombavolk sein? Jedenfalls ward dieser Sproß Djaforrinaba genannt. Nachkommen sollen noch in Sabodaga wohnen.   Tantodeba
7. Tokurum sandte seinen Sohn in das Land Boko, das westlich von Fada Gurma liegen soll. Nachkommen sollen noch in Jirine leben.   Takurmu
8. Nima sandte seinen Sohn nach Janga zwischen Tenkodugu oder Pama. Wohl gleichbedeutend mit Sanga. Nachkommen noch in Nagali.   Nyima
9. Bogali sandte seinen Sohn nach Gajelli, das (offenbar zwischen Fada-Gurma und der französischen mit dem Folgenden Nigerortschaft Njame gelegen ist. vertauscht) Nachkommen noch in Logobu.   Goli
10. Goli sandte seinen Sohn in die gleiche Richtung nach Boti oder Botu, das auch nach Njame oder Niamey hin liegt. Nachkommen noch in Kinde-komu.   Borle (offenbar mit dem vertauscht)
11. Kambambi sandte seinen Sohn nach Kallungu oder Djallungu, das in gleicher Gegend liegen soll. Nachkommen noch in Tanga.   Kambamba
12. Tantjalli oder Tankjalli sandte seinen Sohn nach Kantamballi, das in gleicher Gegend liegen soll. Nachkommen noch in Bjau.   Tantyall
13. Lessuangi sandte seinen Sohn nach Se-dani, das nahe Fada-Gurma liegt. Nachkommen noch in Djemu.   Yesonge
14. Jendabelli sandte seinen Sohn nach Kualla, einer Landschaft, die südlich Doris liegt. Nachkommen noch in Njambi.   Yendabli
15. Jembillima sandte seinen Sohn nach Dsuggu oder Djuggu im Borgugebiet. Nachkommen noch in Guellesaga.   Yembilma
16. Bangama sandte seinen Sohn nach Boanganti, einer Landschaft, die auch nach Dori-Liptako, aber weiter als Bilanga gelegen ist. Nachkommen leben noch in Guama.   Bangama
17. Jengama sandte seinen Sohn nach Naga, das in der Richtung auf Djuggu in Borgu, und zwar in den Bergen gelegen ist. Nachkommen noch heute in Tamonsa.   Jengama
18. Jenkirrima sandte seinen Sohn nach Koba, das in der Gegend von Naga liegen soll. Nachkommen noch heute in Odju.   Yenkilma
19. Jenkabilli sandte seinen Sohn nach Tjaungbatu oder Tschaungbatu (Batu-Land), das wieder in der Richtung auf Dori zu liegt.   Yentyable
20. Jempabo sandte seinen Sohn nach Jambi, das in der Richtung auf Bussuma zu liegt. Nachkommen heute noch in Namudjungu.   Dyempabu
21. Jampatogo sandte seinen Sohn nach Jenquam, einem Ort, der zwischen Wagadugu und Fada-Gurma liegt. Nachkommen leben heute noch in Kongimadu.   Dyambampadegu
22. Jonkuoli sandte seinen Sohn nach Namum, einem Lande (daher Namumbatu), das einen Tag östlich von Fada-Gurma liegt. Nachkommen noch in Kuoli oder Kuali.   Dyenkoli
23. Bansanti, heutiger Machthaber von Fada-Gurma   Bantyanti

Ich möchte nicht unterlassen darauf hinzuweisen, daß die sämtlichen Ortschaften oder Länder, in die die Söhne »gesandt« wurden (vielleicht soll es auch heißen, daß sie da geboren wurden, daß also die Väter dort ansässig waren), in einer bestimmten Gegend liegen. Sie nehmen nämlich nach den Fada-Gurmaleuten ganz genau den zwischen dem Niger-kualla und dem Mossilande gelegenen Landstreifen ein.

