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«Ich bin heut achtzehn Jahr», sagte Karl zu seinem Vater, der an einem Sonntag zufrieden in seiner Stube saß und nicht müde wurde, den stattlichen Jüngling anzusehen.
«Das ist richtig», erwiderte der Vater, «achtzehn Lichter stehen auf dem Kuchen.»
«Also, Vater», fuhr Karl fort, «es ist Zeit, daß ich etwas werde.»
«Du?» fragte der Vater verwundert. «Was willst du denn noch anders werden, als du bist? Ein Knirps bist du und wirst in deinem Leben nichts anderes.»
«Sei jetzt einmal still mit deinem ewigen Knirps», entgegnete Karl. «Ich will Auflader werden.»
«Ei so hört doch», rief der Alte, «also Auflader! Warum nicht lieber gar Bürgermeister oder König oder so etwas?»
«Ich habe Kräfte genug», fuhr Karl entschlossen fort. «Ich will mir etwas verdienen. Ich will ein ordentlicher Mann werden. Herr Wohlfart ist jetzt schon seit einem Jahre frei geworden, und ich bin noch immer ein Junge.»
«Du willst etwas verdienen?» wiederholte der Alte und sah mit immer größerem Erstaunen auf seinen Sohn. «Verdiene ich nicht genug und mehr, als wir brauchen? Wozu willst du als Geizhals an uns handeln?»
«Ich kann doch nicht immer an deiner Lederschürze hängen», sagte Karl, «und wenn du tausend Taler verdientest, würde ich dadurch ein ordentlicher Mensch? Und wenn ich dich einmal verlieren sollte, was soll dann aus mir werden?»
«Du wirst mich verlieren, Junge», sagte der Riese, mit dem Kopf nickend, «das versteht sich, in einigen Jahren», setzte er hinzu, «nachher kannst du werden, was du willst, nur nicht Auflader.»
«Aber warum soll ich nicht werden, was du bist? Sei doch nicht so hartnäckig.»
«Das verstehst du nicht. Komm mir nicht mit deinem Ehrgeiz, ehrgeizige Leute kann ich nicht vertragen.»
«Und wenn ich nicht Auflader werden soll», rief Karl wieder, «so muß ich etwas anderes lernen, sieh das doch ein, Vater.»
«Du willst nichts gelernt haben?» rief der Alte bekümmert. «Ach, du armes Kind, was haben sie dir nicht alles in deinen kleinen Kopf hineingetrieben! Da war die Klippschule, zwei Klassen, und die Stadtschule, vier Klassen, und die Gewerbeschule, zwei Klassen; acht Klassen hast du gelernt und kennst alle Waren so gut wie ein Kommis, ist das nichts? Du bist ein nimmersatter Junge!»
«Ja, ich muß doch etwas Bestimmtes wissen für einen Beruf», versetzte Karl, «Schuster, Schneider, Kaufmann, Mechanikus.»
«Darum mache dir keine Sorge», sagte der Vater mit Überlegenheit, «dafür habe ich bei deiner Erziehung gesorgt, du bist praktisch – und ehrlich», fügte er hinzu.
«Das denke ich», sagte Karl, «aber kann ich ein Paar Stiefel machen? Kann ich einen Rock zuschneiden?»
«Du kannst's», erwiderte der Alte ruhig, «versuch's, und du wirst's können.»
«Na warte, du Brummbär, morgen kaufe ich Leder und nähe dir ein Paar Stiefel, du sollst fühlen, wie sie drücken.»
«Weißt du was», entgegnete der Vater, «ich werde diese Stiefel nicht anziehen, ich werde vielleicht auch die zweiten nicht anziehen, ich werde warten, bis du das dritte Paar gemacht hast, die werden nicht drücken.»
«Mit dir wird man nicht fertig», sagte Karl ärgerlich, «ich weiß schon, wo ich mir Rat hole. So kann's mit mir nicht bleiben; ich werde dir jemand auf den Hals schicken, der dir dasselbe sagen soll.»
«Sei nur nicht ehrgeizig, Karl», sagte der Alte kopfschüttelnd, «und verdirb mir den heutigen Tag nicht. Jetzt gib mir die Bierkanne her und sei ein guter Junge.»
