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Die alten Namen, die alten Herrn
Sind all hinüber, sind alle fern. Die Löben, die Burgsdorf wurden stumm, Aber Frühling ist wieder und jubelt ringsum. Zu Blumberg ist mein Sitz, wo, nach der alten Weise, Mit dem, was Gott beschert, ich mich gesegnet preise. |
Canitz an Eusebius von Brand (1692) |
Ein Frühlingstag führt uns nach Blumberg hinaus, einem Arnimschen Gut in der Nähe von Berlin, und nach rascher Fahrt, an lachenden Dörfern vorbei, biegen wir aus der staubigen Pappelallee in die windgeschützte, stille Dorfgasse ein. Es ist Mittagsstunde, der Sonnenschein liegt blendend auf den neu gedeckten, roten Dächern, die Bäume stehen im ersten Grün, und neben dem hohen Schornstein des Herrenhauses, aus dessen Seitenöffnungen der weiße Rauch phantastisch emporwirbelt, erhebt sich eben ein Storchenpaar in seinem Nest und unterbricht die Mittagsstille durch sein eifriges Geklapper. Es klingt, als würd eine Sense gewetzt oder als ging' eine Mühle unten im Garten.
Blumberg ist ein freundliches Dorf, fast so freundlich wie sein Name, und gerade groß genug, um uns die Versicherung alter Urkunden glauben zu machen, »daß Blumberg vordem ein Städtchen, ein Oppidum, gewesen sei«. Ein großes Dorf war es gewiß und vor allem auch wohl reich genug, um das in solchen Dingen immer scharf blickende Auge der Kirche auf sich zu ziehen. So geschah denn, was sich erwarten ließ, und nachdem sich die Nachfolger Albrecht des Bären zu Herren im Teltow und Barnim gemacht hatten, wurde Blumberg Kirchengut, und zwar Besitztum der reichen Bischöfe zu Brandenburg.
Blumberg blieb bischöflich bis zur Reformationszeit, bis zu jenen Tagen, wo Joachim II. den Kampf in seinem Herzen ausgekämpft und sein christlich Gewissen über das Versprechen gesetzt hatte, das er seinem Vater auf dem Todbette hatte leisten müssen. Manches wurde nun anders im Lande; die Einziehung der Kirchengüter drohte von Tag zu Tag, und die klugen Herren zu Brandenburg, die nicht Lust hatten, sich überraschen zu lassen, veräußerten rechtzeitig allerlei Besitztum, das über kurz oder lang doch zerrinnen mußte. Viele Güter wurden verkauft, darunter auch Blumberg.
Der Käufer war Hans von Krummensee. Die Krummensees waren damals eine der reichsten Familien und besaßen unter anderen die Stadt Altlandsberg, die ziemlich in der Mitte des Gesamtareales lag, das sie durch Kauf und Erbschaft im Laufe von Jahrhunderten an sich gebracht hatten. Jetzt, durch Erwerb von Blumberg, dehnten sie ihren Besitz bis an die Bernauer Feldmark und bis an die Grenze jenes andern großen Güterkomplexes aus, der – ebenfalls nordöstlich von Berlin – sich in den Händen der Familie von Röbel Im siebzehnten Jahrhundert war die große Mehrzahl (siebzehn) aller im zweimeiligen Umkreis nördlich von Berlin gelegenen Güter in Händen von nur drei Familien: Röbel, Krummensee, Löben. Vergleiche das Kapitel » Buch«. befand. Aber mit dieser Erwerbung von Blumberg war plötzlich dem wachsenden Reichtume der Krummensee ein Ziel gesteckt, rasch ging es rückwärts, und der Dreißigjährige Krieg tat das Seine. Gut auf Gut ging verloren, 1701 das letzte – Schöneiche. Ihrem reichen Besitz ist seitdem das Geschlecht selbst gefolgt. Der letzte war Karl Ägidius Ludwig von Krummensee, gestorben 1827 als Kanonikus zu Sankt Nikolai in Magdeburg.
Blumberg besaßen die Krummensee nur etwa achtzig Jahre. Eine Sandsteinplatte vor dem Altar der alten Blumberger Kirche bewahrt ihren Namen. Die Inschrift des Steines lautet in der schlichten, herzhaften Sprache jener Zeit: »Im achtundfünfzigsten Jahre und drei Wochen ist meine liebe Hausfrau, Katarina Mörner, allhier begraben, und ist mein, Hans Krummensees, allerliebst Gemahl gewest. 1596.«
1602 verkaufte Hans von Krummensee sein Gut Blumberg sowie die Güter Dahlwitz, Eiche und Helmsdorf an den kurfürstlichen Kanzler Hans von Löben, bei dessen Nachkommen Blumberg ein volles Jahrhundert blieb. Die Kirche, darin wir eben eingetreten und an deren Wänden wir eine beträchtliche Anzahl alter Bildwerke erblicken, gibt uns die beste Gelegenheit, die zum Teil historischen Gestalten jenes Jahrhunderts in rascher Reihenfolge vorüberziehen zu lassen.
Unser erster Blick aber gehört der Kirche selbst.
Es ist ein alter Bau, an dem auch das Auge des Laien zwei verschiedene Zeitläufte leicht unterscheiden kann: einen älteren Teil mit Pfeilern und Kreuzgewölben aus der Brandenburger Bischofszeit und einen Anbau mit Altar und Kanzel aus der Zeit etwa des ersten Königs. Die sich vorfindenden Bilder und Denkmäler sind im Einklange damit gruppiert: alles, was älter ist als der Anbau, befindet sich auch in dem alten Teile der Kirche, was später hinzugekommen, schmückt die Wände des Anbaus.