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13. Kapitel: Legenden der Nupe

Über Nupe, Land und Volk vgl. Bd. VIII, in welchem eine Beschreibung des Volkslebens mit Karte und eine Anzahl der Volksmärchen (Etschi) zum Abdruck gebracht sind.]

Die eigentlichen Erzählungen und Berichte der Nupe, Haussa und Joruba zerfallen in drei Gruppen:

  Nupename. Haussaname. Jorubaname.
1. Historische Berichte, also Geschichtsüberlieferungen. Etan-jepain. Labari-nda. Jta-ati-djo.
2. Historische Legenden, Sagen, Überlieferungen. Gamaga. Dama-gana. Aka weora.
3. Märchen, Fabeln, Geschichten, Volkserzählungen. Etschi. Tassunja. Alo.

Die ersten von diesen: die eigentlichen historischen Kenntnisse des Volkes, ruhen in den Köpfen der alten Leute und in tabellarischen Chroniken. Die Fulbe haben arabische Chroniken auf Papier geschrieben und Aufzeichnungen gemacht von der Zeit an, da sie in diese Länder kamen. Sie sind aber beim Sturme der Engländer auf Bida verbrannt. Wenigstens behaupten die Fulbe das. Es ist immerhin nicht ausgeschlossen, daß das nicht ganz wahr ist und daß hier oder da noch die Kopien einer arabischen Geschichtsbeschreibung der letzten Jahrhunderte bestehen. Die Nupe haben vordem Tatsachen ihrer Geschichte auf Leder geschrieben. Mit dem Islam kam andere Schrift und Schreibweise ins Land und wurden dann auch jene Königsreihen aufgezeichnet, von denen ich einige Niederschriften im Süden entdeckte. Die für die heutigen Nupe geschichtliche Periode beginnt vor etwa hundert Jahren mit dem Einzug der Fulbe, mit dem Auftauchen des Mallem-dando, mit jenem fürchterlichen Kriege, der das ganze Land zerstört, die Bevölkerung dezimiert und die Herrschaft in die Hände der Fulbe langsam, aber sicher hinübergespielt hat.

Was also dieser eigentlich historischen Periode vorangeht, was aus der Zeit vorher im Volke berichtet wird, muß als Legende, Sage, nur locker mit der Wahrheit verbundene Überlieferung bezeichnet werden. Dieses Gemenge von Überlieferungen wird zumeist von einer Art Spielleute lebendig erhalten. Nur die ersten Edegilegenden kennt der größte Teil des Volkes. Alle andern von Edsu Masu, Edsu Audu, Edsu Mjikako usw. usw. werden von den Spielleuten zur Gitarre gesungen. Diese Gitarre heißt in Nupe Dunguru, in Haussa Gurmi. Die Spielmannslaute der Nupe ist von langgestreckter Form, die der Haussa mit kugeligem Kalebassensarge versehen. Diese Lauten werden beide (zumal letztere) Jägergitarren genannt, und deshalb heißen die Barden bei den Haussa auch Gurmi-mahalla (Mahalla = Jäger), während sie bei den Nupe Dunguru satschi heißen. Jeder König hat an seinem Hofe eine Anzahl solcher Spielleute. Daß dies eine sehr alte Institution ist, die nicht erst mit dem Islam und den Fulbe ins Land kam, beweist ja der Name der »Jägergitarre« zur Genüge.

Diese Bardengesänge weisen, wie gesagt, einen verhältnismäßig schwachen Zusammenhang mit der historischen Wahrheit auf. Die Edegisagen, die Überlieferungen von der Einwanderung dieser alten Helden bergen vielleicht und wahrscheinlich noch am meisten Geschehenes. Geschichtlich wahr ist an der Mehrzahl der andern Sagen wohl nur der Name des betreffenden Königs, unter dessen Herrschaft sich die und die Geschichte abgespielt haben soll. Wir lernen also daraus, daß einmal ein Edsu (König) mit dem und dem Namen gelebt hat. Das ist alles. Das übrige ist ebensowenig historisch ernst zu nehmen wie etwa die Rotbartkyffhäusersage oder die Heiligengeschichte St. Georgs.

Somit würden diese Legenden an sich ebensogut unter die Volksüberlieferungen gerechnet werden können, ja noch besser dahin, als zu den geschichtlichen Betrachtungen, wenn sie nicht doch von den Märchen, Fabeln usw. von vornherein dadurch unterschieden würden, daß die Volksüberlieferungen vom Volke abends weitergetragen werden und von einem Mädchen- oder Burschenmund zum andern, diese »Sagen« aber von Spielleuten an Königshöfen gesungen werden. Das ist ein wesentlicher Unterschied, der von vornherein Aufmerksamkeit in der Unterscheidung fordert. Das Etschimärchen erzählt sich alle Welt. Die Gamagasage aber vererbt ein Spielmann an den andern; und der Spielmannsberuf ist in diesem Lande des Zunftwesens genau so erblich wie der der Glasarbeiter, der Metallarbeiter, der Gelbgießer usw.

Ich hatte schon einmal vor einem gleichen Unterschiede gestanden, das war bei den Bosso am Mittellauf des Nigers. Während in den Mandeländern die Bardengesänge von den Märchen in Typ und Inhalt so verschieden waren, daß nur in ganz, ganz wenigen Fällen eine Ähnlichkeit oder Annäherung in der Geistesart zutage tritt (vgl. Bd. VI und VIII), warben die sogenannten historischen Gesänge der Bossobarden so fantasiereich, so märchenhaft, so historisch unmöglich (vgl. Bd. VII), daß sie große Ähnlichkeit mit Volksgeschichten zeigten. Gar manches Mal drängte sich mir bei den Bosso die Frage auf, ob die Barden wohl nicht etwa nur ganz übliche Märchen an Stelle der verlorenen Epentypen sängen.

Dieser Verdacht tauchte auch im Nupelande bei mir auf und manchmal schüttelte ich anfangs meinen Kopf, bis sich dann eines Tages die Übereinstimmung einer solchen Nupetradition und einer entsprechenden Bossotradition aufdrängte. Ich verglich mein weiteres Material mit dem, was ich von den Bossosachen im Kopfe hatte, und kam zu der Überzeugung, daß hier ein tieferliegender Grund für die vielseitige Übereinstimmung gefunden werden müsse.

Wie immer in solchen Fragen, muß auch hier ein Hinweis auf das geographische Problem Aufklärung bieten. Die Bosso wohnen am mittleren Niger, westlich der Bogenhöhe, die Nupe am unteren Niger. Der Niger verbindet die Länder der Bosso und der Nupe. Und das ganze Gebiet, das zwischen den Bosso- und Nupeländern liegt, wurde in alter Zeit beherrscht von der Songhai-Kultur. Wie Fransen an einem schmalen, langen Schal laufen die Fäden der Bosso- und Nupekultur aus dem Gebiet dieses alten Kaiserreiches nach Nordwesten und Südosten aus. Es muß eine sehr alte Kultur sein, und die Übereinstimmung des Inhalts der Spielmannsgesänge scheint eine sehr ehrwürdige zu sein.

So betrachtet, sieht der Bardengesang der Nupe also ebenso anders aus, wie etwa der Typus des deutschen Märchens unterschieden ist von der Art der deutschen Sage – wenn beide auch aus gleicher Materie fließen und ähnliche Form vielfach angenommen haben. –

Hier nun einige Gamaga.

a) Legenden der Edegiperiode

Die verbreitetsten Geschichtsüberlieferungen der Nupe Die Kisralegenden der Napatazeit habe ich in »Und Afrika sprach«, Bd. II, zusammengefaßt. beginnen mit der Behauptung, daß das Land längere Zeit hindurch kein einheitliches Königreich, kein Fürstentum gewesen sei. Es wäre vielmehr ein Land gewesen, in dem viele Städte und Landflecken unabhängig nebeneinander und durcheinander ausgestreut gewesen wären. Aber in jener alten Periode soll das Nupetranskaduna mit der Hauptstadt Sugurma nicht frei gewesen sein. Die Joruba beherrschten es. In jeder Stadt waren einige Vertreter des Jorubaherrschers eingelagert, welche nach dem Süden hin, erst nach Bini im Süden und später nach Illorin und Ojo den Tribut ablieferten und für einen Abfluß von Sklavenmaterial nach dieser Richtung Sorge trugen. Diese Sklaven wurden aus dem Bereiche der Armen, der Anhangslosen, der Wanderer auf dem Lande und auf den Straßen aufgefangen.

Ebensowenig wie der Westen und Südwesten war der Osten des Nupelandes unabhängig. Der Oberherr des Ostteiles der Nupe Transkaduna mit der alten, heute ausgewischten Stadt Gbarra stand unter der Hoheit des Igirraherrschers, der in Ida oder Agbarra am Niger herrschte und regelmäßige Boten nach Nupe schickte, damit diese ihm dann Tribut und Sklaven eintrieben. Mit dieser letzteren Beziehung setzte die Tradition ein. Sie weiß aber nichts davon zu berichten, daß die Haussastaaten vor dem Eingreifen der Fulbe einen Einfluß auf die Nupekultur ausgeübt hätten. – Mit zwei leicht abweichenden Versionen der Edegiherkunft will ich die Sagenwiedergabe beginnen.

Edegi lebte vor langen, langen Jahren. Er war ein Nupe. Im Kriege wurde er vom Atagarrahäuptling (dem Häuptling der Igbirra) gefangengenommen und nach Ida oder Eda am Niger gebracht. Edegis Heimatland war Danji, das nordwestlich von Bida zwischen Moregi und Edegi in Transkaduna liegt. Seiner Familie nach stammte er von Issa ab, der vordem aus Nafada kam. Edegi arbeitete in Ida so ausgezeichnet, daß er sich bald allgemeiner Beliebtheit erfreute. Eines Tages ward der Atagarrahäuptling sehr krank. Seine Familie fragte einen Boschi (= Schamane): »Wie kann der Edsu (König) wieder gesund werden?« Der Boschi sagte: »Der Edsu kann wieder gesund werden, wenn er ein Palmölgericht genießt. Die Palmkerntraube, aus der die Nuß gewonnen wird, darf aber, wenn sie abgeschnitten wird, nicht auf den Boden fallen; sie darf nicht den Boden berühren, sondern muß von einem Manne aufgefangen werden.« Verschiedene Leute stiegen auf Palmbäume und schnitten die Trauben ab. Unten standen Leute, sie aufzufangen. Einige Leute sprangen beiseite, wenn die Trauben herabkamen, andere wurden von ihnen zu Boden gedrückt und getötet. Alle Trauben berührten die Erde. Edegi trat hervor und sagte: »Ich will es versuchen! Geht ihr andern fort!« Es stieg ein Mann auf einen Palmbaum und schnitt eine Palmtraube ab. Edegi stand unten und fing sie auf mit beiden Armen. Die Traube war sehr schwer. Sie vermochte Edegi nicht zu zermalmen. Sie zerschlug ihm aber das Gesicht und spaltete ihm die Oberlippe. Man bereitete das Öl. Der König genoß die Speise und ward so von seiner Krankheit geheilt. Nach einiger Zeit erkrankte der Atagarrahäuptling jedoch zum zweiten Male. Da rief er Edegi. Er sagte zu Edegi: »Es nützt alles nichts. Ich werde doch immer wieder krank werden. Kehre also wieder in deine Heimat zurück. Ich werde dich zum Herrn von Nupe machen. Ich werde dir ein Boot geben, daß du in deine Heimat zurückfahren kannst.« Der Atagarrahäuptling gab Edegi ein Boot. Edegi hatte damals noch seine gespaltene Oberlippe, und auch viele Nachkommen Edegis kann man an der gespaltenen Oberlippe erkennen. Edegi fuhr den Niger hinauf. Edegi kam so in das Nupeland zurück. Edegi kam ohne kriegerische Zwischenfälle nach Nupe und wurde Nupekönig in der Stadt Gbarra. Viele sagen, Edegi habe Gbarra gegründet. Edegi war kein unabhängiger Nupekönig. Er herrschte im Namen des Atagarrakönigs und sandte, wie es immer gewesen war, Kleider, Salz und junge Leute nach Ida. Die jungen Leute wurden in Ida als Sklaven verkauft. Sie wurden in Nupeland aus Armen und Besitzlosen zu Sklaven gemacht. Diese Abgaben sandte man erst an den Häuptling des Ortes Kotonkarifi, das am Niger, nicht weit jenseits von Lokoja, liegt. Von da wurden sie dann bis Ida gebracht und dem Atagarrahäuptling überliefert.

Die andere Version der Wanderlegende lautet:

Es gibt zwei Ortschaften mit dem Namen Atagarra. Die eine, unbedeutende, liegt (oder lag) nahe dem Einfluß des Kuarra in den Niger; die andere ist das Atagarra im Igbirragebiet, das mit der Königsstadt Ida identisch ist. Im Nupe-Atagarra wohnte in alter Zeit ein Nupemann, der heiratete eine Nupefrau. Die Frau gebar ein Kind. Das ward Edegi genannt. Bald nach der Geburt des Knaben Edegi starb der Vater. Darauf machte Edegis Mutter sich auf den Weg und wanderte nach Igbirra-Atagarra. Der König dieser Stadt heiratete und nahm Edegi wie einen Sohn mit in sein Gehöft auf. In damaliger Zeit gab es keinerlei König im Lande der Nupe. Die Gerichtsbarkeit jedes Häuptlings hörte außerhalb jeder Stadt auf, und wer etwas Schlechtes getan hatte, brauchte nur bis zur nächsten Stadt zu laufen, um den Folgen seiner Handlungsweise zu entgehen. Alle Nupe zahlten aber jährlich an den König der Igbirra eine Abgabe. Es war das ein sehr großer König, der den Burschen Edegi außerordentlich liebte. Er schenkte Edegi ein Pferd. Er schenkte dem Jungen alles, was er begehrte. Man achtete darum Edegi, als ob er der Sohn des Königs wäre, und viele hielten ihn für einen Sohn des Königs. Als der Bursche groß geworden war, starb seine Mutter. Nachher starb auch der König von Atagarra. Viele sagten, Edegi solle nun König der Igbirra werden. Edegi sagte: »Wenn ich euer König wäre, würde ich ein guter König sein. Ich bin aber kein richtiger Sohn dieses Königs. Der König hat richtige Söhne. Wenn ich jetzt König würde, würden die Söhne des Königs gegen mich kämpfen. Es wäre unrecht von mir, gegen die Söhne des Königs Krieg zu führen. Der König war gut zu mir. Deshalb will ich aus dem Lande gehen, in das Land, aus dem mein Vater und meine Mutter stammen, in das Land, in dem ich geboren ward. Ich will nach Nupe gehen und will in Nupe König werden. Hier soll aber ein Sohn des Königs König werden!«

Edegi rief die Schmiede in Atagarra zusammen und sagte zu ihnen: »Schmiedet mir aus Eisen ein großes Boot, in dem ich nach Nupe fahren kann!« Die Schmiede begannen sogleich mit der Herstellung des eisernen Bootes. Es war sehr groß und ungemein stark. Als das Boot fertig war, rief er alle alten Leute von Atagarra zusammen. Er sagte zu ihnen: »Ich gehe nun fort. Gehorchet dem Sohn eures Königs!« Die Alten nahmen von ihm Abschied. Edegi legte dann in sein Boot seinen Sattel und das Zaumzeug seines Pferdes. Er legte Bogen und Pfeile seines Daumenspannringes (Mak'a) und die Bogenschelle (Emagi) hinein. Dann rief Edegi die Leute zusammen, mit denen er nach seinem Lande fahren wollte. Der erste, den er mitnahm, war ein Mann, dessen Finger von der Lepra (Nupe = Soko-kundji; Haussa = Kuturu; Joruba = Adete) abgefressen waren. Der zweite, den er mitnahm, war ein Blinder (Nupe = Jebondschi; Haussa = Makafafu; Joruba = Efaju). Der dritte, den er mitnahm, war ein Mann mit verkrüppelten Beinen (Nupe = Eroagi; Haussa = Gurugu; Joruba = Aro). Diese drei hatte er gesucht, um sie als Begleiter mit nach Nupe zu nehmen. Der vierte aber, den er mitnahm, war Dako Boea (die große Stammesmaske) – siehe auch nächste Legende – und der fünfte der mit der Mama (Juhuhu) Maskierte. Auch diese beiden stiegen mit in das Boot. Endlich stieg auch Edegi hinein. Sie fuhren den Niger hinauf, nach dem Nupe-Atagarra zu, an Lokoja vorbei. Der Blinde und der Krüppel ruderten. Der Leprakranke hatte eine Kalebasse und schöpfte damit das eindringende Wasser heraus. Edegi, Mama und Dako Bboea saßen in der Mitte.

Edegi fuhr erst bis etwa zur Mündung des Kaduna. Als er dort nach Gbarra (oder Igbirra) kam, stieg er allein aus dem Boote. Alle andern blieben, bis er zurückkehrte, darin zurück. Edegi ging an das Land, um das Haus zu sehen, in dem seine Mutter geboren war. Er blieb zwei Tage in der Stadt. Dann kehrte er zu seinem Eisenboote zurück und fand alle seine Begleiter noch vor. Sie verließen das Ufer bei Gbarra und fuhren weiter, um nach Atagarra (nahe Kaduna) zu gelangen, das nicht weit von Nupe-ko liegt und die Heimatstadt seines Vaters gewesen war. Als sie aber in der Fahrt waren, zerbarst das Eisenboot. Sie stiegen alle hinaus und trugen ihre Sachen an das Ufer. Das eiserne Boot blieb im Flusse liegen, und wenn wenig Wasser im Niger ist, ragt es heute noch über den Stromspiegel empor. Es liegt nicht weit von Nupe-ko. Mehrere meiner Leute erklärten, es häufig gesehen zu haben. Sie beschrieben es als ungeheuer groß, genau gestaltet wie ein anderes Boot der Nupe, als Einbaum, der mit starken Plattformen vorn und hinten versehen ist. In der Regenzeit soll es aber vom Wasser überspült werden. – Nachdem sie ihre Sachen herausgenommen und ans Ufer gestiegen waren, gingen sie zu Fuß nach Atagarra weiter.

In Atagarra heiratete Edegi. Seine Frau ward schwanger. Sie gebar Zwillinge (Nupe = Bakomba; Haussa = Togwai; Joruba = Ebegi). Diese Zwillinge nannte er Ebako und Ebagi. Egabi starb später in Rabba. Man nennt den Platz seines Grabes Sagunla. Bakodji aber starb in Mokwa. Sein Grabplatz heißt Sesi Saba. – In Atagarra lebte und regierte Edegi lange Zeit und häufte da seinen Besitz und seine Reichtümer auf. Vieles von seiner Hinterlassenschaft war noch nach langer Zeit, nämlich im vorigen Jahrhundert, so hoch geschätzt, daß von seinem Besitz die Königswürde in Nupe abhing. – Edegi soll gewaltig groß und stark gewesen sein. Das Pferd, das er in Atagarra ritt, war so gewaltig, wie Pferde heute überhaupt auch nur annähernd nicht mehr vorkommen.

Danach begann Edegis Zug nach dem Nupe-Transkaduna. Er zog von Ort zu Ort. Eine spezielle Legende berichtet von seinem Eintreffen in Epa und ist gleichzeitig eine zweite Tradition über das Entstehen der Dako Boea.