Karl setzte die große Kanne vor den Vater, nahm bald darauf seine Mütze und verließ das Zimmer. Der Vater blieb bei seinem Bier sitzen, aber sein Behagen war gestört, er sah immer wieder nach der Tür, zu welcher Karl hinausgegangen war, er sah sich in der Stube um, die ohne das fröhliche Gesicht seines Sohnes so einsam war. Endlich ging er in die Kammer nebenan, setzte sich dröhnend auf dem Bette nieder und zog unter der Bettstelle einen schweren eisernen Kasten hervor. Er öffnete ihn mit einem Schlüssel, den er aus der Westentasche zog, nahm einen Beutel Geld nach dem andern heraus und stellte eine Kopfrechnung an, dann schob er den Kasten wieder unter das Bett und setzte sich beruhigt zu dem Haustrunk.
Unterdes ging Karl in seinem Sonntagsstaat mit eiligen Schritten in die Stadt und trat in Antons Zimmer. «Guten Morgen, Karl», rief ihm Anton entgegen, «was bringst du?»
Karl begann feierlich: «Ich komme, Sie um Rat zu fragen, was aus mir werden soll. Mit meinem Vater ist darüber nicht zu reden. Ich will Auflader werden; und der Alte will's nicht leiden; ich will etwas anderes werden, und er vertröstet mich auf die Zeit, wo er nicht mehr leben wird. Ein schöner Trost! Er ist gerade wie ein rechter Goliath. Ich bin heute achtzehn Jahr, und das Ding muß mit mir anders werden, ich greife hier im Hause überall mit an, aber das ist nirgend etwas Ordentliches.»
«Du hast recht», sagte Anton verständig. «Vor allem aber gratuliere ich dir zu deinem Geburtstage; und warte, hier ist ein Buch für dich, das nimm zum Angebinde, ich werde dir meinen Namen hineinschreiben.»
«Seinem getreuen Karl, Anton Wohlfart», las der erfreute Karl. «Ich danke Ihnen, Herr Wohlfart, ich habe schon fünfundsechzig Bücher. Jetzt wird die zweite Reihe voll.»
«Und so setze dich her zu mir und laß uns Rat halten. Vor allem sage, was kann ich dir helfen? Ist's nicht besser, wenn du mit Herrn Schröter selbst sprichst? Er ist ja dein Pate.»
«Das wird mir zu groß», entgegnete Karl ernsthaft, «der Vater könnte denken, ich wollte ihn verklagen. Bei Ihnen ist das freundschaftlicher.»
«Gut», stimmte Anton bei.
«Und so wollte ich Sie bitten, daß Sie gelegentlich mit meinem Vater über mich sprechen. Er hat zu Ihnen ein großes Zutrauen, und er weiß, daß Sie's gut mit mir meinen.»
«Das will ich gern», sagte Anton, «aber was gedenkst du zu werden?»
«Das ist mir gleich», erwiderte Karl, «nur etwas Ordentliches.»
Am nächsten Sonntage ging Anton nach dem Hause des Vater Sturm. Die Wohnung des obersten Aufladers war ein kleines Haus am Flusse, unweit des Packhofes; es war sein Eigentum und zeichnete sich durch die Rosafarbe seines Anstrichs vor den Nachbarhäusern schon von weitem aus. Anton öffnete die niedrige Tür und zweifelte, ob dem Riesen überhaupt möglich sei, sich in einen so kleinen Bau einzupacken. Und als der alte Sturm aufstand, ihn zu begrüßen, da wurde ihm klar, daß eine unaufhörliche Geduld des mächtigen Mannes nötig war, um diese Wohnung zu ertragen. Denn wenn er sich mit aller Kraft ausstreckte, so mußte er unfehlbar Decke und Wände zerreißen und mit Kopf und beiden Fäusten in die freie Luft hineinragen. Der riesige Mann stand vergnügt über den Besuch ohne Rock und Weste vor ihm und hielt ihm grüßend die Hand entgegen, welche wohl imstande war, einen Kürbis von mäßiger Größe zu umspannen.
«Ich freue mich sehr, Sie in meinem Hause zu sehen, Herr Wohlfart», sagte Sturm und faßte so zierlich, als es ihm möglich war, Antons Hand.
«Es ist etwas klein für Sie, Herr Sturm», antwortete Anton lachend, «Sie sind mir noch nie so groß vorgekommen als in diesem Zimmer.»
