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Da es regnet und der Oktoberwind die feuchten Blätter in der Luft herumwirbelt, hat Sie zum erstenmal im Kamin Feuer gemacht. Kiki und Toby sind begeistert, sie liegen dicht nebeneinander an dem warmen Marmor, schauen geblendet in die Flamme, der sie ihre Gebete darbringen.
Kiki ( liegt mit eingezogenen Pfoten da wie ein Kissen): Feuer, nun bist du also wieder da, schöner noch als ich dich in der Erinnerung hatte, viel heißer und näher als die Sonne! Feuer, wie bist du herrlich! Aus Zurückhaltung verberge ich meine Freude, dich wiederzusehen, schließe halb meine Augen, in denen dein Licht die Pupille verkleinert, und nichts zeigt sich auf meinem Gesicht als der Widerschein eines wilden und dunklen Gedankens … Mein leises Schnurren verliert sich in deinem Knistern. Flackere nicht so sehr, sprühe keine Funken auf meinen Pelz, sei gnädig, du vielgestaltiges Feuer, damit ich dich ohne Furcht anbeten kann.
Toby ( halb gebraten, mit geröteten Augen und heraushängender Zunge): Feuer, göttliches Feuer! Da bist du wieder! Ich bin zwar noch sehr jung, aber ich erinnere mich noch meines mit Ehrfurcht untermischten Entsetzens, als Ihre Hand dich das erstemal in diesem selben Kamin entfachte. Der Anblick eines so geheimnisvollen Gottes, wie du einer bist, kann schon ein Hundebaby, das eben erst den mütterlichen Stall verlassen hat, erschrecken. Feuer, ich habe nicht alle Angst vor dir verloren, du hast etwas Rotes und Brennendes auf meine Haut gespuckt … ich fürchte mich … Nein, nun ist's wieder vorbei. – Wie schön du bist! Deine rote Mitte schleudert goldene Fetzen in die Luft, bläuliche Strahlen, einen Rauch, der gewunden emporsteigt und sonderbare Tiergestalten zeichnet … Ach, mir ist so heiß, sei milder, königliches Feuer, sieh, wie meine trockene Nase rissig wird und aufspringt … und sind meine Ohren nicht schon angesengt? Ich beschwöre dich mit flehenden Pfoten, ich stöhne vor unerträglicher Wollust … ich kann nicht mehr! … ( Er wendet sich um.) Ach, nichts ist vollkommen! Durch die Türritze bläst der Wind und zwickt mich an meinen nackten Schenkeln! In Gottes Namen! Mag mein Hinterteil frieren, wenn ich dich nur von vorn anbeten kann!
Kiki: Da ich ein Kater bin, weiß ich alles im voraus, was nun nach dir kommen wird, Feuer! Ich sehe den Winter voraus, den ich mit innerer Beunruhigung aber nicht ohne Freude begrüße. Ihm zu Ehren wächst mein Kleid schon und verschönt sich; meine braunen Streifen werden schwarz, mein weißer Pelzkragen wird zu einer gewaltigen Halskrause, und meine Bauchhaare übersteigen an Schönheit alles, was man je gesehen hat. Ganz zu schweigen von meinem Schwanz, der dick ist wie eine Keule und abwechselnd rotbraun und schwarz: rotbraun und schwarz geringelt. Aus meinen Ohren wachsen zwei kostbare, sehr empfindliche Reiher heraus, die Sie meine Ohrringe nennt. Welche Kätzin könnte mir da widerstehen? In den Januarnächten die Serenaden unter dem eisigen Mond, das köstliche Warten auf dem Giebel irgendeines Daches, die Begegnung mit dem Gegner auf dem schmalen Pfad einer Mauer … ich aber fühle mich stärker als alle! Ich bewege meinen Schwanz, ich lege meine Ohren nach rückwärts, dicht an den Hals, atme unheilvoll durch die Nasenlöcher, als wollte ich mich übergeben – dann erhebt sich meine ausdrucksvolle Stimme, die so stark ist, daß sie die schlafenden Zweifüßler aufwecken kann. Ich schreie, ich jammere, ich jage durch den Garten, aufgeplustert, die Gelenke nach außen, und spiele den Wahnsinnigen, um die Kater zu erschrecken!