In Epa lebte damals der Häuptling Guschi, der erste dieses Namens. Alle Leute kamen Edegi im Lande entgegen, sobald er sich einer Ortschaft näherte. Alle begrüßten ihn als König. Als Edegi sich der Ortschaft Epa näherte, sagten die Leute: »Wir wollen Edegi entgegengehen!« Guschi sagte aber: »Nein, wir wollen ihm nicht entgegengehen, ich bin mein eigener Herr!« Die Leute aus Epa kamen Edegi nicht entgegen. Als Edegi nahe zu der Stadt gekommen war, fragte er: »Mir kommt hier niemand entgegen. Wer ist der Edsu (König) dieser Stadt?« Die Leute sagten: »Der Edsu dieser Stadt ist Guschi!« Edegi fragte: »Warum kommt Guschi nicht, mich zu begrüßen?« Edegi ritt zu Pferde bis zu Guschis Gehöft. Vor der Katamba (dem Torhause) stieg er ab. Guschi sagte: »Ich will Edegi nicht sehen!« Edegi trat heran. Guschi wandte ihm den Rücken zu. Guschi sagte: »Du bist Edsu! Ich bin Edsu! Zwei Edsu können nicht in einer Stadt leben!« Da fiel Guschi hin und starb. Edegi sagte: »Dieser Guschi war ein rechter Edsu. Ruft seinen ersten Sohn herbei!«Der erste Sohn Guschis kam. Edegi sagte zu ihm: »Bist du Guschis erster Sohn?« Der Sohn sagte: »Ich bin es.« Edegi sagte: »Ich ziehe weiter. Bleibe du Edsu. Sei ein Edsu wie dein Vater und zahle deine jährlichen Abgaben. Bringt alles heraus, was Guschi gehört hat, und gebt es dem ersten Sohn!« Die Leute brachten alles heraus. Sie legten den gestorbenen Guschi in die Mitte. Edegi sagte: »Dies alles soll der erste Sohn Guschis sorgsam hüten.« Dann stieg Edegi auf sein Pferd und ritt von dannen. – Am andern Morgen erwachten die Leute. Wie sie zu dem Gehöft Guschis kamen, war der Leichnam Guschis verschwunden. Vor der Tür der Katamba aber stand hochaufgerichtet Dako Boea. Als die Leute das sahen, sandte der älteste Sohn Guschis Edegi eine Botschaft nach. Der Bote kam zu Edegi und sagte: »In der Nacht ist Guschi verschwunden. Vor der Katamba steht Dako Boea.« Edegi sagte: »Dann soll der älteste Sohn Guschis den Dako Boea ebenso sorgsam hüten wie alle andern Sachen Guschis.« Der Bote kehrte zurück. – Seitdem heißt jeder Edsu in Epa Guschi. Die Epaleute sagen, daß ihr Dako Boea der erste aller Dako Boea sei und daß keine Stadt einen Dako Boea einrichten könne, wenn der Guschi von Epa hierzu nicht seine Einwilligung gegeben hat. Diese Tradition nimmt aber in variierter Form auch an, daß Guschi schon vor der Abreise Edegis begraben sei, daß dann aber Dako Boea aus dem Grabe Guschis aufgestiegen sei und demnach gewissermaßen die Verkörperung des verstorbenen Edsu Guschi darstelle. Andere, und die meisten Nupe erzählen aber, daß Dako Boea mit Edegi zusammen ins Land gekommen sei.

Alle Überlieferungen sind sich darin einig, daß Edegi als echter Nupefürst in Transkaduna von allen Nupe mit viel Freundlichkeit aufgenommen und mit Begeisterung begrüßt wurde. Denn in allen Städten waren Vertreter des Jorubakönigs eingenistet. Er verjagte diese Joruba und setzte überall seine Statthalter (Nupe = Egba; Haussa = Adjelle; Joruba = Ogallu) ein. Sie waren seine Richter und hatten die Abgaben in gerechter Weise zu erheben. Das Nupevolk ward unter ihm sehr reich und gewann reiche Nachkommenschaft, da er ihm Frieden und Erholung gönnte. Er baute erst Nupe-ko aus, dann Mokwa, dann Rabba. Nachher zog er überall die Joruba vertreibend bis nach Sugurma, errichtete hier sein Quartier und ordnete die Verhältnisse. Von hier aus begann er auch seinen letzten Kriegszug, der gegen die Kambelli gerichtet war. Er marschierte von Ebi, wo er die letzten Joruba vertrieb, auf Jauri zu. In Mamba, am oder nahe dem Flusse Watta, kam es zu einem Gefecht, in dem Edegi von einem Pfeile verwundet ward, der vergiftet war. Er kam noch bis zu der Stelle, an der dann später die Stadt Badege gebaut ward. Hier starb er. Sein Leib ward aufgeschnitten, die Eingeweide wurden herausgenommen und in Badege bestattet. Der Körper ward aber nach Gbarra gebracht und dort anscheinend in einer der großen Begräbnishöhlen der Vorzeit aufgerichtet. In Badege aber ward über dem Grabe ein großes Haus errichtet. In diesem fand seine Reiterrüstung und Bewaffnung Aufnahme. Man zeigt daselbst noch heute seinen Bogenspannring, seine Bogenschelle, seinen Sattel, seine Steigbügel, von denen einer so groß sein soll wie meine größten Korbkoffer. Um sein Grab herum ward aber eine neue Stadt, eben Badege, gegründet. Es ward befohlen, daß jede Stadt einen Mann und eine Frau nach dem Platze senden solle, daß sie sich da ansiedeln. So entstand die Stadt.

Das ist im wesentlichen das, was ich über Edegi hörte. Interessant sind noch einige Angaben, die sich auf die Zeit vor dieser Kulturperiode beziehen. Danach soll in alter Zeit niemals der Vater das Recht über die Kinder gehabt haben, die er gezeugt hatte, sondern nur die Mutter und der Bruder der Mutter. Im Osten des Nupelandes, in Transkaduna, herrschte vor der Edegifamilie der Clan der »Bini«, deren Urahn ein gewisser Tafi gewesen sein soll.

Nach dem Tode Edegis herrschten bis zu dem letzten verstorbenen Edsu Baba angeblich achtundzwanzig Könige, deren Reihe im wesentlichen aus Edegiblut resultiert, bis auf wenige Usurpatoren. Den Übergang zur wahren Geschichte bildet eine Gruppe von Überlieferungen, die an die Personen einiger Könige, wie Edsu Masu und Edsu Audu, gebunden sind.

 

b) Edsu Masus Krieg gegen Edsu Zurugi

Edsu Masu lebte in der Stadt Jima, die in der Gegend von Gbarra (im Kadugebiet) liegen soll. Edsu Masu war nicht unumschränkter Herr über ganz Nupe. Er mußte die Herrschaft erst erobern. Es gab noch einen zweiten König, das war Edsu Zurugi. Viele alte Leute gingen im Lande von einem der beiden Könige zum andern und wiegelten sie gegeneinander auf. Edsu Masu, der ein Nachkomme Edegis war, mußte drei Jahre lang gegen Edsu Zurugi kämpfen. Edsu Masu sagte: »Wie soll ich Edsu Zurugi bezwingen! Edsu Zurugi ist stark. Ich werde den Hunger rufen!« Edsu Masu rief den Hunger und sagte: »Gehe hin und töte die Leute Edsu Zurugis!« Der Hunger ging hin und begab sich zu Edsu Zurugi. Die Leute Edsu Zurugis begannen zu hungern. Einige Leute Edsu Zurugis starben. Die Hälfte der Leute Edsu Zurugis starb. Es starben zweitausend Leute, weil sie nichts zu essen hatten. Dann sagte der Hunger: »Ich habe zweitausend Menschen getötet, nun bin ich müde. Es kommt der Regen, und das Korn wird wachsen. Edsu Zurugis Volk wird immer wieder zu essen haben.« Der Hunger ging fort.

Edsu Masu sagte: »Wie soll ich Edsu Zurugi bezwingen! Der Hunger hat ihm zweitausend Menschen getötet, aber er ist noch stark. Ich werde Sagpanadji (die Blatternkrankheit) rufen!« Edsu Masu rief Sagpanadji und sagte zu ihm: »Gehe hin und töte die Leute Zurugis!« Sagpanadji ging hin in Edsu Zurugis Stadt. Er begab sich zu Edsu Zurugis Leuten. Die Leute Edsu Zurugis begannen zu erkranken. Es starben einige. Es starben viele. Es starben zweitausend von Edsu Zurugis Leuten. Dann ging Sagpanadji aus der Stadt Edsu Zurugis heraus. Er begab sich zu Edsu Masu und sagte: »Ich tötete zweitausend von Edsu Zurugis Leuten. Nun bin ich müde.«

Edsu Masu sagte: »Wie soll ich Edsu Zurugi bezwingen? Der Hunger hat ihm zweitausend Menschen getötet. Sagpanadji hat ihm zweitausend Menschen getötet. Aber Edsu Zurugi ist noch stark.« Es war da ein Monafiki (hinterlistiger Hetzer, Verräter usw.). Dieser Monafiki kam zu Edsu Masu und sagte: »Gib mir Perlen! Gib mir Kleider! Gib mir ein Gewehr! Ich will damit zu Edsu Zurugi gehen und ihn schwächen, so daß du ihn bezwingen kannst.« Edsu Masu gab ihm Perlen und Kleider und ein Gewehr. Der Monafiki ging damit in die Stadt Edsu Zurugis.

Als der Monafiki in die Stadt kam, fragte er die Leute: »Wer ist stärker: Edsu Zurugi oder sein Saba?« (Saba oder Siaba oder Schaba entspricht dem Jerima der Haussa, ist der Kronerbe, der vom Edsu selbst noch bei Lebzeiten erwählt wird.) Ein Bursche sagte: »Von den beiden ist der Saba der stärkere, denn er hat eine sehr schöne und starke Frau und einen sehr reichen und starken Freund!« Der Monafiki ging zu der starken und schönen Frau des Saba, gab ihr eine schöne Perlenschnur und sagte zu ihr: »Diese Perlen sendet dir der Freund deines Mannes. Du sollst sie tragen. Er bittet dich, du möchtest zu ihm kommen und bei ihm schlafen. Er möchte oft mit dir schlafen.« Die Frau nahm die Perlen und fragte: »Wann soll ich zu ihm kommen?« Der Monafiki sagte: »Du sollst am Salafesttage zu ihm kommen, wenn dein Mann in der Massalatschi (Moschee) ist.« Die Frau sagte: »Es ist gut.«

Der Monafiki nahm das Gewehr. Er ging zum Freund des Saba und sagte zu ihm: »Dieses Gewehr hier sendet dir die Frau des Saba. Wenn sie auch die Frau deines Freundes ist, möchte sie doch mit dir schlafen. Die schöne und starke Frau will zu dir kommen.« Der reiche und starke Freund sagte: »Wann will diese schöne und starke Frau zu mir kommen?« Der Monafiki sagte: »Sie will am Salafesttage zu dir kommen, wenn ihr Mann, der Saba, in der Massalatschi ist.« Der reiche und starke Freund sagte: »Es ist gut.«

Das war aber fünf Tage vor dem Salafeste. Am gleichen Abend ritt der Monafiki zu Edsu Masu (der anscheinend belagernd vor Edsu Zurugis Stadt lag), suchte ihn auf und sagte: »In fünf Tagen ist das Salafest. An dem Tage wird der Streit unter den Leuten der Stadt ausbrechen. Halte dich bereit!« Der Monafiki ritt in die Stadt zurück.

Fünf Tage später war das Salafest. Alle Leute gingen in die Massalatschi. Der Saba ging in die Massalatschi. Als der Saba gegangen war, ging die schöne und starke Frau des Saba zu dem reichen und starken Freund des Saba. Der reiche und starke Freund empfing sie. Er führte sie zu seinem Bette. Er umfaßte sie. Als die schöne und starke Frau des Saba in das Haus des reichen und starken Freundes gegangen war, ritt der Monafiki eilig zur Massalatschi. Er sprang vom Pferd. Er ging in die Massalatschi. Er ging zu dem Saba; er warf sich neben ihm (zum Gebet) nieder. Der Monafiki sagte zum Saba: »Was machst du hier, während dein reicher und starker Freund deine schöne und starke Frau beschläft?« Der Saba stand auf. Er ging hinaus. Er bestieg sein Pferd. Der Monafiki bestieg sein Pferd. Der Saba ritt mit dem Monafiki zu dem Hause des Freundes. Der Saba war sehr zornig. Er ging in das Haus hinein.

Im Hause fand der Saba seine schöne und starke Frau in den Armen des reichen und starken Freundes. Er zog sein Schwert hervor. Er schlug seiner Frau den Kopf ab. Er schlug dem Freunde den Kopf ab. Die Leute des Hauses schrien: »Unser Herr ist erschlagen! Unser Herr ist erschlagen!« Der Sohn des getöteten Freundes sprang mit Pfeil und Bogen aus seinem Hause. Der Saba wollte sein Pferd besteigen und fortreiten. Der Sohn des Freundes schoß einen Pfeil auf ihn ab. Der Saba ward getroffen. Der Saba stürzte vom Pferde. Der Saba starb. Alles Volk lief in Verwirrung durcheinander.

Da ging der Monafiki hin. Mit einem Feuerbrande zündete er erst das Gehöft des Saba, dann das des Freundes, dann das des Edsu Zurugi an. Es waren große Feuer. Alle Leute rannten wild durcheinander. Jeder Mann suchte seine Sachen aus dem Hause zu tragen. Jede Frau suchte ihre Sachen aus ihrem Hause zu tragen. Das Feuer griff um sich. Edsu Masu sah das Feuer von seinem Lager aus. Er ließ die Pferde besteigen. Er ritt mit seinen Leuten auf die Stadt Edsu Zurugis zu. Sie kamen ungehindert in die Stadt. Die Leute Edsu Masus stürzten sich hier auf einen Haufen Menschen und fingen sie. Sie stürzten sich dort auf einen Haufen Menschen und fingen sie. Sie machten viele Sklaven. Niemand entging ihnen. – So wurden alle Leute Edsu Zurugis zu Sklaven gemacht. Auch Edsu Zurugi selbst ward Edsu Masus Sklave. Danach ward Edsu Masu der einzige König im Nupeland.

 

c) Edsu Masu und sein Sohn Audu (Abudu)

Edsu Masus Sohn und Saba war Audu. Edsu Masu wurde sehr alt. Als Edsu Masu ganz alt geworden war und nicht mehr recht gehen konnte, war sein Sohn Audu herangewachsen. Es waren in Jima noch drei andere angesehene junge Leute, das waren: Egi-Majaki (= Sohn des Galadimas), der hieß Abu, Egi Mallemi (= Sohn des Mallem oder Alfa), der hieß Mamudu und Egi Atadjiri (der Sohn eines reichen Mannes), der hieß Suman (also eigentlich Usman). Die vier jungen Leute stritten viel miteinander. Jeder suchte den andern zu übertreffen. Jeder wollte mehr haben als die andern. Jeder wollte mehr sein als die andern. Sie stritten miteinander und machten schlechte Streiche. Der schlimmste und letzte aber war dieser:

Audu kam zu seinem Vater und sagte: »Ich bin der Sohn des Edsu Masu, ich bin dein Sohn! Gib mir ein Gewehr!« Damals gab es nur sehr wenig Gewehre im Lande. Der Edsu gab seinem Sohne ein Gewehr. Der Sohn des Majaki kam zu seinem Vater und sagte: »Ich bin der Sohn des Majaki. Ich bin dein Sohn! Audu, der Sohn des Edsu, hat ein Gewehr. Kaufe mir auch ein Gewehr!« Der Majaki sagte: »Was der Edsu für seinen Sohn tut, kann ich auch für meinen Sohn tun!« Der Majaki kaufte ein Gewehr und gab es seinem Sohne. Der Sohn des Mallem kam zu seinem Vater und sagte: »Ich bin der Sohn des Mallem, ich bin dein Sohn! Audu, der Sohn des Edsu, hat ein Gewehr. Abu, der Sohn des Majaki, hat ein Gewehr. Kaufe mir auch ein Gewehr!« Der Mallem sagte: »Was der Edsu und der Majaki für ihre Söhne tun, kann ich auch für meinen Sohn tun!« Der Mallem kaufte ein Gewehr und gab es seinem Sohne. Als Suman das sah, lief er zu seinem Vater und sagte: »Ich bin der Sohn eines Atadjiri, ich bin der Sohn des reichsten Mannes. Ich bin dein Sohn. Audu, der Sohn des Edsu, hat ein Gewehr. Abu, der Sohn des Majaki, hat ein Gewehr. Sogar Mamudu, der Sohn des Mallem, hat ein Gewehr. Was die haben, kann ich nicht haben?« Der reiche Mann sagte: »Gewiß! Was der Edsu, der Majaki und der Mallem für ihre Söhne tun, kann ich auch für den meinen tun. Ich bin ein reicher Mann. Ich kann noch mehr!« Der Atadjiri kaufte zehn Gewehre und schenkte sie seinem Sohne Suman.

Audu, der Sohn des Edsu, ging mit seinem Gewehr auf den Markt. Er sagte zu den Leuten: »Ich bin der Sohn des Edsu! Ich vermag mehr als andere. Seht, was ich kann!« Dann schoß Audu fünf Leute tot. Die Leute liefen zum Likali (= dem Alkali, dem Richter) und sagten: »Wir müssen uns beklagen. Audu hat fünf Leute totgeschossen.« Der Likali sagte zu den Leuten: »Audu ist der Sohn des Königs Der Edsu Masu hat nichts dazu gesagt. Seid ihr also auch still und geht auseinander! Beruhigt euch!« Das Volk ging auseinander.

Der Sohn des Majaki ging auf den Markt. Er sagte: »Audu hat fünf Leute erschossen. Was der Sohn des Edsu kann, kann ich auch. Niemand hat Audu bestraft. Auch mich wird niemand bestrafen!« Dann schoß der Sohn des Majaki fünfzehn Leute tot. Die Leute liefen zum Edsu und sagten: »Der Sohn des Majaki hat auf dem Marktplatze fünfzehn Leute erschossen. Was ist nun Recht?« Der Edsu sagte zu den Leuten: »Dieser Abu ist jung. Dieser Abu ist der Sohn meines Majaki. Mein Majaki könnte den Krieg gegen mich eröffnen, wenn ich seinen Sohn bestrafe. Seid also still, beruhigt euch und geht auseinander!« Das Volk ging auseinander.

Der Sohn des Mallem ging auf den Markt. Er sagte: »Audu hat fünf Leute erschossen! Abu hat fünfzehn Leute erschossen. Audu ist nicht bestraft, Abu ist nicht bestraft. Was der Sohn des Edsu und der Sohn des Majaki dürfen, darf ich auch. Mich wird auch niemand strafen, denn mein Vater ist der Mallem!« Dann schoß der Sohn des Mallem zwanzig Leute tot. Die Leute liefen zum Edsu und sagten: »Der Sohn des Mallem hat zwanzig Leute erschossen. Was ist nun Recht?« Der Edsu sagte zu den Leuten: »Dieser Mamudu ist jung. Der Mamudu ist der Sohn unseres Mallem. Der Mallem hat den Katun (Koran). Wir alle verehren den Katun und den Mallem. Weshalb sollen wir den Mallem kränken dadurch, daß ich seinen Sohn bestrafe! Seid also still! Beruhigt euch und geht auseinander!« Das Volk ging auseinander.