«Mein Vater war noch größer», antwortete Sturm wohlgefällig und richtete sich hoch auf, so daß sein Kinn auf dem oberen Rande des Ofens ruhte. «So groß war mein Vater», sagte er und wies auf den bunten Farbensaum längs der Decke, an welchem mehrere Marken mit Bleistift gezeichnet waren. «So groß war er und noch breiter. Er war Ältester der Auflader und der stärkste Mann am Orte, und doch hat ihn ein Faß, nicht halb so hoch wie Sie, zu Tode gebracht. Hier, nehmen Sie Platz, Herr Wohlfart.» Er rückte ihm einen Stuhl von Eichenholz hin, der so schwer war, daß Anton Mühe hatte, ihn von der Stelle zu heben, und setzte sich mit Geräusch auf eine Bank. «Mein Karl hat mir gesagt, daß er Sie besucht hat und daß Sie sehr freundlich gegen ihn waren. Er ist ein guter Junge, und ich habe meine Freude an ihm, aber er ist doch aus der Art geschlagen. Seine Mutter war eine kleine Frau», setzte Herr Sturm traurig hinzu und griff nach einem Glase Bier, welches mehr als ein Quart faßte, setzte das Glas an und nicht eher wieder auf den Tisch, als bis der letzte Tropfen daraus verschwunden war.
«Es ist Faßbier», sagte er entschuldigend, «darf ich Ihnen ein Glas anbieten? Es ist Herkommen bei unserm Geschäft, kein andres zu trinken; dies freilich trinkt man den ganzen Tag, denn unsere Arbeit macht warm.»
«Ihr Sohn hat, wie ich höre, Lust, in Ihre Korporation zu treten», lenkte Anton ein.
«Unter die Auflader?» fragte der Riese. «Nein, dies wird er nicht, niemals.» Er legte seine Hand vertraulich auf Antons Knie. «Er wird es nicht, meine Selige hat mich auf den Totenbett darum gebeten. Warum? Darum! Unsere Arbeit ist respektabel, Sie wissen das selbst am besten, Herr Wohlfart. Wir sind Männer, welche ein Vertrauen haben wie wenig andere. Es ist eine Ehre, Auflader der Kaufmannschaft zu werden, um die sich Hunderte bei mir bewerben, und nicht einen lassen wir zu. Es gibt wenige, welche die Kraft haben, und noch weniger, welche etwas anderes haben.»
«Die Ehrlichkeit», sagte Anton.
«Ganz recht», nickte Sturm, «daran fehlt's auch den Starken. Alle Tage jede Art Ware in Tonnen und Kisten in größter Quantität vor sich zu haben und darum zu hantieren, wie um eigentümliche Sachen, und niemals die Hand hineinzustecken, das ist leider nicht jedermanns Gewohnheit. Also Sie wissen, wir halten auf uns. Und die Einnahmen sind nicht schlecht, ja sie sind gut. Meine Selige hielt noch auf Sparbüchsen und Strümpfe und solches Zeug. Als sie starb, fand ich den ganzen Grund ihres Kastens mit zugebundenen Strümpfen zugestopft, die nebeneinander standen wie die fetten Lerchensteiße in der Schachtel. Alles für unsern Karl, und es war nicht nur Silber, es war auch Gold dabei. Sie war eine sparsame Frau und hob alles auf. Das ist nun meine Art nicht. Denn warum? – Wer praktisch ist, braucht um das Geld nicht zu sorgen, und der Karl wird ein praktischer Mensch. Aber nicht als Auflader», fügte er kopfschüttelnd hinzu, «meine Selige wollte das nicht haben, und sie hat recht.»
«Ihre Arbeit ist anstrengend», stimmte Anton bei.
«Anstrengend?» lachte Sturm. «Sie mag wohl anstrengend sein für einen, der nicht Kraft hat, so anstrengend, daß ihm der Rücken darüber zerbrechen kann; aber es ist nicht die Anstrengung, es ist noch etwas anderes. Dies ist es!» Bei diesen Worten holte er einen großen Krug aus der Ecke und goß sein Glas voll. «Das Faßbier ist es.»
Anton lächelte. «Ich weiß, Sie und Ihre Kollegen trinken viel von dem dünnen Getränk.»
