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Auf seine Art – vom Standpunkt des Gärtners – ist der September ein dankbarer und ausgezeichneter Monat; nicht nur deshalb, weil die Goldrute, die Herbstaster und die indische Chrysantheme blühen, nicht nur euretwegen, schwere und bezaubernde Georginen. So wisset denn, ihr Ungläubigen: der September ist der auserlesene Monat für alles, was zum zweitenmal blüht; der Monat der zweiten Blüte, der Monat der reifenden Rebe. All das sind die rätselhaften Vorzüge dieses Monats September, voll tieferem Sinn. Außerdem ist er der Monat, in dem sich die Erde wieder öffnet, so daß wir einsetzen können! Jetzt muß das in die Erde kommen, was bis zum Frühjahr Wurzeln fassen soll; wieder eine Gelegenheit für uns Gärtner, die Blumenzüchter abzulaufen, uns ihre Kulturen anzugucken und Schätze für das kommende Frühjahr auszusuchen.
Der Großgärtner oder Züchter ist gewöhnlich ein Mann, der weder trinkt noch raucht, mit einem Wort ein Mann der Tugend. In der Geschichte ist er weder durch hervorragende Verbrechen noch durch kriegerische oder politische Taten berühmt geworden; sein Name pflegt durch irgendeine neue Rose, Georgine oder eine neue Apfelsorte verewigt zu sein. Dieser Ruhm – der für gewöhnlich anonym ist oder sich unter einem andern Namen verbirgt – genügt ihm. Durch ein seltsames Spiel der Natur pflegt es gewöhnlich ein dicker und geradezu mächtiger Mensch zu sein, vielleicht, um dadurch einen auffälligeren Gegensatz zur zarten, filigranen Anmut der Blumen zu bilden; oder hat ihn die Natur zum Ebenbild der Cybele gemacht, um sein freigebiges Vatertum zu veranschaulichen? Wenn so ein Züchter mit dem Finger in seinen Blumentöpfen herumwühlt, ist es wirklich so, als ob er seinen kleinen Pfleglingen die Brust reichte. Er verachtet die Gartenarchitekten, die ihrerseits wiederum die Züchter für Krauter halten. Wisset denn, daß sie das Züchten nicht als ein Gewerbe betrachten, sondern als eine Wissenschaft und Kunst. Es ist geradezu niederschmetternd, wenn sie vom Konkurrenten behaupten, er sei ein guter Geschäftsmann. Zum Blumenzüchter kommt man nicht wie zu einem Kaufmann mit Kragen oder Eisenwaren, um ihm zu sagen, was man kaufen wolle, zu bezahlen und wieder seines Weges zu gehen. Zum Züchter geht man auf einen Plausch, kommt man fragen, wie das und jenes heißt, kommt ihm mitteilen, daß die Gemskresse, die man im Vorjahr bei ihm gekauft hat, gut gedeihe, kommt man jammern, daß die Mertensia heuer gelitten habe, und betteln, er möge zeigen, was er Neues hat. Man soll mit ihm herumdebattieren, ob die Rudolf Göthe oder die Emma Bedau (das sind nämlich Astern) besser ist, sowie herumstreiten, ob die Gentiana Clusii lieber Tonerde oder Torf habe.
Nach solchen und vielen andern Gesprächen sucht man sich ein neues Steinkraut aus (Herrgott, wohin gibt man es nur?), einen Rittersporn (den eigenen hat der Meltau arg zugerichtet) und einen Blumentopf, über den man sich mit dem Züchter nicht einigen kann, was eigentlich drin ist; nachdem man so einige Stunden in belehrender und edler Unterhaltung verbracht hat, bezahlt man dem Mann, der kein Geschäftsmann ist, eine oder zwei Mark, und die Sache ist fertig. Und doch sieht so ein Züchter euch Quälgeister lieber als die Herrschaften, die mit dem Auto angestunken kommen und ihn beauftragen, sechzig Arten »der besten, aber wirklich nur prima Blumen« auszuwählen.
