Paula Dehmel
Das liebe Nest
Paula Dehmel

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Drei Koboldstreiche

                    Fixfax der arge Kobold spricht:
die Langeweile bekommt mir nicht,
ich will in lustigen Abenteuern
den alten Koboldruhm erneuern,
denn geht's den Menschen allzu glatt,
wird ihre Seele stumpf und matt.
Drum will ich sie in diesen Tagen
ein wenig necken, ein wenig plagen;
ein Kobold will doch auch mal lachen,
sich über die Menschlein lustig machen,
die den Kern aller Dinge glauben zu kennen
und sich so leicht die Finger verbrennen.
Drum, Fixfax, auf zu keckem Wagen,
stör ein bißchen ihr Wohlbehagen,
brauchst sie ja nicht ins Unglück zu hetzen,
ihnen bloß ein paar sanfte Püffe versetzen.

Erster Streich

Ei, wie strömen Wohlgerüche
aus Frau Puffkes Wirtschaftsküche,
denn für hungrige Soldaten
will sie grad ein Ferkel braten;
alles ist schon gut bereit
und die Essenszeit nicht weit.
Fixfax nun, das muntre Mätzchen,
klettert hurtig wie ein Kätzchen
hoch hinauf zu Schornsteins Rand,
setzt sich listig und gewandt
mitten auf das Loch da, schwapp,
und nun zieht der Rauch nicht ab;
rückwärts strömt er in die Küche,
weg sind alle Wohlgerüche,
und Frau Puffke steht und hustet,
krebsrot im Gesicht, und prustet,
kann dem dicken Rauch nicht wehren,
sich die Sache nicht erklären.
Rennt zum Schornsteinfeger Krause,
aber der ist nicht zu Hause;
niemand weiß, wo Krause schweift,
und Frau Puffke steht und keift,
denn die Uhr läuft immer weiter.
Endlich kommt er mit der Leiter,
um den Schaden zu ergründen,
doch er kann durchaus nichts finden;
denn der Fixfax, wohlbedacht,
hat sich aus dem Staub gemacht,
und Herr Krause mit dem Besen
brummt, die Sonne sei's gewesen.
Vier Uhr schlug's, als die Soldaten
endlich kriegten ihren Braten.

Zweiter Streich

Vor dem Spiegel, kerzengrad,
steht Herr Amtsvorsteher Plath;
tadellos und mit Geschmack
sitzt die Hose und der Frack,
ausgezeichnet auch die glatte
blütenweiße Taftkrawatte,
Kragen, Vorhemd, comme il faut,
und Herr Plath ist seelenfroh.
Langt noch sorglich aus dem Schrank
den Zylinder blitzeblank;
nimmt dann Stock und Handschuh munter,
steigt voll Stolz die Treppe runter,
denn er ist heut eingeladen
zum Empfang bei ihrer Gnaden
der Prinzessin Schneckenstein,
und das hebt ihm Brust und Bein.
Fixfax aber dachte gleich:
wart, dir spiel ich einen Streich.
Auf den Taubenboden geht er
und nach losen Federn späht er,
sammelt allen Flaum ins Säckchen,
bläst verschmitzt das ganze Päckchen
über Plathens neuen Frack
und auf seinen Chapeau-claque.
Plath sieht ganz befiedert aus,
doch er ahnt nichts von dem Graus,
steuert durch die Nacht geschwind,
denkt bloß: was für'n arger Wind!
tritt mit Würde in den Saal,
Alle lachen – o Skandal!
Bis er endlich sich besieht
und geknickt von dannen flieht.
Draußen denkt er ärgerlich:
So ein Pech, das hab nur ich!

Dritter Streich

Auf des Sofas weichem Grunde
schlummert sanft mit offnem Munde
Pastor Pfannkuch. Nur die Fliegen
summen sich was zum Vergnügen,
sonst ist's muckstill. Fast erledigt
liegt der Text der Sonntagspredigt
auf dem Schreibtisch. Sonnenfleckchen
spielen in den Zimmereckchen;
nichts bedroht den tiefen Frieden,
der dem frommen Mann beschieden.
Doch da stiehlt sich in die Stube
Fixfax, dieser lose Bube,
kichert, fängt ein Dutzend Fliegen,
die sind hier sehr rasch zu kriegen,
tunkt sie in das Tintenfaß,
bis sie gänzlich schwarz und naß,
läßt sie dann gleich wieder fliegen
und entfernt sich mit Vergnügen.
Nach 'nem Weilchen, ach Herrjee,
kommt Frau Pastor mit dem Tee,
ruft voll Abscheu, Schreck und Graus:
Berthold! Mensch, wie siehst du aus!
bist ja wie'n Idiot beschmiert,
Backen, Nase, schwarz karriert!
Himmel, auch die neue Predigt
ist beschmudelt und beschädigt,
und auf meinen weißen Deckchen
grinsen lauter Tintenfleckchen!
Mann, wie hast du das getan?
Und sie sehn sich grübelnd an . . .

Fixfax aber, auf der Wacht,
sitzt im Mauseloch und lacht
sich ins Fäustchen ohne Reue,
und – gebt Acht – er wird sich neue
Schelmentaten ausklabuntern,
um uns Menschen aufzumuntern.


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