Der Sohn des reichen Mannes ging auf den Markt. Er sagte: »Audu hat fünf Leute erschossen. Abu hat fünfzehn Leute erschossen. Mamudu hat zwanzig Leute erschossen. Audu ist nicht bestraft, Abu ist nicht bestraft, Mamudu ist nicht bestraft. Was der Sohn des Edsu, der Sohn des Majaki und sogar der Sohn des Mallem dürfen, darf ich auch. Ich kann sogar mehr, denn ich bin der Sohn des reichsten Mannes. Niemand darf mich bestrafen, denn mein Vater ist der reichste Mann!« Dann schoß Suman fünfzig Leute tot. Als Suman das tat, liefen alle Leute von dannen. Sie rannten aus den Häusern und stürzten in den Busch. Alle Welt verließ die Stadt. Die Leute des Edsu kamen zu Edsu Masu und sagten: »Alle Leute haben die Stadt verlassen und sind in den Busch gelaufen, denn Suman, der Sohn des reichen Mannes, hat auf dem Marktplatze fünfzig Menschen erschossen. In Jima sind keine Menschen mehr!« Darauf sandte der Edsu Boten in den Busch und ließ den Leuten sagen: »Beruhigt euch und kommt zurück!« Darauf kamen die Leute nach Jima zurück. Sie gingen zum Edsu und fragten: »Wie willst du den Suman bestrafen?« Der Edsu sagte: »Der Vater dieses Burschen gibt mir Geld, wenn ich es brauche. Ich mag seinen Sohn nicht strafen.«

Danach rief Edsu Masu Audu, Abu, Mamudu und Suman zusammen und sagte zu ihnen: »Ihr habt viel miteinander gestritten und dabei Schlechtes getan, um euch zu überbieten. Seid in Zukunft Freunde und sucht euch im guten zu übertreffen!« Damit war der Streit zu Ende. Sie wurden wirklich gute Freunde.

Eines Tages besuchte Audu Suman in dem Hause des Atadjiri. Er sah einen großen Schafbock. Er hatte noch nie einen Schafbock gesehen, der so groß war wie dieser. Audu sagte zu Suman: »Schenke mir diesen Schafbock!« (Die Nupe hatten früher die Sitte, besonders schöne Widder wie wir etwa Haushunde zu ständigen Gefährten heranzuziehen. Sie waren mit kostbarem Halsband geschmückt und bekamen auch von dem Fürsten selbst ihre Nahrung vorgesetzt. Diese Tiere galten gewissermaßen als heilig. In Gbarra sollen Gräberverehrer solcher heiligen Fürstenwidder sein.) Suman sagte: »Der Schafbock gehört nicht mir. Er gehört meinem Vater. In dieser Nacht will ich aber in das Haus meines Vaters gehen. Ich will den Schafbock stehlen und ihn dir bringen!« Audu ging. In der Nacht schlich Suman sich in das Gehöft seines Vaters und stahl den Schafbock. Dann brachte er ihn seinem Freunde Audu.

Am andern Morgen sah der Atadjiri sich nach seinem Schafbock um. Er fragte: »Wo ist mein Schafbock?« Die Leute suchten den Schafbock. Sie fanden ihn nicht. Sie kamen zu dem Atadjiri zurück und sagten: »Der Schafbock muß gestohlen sein!« Der Atadjiri wurde zornig und sagte: »Sendet nach allen Seiten Leute, die danach sehen, wer meinen Schafbock gestohlen hat! Diesen Dieb will ich haben!« Die Frauen des Atadjiri kamen aber zu ihm und sagten: »Mache keinen großen Streit mit der Sache. Wir sahen deinen eigenen Sohn gestern mit dem Schafbock!« Der Atadjiri ließ seinen Sohn rufen. Er fragte ihn: »Weißt du, wo der Schafbock geblieben ist?« Suman sagte: »Gewiß weiß ich das. Mein Freund Audu, der Sohn des Edsu, wollte den Schafbock gerne haben. Da habe ich ihn ihm gegeben!« Der Atadjiri sagte: »So bringt mir meinen Kuti. Ich will jeden töten, der von dem Schafbock gegessen hat!« Suman sagte: »Wenn du den Kuti aufforderst, wird er alle töten, die von dem Schafbock gegessen haben. Das ist nicht gut. Du kannst nicht wissen, wer dabei war. Laß die Sache ruhen!« Der reiche Mann sagte: »Gut, ich will die Sache ruhen lassen!«

Am andern Tage kam Suman in das Haus Audus, um seinen Freund zu besuchen. Suman sagte zu Audu: »Du batest mich gestern um etwas. Ich gab es dir. Heute komme ich zu dir mit einer Bitte.« Audu sagte: »Was willst du?« Suman sagte: »Ich möchte bei einer der Frauen deines Vaters schlafen!« Audu sagte: »Es ist gut, ich will dir die Frau selbst zuführen!« Am andern Tage ging Edsu Masu in die Massalatschi. Als sein Vater in die Massalatschi gegangen war, ging Audu in das Gehöft seines Vaters. Er rief die Frau seines Vaters herbei, die Suman genannt hatte. Audu sagte zu ihr: »Komm! Mein Freund will dich besitzen! Sei ihm zu Gefallen!« Die Frau sagte: »Was willst du? Mach, daß du fortkommst! Ich werde nie darauf eingehen!« Audu sagte zu der Frau: »Es ist gut. Aber mein Vater ist alt. Wenn mein Vater stirbt, werde ich Edsu werden und du sollst dann die erste Frau sein, die ich töten lasse! Es ist gut!« Die Frau sagte zu Audu: »Wenn du mich töten läßt, werde ich wenig davon haben. Dein Vater ist alt, ich habe nichts von ihm. Dein Freund ist stark. Laß deinen Freund kommen. Sage ihm, daß ich hier in der Katamba (= Durchgang; Torhaus = Sauri) auf ihn warte!« Audu lief schnell zu seinem Freunde. Er sagte zu Suman: »Geh schnell in die Katamba! Die Frau wartet auf dich!« Suman ging hinein. Er traf die Frau in der Katamba. Die Frau nahm ihn mit in das Gehöft. Suman beschlief die Frau. Dann ging er über den Hof zurück.

Edsu Masu hatte sein Gebet in der Massalatschi beendet. Er bestieg sein Pferd. Er ritt nach Hause. Er ging durch die Katamba hinein. Er ging über den Hof. Er begegnete Suman. Er sagte zu seinen Leuten: »Nehmt diesen jungen Mann gefangen. Er hat sicher eine meiner Frauen beschlafen!« Die Leute nahmen Suman gefangen. Sie banden ihn. Es kamen Leute zu Audu und sagten: »Dein Vater hat deinen Freund Suman gefangen.« Audu ging zu seinem Vater und sagte: »Du hast meinen Freund Suman in deinem Gehöft getroffen und gefangen. Ich habe ihn aber selbst hierhergebracht. Wenn du also meinen Freund tötest, so töte ich dich auch!«

Dann ging Audu zu dem Hause, in dem Suman gefesselt gefangen gehalten wurde. Das Haus war verschlossen. Audu sagte zu den Wächtern: »Laßt mich hinein!« Die Wächter sagten: »Der Edsu hat verboten, daß wir irgend jemand hineinlassen!« Audu ging fort. Abends kehrte er zurück und legte Feuer an dem Gehöft und an dem Hause an. Das Feuer flammte auf. Dann kamen aber viele Leute und löschten das Feuer aus. Audu konnte nicht zu seinem Freunde gelangen. Als er das einsah, bestieg er sein Pferd. Er ritt in den Busch, um einen Boagi (Meerkatzenart) zu fangen.

Edsu Masu rief alle alten Leute zusammen. Alle alten Leute kamen zusammen. Edsu Masu kam dann selbst. Er ließ Suman bringen. Suman war gefesselt. Edsu Masu sagte zu den versammelten Leuten: »Diesen Suman fing ich, als ich aus der Massalatschi heimkam, auf meinem Gehöft. Sicher ist er bei einer meiner Frauen gewesen, um bei ihr zu schlafen. Ich will ihn deswegen töten lassen. Mein Sohn Audu hat aber gesagt, er sei es selbst gewesen, der den Suman in mein Gehöft gebracht habe. Deshalb müssen wir warten, bis mein Sohn Audu kommt. Wir müssen Audu hören.« Audu hörte, daß sein Vater die alten Leute zusammengerufen habe. Er sprang auf sein Pferd und ritt schnell nach der Stadt zurück. Er ritt bis zu der Versammlungsstätte.

Audu sprang vom Pferde. Er zog sein Schwert. Er trat mit entblößter Klinge herein. Er wollte seinen Vater töten. Er sah sich um. Er sah Suman stehen. Audu sagte: »Ich danke dir, mein Vater, ich danke dir. Du hast Suman angeklagt, daß er einer deiner Frauen wegen in dein Gehöft gekommen sei. Das ist aber unrichtig. Suman war in dem Gehöft, um einen Baschiko (oder Bajiko = Armring mit Zauberingredienzien) zu erlangen, den du in deinem Hause hast!« Edsu Masu sagte: »Wenn die Sache so ist, so wollen wir sie lassen. Bindet Suman los. Er soll mit seinem Freunde Audu gehen!« Suman ward freigelassen.

Wenig später starb Edsu Masu und sein Sohn Audu wurde Edsu.

 

d) Edsu Audu und der Jäger Landudu

Einmal unternahm Edsu Audu einen Krieg gegen die Stadt Nakoti, die liegt im Nordosten von Bida, in der Richtung auf Uschischi zu. Dieser Krieg währte drei Jahre. Edsu Audu streifte mit seinen Leuten im Lande umher und fing Leute ein. Von Zeit zu Zeit aber kam er nach Nakoti, schloß die Stadt ein und fing die Leute, die einoder ausgingen.

Die Leute von Nakoti sagten: »Was können wir gegen diesen Edsu Audu ausrichten! Wir können allein nichts machen. Wir wollen den Jäger Landudu um Hilfe bitten!« Der Jäger Landudu wohnte in der Landschaft Ebodji, die nahe dem Kaduna ist. Die Boten machten sich auf den Weg und kamen zu dem Jäger Landudu. Die Boten sagten: »Wir sind seit drei Jahren mit dem Edsu Audu im Kriege. Wir können aber nichts gegen ihn ausrichten. Deshalb kommen wir zu dir und bitten dich, uns zu helfen!« Der Jäger Landudu sagte: »Es ist gut. Ich will euch antworten. Erst muß ich aber einmal Ege (Guineakornbier) trinken.« Die Frauen des Jägers brachten ihm Bier. Landudu setzte den Topf an. Er trank ihn aus. Er setzte den leeren Topf beiseite und sagte: »Nun will ich antworten! Ihr wollt meine Hilfe gegen Edsu Audu. Ihr sollt meine Hilfe haben. Wenn er wieder gegen eure Stadt rückt, so bleibt nur ganz ruhig daheim. Rührt euch gar nicht. Ich will ganz allein mit diesem Audu fertig werden. Ruft mich nur, wenn er wieder nach Nakoti kommt!« Die Boten gingen.

Nach einiger Zeit kamen fünftausend Reiter Edsu Audus und umlagerten die Stadt. Sie ritten um den Wall. Die Nakotileute sandten sofort eine Botschaft an Landudu. Die Boten sollten sagen: »Edsu Audus Reiter sind wieder da. Komm und hilf uns!« Die Boten kamen bei Landudu an. Landudu hatte die Angewohnheit, immer drei Tage zu schlafen und drei Tage zu wachen. Als die Boten ankamen, schlief Landudu gerade. Die Boten riefen Landudu an. Landudu hörte nicht. Landudu schlief. Die Boten schrien Landudu an. Landudu hörte nicht. Landudu schlief. Die Boten nahmen zwanzig Stöcke und begannen auf Landudu zu schlagen. Landudu fühlte nichts. Landudu schlief. Die Boten zündeten um Landudu ein Feuer an. Das Feuer verbrannte den Jäger. Landudu aber fühlte nichts. Er wachte nicht auf. Er schlief weiter. – Die Boten fragten die Frauen Landudus: »Wie macht ihr es, wenn ihr Landudu wecken wollt?« Die Frauen sagten: »Man braucht nur die Saiten seiner Dungeru (Gitarre, Jägergitarre) zu berühren, dann wacht er auf.« Die Boten schlugen gegen die Saiten seiner Dungeru. Da wachte Landudu auf.

Landudu fragte die Leute: »Was wollt ihr denn?« Die Boten sagten: »Wir sind die Boten aus Nakoti. Edsu Audus Reiter sind wieder da. Komm und hilf uns!« Landudu erhob sich. Er nahm einen Pfeil. Den Pfeil legte er zum Schusse auf die Sehne. Er schoß den Pfeil in der Richtung auf Nakoti ab. Dann legte er sich hin und schlief weiter. Der Pfeil Landudus flog bis nach Nakoti. Er traf den Anführer der Reiter Edsu Audus. Der Anführer fiel sogleich vom Pferde. Er sagte zu den andern: »Sagt Audu, daß der Pfeilschuß gut traf! Ich sterbe!« Der Anführer starb. Dann aber begann einer der Reiter Audus nach dem andern zu sterben. Die letzten ritten fliehend von dannen, um Edsu Audu zu berichten, was sich ereignet hatte. Die Leute von Nakoti aber sandten eine Botschaft an Landudu und ließen ihm sagen: »Wir danken dir sehr, Landudu! Wir danken dir sehr!« Sie schickten ihm zweihunderttausend Kauri.

Die letzten Reiter kamen zu Edsu Audu zurück. Sie sagten zu Edsu Audu: »Die Leute von Nakoti haben mit einem Jäger Landudu Freundschaft geschlossen. Der schoß einen Pfeil von Ebodji aus ab. Der Pfeil traf unseren Führer. Der Führer starb. Alle andern starben auch. Nur wir konnten noch entrinnen.« Als Edsu Audu das hörte, wurde er sehr zornig. Er sagte zu seinen Leuten: »Paßt mir auf, wenn Landudu auf die Jagd geht! Wie kann ich den Mann, der mir so Schlimmes zugefügt hat, strafen! Paßt mir gut auf, wenn er zur Jagd geht!« Edsu Audu versammelte vierhundert Reiter. Er sagte zu den vierhundert Reitern: »Geht dahin, wo Landudu zur Jagd weilt, und fangt ihn!« Die vierhundert Reiter machten sich auf den Weg. Sie kamen in Landudus Gebiet. Landudu war im Dickicht. Er trank gerade Klibombo (Haussa = Gonda; Joruba = Abo: scheinen Früchte einer Landolphia zu sein). Die vierhundert Reiter kamen ganz dicht an ihn heran. Als Landudu sie sah, kniete er nieder. Er legte einen Pfeil auf den Bogen und zielte. Er zielte nur nach den Reitern hin. Er schoß nicht. Aber bis auf zwei stürzten alle vierhundert Pferde und Reiter tot zu Boden. Die zwei übrigen fielen vor Landudu auf die Erde und baten ihn: »Was sollen wir zwei gegen dich tun, wo du so leicht fast vierhundert Reiter getötet hast. Laß uns am Leben!« Landudu sagte: »Kehrt zu Edsu Audu zurück und erzählt ihm alles!«

Die zwei Reiter kamen zu Edsu Audu zurück und sagten: »Alle andern sind von dem Jäger Landudu durch ein Zielen getötet. Nur uns ließ er am Leben, um dir das zu sagen!« Edsu Audu rief seinen Saba (Jerima) und sagte: »Reite zu dem Jäger Landudu; bitte ihn dessentwegen, was ich gegen ihn vorhatte, um Verzeihung und schließe Frieden mit ihm!« Der Saba machte sich auf den Weg. Er kam zu dem Jäger Landudu und sagte zu ihm: »Edsu Audu schickt mich zu dir. Er bittet dich dessentwegen, was er gegen dich vorhatte, um Verzeihung. Er will mit dir Frieden machen!« Der Jäger Landudu sagte: »Es ist gut.« Dann nahm er aus seiner Medizinalkalebasse ein weniges heraus und hielt es den dreihundertachtundneunzig Pferden vor das Maul und den dreihundertachtundneunzig Reitern vor den Mund. Hierauf sprangen die Pferde und Reiter wieder auf und ritten mit dem Saba zurück zu Edsu Audu nach Jima.

Die Leute Edsu Audus besprachen nun untereinander: »Wie können wir diesen Jäger Landudu töten?« Ein Mann ging zu Edsu Audu und sagte: »Laß ein Loch in die Erde graben. Breite eine Matte darüber aus. Rufe den Jäger Landudu zu dir. Laß ihn sich auf die Matte setzen. Wenn er hinabgestürzt ist, wirf die Grube mit Steinen zu. So verliert Landudu das Leben.« Edsu Audu sagte: »Das ist gut.« Edsu Audu ließ auf der Veranda seiner Katamba ein tiefes Loch grabe'n. Er breitete eine Matte darüber aus. Man sah nichts von der Grube. Er sandte eine Botschaft zu dem Jäger Landudu. Der Bote kam zum Jäger Landudu. Der Bote sagte: »Edsu Audu läßt dich zu ihm rufen. Edsu Audu will mit dir Frieden machen.« Der Jäger Landudu sagte: »Ich werde kommen!«

Der Jäger Landudu kam nach Jima. Die Leute führten ihn zu der Matte über der Grube. Die Leute sagten: »Nimm auf dieser Matte Platz. Edsu Audu wird sogleich kommen.« Der Jäger Landudu trat auf die Matte. Er stürzte mit der Matte in die Grube. Edsu Audu rief: »Werft schnell Steine auf ihn! Füllt die Grube mit Steinen aus!« Die Leute taten es. Sie schleppten Steine herbei. Sie bedeckten den Körper des Jägers Landudu mit Steinen. Sie füllten die Grube mit Steinen aus.

Als die Leute mit der Arbeit fertig waren, sagten sie: »Heute haben wir den Jäger Landudu bewältigt!« Die Leute wandten sich um. Da sahen sie den Jäger Landudu von außen her auf das Haus des Edsu Audu zukommen. Er trug einen schweren Knüppel über der Schulter. Der Jäger Landudu kam heran und sagte: »Der Edsu Audu hat mich durch Boten gebeten, hierherzukommen. Hier bin ich. Willst du etwas gegen mich unternehmen?« Edsu Audu sagte: »Ich bitte dich um Verzeihung; ich will nun nichts mehr gegen dich unternehmen.«

Der Jäger Landudu sagte: »Was hast du gegen mich? Was willst du gegen mich unternehmen?« Edsu Audu sagte: »Du hast mir vor Nakoti viele Leute getötet. Du hast mich gekränkt. Ich hatte dir nichts getan. Deshalb wollte ich dich töten!« Der Jäger Landudu sagte: »Du hast recht! Ich habe damit begonnen, dir Schlimmes zu tun. Du hast recht. Nimm mich und töte mich. Ich gebe mich dir freiwillig.« Edsu Audu rief seine Leute zusammen. Er sagte zu ihnen: »Bindet den Jäger Landudu!« Die Leute banden den Jäger Landudu. Edsu Audu sagte: »Werft ihn in den Niger!« Die Leute trugen ihn an den Niger, banden ihm Steine um und warfen ihn in das Wasser. Die Leute sahen ihn im Wasser versinken. Die Leute gingen nach Haus.

