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Wenn die selige Mutter in ihren jungen Jahren Karten aufschlug, flüsterte sie stets bei einem Häuflein: »Auf was trete ich?« Damals konnte ich nicht begreifen, warum es sie so interessierte zu wissen, worauf sie trete. Erst viele, viele Jahre später begann es auch mich zu interessieren. Ich entdeckte nämlich, daß ich auf die Erde trete.
Der Mensch kümmert sich wirklich nicht darum, worauf er tritt, rennt wie ein Narr irgendwohin und sieht höchstens die schönen Wolken dort oben, oder den schönen Horizont, oder die herrlich blauen Berge da hinten; aber niemals blickt er unter seine Füße, um lobend zu sagen, daß hier ein schöner Boden sei. Solltest ein Gärtchen so groß wie eine Handfläche haben, solltest wenigstens ein Beet haben, um zu erkennen, auf was du trittst. Dann würdest du sehen, mein Lieber, daß nicht einmal die Wolken so mannigfaltig, so schön und schrecklich sind, wie der Boden unter deinen Füßen. Du würdest den sauren, bindigen, lehmigen, kalten, steinigen und elenden Boden unterscheiden lernen; würdest eine wie Lebkuchen lockere, wie Brot warme, leichte und gute Erde schätzen lernen und von ihr sagen, daß sie schön ist, so wie du es von den Frauen oder den Wolken sagst. Würdest ein besonderes, sinnliches Wohlgefallen verspüren, wenn dein Stock ellentief in die lockere und mürbe Erde hineinstieße, oder wenn du einen Erdklumpen in der Hand knetetest, um seine luftige und feuchte Wärme zu fühlen.
Hast du aber kein Verständnis für diese Schönheit, so möge dir das Schicksal zur Strafe ein paar Quadratklafter Lehmboden bescheren, einen Lehm wie Zain so schwer, echten Naturlehm, aus dem einen die Kälte nur so anweht, der sich unter deinem Spaten wie ein Kaugummi durchbiegt, sich an der Sonne zusammenbäckt und im Schatten sauer wird; bösartigen, unnachgiebigen, schmierigen Töpferlehm, glitschig wie eine Schlange und trocken wie ein Ziegel, undurchlässig wie Blech und schwer wie Blei. Und jetzt reiße ihn mit dem Grabscheit auseinander, zerschneide ihn mit dem Spaten, zerschlage ihn mit dem Hammer, grabe ihn um und bearbeite ihn, laut fluchend und jammernd. Dann wirst du begreifen, was Feindschaft und Verstocktheit der toten und unfruchtbaren Materie ist, die sich wehrt, lebendiger Boden zu werden; und wirst dir vergegenwärtigen, was für einen furchtbaren Kampf das Leben Spanne um Spanne führen mußte, um im Boden der Erde Wurzel zu fassen, ob dieses Leben nun Vegetation oder Mensch heißt.
Dann wirst du auch erkennen, daß du dem Boden mehr geben mußt, als du von ihm nimmst; du mußt ihn beizen und mit Kalk sättigen, mit warmem Dung wärmen, ihn mit leichter Asche durchmischen und mit Luft und Sonne tränken. Dann beginnt der zusammengebackene Lehm zu bröckeln, als ob er leise atmete, weicht unter dem Spaten locker und mit auffallender Gefälligkeit aus, fühlt sich in der Hand warm und nachgiebig an; dann ist er gezähmt. Ich sage euch, ein paar Klafter Boden zähmen, ist ein großer Sieg. Jetzt liegt er hier, bearbeitbar, locker und feucht; man möchte ihn am liebsten völlig zwischen den Fingern zerbröckeln und kneten, um des Sieges sicher zu sein; und denkt gar nicht mehr daran, was man alles einsetzen wollte. Genügt denn nicht der schöne Anblick dieses dunklen, luftigen Bodens? Ist er nicht schöner als irgendein Beet mit Stiefmütterchen oder Möhren? Fast wird man auf die Vegetation eifersüchtig, die sich dieses edlen Menschenwerkes, das Gartenerde heißt, bemächtigt.
Von diesem Augenblick an wirst du nicht mehr auf der Erde gehen, ohne zu wissen, worauf du trittst. Wirst mit der Hand und dem Stock jedes Häuflein Erde, jedes Stück Feld probieren, so wie ein anderer Sterne, Menschen und Veilchen betrachtet. Wirst über die schwarze Erde in Begeisterung ausbrechen, verliebt die lockere Wald-Lauberde zwischen den Fingern zerreiben und die dichte Rasenerde und die leichte Tonerde in der Hand wägen. Mein Lieber, wirst du dann sagen, von der könnte ich eine halbe Fuhre brauchen, und, Donnerwetter, eine Fuhre von dieser Lauberde würde auch guttun; und den Humus da, so daraufschütten und ein paar Kuhfladen und ein wenig von dem Flußsand, und einige Schubkarren voll von dem Moderzeug dieser Baumstrünke, und da ein wenig Schlamm aus dem Bach, und dieser zusammengekratzte Mist von der Straße wäre auch nicht zu verachten, nicht wahr? Und dazu noch ein wenig Phosphat und Hornspäne; aber diese herrliche Ackererde gefiele mir auch, Herrgott noch einmal! Es gibt Erde, fett wie Speck, leicht wie eine Feder, mürbe wie eine Torte; es gibt helle und dunkle, trockene und ein wenig feuchte Erde, und jede stellt eine andere, edle Art von Schönheit dar. Dagegen ist alles häßlich und nichtsnutzig, was klebrig, klumpig, naß, zähe, kalt, unfruchtbar ist und dem Menschen verliehen wurde, damit er die unerlöste Materie verfluche; was alles ebenso häßlich ist wie die Kälte, Verstocktheit und Boshaftigkeit menschlicher Seelen.