Die schöne Übereinstimmung der Linie Hauptmann Mellins mit der meinen wird noch durch folgende Nachricht Mellins (vom 30. Januar 1909) vertieft: »Der Ahn der Gurma-Königsfamilie ist Lumpo. Nach seinem Tode wurde das Reich unter Tiderpo (Fada Gurma) und Tyima (Pama) geteilt. Eine dritte Linie soll nach Bilanga nordwestlich von Gurma gewandert sein. Von dieser Linie sowie über die Lage von Bilanga können nähere Angaben nicht gemacht werden. Mein Gewährsmann Bangama will keine Familienbeziehungen zu Mossi und Dagomba haben, kennt auch nicht die Bingosage. Gurma wird auch Bima genannt. Die Gurma-Königsfamilie ißt nicht: »Wildschwein, schwarze und rote Affen, Hund, Riesenschlange, Esel, Pferd.« Letzteres anbelangend habe ich für Fada-Gurma als vererbtes Speiseverbot notiert: Ziege (Unguabo), Elefant (Uolummo und Hund (Uosanguanlo). Den königlichen Beamten von Fada-Gurma ist die historische Abhängigkeit des Mossireiches besser bekannt als den Pamaleuten. Sie sagen: »Wenn der Wagadugu-Mogonaba stirbt, senden die andern Naba nach Fada-Gurma: ein Pferd, einen Sklaven, das Sitzfell des verstorbenen Königs und Salz. Dazu sagen sie: »Dein Sohn ist gestorben; gib uns einen andern Sohn.« Das ist streng gewahrtes Gesetz. – Allerdings haben die Mossi von Wagadugu mir das bestätigt.

 

Pama

Die Reihe der Pamaherrscher nach Hauptmann Mellins Nachforschungen ist:

  1. Tyima,
  2. Mintoba,
  3. Yesongoa,
  4. Yeson,
  5. Tobinen,
  6. Konkonbi,
  7. Tanyimpama (erster Regen),
  8. Tuntanenkago (große Kalebasse),
  9. Marebi,
  10. Bongama,
  11. Burkiti (war ein großer Krieger),
  12. Tampiegu,
  13. Nimberi,
  14. Dyemo,
  15. Gontili,
  16. Fayegu,
  17. Gentima,
  18. Senadar,
  19. Hamadigu,
  20. Jentyabile,
  21. Saare,
  22. Jantama,
  23. Jentugri,
  24. Yangarma,
  25. Bangama (jetziger König von Pama-Borgu; seine Brüder heißen: 1. Jeloba, 2. Gabliga, 3. Kodenduri, 4, Sontyabu, 5. Alisuma, 6. Minilaba, 7. Dyedam).

 

Moba

Aber nicht nur die Pamaleute müssen in historischen Zusammenhang mit den Gurma gebracht werden, sondern auch die den Norden der deutschen Kolonie bewohnenden Moba. Diese Leute nennen sich selbst Bimoba (Sing. Bimba), woraus schon die Verwandtschaft spricht. Aber ihre Sprache ist außerdem ein leicht erkenntlicher Gurmadialekt. Hier einige Lokalangaben: 1. Nadjundi. – Die Eingeborenen geben an, seit Menschengedenken in diesem Orte gewohnt zu haben. Einmal war aber Hungersnot. Da flohen sie nach Kantinti. Alle Kantintileute stammen aus Nadjundi. Der nicht sehr vollständige Stammbaum lautet:

1. Lantipirri
war der erste in Nadjuni lebende Herrscher
2. Kanjemandi
3.Siepamba
waren seine Nachfolger, beides Söhne Lantipirris, also Brüder,
4. Mentirri
ward Nachfolger, Sohn Kanjemandis,
5.Djampatogo
ward Nachfolger, Sohn Siepambas,
6. Djenntjabirri
ward Nachfolger, Sohn Mentirris,
7. Djemboto
ward Nachfolger, Sohn Mentirris,
8. Namidjuguri
ward Nachfolger, Sohn Djampatogos,
9. Djemtemba
ward Nachfolger, Sohn Mentirris,
10. Lasongi
ward Nachfolger, Sohn Djenntjabirris,
11. Djennfauna
ward Nachfolger, Sohn Djenntjabirris,
12. Djenntuguri
ward Nachfolger, Sohn Djembotos, lebt und regiert noch heute in Kantinti.

2. Dapong. – Die Dapongleute behaupteten, nicht nur ihre eigenen Könige zu kennen, sondern auch eine Ahnenreihe dieser Gurmakönige, oder wie sie sagen, »dieser Könige in Bingo«, von denen sie abstammen. Diese Liste lautet:

  1. Jentode,
  2. Kentewure,
  3. Bambilanga,
  4. Jengelim,
  5. Kollane,
  6. Kollane,1
  7. Djabo(ng),
  8. Dammure,
  9. Banesunde,
  10. Demogere,
  11. Tingedane,
  12. Aguare,
  13. Njamtante, Bruder des vorigen,
  14. Jenkirrima,
  15. Billanda Pilli (der war es, der aus Bingo nach Dapong übersiedelte).