Als die Leute in Edsu Audus Haus kamen, saß der Jäger Landudu neben Edsu Audu auf der Matte. Der Jäger Landudu sagte zu Edsu Audu: »Was hast du nun noch weiter mit mir vor?« Edsu Audu sagte: »Ich will dir nun nichts mehr tun. Ich will nichts mehr gegen dich unternehmen. Ich bitte dich um Verzeihung. Wir wollen Freunde sein. Ich will dir eine Frau geben!« Der Jäger Landudu sagte: »Dann werde ich dir auch eine Frau geben. Wie es meiner Frau ergehen wird, ebenso soll es mit deiner Frau sein.«

Edsu Audu gab dem Jäger Landudu ein Mädchen zur Frau. An dem Tage, an dem dieses Mädchen geboren war, hatte die Mutter einen Schmied gerufen und ihm den Auftrag gegeben, um den Hals des Mädchens einen Ring zu schmieden. Der Schmied hatte dem Mädchen um den Hals einen Ring geschmiedet und hatte gesagt: »An dem Tage, an dem das Mädchen heiratet, werde ich den Ring wieder abnehmen!« Als das Mädchen nun dem Jäger Landudu zugebracht war, kam der Schmied und sagte: »Ich will diesen Ring wieder abnehmen, denn das Mädchen heiratet jetzt.« Der Schmied versuchte, den Ring dem Mädchen über den Kopf zu ziehen. Es gelang aber nicht, denn das Mädchen war nun erwachsen und hatte einen zu großen Kopf. Die Leute Landudus sagten: »Man muß den Ring zerschneiden!« Der Schmied sagte: »Nein, ich habe den Ring als ganzen gearbeitet und will ihn wieder ganz zurückhaben. Man muß eben dem Mädchen den Kopf abschneiden.« Die Leute Landudus sagten: »Das Mädchen ist Landudus. Er will das nicht!« Der Schmied sagte: »Kommt, wir wollen den Richter fragen!« Sie gingen zum Richter. Der Richter sagte: »Dann müssen wir eben dem Mädchen den Kopf abschneiden.« Man schnitt dem Mädchen den Kopf ab. Der Schmied erhielt seinen Ring zurück. Der Jäger Landudu hatte die Frau aber wieder verloren.

Der Jäger Landudu sandte an Edsu Audu das Mädchen. Sie bauten dem Mädchen ein Haus, das hatte neben der Türe eine Luke zum herausblicken. Als dem Mädchen, das der Jäger Landudu von Edsu Audu erhalten hatte, der Kopf abgeschnitten war, sandte der Jäger Landudu drei Jäger. Diese drei Jäger gingen an dem Hause des Mädchens vorbei, das der Jäger Landudu dem Edsu Audu geschenkt hatte. Das Mädchen sah die drei Jäger Landudus. Es sah sie vorübergehen. Es wollte ihnen nachsehen. Es zwängte den Kopf zur Luke neben der Tür heraus und sah ihnen nach. Als die Jäger vorbeigegangen waren, wollte das Mädchen den Kopf wieder zurückziehen. Sie konnte aber den Kopf nicht wieder durch die Luke zurückzwängen. Der Kopf schwoll. Das Mädchen schrie. Es kamen Leute Audus. Die Leute versuchten, den Kopf zurückzupressen. Die Leute sagen: »Das geht nicht; wir müssen die Mauer zerbrechen!« Die drei Jäger Landudus kamen dazu und sagten: »Das Haus darf nicht zerbrochen werden. Das Haus haben die Leute Landudus für das Mädchen gebaut.« Die Leute Edsu Audus sagten: »Wir bekommen den Kopf des Mädchens aber nicht wieder durch die Luke!« Die drei Jäger Landudus sagten: »Dann muß man eben dem Mädchen den Kopf abschneiden!« Die Leute Edsu Audus sagten: »Das Mädchen gehört dem Edsu. Der Edsu will nicht, daß man ihm den Hals abschneidet.« Die Leute Landudus sagten: »Kommt, wir wollen zum Richter gehen!« Sie gingen zum Richter. Der Richter sagte: »Dann muß man dem Mädchen eben den Kopf abschneiden.« Man schnitt dem Mädchen den Kopf ab. Der Edsu Audu hatte die Frau wieder verloren.

Darauf begann Edsu Audu gegen den Jäger Landudu einen Krieg. Der Jäger Landudu starb in diesem Kriege. Der Edsu Audu starb in diesem Kriege. Damit ist das zu Ende.

 

e) Volkserzählungen über Edegis Gerechtigkeit

Außer den mehr historischen Legenden der Edegiperiode gibt es eine ganze Reihe von Erzählungen, die um die Person Edegis als eines besonders weisen Richters usw. gebildet sind, die aber nicht den geringsten Zusammenhang mit irgendwelchen historischen Anhaltspunkten beanspruchen. Hier eine Reihe.

 

Der älteste Mann. – Djama (das Chamäleon), Tanquollo (der Frosch) und Bidingako (die große, schwarze, übelriechende Ameise, die immer den Krieg mit den Termiten macht) stritten miteinander. Djama sagte: »Ihr müßt mich ehren, denn ich bin sehr alt. Ich war dabei, als Soko (Gott) die Erde gemacht hat.« Tanquollo sagte: »Du lügst. Ich bin älter als du, denn ich war da, ehe die Erde fertig war.« Bidingako sagte: »Ihr lügt alle beide. Ich bin der älteste von allen, denn ich war da, ehe die Erde überhaupt vorhanden war.« Djama, Tanquollo und Bidingako stritten miteinander.

Edsu Edegi hörte von dem Streit. Edegi sagte: »Bringt mir alle drei hierher!« Man brachte Djama, Tanquollo und Bidingako herbei. Edsu Edegi sagte zu Djama: »Du sagst, du seist dabei gewesen, als Gott die Erde machte? Wie kannst du das beweisen?« Djama sagte: »Als meine Mutter mich geboren hatte, war die Erde noch nicht hart. Sie war noch weich. Meine Mutter sagte deswegen zu mir: ›Mache keine schnellen Bewegungen, sonst könntest du in dem Schlamme versinken. Geh immer ruhig!‹ Aus dieser Zeit stammt der langsame Gang, den ihr heute noch an mir sehen könnt. Daraus siehst du, daß die Erde vor meinen Augen gemacht ist.« Edsu Edegi sagte: »Du hast recht. Setze dich!«

Edsu Edegi sagte zu Tanquollo: »Du sagst, du warst da, ehe die Welt fertig war. Wie willst du das beweisen?« Tanquollo sagte: »Als meine Mutter mich gebar, waren nur einzelne Spitzchen von Erde da. Hier eines und da eines und dazwischen war noch alles hohl. Auf einer solchen kleinen Erdspitze gebar mich meine Mutter. Als meine Mutter mich geboren hatte, sagte sie zu mir: ›Die Erde ist noch nicht fertig. Es sind erst einige Häufchen. Dazwischen ist alles hohler Raum. Wenn du also deinen Platz wechseln willst, so hüte dich, daß du nicht in den hohlen Raum fällst. Springe von einem Erdhäufchen über die hohlen Räume weg zum andern!‹ Aus der Zeit habe ich den hüpfenden Gang behalten. Daraus siehst du, daß ich da war, ehe die Erde fertig war!« Edsu Edegi sagte: »Du hast recht, setze dich!«

Edsu Edegi sagte zu Bidingako: »Du sagtest, du wärest da gewesen, ehe die Welt überhaupt vorhanden war. Wie willst du das beweisen?« Bidingako sagte: »Als meine Mutter mich gebar, war überhaupt noch keine Erde da. Es war alles und allenthalben Wasser. Meine Mutter hat mich auf dem Wasser geboren. Nachdem meine Mutter mich geboren hatte, starb sie. Ich nahm meine tote Mutter auf den Kopf und lief überall umher, nach einem Erdplatz suchend, auf dem ich sie begraben könne. Während zwölf Jahren suchte ich so. Inzwischen verfaulte meine Mutter auf meinem Knopfe. Das ist aber der Grund, warum ich heute noch stinke. Daraus siehst du, daß ich da war, ehe die Erde fertig war.« Edsu Edegi sagte: »Du hast recht, setze dich! Bidingako ist älter als ihr andern alle!«

 

Der Streit um den Skorpionstich. – Ein anderes Mal hatte Edsu Edegi einen Streit von vier Leuten zu schlichten. Der war so entstanden:

Ein Fremder kam in Edsu Edegis Stadt. Es war ein Haussamann. Edsu Edegi wies ihn einem angesehenen Manne zu. Der gab ihm eine Hütte in seinem Gehöft. Nach einiger Zeit bekam der Mann Hunger. Er ging hinaus auf den Markt. Er kaufte von einer Frau einen Issa (gleich den Furra der Haussa, das sind Ballen aus Guineakornmehl). Der Haussa nahm den Issaballen. Er wollte die zwanzig Kauri aus seiner Tasche nehmen, um ihn zu bezahlen. In die Tasche war ein Skorpion geschlüpft. Der Skorpion stach den Mann in die Hand. Dann lief er durch die Falten auf den Rücken des Mannes und stach ihn in den Rücken. Der Haussa zog nun schnell den Rock aus. Die Frau, von der er den Issa gekauft hatte, erschrak. Sie schrie. Das hörte der Mann der Frau. Er kam herbeigelaufen. Er sah den nackten Mann vor seiner Frau. Er fragte nicht, was sich ereignet habe. Er begann auf den Haussa loszuschlagen. Das sah der Hausherr des Haussa. Er rief: »Man schlägt den Fremden Edsu Edegis!« Er rannte dazu und schlug auch auf den Ehemann ein, ohne zu fragen, was sich ereignet habe.

Edsu Edegi hörte von dem Streite. Er ließ alle vier Leute zu sich kommen. Edsu Edegi fragte den Ehemann: »Was hat sich ereignet? Weshalb hast du meinen Fremden geschlagen?« Der Ehemann sagte: »Ich hörte meine Frau schreien. Ich eilte herbei. Ich sah deinen Fremden vor ihr. Ich fragte nicht, was sich ereignet habe. Ich schlug auf den Fremden ein.« Edegi sagte: »Setze dich!« Edegi fragte den Haussamann: »Wie kam es, daß die Frau schrie?« Der Haussa sagte: »Ich hatte Hunger. Ich ging auf den Markt. Ich kaufte bei der Frau einen Issa. Ich griff in die Tasche, um die zwanzig Kauri herauszunehmen. Ein Skorpion stach mich in die Hand. Der Skorpion lief mir auf den Rücken und stach mich da. Ich warf schnell die Kleider ab. Da schrie die Frau. Der Mann kam und schlug mich.« Edegi sagte: »Setze dich!« Edegi fragte den Hausherrn: »Wie kam es, daß du den Mann der Frau schlugst?« Der Hausherr des Haussa sagte: »Du hast mir den Fremden zugewiesen, daß ich für ihn sorge. Ich habe ihm ein Haus gegeben. Ich sah, wie der Mann dort auf ihn zusprang und ihn schlug. Ich sagte: ›Das ist ein Fremder des Königs, den der mir zugewiesen hat!‹ Ich fragte nicht, was sich ereignet habe. Ich sprang heraus und schlug den Ehemann.« Edegi sagte: »Setze dich!« Edegi fragte die Frau: »Nun sage du mir, weshalb du geschrien hast?« Die Frau sagte: »Der Haussa kaufte bei mir einen Issa, Ich dachte, er würde ihn mir bezahlen. Aber plötzlich sprang er auf und warf die Kleider ab. Da schrie ich, denn ich dachte, er sei verrückt.« Edsu Edegi sagte: »Ich kann bei keinem von euch ein Unrecht finden. Ihr könnt alle gehen.«

 

Der König Edegi belohnt die Klugheit. – Es kam ein Mann zu Edegi und sagte: »Gib mir eine Frau!« Edegi fragte: »Bist du klug?« Der Mann sagte: »Versuche es!« Edsu Edegi sagte: »Wenn du siebenmal Streit hervorgerufen hast, ohne daß du bestraft wirst, will ich dir eine Frau geben!« Der Mann sagte: »Es ist gut! Ich werde es versuchen!«

Der Mann machte sich auf den Weg nach Lapai. Kurz vor der Ankunft in Lapai traf er am Flußufer auf eine Frau, die hielt da Schnupftabak feil. Der Mann sagte: »Kann ich ein wenig von dem Schnupftabak bekommen?« Die Frau sagte: »Nimm dir nur selbst!« Der Mann sagte: »Ich werde mir doch nicht nehmen. Wenn du mir gibst, so bin ich froh darüber!« Die Frau gab ihm. Der Mann schnupfte. Den Rest steckte er in die Tasche. Er sagte: »Ich danke!« Dann ging er nach Lapai. Die Frau ging auch in die Stadt und ging zum Edsu: »Der Mann hat meinen Tabak genommen, ohne ihn zu bezahlen!« Der König ließ ihn rufen. Er sagte zu ihm: »Du bist ein Dieb. Du hast der Frau den Tabak genommen!« Der Mann sagte: »Nein, ich bin kein Dieb. Die Frau hat mir erst gesagt, ich soll den Tabak nehmen. Ich habe das abgelehnt. Dann hat sie mir den Tabak selbst gegeben. Ich schnupfte ein wenig und steckte den Rest in die Tasche.« Der König fragte die Frau: »War es so?« Die Frau sagte: »Es war so.« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging weiter. Er begab sich auf den Weg nach Agaye. Auf dem Wege nach Agaye traf er drei Mädchen, die trugen Wasser. Der Mann sagte zu einem der Mädchen: »Gib mir ein wenig Wasser zu trinken!« Das Mädchen gab ihm. Der Mann nahm. Er trank. Er ging weiter. Als er ein Stück weitergegangen war, rief das Mädchen ihn zurück und sagte: »Komm noch einmal!« Der Mann kehrte um und kam zurück. Er sagte: »Was soll ich?« Das Mädchen sagte: »Auf meinem Rücken ist eine schlechte Fliege. Schlage sie tot!« Der Mann sagte: »Sieh, ich habe hier einen Ring (mit einem dicken Knauf) am Finger. Wenn ich damit nun deinen Rücken treffe, so kann ich dich vielleicht totschlagen. Deshalb will ich es lieber nicht tun. Verscheuche nur die Fliege!« Das Mädchen sagte: »Nein, du bist mir verpflichtet, denn ich habe dir auch Wasser gegeben. Nun schlage mir die Fliege tot. Das andere ist meine Sache.« Der Mann sagte: »Wenn du darauf bestehst, so ist es deine Sache!« Der Mann schlug. Die Fliege war tot und fiel herab. Das Mädchen fiel aber auch hin und war tot. Darauf liefen die andern beiden Mädchen nach Agaye hinein. Sie liefen zum König und sagten: »Ein Fremder hat am Fluß ein Mädchen erschlagen.« Der König ließ den Mann kommen. Der König sagte: »Der Mann hat ein Mädchen erschlagen. Tötet ihn!« Der Mann sagte: »Töte mich nicht, sondern höre mich erst!« Der König sagte: »So sprich!« Der Mann sagte: »Ich traf am Fluß drei Mädchen. Ich war durstig. Die Mädchen hatten Wasser geschöpft. Ich bat um Wasser. Das eine Mädchen gab mir Wasser. Ich dankte und ging weiter. Das Mädchen rief mich zurück. Sie verlangte von mir, daß ich ihr eine Fliege auf dem Rücken totschlagen sollte. Ich sagte, daß ich es töten könne, weil ich diesen Ring am Finger trüge. Das Mädchen sagte, ich sei ihm verpflichtet, weil es mir Wasser gereicht habe. Ich solle also die Fliege totschlagen, das übrige sei seine Sache. Ich schlug die Fliege tot. Das Mädchen fiel hin und war auch tot.« Der König fragte die andern beiden Mädchen: »War es so?« Die Mädchen sagten: »Es war so!« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging weiter. Er kam nach Bida. Er ging zu einem Sohne des Königs, der zwei junge hübsche Frauen hatte. Der Sohn des Königs gab ihm ein Haus. Als es Abend war, kam der Mann zu dem Sohne des Königs und sagte: »Gib mir einen Strick!« Der Sohn des Königs sagte: »Was willst du haben?« Der Mann sagte: »Gib mir einen Strick!« Der Sohn des Königs sagte: »Ich habe keinen Strick. Was willst du denn mit dem Strick?« Der Mann sagte: »Ich will damit mein Glied festbinden. Denn mein Glied geht nachts im Gehöft, in dem schöne Frauen sind, immer umher und will die Frauen beschlafen. Damit nun nichts geschieht, will ich es festbinden!« Der Sohn des Königs sagte: »Ich kann jetzt nicht nach einem Strick suchen. Schlafe diese Nacht einmal ohne ihn!« Der Mann ging fort. Als es dann Nacht wurde, ging der Sohn des Königs in das Haus einer seiner Frauen, um mit ihr zu schlafen. Gleich darauf kam der Mann auch in das Haus. Er sagte: »Siehst du, das kommt davon, daß mein Glied nicht aufgebunden ist. Nun richtet es Unheil an. Das ist deine Sache!« Der Sohn des Königs sprang auf, um den Mann zu schlagen. Der Mann packte ihn aber und warf den Sohn des Königs heraus. Dann beschlief er die junge schöne Frau. Am andern Morgen ließ der König den Mann zu sich kommen und fragte ihn: »Was hast du diese Nacht für eine schlechte Sache gemacht?« Der Mann sagte: »Wenn eine schlechte Sache geschehen ist, so ist dein Sohn daran schuld. Ich hatte bei ihm Wohnung. Abends kam ich zu ihm und bat ihn um einen Strick, damit ich mein Glied festbinden könne. Mein Glied geht in Gehöften, in denen schöne Frauen sind, immer umher. Dein Sohn wollte mir keinen Strick geben. Er sagte, ich solle diese Nacht ohne Strick schlafen. Dann ging nachts mein Glied herum und beschlief eine Frau. Es war nicht meine Schuld. Das ist alles.« Der König fragte seinen Sohn: »War es so?« Der Sohn des Königs sagte: »Es war so.« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging weiter. Er ging auf Lafiagi zu. Als er ganz dicht bei Lafiagi war, begegnete er einem Reiter. Der Reiter sagte: »Halte mit der Hand mein Pferd!« (und zwar Ladogo-bagoa, das heißt sowohl »Halte mit der Hand« als »Schneide mit der Hand«, und in diesem Doppelsinne dialektisch unklarer Ausdrucksweise beruht der Witz). Der Mann sagte: »Nein, das tue ich nicht! Nachher habe ich nur Unannehmlichkeiten davon!« Der Reiter sagte: »So halte doch nur mit der Hand mein Pferd. Ich will absteigen, ich muß mich entleeren!« Der Mann sagte: »Du zwingst mich also?« Der Reiter sagte: »Es muß sein!« Der Mann sagte: »Dann steige ab.« Der Reiter stieg ab und ging in den Busch. Kaum war der Reiter im Busch, so zog der Mann das Messer heraus und schlug dem Pferde die vier Füße ab. Der Reiter kam zurück. Er sah sein zerschnittenes Pferd. Er sprang auf den Mann zu. Der Mann schlug wieder. Andere Leute kamen dazu. Sie schleppten den Mann in die Stadt zum König. Der Reiter sagte: »Dieser Mann hat meinem Pferde die Füße abgeschlagen!« Der König sagte: »Was hast du dazu zu sagen?« Der Mann sagte: »Der Reiter hat es selbst von mir verlangt. Er sagte zu mir: »Ladogo-bagoa!« Ich lehnte es ab und sagte, ich hätte nachher nur Unannehmlichkeiten davon. Dann zwang er mich dazu und sagte: »Es muß sein!« Der König fragte den Reiter: »War es so?« Der Reiter sagte: »Es war so.« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging weiter. Er ging auf die Stadt Zunga zu. Unterwegs fing er am Flusse eine Eschi. (Das ist eine Art Ratte, die am Flußufer haust. Der Scherz dieses Abschnittes beruht darin, daß mit Eschi nicht nur die Rattenart, sondern auch der Koitus bezeichnet wird.) Der Mann steckte die Eschi in seine Tasche. Er ging dann zur Stadt hinein und suchte im Gehöft des Königs Wohnung. Der König gab ihm ein Haus. Er sagte zu einer seiner Frauen: »Gehe hin und bring dem Fremden eine Schüssel mit Essen!« Die Frau bereitete das Essen. Dann brachte sie eine Schüssel mit Essen dem Mann in sein Haus. Sie stellte ihm die Schüssel hin. Der Mann fragte die Frau: »Kannst du Eschi (also doppelsinnig, sowohl Rattenart als Koitus) gebrauchen?« Die Frau sagte: »Laß den König nicht dieses Wort hören! Wenn er es hört, wird er dich töten!« Der Mann sagte: »Ich verstehe dich nicht. Ich weiß nicht, was du meinst. Sage mir lieber, ob du ein Eschi gebrauchen kannst. Du kannst sogleich in diesem Hause eine Eschi von mir haben. Willst du es?« Die Frau schrie. Sie lief hinaus. Sie lief zum König. Sie sagte zum König: »Der Fremde, den du in dein Haus genommen hast, hat mich soeben gefragt, ob ich von ihm beschlafen sein wollte.« Der König sagte zu seinen Leuten: »Bringt mir den Mann her!« Die Leute gingen und holten den Mann. Der König sagte zu ihm: »Du hast soeben meine Frau verführen wollen.« Der Mann sagte: »Das weiß ich nicht. Das muß wohl ein anderer gewesen sein.« Der König sagte: »Du hast ihr soeben einen Eschi (Beischlaf) angeboten.« Der Mann sagte: »Also das ist es. Auf dem Wege nach Zunga fing ich am Flusse eine Eschi (= Ratte). Als die Frau zu mir kam, fragte ich sie, ob sie sie gebrauchen könne. Ich könne sie ihr sogleich im Hause geben. Die Frau hat etwas anderes gedacht, als ich gesagt habe. Hier ist die Eschi!« Der Mann nahm die Eschi aus der Tasche und legte sie vor den König hin. Der König sagte zu dem Mann: »Das ist ein Mißverständnis. Nimm deine Eschi. Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen.«