Toby: Auch ich kenne – da ich ein Hund bin – die Leiden und Freuden, die du uns ankündigst, o Feuer. Schon regnet es im Garten. Ich glaube, es regnet auch auf der Landstraße und im Walde. Das Wasser, das herunterfällt, ist nicht mehr so warm wie bei den Sommergewittern, wenn meine Nase, grau vor Staub, sich an dem feuchten Duft labt, der aus Westen kommt. Der Himmel ist unruhig und der Wind stark genug, um meine Ohren hin und her zu bewegen. Ein durchdringendes Heulen, wie ich es ausstoße, wenn ich um Hilfe flehe, kommt durch die Tür. Du leuchtest den ganzen Tag, o Feuer, aber durch wieviel Leiden muß ich mir das Recht erkaufen, dich anbeten zu dürfen! Denn Sie läuft weiter draußen umher; auf dem Kopf hat Sie eine Kapuze, die Sie ganz verändert und mich erschreckt; an den Füßen trägt Sie Holzschuhe, mit denen Sie unbekümmert in kleine Pfützen, auf schlammige Erdklumpen und in nasses Moos tritt. Ich folge Ihr, denn ich habe gelobt, Ihr mein ganzes Leben lang zu folgen (ich könnte auch gar nicht anders), ich folge Ihr verzweifelt, in bejammernswertem Zustand; ganz durchnäßt, am Bauch eine Erdkruste, bis ich dann bei meinem grenzenlosen Elend alles vergesse und das Unterholz bearbeite, denn jeder Grasspalt interessiert mich, weil ich gern den untergegangenen Duft wiedererwecken möchte … Sie wird gesprächig, wenn Sie mich so beschäftigt sieht, und wir unterhalten uns: »Da, Toby«, sagt Sie, »da, da, der Vogel! Auf dem Zweig, Dummerchen! Jetzt ist er fortgeflogen.« Dann bemitleidet Sie mich und rührt mich dadurch bis zu Tränen: »Ach du mein kleines Schwarzes, du meine kleine Walze, mein Froschtier, wie du frierst, wie durchnäßt du bist, wie traurig du dreinschaust, wie du leidest!« Und ehe ich noch erkennen kann, ob Ihr Mitleid auch aufrichtig ist, füllen sich meine Augen mit Tränen, und es schnürt sich mir die Kehle zu, so daß ich nur ein Jammern herausbringe, dem Ihren verwandt. Aber welch eine Seligkeit, wenn Ihre eigensinnigen Holzfüße wieder ins Haus zurückkehren; eilig, um zu Ihm zu kommen, der – nach meinem Geschmack – allzu lange auf dem Papier hin und her kratzt. Ich springe um Sie herum und belle, ganz aufgeregt darüber, den Hügel immer kleiner, den Abhang immer kürzer werden zu sehen und den wunderbaren Geruch des Stalles und des brennenden Holzes zu spüren, der uns der Lagerstätte näherbringt. Endlich leuchtest du durch die beschlagenen Fenster, Feuer; und kaum habe ich die Schwelle überschritten, so liege ich auch schon, vom Schlaf überwältigt, vor dir. Du verwandelst die Kruste an meinem Leib in Staub, das Wasser der Wege in rauchenden Dampf, du Feuer, du Sonne! Kiki: Eine wohltuende Wärme dringt durch mein Kleid hindurch bis zu dem feinen, dünnen Flaum, bis zu den seidigen Härchen, die fast unsichtbar und farblos meine zarte Haut beschützen. Ich schwelle an wie eine Wolke; mir ist, als fülle ich das ganze Zimmer aus. Ein elektrisches Zittern, der Vorläufer des Schlafes, bewegt meinen steifen Bart. Aber noch schlafe ich nicht, denn die herannahende Jahreszeit und dein Glanz, o Feuer, regen mich zu sehr auf. Es regnet! Ich gehe nicht aus. Heimlich, wenn niemand mich sieht, benutze ich den mit Sägespänen gefüllten Napf. Die körnige, duftende Erde, die den Krallen besser nachgibt, ist natürlich angenehmer für mich … aber meine über alles erhabene Natur kann sich lange bezähmen und verachtet den wasserreichen Hund, der gegen alles seine Pfote hochhebt … Ich gehe nicht aus, ich warte auf die Sonne oder auf trockenen Wind oder besser noch auf Frost. Ah, wie die stechende Kälte mich aufregt! Sie dringt mir in die Lungen und macht aus meinem süßen Näschen einen Eisbonbon! … Der witzige Frostteufel bläst mir seine Tollheit ein. Sie lacht und Er lacht auch; Er steht von Seinem Papier auf und sieht zu, wie ich mit den Blättern um die Wette springe, wie ich mich drehe und mich wie toll gebärde. – Bin ich dann noch ein Kater oder bin ich der flatternde Fetzen einer zerzausten Rauchwolke? Hinauf auf einen Baum und wieder herunter! Dann sieben Versuche, nach meinem Schwanz zu schnappen. Dann gefährliche Sprünge von vorn nach rückwärts, Hochsprung mit Bauchkrümmungen in der Luft! Ein Sich-im-Kreise-herumdrehen, niesen und jagen durch Wirklichkeit und Traum, bis ich vor mir selbst erschrecke! – Ich halte plötzlich inne: alles dreht sich vor meinen Augen, eine neue kreisrunde Welt, deren unbeweglicher Mittelpunkt ich bin … In meiner scheinbaren Verwirrung gebe ich einen Ton von mir, der sich wie das Brüllen einer Kuh anhört. Gleich kommen beide angelaufen … Sie lacht, Er fürchtet eine Darmverstimmung … Das genügt, um mich wieder nüchtern zu machen und mit ruhigem Gemüt und vornehmem Schritt kehre ich zu dem Kissen zurück, das vor deinem Altar, o Feuer, liegt.