Merkwürdigerweise behaupten die Häuptlinge in Dapong, aber nicht von Billanda Pilli, sondern von seinem Bruder Njamtantes abzustammen, und zwar zählen sie die in Dapong geborene Häuptlingslinie wie folgt her:

  1. Dude,
  2. Lale, Sohn des vorigen,
  3. Sanjuogo, Sohn des vorigen,
  4. Jiboanga, Sohn des vorigen,
  5. Jakabo, Sohn des vorigen,
  6. Jinde, Sohn des vorigen,
  7. Jankare, Sohn des vorigen, heutiger Häuptling von Dapong.

 

3. Bogu. – Die Moba von Bogu geben einstimmig an, daß ihr Ahnherr Nangmua seinerzeit aus dem Lande Bingo in ihren heutigen Wohnsitz gekommen sei. Als Stammbaum zählen sie fernerhin auf:

  1. Nagmua oder Nangmwa.
  2. Lelange, Sohn Nangmuas, ward Nachfolger,
  3. Jiale-Biego, ebenfalls Sohn Nangmuas, ward Nachfolger.
  4. Mago ward Nachfolger, sein Vater nicht feststellbar.
  5. Njagumpa(p), Sohn Lelanges, ward Nachfolger,
  6. Kumbenkure, Sohn Jiale-Biegos, ward Nachfolger,
  7. Kampenanga, Sohn Kumbenkures, ward Nachfolger,
  8. Kungaduenn, Sohn Kampenangas, ward Nachfolger,
  9. Lankobogas, Sohn Kungaduenns, ward Nachfolger,
  10. Bandammere, Sohn Lankobogas, ward Nachfolger,
  11. Barrimbarrum, Sohn Lankobogas, ward Nachfolger,
  12. Naquego, Sohn Bandammeres. ward Nachfolger,
  13. Londajarrungu, Sohn Kungaduenns, ward Nachfolger,
  14. 1Kannatane, Sohn Barrimbarrums, ward Nachfolger,
  15. Lukumpiri, Sohn Naquegos, ist der heutige Beherrscher des Distriktes Bogu oder Buogo

Aus diesem Typus unregelmäßig sich abwechselnder Brüder und Söhne kann man sich sehr wohl ein Alter der ganzen »Bogudynastie« berechnen.

 

4. Geschichtliche Überlieferung der Dagomba
Für uns von Hauptmann Meilin gesammelt in Jendi

Es war eine alte Frau, die hieß Male. Sie hatte Durst. Torse, ein hellhäutiger Jäger, kam zu dem Hause der alten Frau. Er war auch durstig. Er bat um Wasser. Er wandte sich an die alte Frau Male und bat sie um Wasser. Die Frau Male sagte: »Wir sind hier in dem Orte Nyalmajinga. Alle, die wir im Dorfe Nyalmajinga sind, haben Durst. Wir können kein Wasser erhalten, denn am Teiche ist ein großer Büffel.« Der Jäger Torse sagte: »Gebt mir eine Kalebasse. Ich will hingehen und Wasser holen.«

Die Leute gaben ihm eine Kalebasse. Er nahm sie und ging zum Teiche. Er wollte sie füllen. Der Büffel hörte das Geräusch. Er kam auf den Jäger zugestürmt. Torse, der Jäger, nahm einen Pfeil, er legte ihn auf den Bogen und schoß ihn dem Büffel ins Herz. Das Tier stürzte tot hin. Torse schöpfte nun Wasser. Dann nahm er seine Axt ab und schlug dem Büffel das rechte Horn ab; es war aus Silber, Er schlug das linke Horn ab; es war aus Gold.

Dann machte er sich auf den Rückweg. Er ging zurück und kam zum Hause der Frau. Er gab der alten Frau Male genug ab, daß sie trinken könne. Die Alte fragte: »Wo hast du das Wasser herbekommen?« Torse sagte: »Ich habe den Büffel getötet.« Dann zog er aus seiner Tasche die Hörner und den Schwanz des Büffels hervor. Als die alte Frau das sah, wurde ihr Herz weiß vor Freude. Sie gab ihren Kindern und Enkeln Kalebassen, daß sie darauf trommelten.

Der König von Bingo, Mule Maliia, hörte das und ließ die alte Frau rufen. Er fragte sie: »Warum läßt du denn trommeln und tanzen?« Die alte Frau antwortete: »Es ist ein weißer Jäger mit Namen Torse gekommen, der hat den Büffel am Wasser getötet.« Der König sagte: »Du hast selbst nichts und willst den Fremden beherbergen?« Er ließ Torse zu sich holen und sagte zu seinem Tumptere, d. i. der Oberste der Reiter: »Nimm den Torse in dein Haus.«

Vier Tage lang war Torse im Hause Tumpteres.