Der Mann ging weiter. Er ging auf die Stadt Illorin zu. Er ging durch die Farmen der Stadt Illorin. Er kam an eine Farm, auf der hackten die Leute Jams aus der Erde. Er sagte zu den Leuten: »Könnt ihr mir ein wenig von eurem vielen Jams abgeben?« Die Leute gaben ihm fünf Jamsknollen. Der Mann sagte: »Ich danke euch. Womit kann ich mir nun ein Feuer anzünden, um meinen Jams zu rösten?« Die Leute sagten: »Du kannst alles nehmen, was um die Farm herumliegt, um dein Feuer zu machen.« Der Mann sagte: »Ich danke euch.« Der Mann kam an das Ende der Farm. Da hatten die Leute ihre Schuhe hingelegt. Er nahm die Schuhe. Die Leute hatten da ihre Kleider abgelegt. Er nahm ihre Kleider. Die Leute hatten da ihre Hüte hingelegt. Er nahm ihre Hüte. Die Leute hatten da ihre Hacken hingelegt. Er nahm ihre Hacken. Die Leute hatten da ihre Körbe hingelegt. Er nahm ihre Körbe. Die Leute hatten da ihre Kalebassen hingelegt. Er nahm ihre Kalebassen. Die Leute hatten da ihre Stöcke hingelegt. Er nahm ihre Stöcke. Der Mann legte die Schuhe, die Kleider, die Hüte, die Hacken, die Körbe, die Kalebassen, die Stöcke auf einen großen Haufen. Er zündete das alles an und legte seine fünf Jamsknollen darauf. Er röstete sie. Die Leute auf der Farm sagten: »Was ist das für ein Geruch?« Sie gingen hin. Sie sahen, daß alle ihre Schuhe, Kleider, Hüte, Hacken, Körbe, Kalebassen, Stöcke verbrannt waren. Der Mann saß daneben und aß seinen gerösteten Jams. Die Leute packten und nahmen ihn mit zur Stadt. Sie führten ihn zum König und sagten: »Wir haben diesem Manne fünf Jamsknollen geschenkt. Darauf hat er uns alle unsere Schuhe, Kleider, Hüte, Hacken, Körbe, Kalebassen und Stöcke genommen und hat sie verbrannt.« Der König sagte: »Was hast du dazu zu sagen?« Der Mann sagte: »Die Leute schenkten mir fünf Jamsknollen. Ich fragte sie: ›Womit kann ich nun mein Feuer anzünden, um meinen Jams zu rösten?‹ Die Leute sagten mir: ›Du kannst alles nehmen, was um die Farm herumliegt, um dein Feuer zu machen.‹ Sie sagten mir nicht, daß ich Feuerholz nehmen solle. Sie sagten mir, ich solle alles nehmen, was um die Farm herumliegt. Da sammelte ich alle Schuhe, Kleider, Hüte, Hacken, Körbe, Kalebassen, Stöcke auf und machte mein Feuer damit. Mit Feuerholz hätte ich weniger Arbeit gehabt.« Der König fragte die Leute: »War es so?« Die Leute sagten: »Es war so.« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging weiter. Er ging auf die Stadt Saragi zu. Er kam nach Saragi. Er ging auf den Markt und kaufte bei einer Frau für hundert Kauri Jams. Dann ging er zu einer andern Frau, die hatte einen ganzen, großen Topf voll Öl da. Der Mann wollte etwas Öl zu seinem Jams kaufen. Der Mann fragte die Frau: »Kann ich etwas von dem Öl bekommen? Willst du mir etwas Öl zu meinem Jams verkaufen?« Die Frau vor dem großen Öltopf antwortete: »Eloloschi!« (Eloloschi hat wieder doppelten Sinn. Es soll heißen »alles zusammen«, d. h. also, die Frau wollte nur das ganze Öl en gros verkaufen. Eloloschi kann aber auch heißen »Hineingehen«.) Der Mann fragte: »Was? Eloloschi?« Die Frau sagte: »Ja, Eloloschi!« Der Mann sagte: »Das kann ich ja auch tun!« Er zog seine Kleider aus, legte sie beiseite und setzte sich mit einem Sprung mitten in den Öltopf. Der Topf zerschellte sofort und das Öl floß nach allen Seiten auseinander. Die Frau schrie. Die Frau lief sogleich zum König und sagte: »Ein fremder Mann ist auf dem Markt mitten in meinen Öltopf gesprungen, hat ihn zerbrochen und all mein Öl vertan!« Der König ließ den Mann kommen. Er sagte zu dem Manne: »Diese Frau sagt mir, daß du ihren Öltopf zerbrochen und ihr Öl verschüttet hättest.« Der Mann sagte: »Ich habe nichts Unrechtes getan, denn ich habe nichts anderes getan, als was die Frau selbst gewollt hat. Ich kam von Illorin. Ich war hungrig. Ich ging auf den Markt. Ich kaufte bei einer Frau für hundert Kauri Jams. Ich ging zu dieser Frau, um dazu ein wenig Öl zu kaufen. Ich fragte die Frau, ob sie mir von dem Öl verkaufen wolle. Sie sagte, ich solle mich hineinsetzen. Ich fragte nochmals, ob ich richtig verstanden habe. Sie wiederholte ›Eloloschi‹. Da habe ich meine Kleider aufgezogen und habe mich mit einem Sprung hineingesetzt. Wenn sie dabei etwas verloren hat, so ist sie doch selbst für den Verlust verantwortlich.« Der König fragte die Frau: »War es so?« Die Frau sagte: »Es war so.« Der König sagte zu dem Manne: »Ich kann nichts Unrechtes an dir finden. Du kannst gehen!«

Der Mann ging. Er ging zur Stadt Edegis. Er ging zu Edsu Edegi und sagte: »Du hast zu mir gesagt: Wenn du siebenmal Streit hervorgerufen hast, ohne daß du bestraft wirst, will ich dir eine Frau geben. Ich war in Lapai, habe eine Frau um ihren Tabak betrogen und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Agaye, habe ein junges Mädchen totgeschlagen und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Bida, habe den Königssohn herausgeworfen, seine Frau beschlafen und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Lafiagi, habe dem Pferde eines Reiters die Füße abgeschlagen und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Sunga, habe einer Frau des Königs den Beischlaf angeboten und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Illorin, habe den Farmleuten ihre Schuhe, Kleider, Hüte, Hacken, Stöcke verbrannt und wurde vom König freigesprochen. Ich war in Saragi, bin mitten auf dem Marktplatz in den großen Öltopf einer Frau gesprungen, so daß der Topf zersprang und alles Öl auseinanderfloß und wurde vom König freigesprochen. Ich habe also siebenmal Streit angefangen und wurde nicht bestraft. Ehe ich dich aber um meine Frau bitte, will ich noch einmal etwas im Haussaland anrichten!«

Der Mann ging. Er ging in das Haussaland. Auf der Straße traf er einige Haussa. Die sagten ihm den Gruß der Haussa: »Sanu! Sanu!« (Sanu heißt soviel als Gruß wie Heil! Segen! Andererseits heißt »Sanu« aber auch »langsam, bequem«.) Der Mann sprang auf die Haussa zu. Er rief: »Was, ihr wollt mich einen Langsamen, einen Faulen nennen? Was, ihr wollt mich beschimpfen?« Die Haussa schrien: »Sanu! Sanu!« Der Mann nahm darauf seinen Stock und schlug auf die Haussa drein. Die Haussa liefen in die Stadt und sagten zum König: »Ein Nupemann hat uns geschlagen!« Der Haussakönig ließ den Mann zu sich kommen und sagte zu ihm: »Du hast mit meinen Leuten Streit angefangen!« Der Mann sagte: »Sie sagen, ich habe Streit angefangen? Haben sie mir nicht zugerufen, ich sei ein Langsamer, ein Fauler? Habe ich nicht aufbegehrt? Haben sie mich da nicht wieder beschimpft und gerufen: ›Sanu! Sanu!‹ Ich bin aber nicht faul. Ich bin fleißig. Ich lasse mich nicht beschimpfen und mir sagen, ich sei ein träger Mann! Deshalb bin ich zornig geworden, weil sie mich einen Faulen geschimpft haben.« Der König fragte die Leute: »War es so?« Die Haussa sagten: »Wir haben nur Sanu! Sanu! gerufen.« Der Mann sagte: »Ja, sie haben mich einen Langsamen genannt.« Der König sagte: »Ich kann kein Unrecht an dem Manne finden. Es ist ein Mißverständnis. Der Mann kann gehen.«

Der Mann ging zu Edsu Edegi. Edsu Edegi sagte zu ihm: »Du bist ein ordentlicher, kluger Mann. Ich werde dir die Frau geben.« Edsu Edegi gab dem Mann ein Mädchen und sagte: »Nimm sie! Gehe aber nicht mit dieser Frau in das Land Sauadji. Wenn da einer deine Frau beschläft, oder wenn sie sie dir da wegnehmen, so ist das deine Sache.« Der Mann sagte: »Es ist gut!« Der Mann heiratete das Mädchen.

Dann ging der Mann mit seiner jungen Frau nach dem Lande Sauadji und sagte: »Dieses Land Sauadji, vor dem mich Edsu Edegi so warnt, muß ich doch kennen lernen. Sollten die Leute mich an Klugheit übertreffen?« Der Mann ging mit seiner Frau nach dem Lande Sauadji.

Der Mann kam mit seiner Frau in der Stadt Sauadji an. Die Leute von Sauadji suchten immer nach Frauen. Sie konnten nie genug bekommen. Als der Mann ankam, gaben sie ihm ein Haus für sich, seine Frau aber schickten sie zur Sonja (Magaji in Haussa; Jalode in Joruba = Frauenrichterin und Aufseherin). Am andern Tag ging der Mann mit den jungen Leuten baden. Er kam zurück zu seiner Frau. Die Frau sagte: »Warum warst du fort? Warum hast du nicht mit mir geschlafen?« Der Mann sagte: »Ich wollte die Penisse dieser jungen Leute sehen. Deshalb war ich mit ihnen baden. Jeder von ihnen hat nicht wie ich einen, sondern sieben Penisse und jeder einzelne ist scharf wie ein Messer. Deshalb haben sie auch so viele Frauen nötig, weil so viele sterben.«

Der Saba (Thronfolger) der Stadt hatte die Frau des Mannes gesehen. Er sagte zu seinen Leuten: »Seht euch nach der jungen Frau aus Edegis Stadt um. Ich will mit ihr schlafen.« Die jungen Leute kamen zu dem Manne. Der Mann sagte zu ihnen: »Seht meine Frau an. Sie hat fünf Männer vor mir gehabt. Ich bin der sechste. Jedem der ersten fünf hat sie mit einem einfachen Handstrich Penis und Skrotum abgeschnitten.« Als die jungen Leute das hörten, bekamen sie Angst. Sie gingen zum Saba und sagten es ihm. Der Saba aber sagte: »Ich muß diese Frau haben, ehe sie geht, und wenn sie mir auch alles abschneidet.« Der Saba nahm siebentausend Kauri und schickte sie der Frau. Er ließ ihr sagen, daß er sie besitzen wolle. Die Frau sagte zu dem Boten: »Ich bin bereit. Mein Mann ist aber schlecht. Er beginnt mit jedem Streit. Gebt also meinem Mann erst vielen Palmwein, ehe wir zusammenkommen.« Der Saba sandte vielen Palmwein. Der Mann trank ihn. Der Mann ward betrunken. Dann nahmen ihn die Leute, trugen ihn in ein Haus und schlossen das Haus hinter ihm zu.

Der Saba rief die Frau nun zu sich. Die Frau ging hin. Der Saba sagte zu ihr: »Setze dich!« Die Frau setzte sich. Die Frau dachte an die sieben Penisse, die scharf wie Messer waren, und hatte Angst. Der Saba dachte an den Handstrich, mit dem fünf Männer schon Penis und Skrotum verloren hatten, und hatte Angst. Der Saba ging hinaus und rief vier Segi (= Pagen, gleich den Segi der Haussa, laufen mit roten Tüchern über der Schulter vor den Herren her). Von diesen Segi sagen die Nupe, früher seien sie dem Edsu zuerteilt worden, daß er sie wie Frauen von hinten beschlafe. Die Haussa sagen, solches sei heute nicht mehr in den Koareländern Sitte, wohl aber in Bornu. Er sagte zu ihnen: »Je zwei von euch stehen hinter je einer Tür. Wenn ich schreie, kommt herein und reißt die Frau von mir, so daß sie mir nicht Penis und Skrotum abschneiden kann.« Dann ging der Saba wieder hinein.

Beide lagen auf dem Lager. Der Saba dachte: »Ob das mit dem Handstrich wahr ist?« Die Frau dachte: »Ob das mit den sieben Penissen, die scharf wie Messer sind, wohl wahr ist?« Die Frau dachte, der Saba schliefe. Die Frau dachte: »Ich muß einmal nachfühlen.« Sie führte die Hand zu dem Saba hin. Der Saba fühlte den Handstrich. Der Saba dachte: »Jetzt schneidet sie!« Der Saba schrie. Die vier Segi kamen herein, rissen die Frau vom Lager und warfen sie zur Tür hinaus.

Die Leute gingen hin und öffneten das Haus, in dem der Mann lag. Sie nahmen den Mann heraus. Am andern Morgen wachte er auf. Er ging zu seiner Frau und sagte: »Pack die Sachen. Nun können wir wieder gehen.« Sie gingen. Wo sie durch die Straßen kamen, liefen die jungen Männer weg. Der Mann lachte.

Der Mann kam zu Edsu Edegi zurück. Edsu Edegi sagte: »Du bringst deine Frau wieder mit? Erzähle mir!« Der Mann erzählte alles. Edsu Edegi schenkte ihm zwei Sklaven und zwei Pferde, damit er bei ihm bliebe. Edsu Edegi sagte: »Ich danke dir; ich habe einen klugen Mann kennengelernt.«

 

f) Der Monafiki der Issazeit

In der Zeit, da Edsu Issa (es scheint der Issa des vorigen Jahrhunderts zu sein) herrschte, waren zwei Leute miteinander befreundet. Der eine von ihnen war sehr reich. Der andere von ihnen war sehr arm. Der Reiche hatte vier hunderttausend Kauri, der Arme hatte nur tausend Kauri. Der Reiche sagte eines Nachts zu dem Armen: »Ich möchte dich um etwas bitten.« Der Arme sagte: »Was kann ich, der Arme, dir, dem Reichen geben?« Der Reiche sagte: »Wirst du es mir geben, wenn du es hast?« Der Arme sagte: »Wir sind Freunde. Ich werde dir alles geben, was ich habe.« Der Reiche sagte: »Du hast ein schönes Glied (eba). Gib mir deinen Eba!« Der Arme sagte: »Nimm ihn dir!« Der Reiche schnitt den Eba des Armen ab und steckte ihn in die Tasche.

Am andern Tag kam der Arme zu dem Reichen und sagte: »Du hast mich gestern nacht gebeten, ich habe dir gegeben. Ich komme heute und bitte dich.« Der Reiche sagte: »Was willst du von mir haben?« Der Arme sagte: »Ich habe nun keinen Eba mehr. Ich will den Rest meines Lebens wenigstens angenehm leben. Gib mir alles, was du besitzt.« Der Arme nahm alles Geld des Reichen. Er lud die Säcke mit Kauri auf Esel und trieb alles zu sich.

Am andern Tag kam der (frühere) Reiche zu dem (früheren) Armen. Der Reiche sagte: »Wir sind Freund. Gestern hast du mich gebeten und ich habe dir gegeben. Heute komme ich und bitte dich.« Der Arme sagte: »Was willst du von mir haben?« Der Reiche sagte zu dem Armen: »Ich will deine beiden Augen haben!« Der Arme sagte: »Nimm sie!« Der Reiche nahm ein Messer und schnitt dem Armen die Augen aus. Er nahm die Augen und steckte sie in seine Tasche. Der Arme konnte nun nicht mehr sehen. Der Reiche nahm alles Geld, das er gestern dem Armen gegeben hatte. Der Reiche nahm die Esel, die er gestern dem Armen gegeben hatte. Der Reiche lud die Säcke mit dem Geld auf die Esel und trieb die Esel wieder in sein Haus. Der Arme war blind, er konnte nichts sehen. Er konnte es nicht hindern. Der Reiche kam zurück. Er hatte dem Armen Eba und Augen geraubt. Er warf ihn nun aus dem Gehöfte. Er jagte ihn fort und sagte: »Nun geh' zum Edsu Issa!«

Der Arme tastete sich weiter fort. Er kam in den Busch. Er tastete sich von einem Platze zum andern. Er ging jeden Tag ein Stück weiter. Er kam in ferne Länder. Er irrte drei Jahre lang umher. Der Reiche aber ging als Händler von Stadt zu Stadt. Er kaufte hier, er kaufte dort. Er verkaufte dies, er verkaufte das. Der Reiche wurde immer wohlhabender. Er hatte viel Geld und Sklaven. Er ging in die Stadt Edsu Issas und wohnte da.