Jeder Züchter schwört, daß er in seinem Garten ganz elenden Boden habe, daß er ihn weder dünge noch begieße, noch während des Winters ihn abdecke; wahrscheinlich will er damit sagen, daß seine Blumen aus purer Neigung zu ihm so gut wachsen.
Etwas ist schon daran; bei der Gärtnerei muß man entweder eine glückliche Hand oder eine gewisse höhere Gnade haben. Der echte Gärtner braucht nur ein Stück von einem Blatt in die Erde zu stecken, damit irgendeine beliebige Blume daraus wachse, während wir Laien uns mit den Sämlingen abmühen, sie betauen, anhauchen und mit Hornmehl oder Kindermehl füttern, und zum Schluß vertrocknet und verquillt das Zeug trotzdem. Ich glaube, es sind dabei irgendwelche Zaubereien im Spiel, ähnlich wie bei der Jägerei und der Medizin.
Eine neue Art aufzuzüchten, ist der geheime Traum eines jeden leidenschaftlichen Gärtners. Mein Lieber, wenn bei mir so ein gelbes Vergißmeinnicht wüchse, oder vergißmeinnichtblauer Mohn, oder weißer Enzian – was, der blaue sei schöner? Das ist gleichgültig; aber einen weißen Enzian hat's noch nicht gegeben. Und dann, müßt ihr wissen, ist man auch bei den Blumen ein wenig Chauvinist; wenn so eine Böhmische Rose in der ganzen Welt den Sieg davontrüge über so eine amerikanische Independance Day zum Beispiel oder eine französische Herriot, da würden wir uns vor Stolz aufblähen und vor Freude zerspringen.
Ich rate euch aufrichtig: wenn ihr in eurem Garten ein Stückchen Abhang oder eine Terrasse habt, legt euch einen Felsengarten an. Vor allem ist so ein Felsengärtchen sehr schön, wenn es mit den Pölsterchen des Steinbrechs, des Steinkrauts, der Gänsekresse und anderen wunderhübschen Gebirgsblumen bewachsen ist. Dann ist das Anlegen so eines Felsengärtchens eine ausgezeichnete und fesselnde Arbeit. Ein Mensch, der ein Felsengärtchen baut, fühlt sich wie ein Zyklop, wenn er sozusagen mit elementarer Kraft Fels auf Fels türmt, Hügel und Täler baut, Berge versetzt und blinde Klippen errichtet. Hat er dann, im Kreuz halb gelähmt, sein Werk vollendet, stellt er fest, daß es allerdings etwas anders aussieht als der romantische Gebirgszug, den er sich vorgestellt hat, und eher an einen Schutt- und Steinhaufen erinnert. Doch macht euch nichts daraus; innerhalb eines Jahres wandeln sich diese Steine in das schönste Gartenbeet um, auf dem winzige Blüten leuchten und das mit dem schönsten Blumenkissen bewachsen ist; und die Freude ist groß. Ich rate euch, legt euch ein Felsengärtchen an.
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Es läßt sich nicht mehr leugnen: der Herbst ist da. Man erkennt es an den blühenden Herbstastern und Chrysanthemen – diese Herbstblumen blühen in auffallender Stärke und Mannigfaltigkeit; sie machen nicht viel Umstände, eine Blüte wie die andre, dafür sind ihrer aber eine ganze Menge! Ich sage euch, dieses Aufblühen des reifen Alters ist viel mächtiger und leidenschaftlicher als die unruhigen und flüchtigen Regungen des jungen Frühlings! Es sind der Verstand und die Folgerichtigkeit des reifen Menschen darin: wenn schon blühen, dann gründlich; und viel Honig tragen, damit die Bienen kommen. Was bedeutet schon so ein fallendes Blatt neben dem üppigen Blühen des Herbstes! Seht ihr denn nicht, daß es kein Ermüden gibt?