«Viel», sagte Sturm mit Selbstgefühl, «es ist bei uns Geschäftsbrauch, es ist Herkommen, es ist von je bei den Aufladern so gehalten worden; sie müssen Kräfte haben, sie müssen treue Männer sein, und sie müssen Faßbier trinken. Es ist Bedürfnis bei unserer Arbeit, wer's nicht tut, hält's nicht aus; Wasser trinken macht uns schwach, und Wein und Branntwein gleichfalls; nur Faßbier tut's, dies und Provenceröl. Sehen Sie, Herr Anton, so -» Der Riese streckte den Arm aus und holte ein Glas von dem Gestell, füllte es zur Hälfte mit feinem Baumöl, zur andern Hälfte mit Bier, tat eine Menge Zucker in die Mischung und trank zu Antons Schrecken die widerwärtige Flüssigkeit aus. «Das macht stark», sagte er, «es ist ein Geheimnis unserer Zunft, es erhält die Kraft und macht solche Arme», er legte stolz seinen Arm auf den Tisch und versuchte, ihn mit seiner Hand vergebens zu umspannen. «Aber es ist ein Haken dabei», fügte er leiser hinzu. «Es wird von uns keiner über fünfzig Jahre alt. Haben Sie schon einen alten Auflader gesehen? Sie haben keinen gesehen, denn es gibt keinen. Fünfzig Jahre ist das höchste, was einer erreicht, länger duldet's der Biergeist nicht. Mein Vater war fünfzig, als er starb; der, den wir neulich begraben haben – Herr Schröter war auch beim Begräbnis -, der war neunundvierzig. Ich habe noch ein paar Jahre bis dahin», setzte er wie zur Beruhigung hinzu.
Anton blickte besorgt in das ehrliche Gesicht des Aufladers. «Aber Sturm, wenn Sie das wissen, warum sind Sie nicht mäßiger?»
«Mäßig?» fragte Sturm verwundert. «Was ist mäßig? Es steigt keinem von uns in den Kopf. Vierzig Halbe in einem Tag ist nicht viel, wenn man's nicht merkt.»
Anton sah den Auflader ungläubig an.
«So viel trinke ich», sagte Sturm. «Der, den wir neulich begraben haben, konnte noch mehr vertragen; er hatte aber auch Wochen, wo er noch stärker war als ich. Sehen Sie, Herr Wohlfart, deshalb aber soll mein Karl nach dem Willen der Seligen lieber etwas anderes werden. Es ist, unter uns Männern gesagt, mit dem ganzen Alter nur dummes Zeug. Auch von den Menschen, die keine Auflader sind, werden die wenigsten älter als fünfzig. Sie sterben an allen möglichen Krankheiten von den Windeln an fortwährend dahin und an lauter Krankheiten, die wir Auflader nicht kennen. Aber meine Selige hat's einmal so gewollt, und so mag's drum sein.»
«Und haben Sie an etwas anderes gedacht?» fragte Anton weiter. «Karl ist zwar im Geschäft sehr nützlich, und wir alle werden ihn vermissen, wenn er im Hause fehlen sollte.»
«Das gerade ist es», unterbrach ihn der Auflader, «das war das Richtige, was Sie gesagt haben. Sie werden ihn vermissen, ich auch. Ich bin allein im Hause, seit meine Selige tot ist; wenn ich die roten Backen meines Kleinen in diesen Wänden sehe, so bin ich zufrieden; wenn ich in Ihrem Hause seinen kleinen Hammer höre, so fühle ich die Lustigkeit in meinem Herzen. Wenn er weggeht von mir und ich einsam in dieser Stube sitze, ich weiß nicht, wie ich's ertragen soll.»
Die Züge des Mannes zuckten von innerer Bewegung. «Aber muß er sich denn ganz von Ihnen trennen?» fragte Anton endlich. «Vielleicht kann er noch jahrelang hier wohnen.»
Sturm schüttelte bedeutungsvoll den Kopf. «Ich kenne ihn, er kann's nicht; wenn er erst einmal etwas anfängt, so ist er hinterher wie ein Teufel, dann denkt er an nichts als an das eine Ding. Aber ich habe mir überlegt in den letzten Tagen. Ich will Ihnen sagen», fuhr er vertraulich fort, «ich habe unrecht, wenn ich an mich denke. Der Junge hat nicht für mich seinen Kopf in die Welt gesteckt, sondern für sic[*]h selber. Er soll etwas werden. Und nun frage ich, was meine Selige für den Jungen wünschen würde, wenn sie noch lebte. Diese Frau hat einen Bruder, welcher mein Schwager ist, und dieser Schwager ist auf dem Lande. Ein Freigut, dort oben, wo das hohe Wasser herkommt; ein gesetzter Mann, er tauscht nicht mit manchem Rittergut. Der besucht mich alle Jahre, wenn sie ihre Wolle geschoren haben. Der kennt mich und kennt den Karl, dem möchte ich meinen Kleinen übergeben, wenn ich ihn nicht behalten soll. Es ist weit von hier», schloß er traurig, «aber es ist Verwandtschaft.»