Der Arme irrte im Busch weiter. Er kam eines Tages an einen Baum. Er stieß an den Baum. Auf dem Baume hatte der König der Aasgeier (gulu, in Haussa: angulu) sein Nest. Der König der Gulu sagte: »Wer stieß gegen mein Haus?« Der Arme sagte: »Verzeih mir, ich bin aber blind.« Der König der Gulu sagte: »Was willst du von mir?« Der Arme sagte: »Ich bin blind, ich kann nicht sehen. Zeige mir bitte den Weg.« Der König der Gulu fragte: »Wie bist du blind geworden?« Der Blinde sagte: »Ich war arm. Ich war mit einem reichen Manne befreundet. Der Reiche bat mich um meinen Eba. Ich gab ihm meinen Eba. Am andern Tage bat ich den Reichen um seinen Reichtum. Der Reiche gab mir seinen Reichtum. Am nächsten Tage bat mich der Reiche um meine Augen. Ich gab ihm meine Augen. Dann nahm mir der Reiche wieder allen Reichtum. Er warf mich heraus und trieb mich in den Busch. Drei Jahre lang bin ich im Busch herumgeirrt.« Der König der Gulu sagte: »Ich will besser zu dir sein als dein reicher Freund.« Der König der Gulu breitete seine Flügel aus. Er stieg in die Luft. Der König der Gulu sagte: »Lege deinen Kopf zurück, wende dein Gesicht dem Himmel zu!« Der Blinde tat es. Der Gulu entleerte sich. Der Schmutz fiel gerade auf die Augen des Armen. Der Arme konnte wieder sehen. Er wandte sich um. Er konnte alles sehen. Er sah wieder wie früher. Der König der Gulu kam herab. Er flog von seinem Hause herab. Er gab dem Armen ein Paket von seinen Exkrementen. Der König der Gulu sagte zu dem Armen: »Stecke dies in deine Tasche. Gehe damit auf die Wanderschaft. Wenn du Menschen findest, die an den Augen leiden, so tue von diesem darauf. Du kannst viele Menschen gesund machen und dadurch reich werden.« Der König der Gulu flog fort. Der Arme nahm von den Exkrementen des Königs der Gulu und steckte sie in die Tasche.

Der Arme ging in die nächste Stadt. Er wandte sich seiner Stadt zu. Er begegnete dem Reichen. Er fragte den Reichen: »Kennst du mich nicht?« Der Reiche sagte: »Nein, ich habe dich noch nicht gesehen.« Der Arme sagte: »Ich bin der, der dir seinen Eba und seine Augen gab.« Der Reiche sagte: »Jetzt weiß ich, wer du bist. Wir sind Freunde.« Der Reiche fragte den Armen: »Wo gehst du hin?« Der Arme sagte: »Ich gehe, wie du mir früher sagtest, in die Stadt Edsu Issas.«

Der Arme ging weiter. Er kam an Edsu Issas Stadt. Er ging in die Katamba des Edsu Issa. Der König fragte den Armen: »Was willst du?« Der Arme sagte: »Ich bin nur ein Armer.« Der König fragte: »Was arbeitest du?« Der Arme sagte: »Ich suche Blinde. Ich mache sie sehend.« Der König sagte: »Ich habe eine erste Frau. Meine erste Frau ist blind. Ich habe alles versucht, sie sehend zu machen. Ich habe schon fünf Sklaven dafür ausgegeben, es ist aber nicht besser geworden.« Der Arme sagte: »Wenn du willst, werde ich es versuchen.« Edsu Issa sagte: »Versuche es!« Der Arme sagte: »Bringt mir eine kleine Schale mit Wasser!« Sie brachten ihm eine kleine Schale mit Wasser. Der Arme nahm aus seiner Tasche das Bündel mit den Exkrementen des Königs der Geier. Er brach etwas davon ab. Er warf das Abgebrochene in das Wasser. Der Arme sagte: »Kann ich deine erste Frau einmal sehen?« Der König führte den Armen in das Haus der ersten Frau. Der Arme goß das Wasser über die Augen der Frau. Die Frau hob den Kopf auf. Sie konnte wieder sehen. Die Frau sagte: »Ich danke dir! Ich danke dir! Ich danke dir!«

Der König Issa sagte zu dem Armen: »Ich danke dir!« Der König Issa gab ihm fünf Sklaven. Er gab ihm ein starkes altes Pferd. Er gab ihm ein starkes junges Pferd. Der König machte den Armen zu seinem Schentali (Verwalter eines Stadtteils; in Haussa: adjia). Der König rief den Schentali jeden Morgen. Der Schentali mußte ihm in allem raten. Der Schentali wurde ein angesehener Mann. König Issa nahm vier junge Mädchen. Er schenkte die vier jungen Mädchen dem Schentali zu Frauen.

Der Reiche sah das. Der Reiche begann die Arbeit des Monafiki (Hetzers). Der Monafiki (also der Reiche) kam zum König Issa und sagte: »Der Schentali hat keinen Eba. Du hast ihm vier Frauen gegeben. Aber was soll er mit ihnen tun? Er hat mir früher seinen Eba geschenkt. Ich habe ihn ihm abgeschnitten.« Der Monafiki zog den Eba des Schentali aus der Tasche und zeigte ihn dem König. Der Schentali kam jeden Morgen zum Edsu. Wenn der Schentali weggegangen war, kam der Monafiki und sagte: »Der Schentali hat keinen Eba. Du hast ihm vier Frauen gegeben. Aber was soll er mit ihnen tun? Er hat mir früher seinen Eba geschenkt. Ich habe ihm den Eba abgeschnitten.« Der Monafiki zog den Eba aus der Tasche und zeigte ihn dem König. Der Schentali kam jeden Morgen zum Edsu. Wenn der Schentali fortgegangen war, kam der Monafiki.

Eines Morgens sagte der König: »Es ist gut. Morgen sollen alle Männer der Stadt zum Flusse gehen, um Fische zu fangen. Sie sollen alle Kleider ablegen und nackt in das Wasser steigen. Dann werde ich sehen, ob der Schentali einen Eba hat oder nicht.« Der Edsu ließ das allen Leuten in der Stadt sagen. Der Monafiki sagte: »Nun wirst du es selbst sehen!« Als der Bote mit der Nachricht zum Schentali kam, begann der Schentali zu weinen. Der Schentali weinte die ganze Nacht. Der Schentali schrie die ganze Nacht.

Der Schentali weinte. Das große starke Pferd fragte den Schentali: »Was hast du?« Der Schentali sagte: »Als ich jung war, hatte ich einen Freund, der war reich. Der Reiche bat mich um meinen Eba. Ich gab ihm meinen Eba. Am andern Tage bat ich ihn um seinen Reichtum. Der Reiche gab mir seinen Reichtum. Am nächsten Tage bat mich der Reiche um meine Augen. Ich gab ihm meine Augen. Dann nahm mir der Reiche wieder allen Reichtum. Er warf mich heraus und trieb mich in den Busch. Drei Jahre lang bin ich im Busche herumgeirrt. Ich kam zum König der Gulu. Der König der Gulu machte mich sehend. Er gab mir Heilmittel. Ich kam hierher. Ich machte die Frau des Edsu Issa sehend. Der König schenkte mir Sklaven und Pferde. Der König machte mich zum Schentali. Der König schenkte mir vier Mädchen. Der Reiche kam und ward zum Monafiki. Der Monafiki sagte zum König, daß ich keinen Eba habe. Der König verlangte, daß alle Leute nackt zum Fischfang kommen sollten. Die Leute werden sehen, daß ich keinen Eba habe. Ich werde mich schämen. Ich werde sterben.« Der Schentali weinte. Der Schentali schrie.

Das große Pferd sagte zu dem Schentali: »So weinst du also, weil du keinen Eba hast?« Der Schentali sagte: »So ist es.« Das große Pferd sagte zu dem kleinen Pferd: »Hast du die Sache unseres Herrn gehört?« Das kleine Pferd sagte zu dem großen Pferd: »Ich habe alles wohl gehört. Du bist von uns beiden das größere. Was du als Großes darin tust, wird gut sein.«

Das große Pferd sagte zum Schentali: »Lege mir eine Schnur um den Hals und steige auf meinen Rücken.« Der Schentali legte dem großen, starken Pferd eine Schnur um den Hals und stieg auf seinen Rücken. Das große Pferd begann wegzulaufen. Das große Pferd lief aus der Stadt. Das große Pferd lief so schnell, wie kein Pferd sonst laufen kann. Das große Pferd lief an Kano vorbei. Das große Pferd lief immer noch. Das große Pferd stand still. Das große Pferd sagte: »Jetzt sind wir da.« Der Schentali sah um sich. Ringsum war ein großer, großer Markt. Auf dem Markte wurden nur Eba feilgehalten. Die Eba, die so groß waren wie aufgerollte Schlafmatten, wurden für drei Kauris verkauft. Die Eba, die so groß waren wie Stuhlbeine (natürlich sind Stühlchen der Nupe gemeint), wurden für zwei Kauri verkauft. Die Eba, die so groß waren wie ein Finger, wurden für einen Kauri verkauft. Diese kleinen Eba waren für Kinder bestimmt.

Der Schentali stieg ab. Er ging umher und betrachtete die Eba. Er wählte einen schönen Eba für zwei Kauri. Er sagte zu der Frau (Händlerin): »Diesen Eba möchte ich kaufen.« Er zahlte zwei Kauri. Die Frau sagte: »Ist der Eba für dich?« Der Schentali sagte: »Er ist für mich.« Die Frau sagte: »So ziehe deine Hosen aus und lege dein Kleid ab! Stelle dich nackt in einiger Entfernung hin, spreize die Beine!« Der Schentali zog seine Kleider aus. Er ging in einige Entfernung und stellte sich der Frau zu auf. Er spreizte die Beine. Die Frau nahm den Eba. Sie warf den Eba gegen den Mann. Der Eba traf den Mann in der Spreize. Der Eba saß am Manne. Der Eba stand dem Schentali groß und dick wie ein Stuhlbein. Der Schentali bekleidete sich. Der Schentali konnte die Hose nicht zubinden.

Der Schentali ging zu dem großen Pferde zurück. Der Schentali stieg auf den Rücken des Pferdes. Das Pferd begann zu laufen. Das große Pferd lief vom Marktplatze weg. Das große Pferd lief, wie kein Pferd laufen kann. Das große Pferd lief zurück. Das große Pferd lief an Kano vorbei. Das große Pferd lief, bis es daheim angekommen war. Das große Pferd lief in das Gehöft des Schentali. Der Schentali lief in das Haus, in dem das erste Mädchen schlief, das ihm der Edsu geschenkt hatte. Er beschlief es. Der Schentali lief in das Haus, in dem das zweite Mädchen schlief, das ihm der Edsu geschenkt hatte. Er beschlief es. Der Schentali lief in das Haus, in dem das dritte Mädchen schlief, das ihm der Edsu geschenkt hatte. Er beschlief es. Der Schentali lief in das Haus, in dem das vierte Mädchen schlief, das ihm der Edsu geschenkt hatte. Er beschlief es. Dann lief der Schentali zu dem großen, starken Pferd und sagte: »Ich werde dir in Zukunft nicht Sorghum zu fressen geben, sondern Honig und alles Gute, was du von mir haben willst. Ich werde dich in Zukunft nicht mehr reiten, sondern dich stehen und gehen lassen wie du willst. Bis du stirbst, sollst du keine Arbeit mehr verrichten.« Dann ging der Schentali in sein Haus und schlief ein.

Am andern Tage kamen die Leute an den Fluß, zogen die Kleider aus und gingen nackt in das Wasser. Der Schentali kam nicht. Der Schentali blieb daheim. Der Monafiki ging zu den Leuten im Wasser. Er sah, daß der Schentali nicht dabei war. Er ging in die Stadt. Er ging zu Edsu Issa und sagte: »Alle Leute sind in das Wasser gestiegen. Alle Leute sind nackt. Alle Leute haben einen Eba. Der Schentali ist nicht gekommen. Der Schentali ist daheim geblieben. Der Schentali hat keinen Eba. Der Schentali hat mir seinen Eba geschenkt. Ich habe den Eba in der Tasche. Jetzt kann der Schentali nicht nackt vor den Leuten ins Wasser gehen. Der Schentali schämt sich!« Alle Leute versammelten sich bei Edsu Issa. Alle Leute hörten es.

Der Schentali erwachte. Der Schentali zog sieben Hosen an. Der Schentali zog ein Kleid an. Der Schentali bestieg ein Pferd. Der Schentali ritt zu Edsu Issa. Er stieg ab. Er ging in die Katamba des Königs. Der König fragte den Schentali: »Warum warst du nicht draußen beim Fischen!?« Der Schentali sagte: »Ich habe heute gegen Morgen meine vier Frauen beschlafen. Da war ich müde und habe es verschlafen.« Der Monafiki sagte: »Du lügst! Du kannst keine Frau beschlafen. Du hast keinen Eba. Du hast mir deinen Eba geschenkt. Ich habe dir deinen Eba abgeschnitten. Hier habe ich deinen Eba!« Der Monafiki zog den Eba des Schentali aus der Tasche.

Der Schentali sagte nichts. Der Schentali zog die erste Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Schentali zog die zweite Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Schentali zog die dritte Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Schentali zog die vierte Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Schentali zog die fünfte Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Schentali zog die sechste Hose aus. Alle Leute sahen hin. Der Eba des Schentali war unter den Hosen aufgestiegen. Als nun noch eine Hose ihn zurückhielt, zerriß er diese Hose. Der Eba stand groß und dick da wie ein Stuhlbein. Alle Leute sahen es. Der Schentali sagte: »Mit diesem Eba soll ich die Frauen nicht beschlafen können, die mir der König geschenkt hat?!« Als die Leute diesen Eba sahen, bekamen sie Angst.

Edsu Issa sagte: »Nehmt den Monafiki. Bindet ihn. Bringt ihn auf den Marktplatz. Tötet ihn!« Die Leute nahmen den Monafiki. Sie banden ihn. Sie brachten ihn auf den Marktplatz. Sie töteten ihn.

g) Edsu Njikako und sein Adoptivsohn

Als Edsu Njikako in Jeni König war, wurde jedes Kind acht Tage, nachdem es geboren war, zu ihm gebracht, und der König gab ihm dann einen Namen. Ein ganz armer Mann heiratete. Der Mann hatte nichts. Die Frau hatte nichts. Die Frau ward schwanger. Die Frau gebar am Freitag ein Kind. Das Kind war ein Knabe. Edsu Njikako hörte davon. Edsu Njikako sagte: »Bringt mir heute schon das Kind her.« Man brachte das Kind zu Edsu Njikako. Edsu Njikako schenkte dem Knaben zehn Sklaven und zehn Stück Stoff. Edsu Njikako sagte: »Bringt das Kind am nächsten Freitag wieder zu mir.« Am nächsten Freitag brachte die Mutter das Kind wieder zu Edsu Njikako. Edsu Njikako schenkte dem Kinde zehn Ochsen, zehn Pferde, fünf Sklaven und zehn Gewehre. Edsu Njikako sagte: »Das Kind soll Mama heißen.« Dann sagte Edsu Njikako: »Bringt mir das Kind jeden Freitag und zeigt es mir!«

Das Kind wuchs heran. Der Knabe Mama war erst jeden Freitag im Hause des Königs. Nachher war der Knabe jeden Tag im Hause des Königs. Der König hielt ihn wie seinen eigenen Sohn. Die Leute sagten: »Ist Mama nicht der Sohn des Edsu?« Als Mama zehn Jahre alt war, suchte der Edsu ein ordentliches Mädchen. Das Mädchen gab er Mama zur Frau. Mama heiratete das Mädchen. Sie ward Mamas erste Frau. Mama ritt (eines Tages) durch die Stadt. Er sagte zu einer Frau: »Komm zu mir!« Die Frau kam zu Mama. Mama beschlief sie. Mama sagte: »Bleibe bei mir!« Die Frau blieb bei ihm. – Nach drei Monaten war die erste Frau schwanger. Nach drei Monaten war die Frau schwanger, die er zu sich genommen hatte. Nach neun Monaten gebar die erste Frau ein Kind, es war ein Knabe. Nach neun Monaten gebar die Frau, die er zu sich genommen hatte, ein Kind, es war ein Knabe.

Mama hatte auf seinem Kopfe von vorn nach hinten sieben Haarschöpfe. Diese sieben Haarlocken hütete er sehr. Jede der sieben Haarlocken hatte einen eigenen Namen. Mama war klug. Der Edsu Njikako sagte: »Wir wollen Esi (Mangallaspiel, Brettchenspiel) spielen.« Edsu Njikako spielte mit Mama. Mama spielte gut. Edsu Njikako sagte: »Wir wollen jeden Morgen Esi spielen.« Jeden Morgen ging Mama zu Edsu Njikako und spielte mit ihm. Eines Tages sagte Mama: »An dem Tage, an dem du die Namen meiner sieben Haarzöpfe erfährst, kannst du mich töten! Ich gebe mich in deine Hand!« Edsu Njikako sagte: »Es ist gut. Ich werde sehen, ob ich sie in Erfahrung bringe.« Jeden Morgen spielte Mama mit König Njikako. Jeden Morgen sagte er: »An dem Tage, an dem du die Namen meiner sieben Haarzöpfe erfährst, kannst du mich töten. Ich gebe mich in deine Hand.« Jeden Morgen antwortete König Njikako: »Es ist gut. Ich werde sehen, ob ich sie in Erfahrung bringe.«

Edsu Njikako sandte Mama fort. Mama sollte Edsu Njikakos Gruß einem andern König bestellen. Mama sattelte sein Pferd. Er ritt fort. Als Mama fortgeritten war, rief Edsu Njikako Mamas erste Frau. Mamas erste Frau kam. Edsu Njikako ließ vier Millionen Kauri bringen. Edsu Njikako gab der ersten Frau die Säcke mit Kauri und sagte: »Dieses Geld und zehn Sklaven gehören dir, wenn du mir sagst, welches die Namen der sieben Haarzöpfe Mamas sind.« Die erste Frau sagte: »Die Namen der sieben Haarzöpfe Mamas darf ich dir nicht sagen. Nimm dein Geld wieder!« Die erste Frau schob dem König das Geld hin und ging wieder zurück. Als sie nach Hause kam, sagte sie zu der Frau, die Mama zu sich genommen hatte: »Der König hat mir vier Millionen Kauri und zehn Sklaven geboten, wenn ich ihm die Namen der sieben Haarzöpfe Mamas nenne.«

Die Frau, die Mama zu sich genommen hatte, lief zu Edsu Njikako und sagte: »Was möchtest du von Mama wissen?« Edsu Njikako sagte: »Wenn du mir die Namen der sieben Haarzöpfe Mamas nennst, gebe ich dir eintausend Kauri und einen Sklaven.« Die Frau, die Mama zu sich genommen hatte, sagte: »Es ist gut. Sobald Mama zurückgekommen ist, werde ich es wissen. Dann werde ich es dir sagen.«

Mama kam wieder. Nachts ging er zu seiner zweiten Frau, um mit ihr zu schlafen. Mama legte sich zu ihr. Die Frau, die Mama zu sich genommen hatte, sagt: »Laß mich! Ich will dich nicht!« Mama sagte: »Was hast du denn?« Die Frau sagte: »Du hast mir die Namen deiner sieben Haarzöpfe nicht gesagt. Weshalb hast du sie mir nicht gesagt? Hast du mich nicht von der Straße her zu dir genommen? Bin ich etwa deine erste Frau? Muß ich mich nicht schämen, so bei dir zu wohnen?« Mama sagte: »Komm.« Die Frau sagte: »Ich will an einem andern Orte schlafen!« Mama sagte: »Bleib hier. Ich will dir die Namen der sieben Haarzöpfe auf meinem Kopfe nennen. Der erste Haarzopf heißt: Bana awuonuna baga schinogo (die Stelle der Farm, an der man die Pflanzenarbeit beginnt). Der zweite Haarzopf heißt: Sana agbako ja nisagi adesalaja (man soll seine Geheimnisse [in Wahrheit Geheimnisse seines Bauches, bako = Bauch] nicht den Frauen erzählen, sonst weiß sie bald alle Welt). Der dritte Haarzopf heißt: Udjischoko gabosa soko gadakun (jedem Sklaven Gottes [Soko] kann in seiner Not geholfen werden). Der vierte Haarzopf heißt: Sudan mutun (einen Mann fürchte). Der fünfte Haarzopf heißt: Baueje una je kudan baga (soweit man sieht, kein Weg da). Der sechste Haarzopf heißt: Eboga-ona, gabaea dafi (wenn eine Sache ganz heiß ist, wird sie auch wieder kalt). Der siebente Haarzopf heißt: Ikudji-aui jagba gabaea ejele (eine hilflose Waise muß still sein, wenn sie lange leben will).« Mama sagte diese Namen der Frau, die er zu sich genommen hatte. Mama fragte: »Ist es jetzt gut?« Die Frau sagte: »Es ist gut.« Die Frau nahm Mama zu sich. Mama beschlief sie. Nachdem Mama die Frau, die er zu sich genommen hatte, beschlafen hatte, schlief er ein.