Toby: Die Steine vor dem Kamin versengen mir die harte Sohle unter meinen Pfoten. Was soll ich tun? Vom Feuer fortgehen? Niemals! Lieber durch Verbrennen untergehen als auf dieses gefährliche Glück verzichten! – Wenn Sie nur nicht gleich kommt! Ich fürchte die lange Peitschenschnur und die Zauberworte, die mich aus dem Zimmer verstoßen: »Toby, das ist doch ganz unsinnig! Ich will nicht, daß du so schmorst. Die Augen werden dir wehe tun, und du wirst dich beim Hinausgehen erkälten!« … So spricht Sie zu mir, während ich Sie mit einem etwas blöden und ergebenen Blick anschaue, auf den Sie jedoch nicht hereinfällt! Ich höre Geräusche aus dem ersten Stock, Sie geht dort oben auf und ab. Hat sich Ihre Lust am Herumstrolchen endlich gelegt? Heute früh noch hat Sie nach mir gepfiffen; in meinem Übereifer, Ihr zu gehorchen, bin ich die Treppe heruntergetrudelt, denn ich bin klein, bin so breit wie lang, habe nur kurze Beine, keine Nase und auch keinen Schwanz, um das Gleichgewicht halten zu können … So gingen wir also aus. Auf den biegsamen Zweigen wiegten sich die letzten Äpfel … Meine glückliche Stimme, die lustigen Rufe, die Sie zuweilen ausstieß, der stolze Gesang der Hähne, das Knarren der Wagen auf der Landstraße, – alle diese Geräusche waren in der Luft und wurden von der bläulichen und etwas atemberaubenden Watte des Nebels getragen … Sie führte mich weit fort, und unser Weg war reich an merkwürdigen Zwischenfällen: Wir begegneten gewaltig großen, schrecklichen Hunden, die sich über meine stolze Miene empörten, während ich sie mit einem einzigen Blick bändigen konnte (ein verschlossenes Gitter verdammte sie zudem zur Machtlosigkeit); ich raste unter dem Unterholz einem Kaninchen nach, obgleich Sie laut rief: »Du sollst nicht, du sollst dem kleinen Tier nichts tun!« Meine Mutter hat mir zwar schnelle aber doch kurze Beine mitgegeben. So war das Tier flinker als ich. – Ein Strauch mit roten Beeren hielt uns lange auf. Sie ißt gern unbekannte Dinge. Mein Glaube an Sie ist groß, und ich kann bezeugen, daß ich immer alles gekostet habe, was Sie mir angeboten hat. Aber an jenem Morgen … »Friß, Toby, friß, das sind Hagebutten! … Ach, du Dummkopf, wie kannst du diesen würzigen und frischen Geschmack nicht mögen? Ich sage dir, das sind wilde Leckerbissen!« … Aus Nachgiebigkeit zerkaute ich eine rötliche Kugel, von der Sie mit sicherer Hand die rauhen Haare entfernte … Was kommen mußte, kam … Mir wurde übel, und ich erbrach das scheußliche Zeug, das Sie Hagebutte nannte …
Feuer, höre zu! Was ich dann in einem Walde sah, dessen feuchte Blätter rauschten, geht über meinen Verstand. Hatte Sie dich unter Ihrem Mantel mitgebracht? Oder kommen Götter, wie du, auf ein Zeichen von Ihr herbei? Ich habe gesehen, Feuer, wie Ihre Hände Holzscheite richteten, wie Sie geheimnisvoll flache Steine hinlegte, dann sah ich den Funken sprühen und dein frohes Herz zucken, sich ausbreiten, rot und nackt emporsteigen, sich in Rauch einhüllen, kampflustig knistern, zusammensinken und verschwinden … Die Welt ist voll unverständlicher Dinge …