Dann sagte er: »Mein König, ich will jetzt wieder heimkehren. Ich bitte mir ein Geschenk aus. Unter deinen Töchtern ist eine, die hat keine Beine. Gib mir die zur Frau.« Der König sagte: »Ich habe viele Kinder und hübsche Mädchen und du willst gerade diese, die keine Füße hat?« Torse sagte: »Ja, gerade die.« Er nahm das Mädchen Gulyen (?) Wobega auf seine Schultern und trug sie fort. Er ging mit ihr zu der alten Frau, um von ihr Abschied zu nehmen. Er sagte: »Ich gehe nach Hause.« Die alte Frau fragte: »Hat Maliia dir niemand als Geleit mitgegeben?« Der Jäger sagte: »Ich bat nicht darum.« Dann ging er von dannen.

Die Alte nahm ihre zwei jungen Söhne und sagte: »Dort geht Torse von dannen. Folgt ihm unbemerkt, bis er daheim angekommen ist, so daß ihr seine Heimat kennt und den Weg, der dahin führt.« Die Jünglinge folgten Torse bis Sonnenuntergang. Als die Sonne unterging, reinigte er eine Stelle im Busche und setzte daselbst Wobega nieder. Dann nahm er Pfeil und Bogen. Er ging auf die Jagd und schoß Palbua – so nennen die Dagomba eine kleine Antilope –; er schlug Feuer; er briet das Fleisch; sie aßen.

Am andern Morgen trug er seine Frau Wobega weiter. Die Jünglinge folgten ihm ständig und unbemerkt auf dem Fuße. Torse trug seine Frau immer weiter, und so kamen sie zuletzt an eine Berghöhle, in der der Jäger wohnte. Die Höhle soll hinter dem Lande Gurma, man weiß aber nicht mehr genau die Gegend und noch viel weniger den Ort, gelegen haben.

Dort kehrten die beiden Jünglinge um. Sie gingen heim zu der Alten und sagten ihr: »Wir folgten dem Jäger; er ging in seine Höhle, wir kennen jetzt den Weg.«

 

Es kam Krieg über den König Maliia. Heiden waren es, die über ihn herfielen. Der König sagte zu der Gurma-Alten: »Wo ist unser hellfarbiger Jäger?« Die Alte sagte: »Als du ihm deine Tochter zur Frau gabst, gaben ihm deine Leute damals nicht das Geleit und kennen die denn nicht mehr den Weg zu seiner Wohnung?« Der König schwieg. Darauf sandte die Frau die beiden Jünglinge, die sie vordem als Kundschafter ausgeschickt hatte, daß sie jetzt die Botschaft des Königs überbrächten.

Die beiden Männer gingen. Sie schliefen wieder am gleichen Lagerplatz im Busche und gingen am andern Morgen weiter. Dann kamen sie an Torses Höhle. Sie traten ein. Sie sahen ihn nicht. Sie sahen auch nicht seine Frau. Sie sahen nur Lumbu; das war Torses Sohn. Lumbu fragte die Leute: »Woher kommt ihr?« Die Männer sagten: »Dein Vater Torse kam in unseren Ort. Der König Maliia gab ihm seine Tochter zur Frau. Jetzt überziehen Heiden das Königreich mit Krieg. Der König sendet uns hierher, Torse zu bitten, daß er uns errette, wie er uns seinerzeit von dem Stier befreit habe.«

Lumbu sagte darauf: »Es ist wahr, daß Torse mein Vater und Wobega meine Mutter waren. Aber mein Vater und meine Mutter sind beide gestorben. Aber mein Vater Torse hat euch geholfen, ohne daß er Maliia kannte. So will ich jetzt auch meinem Großvater helfen. Laßt uns gehen.«

Lumbu ging mit den Leuten zum Königsdorfe. Lumbu schlug die Heiden in die Flucht und tötete deren viele. Sodann zog Lumbu mit den Kriegern Maliias nach Biali. Tindana (?) war ein König in seinem Orte. Zu ihm ging Lumbu mit seinen Kriegern. Er blieb am Flusse nahe dem Orte Tindanas, um auszuruhen. Er blieb da mit seinen Kriegern liegen.