«Das ist ein guter Gedanke, Herr Sturm», sagte Anton, erfreut, auf so wenig Hindernisse zu stoßen, «aber ich habe immer gehört, daß der Landwirt auf eine selbständige Tätigkeit in der Regel nur dann hoffen kann, wenn er nicht ganz ohne Vermögen ist.»
«Das paßt», sagte der Riese, seinen Finger erhebend, geheimnisvoll, «er ist nicht ganz ohne Vermögen. Von seiner Mutter her und auch etwas von seinem Vater. Er weiß aber von gar nichts, denn ich wollte, er sollte praktisch werden. Und sagen Sie ihm auch nichts.»
«Da Sie so väterlich für Ihren Sohn sorgen», rief Anton, «so lassen Sie ihn nicht länger in Unsicherheit; es ist brav von ihm, daß er das Ungenügende seiner jetzigen Arbeit empfindet.»
«Er kann es sogleich hören», sagte der Alte aufstehend, «er steckt im Garten. Sie sollen dabeisein.» Sturm rief mit seiner mächtigen Stimme in den Garten. Karl eilte herbei, begrüßte Anton und sah erwartungsvoll bald auf diesen, bald auf den Vater. Der Alte hatte sich wieder ruhig hingesetzt und fragte in seinem gewöhnlichen Ton: «Kleiner Knirps, willst du Ökonom werden?»
«Landwirt», rief Karl, «daran habe ich noch gar nicht gedacht. Dann müßte ich ja fort von dir, Vater.»
«Er denkt auch daran», sagte der Alte, Anton zunickend.
«Ist denn dein Wille, daß ich von dir soll?» fragte Karl erschrocken.
«Allerdings, mein Kleiner», sagte der Vater. «Widerrede nutzt nichts, die Sache ist abgemacht, natürlich vorausgesetzt, daß dich der Onkel haben will. Du sollst Ökonom werden, du sollst etwas Ordentliches lernen, du sollst deinen Vater verlassen.»
«Vater», sagte Karl niedergeschlagen, «wenn ich von dir weggehen soll, so ist mir's nicht recht.»
«Es soll dir aber recht sein, du ehrgeiziger Knirps», rief der Alte.
«Dann komm mit aufs Land», sagte der Sohn.
«Ich soll aufs Land kommen? Ho, ho!» Sturm lachte, daß die Stubentür zitterte. «Mein Knirps will mich in die Tasche stecken und mit sich auf dem Lande herumtragen.» Er lachte so lange, bis er mit der Hand über die Augen fuhr. «Komm her, mein Karl», sagte er endlich, zog den Sohn an sich und hielt dessen Kopf lange zwischen seinen großen Händen. «Du bist mein guter Junge, und Trennung muß sein auf Erden, wenn nicht jetzt, dann in ein paar Jahren.»
So schied Karl aus der Handlung. Vergeblich suchte er in den letzten Tagen seine Bewegung hinter leisem Pfeifen zu verstecken. Er streichelte zärtlich Freund Pluto und die Katze, welche er in das Haus gebracht hatte, er verrichtete seine kleinen Arbeiten mit maßlosem Eifer und hielt sich dabei soviel wie möglich in der Nähe seines Vaters; auch dieser sah den Tag hindurch immer wieder auf seinen Sohn und verließ manchmal seine Tonnen, um langsam auf ihn zuzugehen und ihm die Hand schweigend auf den Kopf zu legen.
«Es ist nicht schwer bei der Landwirtschaft?» sagte Vater Sturm vor der großen Waage zu Anton und blickte ihm fragend ins Gesicht.
«Leicht ist es nicht», erwiderte Anton, «es ist vielleicht noch mehr dabei zu lernen als bei unserm Geschäft.»
«Lernen!» rief der Alte. «Je mehr er lernen muß, desto lieber ist es ihm, das tut nichts; nur ob es sehr schwer ist?»
«Nein», sagte Herr Pix, der die Sprache des Riesen besser verstand.
«Schwer ist dort nichts; das schwerste ist der Sack Weizen, hundertundachtzig Pfund, und Bohnen, zweihundert Pfund. Und das braucht er nicht zu heben, das tun die Knechte.»
«Wenn das bei der Landwirtschaft so ist», rief Sturm verächtlich und richtete sich hoch auf, «so ist es mir ganz egal, ob er das hebt. Zweihundert Pfund trägt auch mein Zwerg.»