Auf dem Rückweg, dicht am Gartentor, entdeckte ich, als erster, noch vor Ihr, eines jener unüberwindlichen Tiere, bei deren bloßem Anblick meine ganze Sippe bellen muß: einen Igel! Mich packte die Wut! Zu fühlen, daß unter diesem Knäuel sich ein Tier verbirgt und mich auslacht, und ich nichts, aber auch gar nichts vermag! Ich flehe Sie an, Sie, die doch fast alles kann, mir diesen Igel von seinen Stacheln zu befreien. Vorsichtig dreht Sie ihn mit einem kleinen Stock um wie eine Kastanie: »Merkwürdig«, sagt Sie, »ich weiß nicht, was unten und was oben ist.« Zwischen zwei Fingern nimmt Sie ihn an einem Stachel und bringt ihn so ins Haus – ich springe immer hinter Ihr her – und legt ihn in Ihren Arbeitskorb … Bald rollt sich das gräßliche Tier auf, streckt eine Schweineschnauze vor, öffnet seine glänzenden Rattenaugen und richtet sich auf zwei Beinchen auf, die, wie beim Maulwurf, Krallen haben. »Wie reizend!« ruft Sie aus, »ein richtiges schwarzes Stachelschweinchen!« Ich stöhne unten am Tisch vor Begierde, aber Sie macht die Stacheln nicht von dem Tier ab, nicht sofort, überhaupt nicht … vielleicht hat es die Köchin gegessen … vielleicht gar diese heimtückische und falsche Katze … Doch genug der Sorgen. Mein allzu empfindsames Herz regt sich auf und dann geht mir der Atem aus … Nicht mehr denken. Das Leben ist schön, Feuer, da du es erhellst! … Ich werde jetzt schlafen … Hüte, o Feuer, meinen Körper, aus dem meine Gedanken sich jetzt entfernen – Ich schlafe …
Kiki: Man wird meinen, ich schlafe, weil meine Augen so schmal werden, daß sie aussehen, als wären sie die Verlängerung des samtenen Streifens, des kühnen Bleistiftstriches, jener orientalischen und eigenartigen Zeichnung, die meine Augen mit meinen Ohren verbindet. Und doch bin ich wach. Aber es ist das Wachsein eines Fakirs, eine glückselige Bewegungslosigkeit der Glieder, bei der ich alle Geräusche höre und alles Anwesende spüre. Meine wunderbar begabten Augen können dich, o Feuer, besser sehen, wenn ich sie schließe, und ich kann all die verschiedenen Düfte zählen, die du zu einem flimmernden Strauß vereinst. – Dies hier, graublaue, brennende Flamme, ist der Zweig eines Lebensbaumes. Jener Zweig dort, dessen zartes Astgerippe sich windet, wiegte seinen breiten Blätterschatten einst über der Allee: Sie hat ihn mit einer Baumschere abgeschnitten; warum? Vielleicht, damit er seine heiße, violette Seele aushauche? Denn wie ich liebt auch Sie deinen Tanz, o Feuer, und straft dich für deine Ruhe mit einer gestrengen Feuerzange. Was liest Sie mit gesenktem Kopf und herabhängenden Armen in deinem Herzen, das vielfältig ist wie eine flammende Rose? Ich ahne es nicht! Sie weiß viel, gewiß, aber doch weniger als eine Katze. –
Diese dicke Träne an dem einen Holzscheit deutet auf den Todeskampf einer sehr alten Tanne, die der beharrliche Efeu getötet hat. Ich habe noch vor kurzem den Baum gesehen, die Axt und das rote tote Gezweig im Grase. Der Stamm weint eine Harzträne, die erst wie Speichel fließt und dann zu einer schweren und kriechenden Flamme wird; das rote trockene Geäst aber zerbricht im hellen Feuer, zischt und schleudert tausend vielfarbige Garben empor unter einem breiten, goldenen Rauch, der sich wollüstig zusammenballt, wie die Kätzin, die ich einmal lieben werde …
