Felix Dahn
Chlodovech
Felix Dahn

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VIII.

»An Theoplastus, Bischof von Genf, Remigius, nur durch die Gnade Gottes, nicht nach eigenem Verdienst Bischof von Reims.

In Christo geliebter Bruder! Nicht durch deinen Neffen, der noch gar wenig durch die so rasch hintereinander von dir ihm erteilten Weihen der Weltlichkeit entrückt und dem Himmlischen gewonnen scheint, laß ich dir Antwort auf dein Schreiben zukommen. Denn ich halte kein Siegel für sicher in seiner Hand. Er mißfällt mir durchaus: und ich fürchte, die Verwandtschaft hat dir in seiner Würdigung die Klarheit des Blickes getrübt. Dein Brief aber ist schwerster, bedenklichster, schlimmster Dinge voll.

Verstatte dem so viel älteren Bruder ein freies Wort der Warnung. Offen sage ich dir: durchaus verwerf' ich deine Sinnesart: und mit den Pflichten eines Christen, eines Priesters, eines Bischofs scheint sie mir wenig vereinbar. Die Weise, wie du dich deinem weltlichen Herrn, dem König der Burgunden, gegenüber, hinter der Pflicht der beschworenen Treue hinwegschleichen willst, kann mir gar nicht gefallen. Hart ist es ohne Zweifel, unter der Herrschaft von Irrgläubigen leben und zehnmal würde ich den Tod erleiden, eh' ich unter ihres Zwanges Druck auch nur ein Haar von meinem Glauben wiche. Aber kluge Ränke spinnen, den König, den dir Gott nun einmal zum Herrn gesetzt hat, der Herrschaft zu berauben, – das sollte dir ferne sein! Hast du vergessen, was der Apostel an die Römer schreibt? ›Jedermann sei unterthan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit, sie sei denn von Gott verordnet.‹

Auch ich habe König Chlodovechs – vielleicht nur aus Klugheit gewährte – Milde gegen unsere heilige Kirche hoch zu loben und täglich schließe ich mein Nachtgebet mit der Bitte, Gott möge ihn in den Schoß unserer Kirche führen: ich würde mich auch herzlich freuen, wollte der Himmel sich einer wackern und frommen Ehefrau bedienen, des jungen Heiden Seele zu erretten. Aber irgend die Hand zu einem Spiel der – Schlauheit bieten, um das herbeizuführen, das verbietet mir das Gewissen. Chlodovech ist – ach! – so weit von Christi Geist entfernt, wie der Abgrund der Hölle vom Himmelreich. Was würde es helfen, beredete ihn ein jung und reizvoll Gemahl zur Taufe und seine Seele bliebe so durch und durch unchristlich, ja widerchristlich, wie sie heute – leider! – noch ist? Ich arbeite an seiner Seele. Das ist mein Recht, weil meine Pflicht. Deine Pläne der Staatskunst aber liegen mir fern. Wie sprach der Herr? ›Mein Reich ist nicht von dieser Welt!‹ Vergieb mir um Christi Willen, haben meine Worte dich verletzt.

Remigius, ein Knecht des Herrn.«

Nachdem Theoplastus dieses Schreiben gelesen, zerriß er es unwillig in viele kleine Stücke. »Und diese Einfalt darf auf dem hohen Stuhle von Reims sitzen!« rief er entrüstet. »Auf einer Säule in der ägyptischen Wüste müßte er stehen! Aber warte nur! Wir wollen doch sehen, ob barbarische Kampf- und Herrschgier, ein schönes Weib und ein eifriger Priester diesen jungen Heiden nicht dahin führen, wohin der Himmel ohne Zweifel ihn geführt haben will. Die Heiligen meines Traumes können nicht gelogen haben.«

 


 


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