Die Frau, die er zu sich genommen hatte und der er die Namen seiner Haarzöpfe gesagt hatte, schlief aber nicht ein. Als Mama eingeschlafen war, stand sie auf. Sie ging aus dem Hause. Sie ging aus dem Gehöft. Sie ging in das Gehöft Edsu Njikakos. Sie sagte zu dem Wächter: »Weckt den Edsu Njikako. Ich habe ihm etwas zu sagen.« Die Wächter weckten den König. Der König kam. Der König sagte: »Du hast es eilig. Was willst du?« Die Frau sagte: »Du wolltest die Namen der Haarzöpfe auf Mamas Kopf wissen.« Edsu Njikako sagte: »So ist es. Weißt du sie?« Die Frau sagte: »Ich weiß es. Was gibst du mir dafür?« Der König gab ihr tausend Kauri und einen Sklaven. Die Frau, die Mama zu sich genommen hatte, erzählte dem König alle Namen. Der König sagte: »Es ist gut.« Die Frau lief fort. Sie lief in Mamas Gehöft. Sie lief in das Haus. Mama schlief noch. Sie legte sich neben Mama auf die Erde. Mama wachte erst am Morgen auf.

Am andern Morgen stand Mama auf. Mama ging in Edsu Njikakos Gehöft. Mama begrüßte den König. Edsu Njikako sagte: »Was hast du mir jeden Tag gesagt?« Mama sagte: »Ich habe dir jeden Tag gesagt: ›An dem Tage, an dem du die Namen meiner Haarzöpfe erfährst, kannst du mich töten. Ich gebe mich in deine Hand!‹« Edsu Njikako sagte: »So hast du gesagt!« Mama sagte: »Wenn du die Namen kennst, so sage sie.« Edsu Njikako sagte: »Der erste deiner sieben Haarzöpfe heißt: Die Stelle der Farm, an der man die Pflanzenarbeit beginnt. Der zweite deiner Haarzöpfe heißt: Man soll seine Geheimnisse nicht den Frauen erzählen, sonst weiß sie bald alle Welt.« Mama rief dem Edsu Njikako zu: »Höre auf! Das genügt! Ich weiß jetzt, daß du sie alle kennst. Laß mich jetzt töten!« Edsu Njikako sagte: »Es ist gut. So werde ich es tun.«

Edsu Njikako nahm alle Sachen Mamas. Er nahm Mama alles wieder, was er ihm vorher gegeben hatte. Er nahm ihm seine Sklaven, seine Pferde. Edsu Njikako rief seine Dogari (Schutzmänner; Haussa: do). Er sagte ihnen: »Nehmt Mama gefangen! Bindet Mama! Führt Mama zum Tore hinaus! Tötet Mama!« Der Anführer der Dogari hieß Mama fangen. Er ließ Mama binden. Er zog mit dem gefesselten Mama zur Stadt hinaus.

Der Serki Dogari ritt mit dem gefangenen Mama zum Tore hinaus. Viele Menschen liefen nebenher. Sie wollten sehen, wie Mama getötet wurde. Neben dem Serki Dogari lief der kleine Sohn der Frau, die Mama zu sich genommen hatte. Er war Mamas zweiter Sohn. Der Sohn der Frau, die Mama zu sich genommen hatte, sagte zum Anführer der Dogari: »Wenn du meinen Vater totgeschlagen hast, gib mir seine Mütze!« Auf der andern Seite lief der Sohn der ersten Frau Mamas. Der Sohn der ersten Frau Mamas lief neben dem Anführer der Dogari her und rief: »Wenn du den Vater tötest, töte auch den Sohn. Schlage mich mit meinem Vater tot.« Der Sohn der mitgenommenen Frau schrie: »Wenn du meinen Vater totgeschlagen hast, gib mir seine Mütze!« Der Sohn der ersten Frau schrie: »Wenn du den Vater tötest, töte auch den Sohn. Schlage mich mit meinem Vater tot!«

Sie kamen an den Platz, an dem Mama getötet werden sollte. Der Serki Dogari zog sein langes Schwert. Der Serki Dogari holte zum Schlage aus. Der Serki Dogari wollte Mama den Kopf abschlagen. Der Sohn der ersten Frau Mamas sprang Mama an den Hals. Er umschlang den Vater. Er schrie: »Töte mich mit dem Vater!« Der Serki Dogari schlug zu. Die Klinge schlug flach auf den Körper des Sohnes der ersten Frau Mamas. Der Serki Dogari sagte: »Ich habe den Auftrag, einen Mann zu töten. Ich habe nicht den Auftrag, zwei Leute zu töten. Wir wollen zurückgehen und den Edsu Njikako fragen, was ich tun soll.«

Der Serki Dogari ließ wieder zur Stadt marschieren. Sie zogen durch die Straßen der Stadt. Viele Leute liefen nebenher. Sie wollten hören, was der König sagen werde. Der Serki Dogari kam mit seinen Leuten und Mama zu dem Edsu Njikako zurück. Der Serki Dogari sagte zu dem Edsu Njikako: »Du befahlst mir, Mama zu töten. Ich wollte Mama töten. Dieser Knabe kam und schrie, man solle ihn mit töten. Der Knabe hing sich dem Mama an den Hals. Als ich Mama totschlagen wollte, traf mein Hieb diesen Knaben. Du hast mir gesagt, ich solle einen Mann töten. Du hast mir nicht gesagt, daß ich auch den Knaben töten solle. Deshalb bin ich zurückgekommen.« Edsu Njikako sagte zu Mama: »Was ist es für eine Sache mit diesem Kind?« Mama sagte: »Es ist der Sohn der Frau, die du mir gegeben hast. Es ist mein Sohn.« Edsu Njikako fragte: »Hast du nur diesen einen Sohn?« Mama sagte: »Ich nahm noch eine Frau mit zu mir. Ich beschlief sie. Sie ward schwanger. Von ihr habe ich einen andern Sohn.« Edsu Njikako fragte: »Wo ist der andere Sohn?« Mama sagte: »Dort steht er.« Edsu Njikako fragte den Serki Dogari: »War dieser Junge auch mit draußen?« Der Serki Dogari sagte: »Dieser Junge lief auch nebenher. Er rief: ›Wenn du meinen Vater totgeschlagen haben wirst, gib mir seine Mütze.‹«

Der Edsu Njikako sagte: »Ruft mir die erste Frau des Mama! Ruft mir die Frau, die Mama zu sich genommen hatte.« Die Dogari riefen beide Frauen. Die erste Frau kam. Sie weinte. Die Frau, die Mama zu sich genommen hatte, hatte sich ein neues Kleid gekauft. Edsu Njikako fragte die erste Frau Mamas: »Was war zwischen uns?« Die erste Frau sagte: »An dem Tage, an dem du Mama mit dem Gruße an den andern König wegsandtest, riefst du mich zu dir. Du fragtest nach dem Namen der Haarzöpfe Mamas. Du botest mir vier Millionen Kauri und zehn Sklaven an. Ich sagte dir, daß ich das nicht sagen dürfe. Ich ging.« Edsu Njikako fragte die Frau, die Mama zu sich genommen hatte: »Was war zwischen uns?« Die Frau sagte: »Die erste Frau sagte mir, daß du die Namen der sieben Haarzöpfe wissen wolltest. Ich ging zu dir und fragte, ob das wahr sei. Du botest mir tausend Kauri und einen Sklaven, wenn ich es dir sage. Am Tage, als Mama zurückkehrte, schlief er bei mir. Er wollte mich beschlafen. Ich sagte, ich müsse die Namen der Haarzöpfe wissen. Er sagte sie mir. In der Nacht noch lief ich zu dir und sagte dir die Namen. Du gabst mir tausend Kauri und einen Sklaven dafür. Für die tausend Kauri kaufte ich mir dieses Kleid.«

Edsu Njikako stand auf. Er ging zu der ersten Frau. Er sagte zu ihr: »Ich danke dir! Ich danke dir! Ich danke dir! Gott schütze dich! Gott schütze dich! Kehre heim. Nimm deinen Sohn. Er wird ein guter Mann werden.« Edsu Njikako sagte zu Mama: »Ich gebe dir alle deine Sachen wieder. Du hast eine gute Frau. Du hast einen guten Sohn.« Edsu Njikako sagte zu dem Serki Dogari: »Nimm die Frau, die Mama zu sich genommen hat. Sie hat für tausend Kauri und einen Sklaven das Schlechte getan, was die erste Frau Mamas nicht für vier Millionen und zehn Sklaven tun wollte. Nehmt ihren Sohn, der nur die Mütze seines Vaters haben wollte. Tötet sie beide.«

Edsu Njikako befahl, daß nur ordentliche Hochzeiten zu feiern seien. Er setzte das Fest (das Fest der neuen Frau) ein. Damit sollen gute Kinder kommen.

h) Edsu Jimada und Alaru Kubaru

Zur Zeit des Edsu Jimada heiratete ein Mann eine Frau. Die Frau ward schwanger. Die Frau ging in die Farm und gebar in der Farm ein Kind, ein Mädchen. Das Mädchen ward genannt Alaru Kubaru. Der Vater ließ in der Farm an der Stelle, da seine Frau seine Tochter geboren hatte, ein Gehöft bauen und das Gehöft von einer Mauer umgeben. In der Mauer war keine Tür, und wer heraus oder herein wollte, der mußte mit dem Pferde hinüberspringen. Hinter dieser Mauer wuchs das Mädchen Alaru Kubaru heran, ohne daß ein Mann es jemals zu Gesicht bekommen hatte. (Im weiteren Verfolg läßt die Legende die Idee der Unübersteigbarkeit und Durchgangslosigkeit der Umfassungsmauer fallen.)

Eines Tages ging ein Pferdejunge (doko; Haussa: dandoko; Joruba: aquaqueschi) des Königs Jimada vor das Tor der Stadt und schaute in den Farmen nach gutem Pferdefutter um. Er kam in die Nähe des Gehöftes, in dem Alaru Kubaru wohnte. Er kam an die Mauer, die das Gehöft umgab. Er schaute über die Mauer und erblickte Alaru Kubaru. Alaru Kubaru war herangewachsen. Alaru Kubaru war sehr schön (udje njassa-njassain; Haussa: detjau; Joruba: oda). Alaru Kubaru war so schön, wie kein Mädchen vorher.

Der Pferdebursche kam an die Mauer. Er sah über die Mauer. Er sah Alaru Kubaru. Er wandte sich um. Er lief in die Stadt zurück. Er lief zu Edsu Jimada. Der Pferdebursche sagte zu Edsu Jimada: »Ich kam in die Farm. Ich traf auf eine Mauer. Ich blickte über die Mauer. Ich sah ein Mädchen. Das Mädchen ist so schön, wie nie vorher ein Mädchen war.« Edsu Jimada sagte: »Wir haben viele schöne Mädchen, die du nicht kennst!« Edsu Jimada sagte zu seinen Leuten: »Laßt hundert schöne Mädchen zusammenkommen.« Die Mädchen kamen zusammen. Edsu Jimada fragte den Pferdeburschen: »Ist hier nicht ein Mädchen darunter, das so schön ist, wie Alaru Kubaru ist?« Der Pferdejunge betrachtete sie alle. Der Pferdejunge sagte: »Nein, es ist kein Mädchen darunter, das so schön ist wie Alaru Kubaru.« Edsu Jimada sagte: »Wir haben viele schöne Frauen, die du nicht kennst.« Edsu Jimada sagte zu seinen Leuten: »Laßt hundert schöne junge Frauen zusammenkommen!« Die hundert schönen jungen Frauen kamen zusammen. Edsu Jimada fragte den Pferdeburschen: »Ist hier nicht eine junge Frau darunter, die so schön ist wie Alaru Kubaru?« Der Pferdejunge betrachtete sie alle. Der Pferdejunge sagte: »Nein, es ist keine Frau darunter, die so schön ist wie Alaru Kubaru.«

Edsu Jimada rief seinen Mejaki (Kriegsobersten; Haussa: Maijaki; Joruba: Balogun). Edsu Jimada sagte zu dem Mejaki: »Mein Pferdejunge hat draußen in der Farm eine Mauer gefunden. Hinter der Mauer lebt Alaru Kubaru, ein Mädchen. Kein Mädchen und keine Frau in meiner Stadt ist so schön wie Alaru Kubaru. Hier hast du vierhunderttausend Kauri. Hier hast du Kleider. Hier hast du Bogen und Pfeil. Bringe das alles hinaus und gib es den Eltern der Alaru Kubaru. Sage den Eltern Alaru Kubarus, daß ich das Mädchen heiraten will. Bitte die Eltern, mir das Mädchen zur Frau zu geben.« Der Mejaki sagte: »Es ist gut. Ich werde das erledigen.«

Der Mejaki ritt mit hundert Reitern hinaus zu den Farmen. Er hatte alle Geschenke für die Eltern der Alaru Kubaru bei sich. Der Mejaki kam an die Mauer, hinter der Alaru Kubaru wohnte. Der Mejaki kam hinein. Er sah Alaru Kubaru. Als der Mejaki das Mädchen sah, vergaß er alles, was er bestellen sollte. Alaru Kubaru war schöner als irgendeine andere Frau, die der Mejaki kannte. Der Mejaki kehrte um und kam zu Edsu Jimada zurück. Er sagte zu Edsu Jimada: »Alaru Kubaru ist so schön, daß ich alles auszurichten vergaß, was du mir bestellt hast. Sende einen andern Boten. Ich bin hierzu nicht tauglich.«

Edsu Jimada ließ nun die alten angesehenen Leute zusammenkommen. Er gab ihnen die Geschenke, die der Mejaki wieder mitgebracht hatte, und sagte zu ihnen: »In den Farmen draußen steht eine Mauer. Hinter der Mauer lebt Alaru Kubaru, ein Mädchen. Kein Mädchen und keine Frau in meiner Stadt ist so schön wie Alaru Kubaru. Hier habt ihr viele Geschenke. Bringt sie hinaus und gebt sie den Eltern der Alaru Kubaru. Sagt den Eltern der Alaru Kubaru, daß ich das Mädchen heiraten will. Bittet die Eltern, mir das Mädchen zur Frau zu geben.« Die alten angesehenen Leute sagten: »Es ist gut. Wir werden das erledigen!«

Die alten angesehenen Leute ritten hinaus zu den Farmen. Sie hatten alle Geschenke für die Eltern der Alaru Kubaru bei sich. Die alten angesehenen Leute kamen zu der Mauer, hinter der Alaru Kubaru wohnte. Die alten angesehenen Leute kamen herein. Alaru Kubaru wusch sich gerade das Gesicht. Die alten angesehenen Leute kamen dazu. Sie sahen es, sie fielen sogleich in Schlaf. Als sie wieder erwachten, war Alaru Kubaru weggegangen. Die alten angesehenen Leute kehrten zurück zu Edsu Jimada. Sie sagten zu Edsu Jimada: »Alaru Kubaru ist so schön, daß wir bei ihrem Anblick in Schlaf verfielen und nicht ausrichten konnten, was du uns befahlst. Sende andere Boten, wir sind hierzu nicht tauglich.«

Edsu Jimada ließ nun alle vornehmen Leute seines Reiches zusammenkommen. Er übergab ihnen die Geschenke, die die alten angesehenen Männer wieder mitgebracht hatten, und sagte zu ihnen: »In den Farmen draußen steht eine Mauer. Hinter der Mauer lebt Alaru Kubaru, ein Mädchen. Kein Mädchen und keine Frau in meiner Stadt ist so schön wie Alaru Kubaru. Einige vergaßen bei ihrem Anblick alles, was sie hätten bestellen sollen. Andere verfallen bei ihrem Anblick in Schlaf. Hier habt ihr nun viele Geschenke. Ich werde mit euch hinausreiten. Gebt diese Geschenke den Eltern der Alaru Kubaru. Sagt den Eltern der Alaru Kubaru, daß ich das Mädchen heiraten will. Ich werde die Eltern bitten, mir das Mädchen zur Frau zu geben.« Die vornehmen Leute sagten: »Wir werden dich alle gern begleiten.«

Edsu Jimada und die vornehmen Leute ritten hinaus zu den Farmen. Sie hatten alle Geschenke für die Eltern der Alaru Kubaru bei sich. Edsu Jimada kam mit seinen Vornehmen an die Mauer, hinter der Alaru Kubaru wohnte. Edsu Jimada kam mit seinen vornehmen Leuten zu ihr. Alaru Kubaru wusch sich gerade den Leib. Edsu Jimada und seine vornehmen Leute kamen dazu. Sie sahen Alaru Kubaru im Bade. Edsu Jimada fiel sogleich vom Pferde. Seine Vornehmen fielen sogleich vom Pferde. Sie lagen ohne Leben am Boden. Als Alaru Kubaru sich gewaschen hatte, kleidete sie sich an und ging fort. Edsu Jimada stand auf. Die Vornehmen standen auf. Sie stiegen auf die Pferde. Sie ritten heimwärts.