Tindanas hatte (gerade damals) von seinen Großleuten Arbeiter eingefordert, die ihm bei der Landbestellung helfen sollten. Die Großleute hatten sie ihm gegeben, hatten aber gesagt: »Laß Donnerstag nichts auf den Feldern arbeiten. Denn Donnerstag ist ein heiliger Tag. Laß deine Frauen auch nicht Wasser aus dem Fluß holen.« Tindana kümmerte sich um diese Warnung nicht, sondern ließ am Donnerstag arbeiten wie an jedem andern Tage. Tindana ließ am Donnerstag auf dem Felde arbeiten.

Nun war ein Sohn von Tindana, der hieß Oaschiero, der hatte eine Tochter Tindanas mit Namen Meschisobra zur Braut. Meschisobra ging an die Stelle, an der die Leute im Busche ihre Feldarbeit verrichteten. Sie sah, daß ihr Liebster durstig war und kein Wasser hatte. Da nahm sie einen Topf, um an den Fluß herabzugehen und Wasser zu schöpfen. Sie kam an den Fluß und sah dort Lumbu sitzen.

Sie bekam bei dem Anblick einen solchen Schrecken, daß sie den Topf hinwarf und fortlief. Lumbu rief ihr nach und sagte: »Fürchte dich nicht! Laufe nicht fort!« Als sie zurückkam, fragte er: »Warum liefst du fort, als du mich sahst?« Meschisobra sagte: »Mein Vater hat Feldarbeiter, die sind durstig, ich ging zum Flusse herab, um Wasser zu schöpfen.« Er sagte: »Schöpfe dein Wasser, trage es auf das Feld, und sage dann deinem Vater, ich, Lumbu, säße hier am Bache.«

Das Mädchen schöpfte Wasser, brachte es aufs Feld und erzählte ihrem Liebsten, was sie erlebt hatte. Ihr Liebster erzählte es den Großleuten. Die Großleute aber gingen zu Tindana und sagten: »Nun siehst du es! Wir haben es dir immer gesagt, du sollst am Donnerstag nicht das Feld bearbeiten und nicht Wasser tragen lassen. Nun es aber einmal so geschehen ist, sende zum Flusse und laß Lumbu Wasser geben.«

Tindana nahm einen Topf, schöpfte Wasser und füllte den Topf. Er nahm das und ging mit dem Ältesten zum Flusse hin, wo Lumbu saß. Er kam zu Lumbu. Lumbu sagte: »Du bist Tindana und bringst mir Wasser in diesem Topfe? Der Topf ist nicht gut!« Dann nahm Lumbu Lehm vom Flusse und gab ihn Tindana. Er sagte: »Forme daraus ein Gefäß von der Gestalt einer Kürbisflasche.« Lumbu nahm eine Ähre Sorghum, gab sie Tindana und sagte: »Pflanze sie noch heute, sie wird noch heute aufgehen, aufwachsen und Frucht tragen.« Lumbu nahm einen Kürbiskern, gab ihn Tindana und sagte: »Pflanze ihn; er wird aufgehen, wachsen und noch heute eine Kürbisflasche zeitigen.« Dann sagte Lumbu: »Aus der Frucht, die das gepflanzte Sorghum tragen wird, soll deine Tochter Mehl mahlen. Das soll sie in die Kürbisflasche füllen. Wasser soll sie mit dem eben geformten Flaschentopf holen. Beides soll sie mir bringen.«

Tindana ging und tat, wie Lumbu ihm geheißen hatte. Das Korn und der Kürbiskern wurden gepflanzt und gingen auf und wuchsen und trugen Früchte. Der Topf in Form einer Kürbisflasche ward geformt, und gegen Mittag ging Tindanas Tochter zum Flusse, Wasser zu schöpfen. Das Wasser goß sie auf das Mehl in der Kürbisflasche. Sie mischte es und brachte es Lumbu.

Als das geschehen war, sandte Tindana zu Lumbu und sagte: »Mein Sohn, komm zu mir, ich will dir ein Haus geben.« Lumbu folgte der Aufforderung und erhielt das Gehöft Tindanas als Wohnstatt angewiesen. Tindana sagte zu seiner Tochter: »Ein Hund, der ein Ei frißt, muß dafür aufkommen! Du warst es, der Lumbu hierher gebracht hat. Infolgedessen werde ich dich ihm zur Frau geben.«

So erhielt Lumbu die Tochter Tindanas zur Frau. Die gebar einen Sohn. Das Kind wuchs zum Knaben heran, der mit seinem Onkel in den Busch ging, um die Rinder zu hüten. Der Knabe sah eines Tages ein Rebhuhn. Er erlegte es mit einem Pfeilschuß. Der Onkel sagte: »Mach ein Feuer, wir wollen das Rebhuhn braten!« Der Knabe tat es. Dann brieten sie es. Der Onkel gab seinem Neffen aber nur den Kopf und ein Bein ab. Das andere aß er selbst.