Liebe … Jagd … Krieg … Du, Feuer, entfachst sie in meinem Innern. Schon kommen die geflügelten Tiere heran, beunruhigt über die verwelkten Beeren. Ich werde sie alle bekommen! Ich spähe, unbeweglich unter der Hecke liegend, und flehe inbrünstig, daß das Treibhaus mich verberge. In meiner Begierde, losspringen zu können, beben die Muskeln meiner Schenkel und mein Kinn zittert. Wenn mein Lauern sich nur nicht durch einen ungeduldigen, nicht zu unterdrückenden Schrei verrät, so daß sie alle aufschrecken und unter lautem Flügelschlag und Zweigeknistern davonfliegen! … Doch nein. Ich werde mich beherrschen. Ein Sprung im rechten Augenblick: und die schwache Beute keucht unter mir … Ganz kleine machtlose Krallen, spitze Flügel, die gegen mein erregtes Gesicht schlagen, lächerliche Anstrengungen eines kraftlosen Tieres … Vor lauter Freude, einen zappelnden, lebendigen Körper zu halten, spaltet sich meine Schnauze, so daß sich in meine vollkommene Nase drei wilde Falten eingraben … Und dazu die Kriegstrunkenheit, das siegesbewußte Hin- und Herjagen, das Schütteln des Halses, um ein wenig, ein ganz klein wenig den Vogel zu zerreißen, der allzu schnell zwischen meinen Zähnen die Besinnung verliert … Dann jage ich wild dem Hause zu und singe dabei mit erstickter Stimme, ohne den Mund zu öffnen; denn ich will, Er soll von seinem Papier aufstehen, soll herbeieilen und mich bewundern; Sie dagegen verfolgt mich, erschreckt mich mit ihrem Geschrei: »Du Böser, Wilder, laß den Vogel! Bitte, du machst mich ganz traurig …« Sie scheint nie auf der Jagd gewesen zu sein!
Höre Feuer, solange es kalt ist, will ich die ganze Welt in Erstaunen setzen. Der Kater, der auf dem Gutshof wohnt (Sie sagt: der Kater des Pächters; wir dagegen sagen: der Pächter des Katers), der so schlecht angezogen ist, auf seinen langen Beinen wie auf Stelzen geht und mit seiner Wieselschnauze sehr häßlich aussieht, schärft seine Krallen und sieht mich dabei an. Geduld! Er ist stark aber ohne jede Eleganz, brutal und unentschlossen. Eine zuschlagende Tür erschreckt ihn und vor Angst eilt er davon, die Ohren nach hinten gelegt. Und dabei habe ich ihn in aller Ruhe ein recht ansehnliches Huhn töten sehen. Wegen der falschen Augen der jungen Katze oder wegen des Vorrangs auf der Gartenmauer, wegen eines zweideutigen Wortes, um nichts und wieder nichts, aus reinem Vergnügen messen wir unsere Kräfte. Er weiß, daß ich meine Gegner sowohl durch ein unerklärliches Schweigen wie auch durch mörderliches Schreien entwaffnen kann; die niedrige Gartenmauer scheint mir ein bequemes Schlachtfeld. Mag er versuchen, mit heiserer Kehle erst leise, dann durchdringend zu schreien, mag er sein unglückseliges Gesicht, seinen kahlen Körper, der nach der falschen Richtung gestreift ist, in verlogener Erregung verrenken (sie bedienen sich noch dieser altmodischen Mittel ). Ich bleibe unergründlich und hefte auf ihn den grünen magnetischen Blick meiner wundervollen Augen. Unter dieser beharrlichen Beleidigung senkt er seine Lider, zittert am Rücken und fängt sogar unsern alten Kriegstanz an, vorwärts, rückwärts, dann wieder vorwärts … Ich bleibe unbeweglich wie eine Katzenstatue. Bei dem teuflischen Grün meines Blickes packen Entsetzen und Wahnsinn meinen Gegner; und bald sehe ich, wie er sich windet, wie er schreit, wie er versucht, auf dem Rücken sich im Gleichgewicht zu halten, bis er schließlich voller Beschämung in das aufgewühlte Kartoffelfeld stürzt.
Alles das wird kommen, wie ich es dir sage, Feuer. Heute öffnet sich die Zukunft vor deiner neuen Flamme. Ich werde müde … Mein Schnurren hört mit deinem Knistern auf … Ich sehe dich noch und sehe schon meine Träume … Das weiche Geräusch des Regens streichelt die Fensterscheiben, und die Regentraufe schluchzt wie eine Taube …
Erlisch nicht, solange ich schlafe, Feuer; vergiß nicht, daß du die erhabene Ruhe, den leisen Tod bewachst, den man Katzenschlaf nennt …