Sie kamen auf dem Wege zur Stadt an einer alten Frau vorbei. Die alte Frau sagte: »Edsu Jimada, wo kommst du her?« Edsu Jimadas Leute sagten: »Wozu sollen wir das dieser alten Frau erzählen?« Edsu Jimada sagte: »Nein, erzählt der alten Frau alles!« Die Leute Edsu Jimadas sagten zu der alten Frau: »In den Farmen steht eine Mauer. Hinter der Mauer lebt Alaru Kubaru. Alaru Kubaru ist schöner als alle Mädchen der Stadt. Edsu Jimada sandte den Mejaki mit Geschenken zu den Eltern der Alaru Kubaru, um das Mädchen für sich zur Frau zu erbitten. Als der Mejaki das Mädchen sah, vergaß er alles, was er bestellen sollte, und kam zurück. Edsu Jimada sandte alte angesehene Leute mit Geschenken zu den Eltern der Alaru Kubaru, um das Mädchen für sich zur Frau zu erbitten. Als die alten angesehenen Leute das Mädchen sahen, wusch es sich gerade das Gesicht. Da fielen alle in Schlaf und kamen nachher zurück, ohne etwas bestellt zu haben. Edsu Jimada ritt nun selbst mit uns, den Vornehmen, hinaus. Edsu Jimada kam dazu, als Alaru Kubaru sich badete. Edsu Jimada und alle andern fielen vom Pferde. Alle lagen leblos am Boden. Als Edsu Jimada und wir andern erwachten, war Alaru Kubaru fortgegangen. Jetzt reiten wir heim.«

Die alte Frau sagte: »Ich werde es machen. Kehrt ihr in die Stadt zurück. Versteckt einige Reiter mit verbundenen Augen vor den Toren der Stadt.« Edsu Jimada ritt mit den Vornehmen zur Stadt zurück. Die alte Frau ging in die Farm. Sie setzte sich vor der Mauer Alaru Kubarus hin und weinte. Alaru Kubaru kam und fragte die Alte: »Was ist dir? Weshalb weinst du?« Die alte Frau sagte: »Ich habe zu Hause ein krankes Kind. Das Kind hat nichts zu essen. Ich selbst bin krank. Ich gehe herum und suche Holz. Aber ich bin so schwach. Ich kann nicht gehen. Ich kann keine Holzlast zusammensuchen. Ich kann sie nicht nach Hause tragen.« Alaru Kubaru sagte: »Warte, ich will dir helfen.« Alaru Kubaru ging in das Haus. Alaru Kubaru holte zweitausend Kauri. Sie holte ein Kleid. Sie brachte eine kleine Last Feuerholz. Sie brachte das der Alten. Sie schenkte das der Alten. Die alte Frau sagte: »Ich danke dir! Ich danke dir! Ich danke dir!« Alaru Kubaru half der Alten die Last auf den Kopf nehmen. Die Alte weinte und sagte: »Stütze mich ein wenig, bis ich näher der Stadt bin.« Alaru Kubaru tat es. Alaru Kubaru begleitete sie ein Stück; dann sagte sie: »Nun muß ich umkehren.« Die Alte weinte und bat: »Komm noch ein wenig mit mir!« Alaru Kubaru ging noch ein wenig mit ihr. Sie kamen an die Stelle, an der die Reiter mit verbundenen Augen versteckt lagen. Alaru Kubaru ging mit der Alten vorbei. Die Reiter kamen heraus. Die Reiter nahmen Alaru Kubaru auf das Pferd und ritten mit ihr fort. Sie brachten Alaru Kubaru in das Frauengehöft Edsu Jimadas.

Nach drei Tagen heiratete Edsu Jimada Alaru Kubaru. Der Vater Alaru Kubarus wartete auf ihre Rückkehr. Alaru Kubaru kam nicht. Der Vater Alaru Kubarus sagte: »Erst war der Mejaki des Edsu Jimada hier. Dann waren die alten angesehenen Leute des Edsu Jimada hier. Dann war Edsu Jimada mit seinen vornehmen Leuten hier. Dann kam die alte Frau. Edsu Jimada hat meine Tochter Alaru Kubaru sicher rauben lassen und dann geheiratet. Edsu Jimada wird mit meiner Alaru Kubaru freundlich sein, sonst bleibt sie nicht bei ihm.«

Edsu Jimada heiratete Alaru Kubaru. Er ließ ihr ein großes, schönes Haus bauen. Er schenkte ihr einen schönen Stuhl aus Gold. Er schenkte ihr ein Bett aus Gold (Gold: Nupe: djinalia; Haussa: djinalia; Joruba: okukwa). Edsu Jimada hatte einen Ring am Finger. Alaru Kubaru sagte eines Tages zu ihm: »Schenke mir den Ring!« Edsu Jimada sagte: »Den Ring kann ich dir nicht schenken.« Edsu Jimada gab ihr nicht den Ring.

Eines Tages kam eine Frau in Edsu Jimadas Katamba. Die Frau sagte, sie wolle den Edsu Jimada allein sprechen. Er sprach mit der Frau. Die Frau sagte: »Zeige mir den Ring, den du am Finger hast.« Edsu Jimada zog den Ring vom Finger und reichte ihn der Frau. Die Frau betrachtete den Ring. Die Frau sprach mit Edsu Jimada. Edsu Jimada vergaß den Ring. Edsu Jimada sprach mit der Frau. Die Frau ging. Sie nahm den Ring mit. Sie steckte den Ring an den Finger. – Alaru Kubaru sah die Frau. Sie sah den Ring, den Edsu Jimada ihr nicht hatte geben wollen, am Finger der andern Frau. Alaru Kubaru fragte Edsu Jimada: »Wo ist der Ring, den du mir nicht hast geben wollen?« Der König sagte: »Warte, ich werde ihn dir zeigen.« Das war fünf Tage vor dem großen Sala (Nupe und Haussa: sola; Joruba: jurun).

Am großen Sala bestieg der König sein Pferd, um in die Moschee zu reiten. Alaru Kubaru bestieg ihr Pferd, um zur Moschee zu reiten. Alle vornehmen und angesehenen Leute stiegen zu Pferde und ritten zur Moschee hinaus zum großen Gebet.

Alaru Kubaru kniete vor der Moschee nieder. Sie scharrte Sand vor sich zusammen. Alaru Kubaru sprach. Alle Leute hörten Alaru Kubaru. Alaru Kubaru sagte zu Edsu Jimada: »Ich habe mit Edsu Jimada vor allen Leuten zu sprechen. Alle Leute sollen hören, was ich Edsu Jimada zu sagen habe. Edsu Jimada hat eine alte Frau geschickt, die lockte mich zur Stadt. Vor der Stadt hat Edsu Jimada Reiter mit verbundenen Augen aufgestellt. Die Reiter nahmen mich und brachten mich zu Edsu Jimada. Edsu Jimada hat mich mit Gewalt genommen. Ich bat Edsu Jimada um einen Ring. Edsu Jimada gab mir den Ring nicht. Jetzt trägt eine andere Frau den Ring. Ich bin jetzt fertig mit Edsu Jimada!« Alaru Kubaru verneigte sich und sagte: »Salem aleikum.« Sie verneigte sich und sagte: »Salem aleikum.« Sie verneigte sich und sagte: »Salem aleikum.« Die Erde spaltete sich. Die Erde hatte eine große Öffnung vor Alaru Kubaru. Alaru Kubaru ging in die Erde.

Edsu Jimada brachte dem obersten Mallem achthunderttausend Kauri und sagte: »Sieh, ob du Alaru Kubaru zurückgewinnen kannst!« Der Priester warf sich auf den Boden, berührte mit der Stirn den Boden und betete: »Alla-(ru)-kubar-(u)! Alla-(ru)-kubar-(u)! Alla-(ru)-kubar-(u)!« Aber Alaru Kubaru kam nicht wieder. Seitdem beten die Islamiten immer in dieser Weise und beginnen so auch ihr Gebet.

i) Der Mallem Edsu Madjias

Edsu Madjia rief eines Tages alle seine Leute zusammen und sagte: »Heute ist Freitag. Aber es soll auf den Farmen gearbeitet werden.« Er sandte eine Botschaft in das Land und ließ überall sagen: »Heute ist Freitag, aber es soll gearbeitet werden.« Er rief alle Trommler zusammen. Allenthalben ward alle Welt zur Arbeit gerufen, trotzdem Freitag war.

Alle Leute in der Stadt sagten: »Wir gehen heute nicht zur Arbeit, denn es ist Freitag.« Alle Leute auf dem Lande sagten: »Wir gehen heute nicht zur Arbeit, denn es ist Freitag. Nur ein Malla kam zur Arbeit. Dieser Malla (Mallem) ging hinaus zu den Farmen. Er setzte sich auf ein hohes Jamsbeet. Er saß da einige Zeit. Da kam aus einer Öffnung im Boden eine kleine giftige Schlange. Der Malla sprang auf. Der Malla rannte davon. Die Schlange lief hinter dem Malla her. Der Malla rannte. Der Malla sagte: »Ich sehe es. Es ist ein Unrecht am Freitag zur Arbeit zu gehen. Die Schlange treibt mich fort!«

Der Malla rannte so schnell er konnte von dannen. Aber die Schlange lief schneller als der Malla. Die Schlange holte den Malla ein. Die Schlange schlang sich um das Bein des Malla. Der Malla blieb stehen. Er wagte es nicht weiterzugehen. Der Malla fragte die Schlange: »Was treibt dich dazu, zu mir zu kommen? Weshalb läufst du hinter mir her und nicht hinter irgend etwas anderem?« Die Schlange sagte: »Ich lief vor dem großen Kranich fort, der so gerne Schlangen frißt. Der große Kranich wollte mich fressen.« Die kleine giftige Schlange bat den Malla und sagte: »Sei mein Freund und verstecke mich vor dem grauen Kranich!« Der Malla sagte: »Das will ich gerne tun!« Der Malla machte ein tiefes Loch. Er warf die Schlange in das Loch und sagte: »Da unten wirst du gut geschützt sein.« Die Schlange sagte: »Grabe mich nicht ein. Verstecke mich in deinem Munde. Da kommt schon der Jiwjiwa (graue Kranich)!« Der Malla sah, daß der graue Kranich kam. Da nahm er die kleine giftige Schlange und versteckte sie in seinem Munde.

Der graue Kranich kam. Der graue Kranich fragte den Malla: »Hast du nicht die kleine giftige Schlange gesehen?« Der Malla sagte: »Die kleine giftige Schlange habe ich gesehen. Sie ist vor langer Zeit hier vorbeigelaufen.« Darauf lief der Kranich weiter, so schnell er konnte. Er hatte es nicht bemerkt, daß der Malla die kleine giftige Schlange im Munde hatte.

Als der graue Kranich weit fort war, sagte der Malla zu der kleinen giftigen Schlange: »Der graue Kranich ist weit fort. Komm nun wieder heraus aus meinem Munde.« Die kleine giftige Schlange sagte: »Nein, ich werde nicht aus deinem Munde gehen. Dein Mund ist so vorzüglich für mich geeignet, daß ich noch länger darin bleiben werde.« Der Malla sagte: »Ich will aber nach Hause gehen.« Die kleine giftige Schlange sagte: »Bleib hier! Wenn du einen Schritt weiter gehst, werde ich dich in deine Zunge beißen. Du wirst sterben und also doch hierbleiben.« Der Malla blieb stehen. Er wagte nicht, einen Schritt weiter zu gehen. Er hatte nichts zu essen. Er hatte nichts zu trinken. Aber die giftige kleine Schlange erlaubte ihm nicht irgendwohin zu gehen, um nach Speise und Trank zu suchen.

Der Malla blieb in der Farm. Als der Malla aus der Farm nicht wiederkam, sagten die Leute des Mallar »Der Malla ist in die Farm gegangen. Er ist nicht wiedergekommen. Es muß ihm etwas zugestoßen sein. Wir wollen in die Farm gehen und nach ihm suchen.« Die Leute gingen in die Farm. Sie schrien nach dem Malla. Der Malla wollte antworten. Die giftige kleine Schlange sagte: »Wenn du ein Wort laut rufst, beiße ich dich und du wirst sterben!« Der Malla schwieg. Er wagte nicht zu schreien. Die Leute des Malla sagten: »Er ist nicht in der Farm. Wir wollen wieder nach Hause gehen. Wir finden ihn nicht.« Die Leute gingen nach Hause. Der Malla blieb in der Farm. Er hatte nichts zu essen. Er hatte nichts zu trinken.

Boadji (wohl die Zibetkatze) kam durch die Farm. Boadji sagte zu dem Malla: »Weshalb stehst du dort? Was ist mit dir?« Der Malla sagte: »Die kleine giftige Schlange bat mich, sie vor dem grauen Kranich zu verstecken. Ich versteckte sie in meinem Munde. In meinem Munde ist sie nun und will nicht wieder heraus. Sie sagt, ich dürfe nicht fortgehen, sonst würde sie mich beißen. Ich muß hierbleiben. Ich habe seit sieben Tagen nichts gegessen und getrunken. Ich werde aber bald sterben.« Boadji sagte: »Ich könnte dir jetzt von der Schlange helfen. Aber ich weiß, daß du mir an einem andern Tage Schlechtes tun willst. Ich weiß das und werde dir doch helfen.«

Boadji nahm Honig. Boadji strich von dem Honig auf die Lippen des Malla. Boadji strich von dem Honig auf des Mallas Kleider bis auf die Erde hin. Auf der Erde schüttete sie den Honig aus. Die kleine giftige Schlange begann den Honig von den Lippen des: Malla abzulecken. Sie kam mit dem Kopfe aus dem Munde des Malla und leckte auch den Honig von den Kleidern. Die kleine giftige Schlange kam immer weiter herab und kroch auf die Erde. Auf der Erde begann sie den ausgeschütteten Honig aufzulecken.

Als die Schlange den Mund des Malla verlassen hatte und auf der Erde fortlief, fiel der Malla um. Er hatte kein Leben mehr. Boadji lief weg. Boadji holte Wasser. Boadji tropfte das Wasser auf das Gesicht des Malla. Der Malla wachte auf. Boadji lief hin und holte Fleisch. Boadji gab dem Malla das Fleisch zu essen. Der Malla ward wieder kräftig. Der Malla sagte zu Boadji: »Ich will dir fünftausend Kauri schenken!« Boadji sagte: »Was soll ich mit Geld? Behalte es!« Der Malla sagte: »Ich will dir zwei Gewehre schenken!« Boadji sagte: »Was soll ich mit den Gewehren? Behalte sie!« Der Malla sagte: »Was soll ich dir dann geben? Du hast mir das Leben erhalten. Ich muß dir etwas geben!« Boadji sagte: »Gib mir dann Erdnüsse!« Der Malla sagte: »Komm mit zu mir und nimm Erdnüsse!« Der Malla und Boadji gingen zusammen zur Stadt. Sie gingen zusammen bis zu Mallas Gehöft. Der Malla sagte: »Komm mit zu mir herein und nimm die Erdnüsse!« Boadji sagte: »Nein, ich bleibe besser draußen. Ich bleibe hier an der Ecke. Bringe mir die Nüsse! Wenn ich mit dir in das Gehöft gehe, werden mich die Hunde anfallen und beißen.« Der Malla ging allein weiter. Boadji blieb an der Ecke stehen und wartete.

Eine der Frauen des Malla war schon seit langen Monaten schwanger. Während der Malla im Busche war, hatten die Wehen begonnen. Sie konnte aber nicht gebären. Die Frau sandte zu einem Bassanschi (Wahrsager) und ließ fragen, was man tun könne, daß sie gebären könne. Der Bassanschi antwortete: »Die Frau kann gebären, wenn das Fell einer Boadji untergelegt wird. Geschieht das aber nicht, so wird sie nie gebären können.« Die Frau ließ nach dem Fell einer Boadji umfragen. Niemand hatte das Fell einer Boadji.

Der Malla kam nach Hause. Die Leute sahen ihn. Die Leute riefen: »Der Malla ist da! Der Malla ist nicht gestorben! Wo warst du?« Der Malla sagte: »Ich war in der Farm. In der Farm war ich krank geworden. Nun geht es aber wieder gut. Wie geht es meiner Frau?« Die Leute sagten: »Deiner Frau geht es nicht gut. Deine Frau ist in die Wehen gekommen. Sie kann jedoch nicht gebären. Sie hat zum Bassanschi geschickt und hat fragen lassen, was sie tun könne, daß sie gebären könne. Der Bassanschi antwortete: ›Die Frau kann gebären, wenn das Fell einer Boadji untergelegt wird. Geschieht das aber nicht, so wird sie nie gebären können.‹ Deine Frau ließ nach dem Fell einer Boadji umfragen. Niemand hatte aber das Fell einer Boadji.«

Der Malla sagte: »Holt mir meinen Jäger!« Der Jäger wurde geholt. Der Malla gab dem Jäger vierhunderttausend Kauri und sagte: »Geh um die Ecke des Gehöftes. An der Ecke wartet eine Boadji. Wenn du diese Boadji erschießt und mir das Fell bringst, damit meine Frau darüber gebären kann, so schenke ich dir die vierhunderttausend Kauri.« Der Jäger nahm die vierhunderttausend Kauri und ging damit aus dem Gehöft. Er holte seinen Bogen und seine Pfeile und ging an die Ecke. Er sah an der Ecke die Boadji stehen. Der Jäger wollte die Boadji erschießen. Boadji sagte: »Schieß nicht. Hör' erst. Geh zu dem Malla und sage ihm, ich hätte ihm das Leben gewahrt und Gutes getan. Er soll mich jetzt von dir frei kaufen. Geh zu dem Malla! Er soll für mich sprechen. Er wird es tun.« Der Jäger ging in das Haus des Malla zurück. Er sagte zu dem Malla: »Boadji sagte, ich solle zu dir gehen. Boadji hat dir das Leben gewahrt und dir Gutes getan. Du sollst sie jetzt von mir frei kaufen. Du sollst für mich sprechen. Wenn Boadji dir das Leben gewahrt hat, mag ich sie nicht erschießen. Ich gebe dir die vierhunderttausend Kauri wieder. Du kannst das auch allein tun und brauchst mich nicht!« Der Jäger ging fort.

Der Malla nahm seinen Speer. Er ging selbst vor das Haus. Er ging um das Gehöft zu der Ecke, an der Boadji wartete. Der Malla nahm den Speer. Er wollte Boadji selbst töten. Er warf den Speer nach Boadji. Der Malla traf sie aber nicht. Boadji sagte: »Ich tat dir Gutes. Ich habe dir das Leben gerettet. Ich sagte dir: ›Ich weiß, daß du mir an einem andern Tag Schlechtes tun wirst. Ich will dir aber doch von der Schlange helfen.‹ Du bist aber nicht gut zu mir, wie ich es gegen dich war. Ich weiß, deine Frau kann nicht gebären, und deshalb willst du mein Fell haben. Ich habe aber eine bessere Medizin. Nimm dies und gib es deiner Frau. Wenn sie sie genommen hat, wird sie gebären können.« Boadji gab dem Malla die Medizin. Der Malla nahm sie. Boadji lief fort. Der Malla hatte ihm keine Erdnüsse gebracht. Boadji ging und sagte: »Gott packe den Malla!«

Der Malla ging hinein. Er gab seiner Frau die Medizin. Die Frau nahm die Medizin. Sie konnte gebären. Am andern Morgen aber war der Malla verrückt. Am dritten Tag starb der Malla. Die Leute erzählten die Erlebnisse des Malla dem Edsu Madja. Der Edsu Madja rief alle Leute zusammen und sagte: »In Zukunft soll Freitags nicht mehr gearbeitet werden. Freitag ist kein Tag für die Arbeit!«


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