Als der Knabe nach Hause kam, erzählte er es seiner Mutter: »Ich habe ein Rebhuhn geschossen. Der Onkel hat mich dann Feuer machen lassen. Wir haben es gebraten. Er hat mir dann nichts als ein Bein und den Kopf abgegeben und das andere hat er selbst gegessen.« Die Mutter sagte: »Schweig und sag' es nicht dem Vater.«

Am andern Morgen ging der Knabe wieder mit seinem Onkel in den Busch, das Vieh zu hüten. Der Knabe erlegte ein Perlhuhn mit einem Pfeilschuß. Der Onkel sagte: »Mach Feuer an.« Der Knabe machte Feuer. Der Onkel briet das Perlhuhn. Dann aß er es, dem Knaben gab er nur ein Bein und den Kopf ab. Als sie heimkamen, erzählte der Knabe der Mutter: »Ich habe ein Perlhuhn geschossen. Der Onkel hat mich Feuer machen lassen. Er hat das Perlhuhn gebraten. Dann hat er mir nur ein Bein und den Kopf abgegeben. Das andere hat er selbst gegessen.« Die Mutter sagte: »Schweig und sag' es nicht dem Vater.«

Am andern Morgen ging der Knabe mit dem Onkel wieder in den Busch, um das Vieh zu hüten. Der Knabe erlegte einen Hasen mit einem Pfeilschuß. Der Onkel sagte: »Mach Feuer an.« Der Knabe machte Feuer. Der Onkel briet den Hasen. Dann aß der Onkel den Hasen und gab dem Knaben nur ein Bein und den Kopf ab. Als sie heimkamen, sagte der Knabe das nicht seiner Mutter, sondern seinem Vater Lumbu. Er sagte ihm alles, was vorgekommen war.

Lumbu hörte es und ging zu Tindana. Er sagte: »Mein Sohn hat Jagdbeute erlegt. Man hat ihm aber das Fleisch fortgenommen. Wenn du nun in Zukunft einen Ochsen schlachtest, so verzichte ich auf das Fleisch und will weiter nichts als Schwanz und Fell haben.« So geschah es. Jedesmal, wenn Tindana Ochsen schlachtete, erhielt Lumbu das Fell und den Schwanz. Das geschah so oft, bis deren zwölf waren.

Als Tindana zwölfmal die (erniedrigende) Teilung in dieser Form vorgenommen hatte, fragte Lumbu eines Tages den Sohn Tindanas: »Wenn dein Vater Ochsen für den Fetisch geschlachtet hat und die Jugend tanzt und singt, – wo hält sich dann dein Vater auf?« Der Sohn Tindanas sagte: »Mein Vater liegt dann oben unter dem Dache.«

Als nun der nächste Ochse geschlachtet werden sollte, schärfte Lumbu heimlich sein Messer und verbarg es im Ärmel. Dann schlich er sich in den Oberraum des Hauses, in dem Tindana schlief. Er schnitt Tindana den Hals durch. Dann ging er nach Hause.

Als am andern Morgen Tindanas Frau ihrem Gatten heißes Wasser bringen wollte, daß er sich waschen könne, fand sie den König tot. Sie schrie laut auf. Sie schrie so, daß alle Leute zusammenliefen. Alle riefen: »Wer hat Tindana getötet?« Lumbu trat darauf hervor und sagte: »Ich habe ihn getötet.« Er fuhr fort: »Wessen Sohn nennt ihr Yornesorberi? (Mann des Busches). So heißt nicht mein Sohn. Mein Sohn heißt Nyergele, auch ich heiße Nyergele, d. h. ich habe Rache genommen für die Beleidigungen, die ihr meinem Sohne zugefügt habt.«

Als Lumbu Tindana getötet hatte, wurde er, Lumbu, »König«. Lumbu zeugte noch einen Sohn und nannte ihn Namsisheri, einen dritten Hergensang, einen vierten Oyipupolla, einen fünften Gili, einen sechsten Kemtili, einen siebenten Foroth, einen achten Bena.


 << zurück weiter >>