Clemens Brentano
Gedichte
Clemens Brentano

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Nachklänge Beethovenscher Musik

1.
                  Einsamkeit, du Geisterbronnen,
Mutter aller heilgen Quellen,
Zauberspiegel innrer Sonnen,
Die berauschet überschwellen,
Seit ich durft in deine Wonnen
Das betrübte Leben stellen,
Seit du ganz mich überronnen
Mit den dunklen Wunderwellen,
Hab zu tönen ich begonnen,
Und nun klingen all die hellen
Sternenchöre meiner Seele,
Deren Takt ein Gott mir zähle,
Alle Sonnen meines Herzens,
Die Planeten meiner Lust,
Die Kometen meines Schmerzens,
Klingen hoch in meiner Brust.
In dem Monde meiner Wehmut,
Alles Glanzes unbewußt,
Kann ich singen und in Demut
Vor den Schätzen meines Innern,
Vor der Armut meines Lebens,
Vor der Allmacht meines Strebens
Dein, o Ewger, mich erinnern!
Alles andre ist vergebens.
 
2.
Gott, dein Himmel faßt mich in den Haaren,
Deine Erde zieht mich in die Hölle,
Gott, wie soll ich doch mein Herz bewahren,
Daß ich deine Schätze sicher stelle,
Also fleht der Sänger und es fließen
Seine Klagen hin wie Feuerbronnen,
Die mit weiten Meeren ihn umschließen;
Doch in Mitten hat er Grund gewonnen,
Und er wächst zum rätselvollen Riesen.
Memnons Bild, des Aufgangs erste Sonnen,
Ihre Strahlen dir zur Stirne schießen,
Klänge, die die alte Nacht ersonnen
Tönest du, den jüngsten Tag zu grüßen:
Auserwählt sind wen'ge, doch berufen
Alle, die da hören, an die Stufen. –
 
3.
Selig, wer ohne Sinne
Schwebt, wie ein Geist auf dem Wasser,
Nicht wie ein Schiff – die Flaggen
Wechslend der Zeit, und Segel
Blähend, wie heute der Wind weht,
Nein ohne Sinne, dem Gott gleich,
Selbst sich nur wissend und dichtend
Schafft er die Welt, die er selbst ist,
Und es sündigt der Mensch drauf,
Und es war nicht sein Wille!
Aber geteilet ist alles.
Keinem ward alles, denn jedes
Hat einen Herrn, nur der Herr nicht;
Einsam ist er und dient nicht,
So auch der Sänger!
 
4.
Nichts weiß ich von dir, o Wellington,
Aber die Welle
Tönt deinen Namen so britisch.
Kleinod der Erde, England
Eiland, vom Meere gegürtet
Jungfräulich, Arche auf grünenden
Hügeln ruhend, der Sündflut
Bist du entrücket, dich lieb ich,
Nicht um handelbequeme
Gestalt in mancher Vollendung,
Nein um dich nur, denn heilig
Sind wohl die Inseln. Die Sterne
Gürtet umsonst nicht das Blau,
Und die sehenden Augen,
Wunderinseln des Lichtes,
Schwimmen umsonst nicht im Glanz;
Was umarmt ist, ist Tempel,
Freistatt des Geistes, der die Welt trägt.
Wer möchte sonst leben?
 
5.
Wer hat die Schlacht geschlagen,
Wer hat die Schlacht getönt,
Wer hat den Sichelwagen,
Der über das Blutfeld dröhnt,
Harmonisch hinübergetragen,
Daß sich der Schmerz versöhnt?
Wen hat in heißen Tagen
Ein solcher Kranz gekrönt,
Wer darf so herrlich ragen,
Von Sieg und Kunst verschönt.
Wellington in Tones Welle
Woget und wallet die Schlacht,
Wie eines Vulkanes Helle,
Durch die heilige Sternennacht.
Er spannt dir das Roß aus dem Wagen,
Und zieht dich mit Wunderakkorden
Durch ewig tönende Pforten.
Triumph, auf Klängen getragen!
Wellington, Viktoria!
Beethoven, Gloria!

 


 


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