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Die Prinzessinnen nahmen die Nachricht von Tanzais Vermählung öffentlich mit stolzer Verachtung, insgeheim aber mit Wehmut auf. Wenn dieser Schlag nur ihre Eitelkeit gebeugt hätte, so würde er ihnen schon äußerst empfindlich gewesen sein, so aber machte die Liebe, die sich dareingemischt hatte, ihnen denselben unerträglich, und sie hatte Empfindungen in ihren Herzen zurückgelassen, die der Unwille auszulöschen nicht vermögend gewesen war. Der verführerische Prinz der Scheschianei stellte sich unablässig mit all seinen Reizen ihrer Einbildung wieder vor.
Die Eine las die Gedichte von neuem wieder, die er auf sie gemacht hatte; die Andere erinnerte sich genau einer Unterredung mit ihm, die nur Galanterie gewesen war, die sie aber für einen Erguß wahrer Liebe gehalten hatte; diese besann sich auf ein Souvenir; jene auf einen Blick, den er ihr gegeben; diejenige, die sich an nichts zu erinnern hatte, unterließ ebenfalls nicht, sich an etwas zu erinnern. Jede von ihnen hatte geglaubt, den Vorzug zu erhalten, und jede war sterbenskrank, sowohl, Tanzai nicht zum Gemahl zu bekommen, als auch wegen einer anderen noch neuern Beschimpfung, die unstreitig noch empfindlicher für sie sein mußte, da sie es nicht wagen durften, sich darüber zu beschweren. Unter denen, die sich durch ihre Wut auszeichneten, war die hochfahrende Russa Blaffarda, die Beherrscherin der Insel Metissao. Es war die am wenigsten schöne und die stolzeste aller Prinzessinnen; Eigenliebe ersetzte bei ihr alles das, was ihr an Annehmlichkeiten abging. Sie glaubte Geist zu haben; und obwohl es ihr in der Tat nicht daran fehlte, war er doch so störrisch und von allen Reizen entblößt, daß man sie nicht sprechen hören konnte, ohne durch die Magerkeit ihres Ausdrucks und die Roheit ihrer Begriffe zurückgescheucht zu werden. Ihr Wuchs war linkisch wie ihr Geist; sie machte keine Geste, die nicht mißfallen hätte; keine Miene, die nicht Grimasse gewesen wäre. Ihre Farbe zwar war blendend weiß, allein diese Schönheit wurde durch eine Farbe der Haare aufgewogen, die nicht nach jedermanns Geschmack ist. Auch hegte sie die vorzüglichste Verachtung für die Brünetten und fand die Blondinen fade. Übrigens war sie grausam, rachsüchtig, boshaft und treulos.
So wie die Geschichte sie uns malte, hatte sie sich geschmeichelt, daß Tanzai sie liebe. Man hat nie dahinter kommen können, worauf sie diese Einbildung gebaut hatte; es läßt sich vermuten, daß mehr durch ihre Eitelkeit, als durch die Dienstbeflissenheiten des Prinzen dieser Wahn bei ihr erzeugt worden war. Sie hatte sich an diesen Gedanken so gewöhnt, daß sie Tanzais Liebe für Neadarnen als Untreue ansah, die er gegen sie beginge. Am meisten setzte sie in Verzweiflung, daß sie, allein auf ihre Reize rechnend, den Beistand einer alten Fee, ihrer Pflegemutter und Ratgeberin, ausgeschlagen hatte. Letztere war mit ihr nach Scheschian gekommen und hatte ihr versprochen, Tanzai für immer an sie zu fesseln. Jetzt, da alle Hoffnungen der ehrsüchtigen Prinzessin zertrümmert waren, nahm sie zu dem alten Mütterchen ihre Zuflucht.
Ihr hört, sagte sie, vor Grimm knirschend, das Jubelgeschrei dieses Volkes und ich bin noch nicht gerächt! Der treulose Tanzai und meine verhaßte Nebenbuhlerin triumphieren! Ohne Zweifel vermehrt mein Schmerz ihre Freuden. Könnt Ihr so gelassen ein Fest ansehen, das uns beide entehrt? Gilt meine Beschimpfung nicht auch Euch? Seit wann ist unser Interesse voneinander getrennt? Man beleidigt mich; was sag ich? man versetzt mir den Todesstreich, und noch haben meine Augen das Blut des Verräters nicht strömen sehen. Noch seufzt meine Nebenbuhlerin nicht unter den gräßlichsten Martern. Noch ist nicht die ganze Natur zu meiner Rache bewaffnet! Ihr, die Ihr mit Einem Worte alle Elemente zusammenwerft, die Ihr wegen weit minderer Verbrechen im Begriff standet, die Welt in ihr erstes Chaos zurückzustürzen, sagt, was hält Euch zurück? Die fürchterliche Macht, wovor der ganze Erdkreis bebt, ruht also lediglich für mich? Ach, meine Mutter! Ihr liebt mich nicht mehr; sonst hätte Euch mein Schmerz längst erweicht, wärt Ihr mit eben der Wut erfüllt, wie ich. Der Treulose, meine Nebenbuhlerin, samt diesem ganzen Volke das ich hasse, würden vergebens in irgendeinem Winkel des Weltalls Zuflucht gesucht haben. Ach! meine Mutter, Ihr verlaßt mich? Wie ungerecht Ihr in Eurem Schmerz seid, meine Tochter, versetzte die Fee. Glaubt mir, wenn es bei mir stünde, würd ich Euch längst weit über Eure Wünsche hinaus gerächt haben. Aber eine stärkere Macht als die meinige hält mich ab, das Leben Tanzais anzugreifen. Barbacela, vor der alles zittert, der selbst ich gehorchen muß, schützt jenes verhaßte Paar, das Euer Haß zu Boden strecken möchte. Sie umgibt sie stets unsichtbar, würde sie gegen alle meine Streiche verteidigen, und nichts würde vermögend sein, mich ihrer Rache zu entziehen. Wenn ich aber nichts gegen ihr Leben vermag, so kann ich wenigstens die Wonnen vergiften, deren sie bald zu genießen glauben, und Euch den traurigen Anblick ihres Glückes ersparen. Ich hätte, wenn Ihr gewollt, es machen können, daß Ihr Eurer Nebenbuhlerin wärt vorgezogen worden. Dies Unglück freilich läßt sich jetzt nicht mehr gut machen. Seid aber versichert, daß ich sie wegen Eurer Leiden bestrafen werde, und daß, da ich Euch nicht glücklich machen kann, sie so bedauernswürdig werden sollen als Ihr. Der Unglückstag ihrer Vermählung naht heran, und Ihr sollt bald hören, was für Leiden ich ihnen bestimmt habe.
Mit diesen Versicherungen der Fee, gerächt zu werden, war Russa zufrieden; sie fühlte ihr grausames Herz minder unruhig und beschloß, ihre Wut zu bemänteln. Mit Ungeduld harrte sie auf diesen Tag, der ihr nun weniger schrecklich dünkte, da sie sich schmeichelte, ihre Rache an demselben ausbrechen zu sehen.