Karl Bleibtreu
Der Aufgang des Abendlandes
Karl Bleibtreu

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IV

Wer die Vererbungstheorie von Mädel bis Bateson richtig kennt, weiß, daß jeder ehrliche Forscher sich bescheiden muß vor Unbegreiflichem bei Zellenuntersuchung. Gewisse Formen werden ständig übermittelt, das allgemeine Wesen der Materiezeugung jedoch, wo es wie eine Gasmaschine in chemischem Wirbel brodelt, als intermolekulare Beziehung der Atome, unterliegt notwendig der Veränderlichkeit. Denn die chemische Substanz ist abhängig von Temperatur und Konzentrierung des Augenblicks, weshalb beim menschlichen Zeugungsakt der momentane psychische Zustand von besonderer Wichtigkeit. Chemische Einheiten könnten sich durch steten Zufluß von Stoff und Energie selber behaupten, doch nur in einem Durchschnittsstand, der nicht zur Verwandlung führt. Variation ist Störung der genetischen Symmetrie, doch sie wird nicht nur durch Kreuzung ungleicher Keimzellen, sondern erstaunlicherweise auch durch längere Abwesenheit solcher Kreuzung veranlaßt. Die Dauerhaftigkeit des Vererbungstyps, der Form, wird nämlich geschwächt durch herabgestimmte Vitalität, so daß gerade Inzucht individuelle und Rassenabnormität verursacht. Menschliche Logik wird also auch hier genasführt. Was man Vererbungsgesetz nennt, ist etwas rein Formales, ohne das Ding-an-sich von Zeugung und Vererbung zu erraten.

Denn der durch Woodsworths Paramözia-Experimente belegten Tatsache, daß Herabstimmung der Vitalität die Vererbungsstetigkeit aufhebt, steht die andere gegenüber, daß die größte Abnormität, nämlich die unvererbte Erscheinung des unvererbbaren Genies, gewiß nicht durch Sinken der Vitalität, aber auch nicht durch deren abnorme Steigerung eintritt. Mit Ausnahme des illegitimen Leonardo (Sohn einer Dienstmagd mit erbärmlichen legitimen Geschwistern) läßt sich nicht mal behaupten, daß Geniale als »Kinder der Liebe« das Licht erblicken. Der eine ist ein Erstgeborner, wie Friedrich, der andere ein Drittgeborener, wie Napoleon. Für jede Veränderung der Spezies – und dieses ist die denkbar größte – sind also Kräfte wirksam, die sich jeder Wahrnehmung entziehen. Beobachtung der Amöben enthüllt die ungeheuerliche Fruchtbarkeit des lebendigen Stoffes, dessen Eigentümlichkeit im Gegensatz zu allen chemischen Substanzen darin besteht, daß er wächst und sich vermehrt. Tolstois Abstinenzpropaganda rechnet nicht damit, daß Zeugung, Wachstum, Vermehrung mit dem Lebensprinzip identisch sind, weshalb Umwertung nur möglich wäre, wenn diese Grundgesetze aus dem Sinnlichen ins rein Psychische übertragen würden. Das setzt freilich voraus, daß dem sonst unvermeidlichen Aussterben des Homo sapiens eine Wiederverjüngung entgegenarbeitet, die den spiritualisierten Menschen, ohne daß er sich fortpflanzt, irdisch unsterblich macht, solange er dies wünscht. So behauptet ja Indien für seine Mahatmas. Für solche Möglichkeit liegen experimentelle Analogien vor, insofern man niedere Lebewesen, als sie zu vergreisen und sterben begannen – Selbstreparatur der Lebensmaschine ist nur zeitweilig – durch Salz, Alkohol, Fleischsaft, Amputierung tatsächlich verjüngte.Menschenverjüngungsversuch ist theoretisch nichts neues, indessen könnte physische Verjüngung nur temporär sein. Die indische Trainierung psychischer Kräfte, wozu auch geschlechtliche Abstinenz gehört, bezweckt dagegen dauerndes Fernhalten von Alter und Tod und es ist viel wahrscheinlicher, daß auf diesem Wege etwas erreicht werden kann. Was bei niedern Lebestufen wirksam, kann die psychisch orientiertere Menschenform wenig beeinflussen. Monotonie scheint Ursache des Verfalls, Stimulanzien tun Wunder, wodurch sich das hohe Alter vieler Genialen und ihre unermüdliche Jugendlichkeit erklärt, die sich fortwährend durch ihr Schaffen stimulieren. Roher Materialismus, der psychischer Stimulanzen entbehrt, ist früher Greisenhaftigkeit verfallen. Die rastlose Aufbietung von Energie in unablässiger Bewegung, wie man sie bei allen Amöben beobachtet, ist an sich noch keine Verschwendung, sondern Stärkung der Lebenskraft, doch sie bedarf der Auffrischung, wie sie das materielle Dasein in ewiger Einförmigkeit dem Menschen nicht gewährt. Deshalb verteidigten sich schon die prähistorischen Menschen gegen die Depression durch erstaunlich heftigen Kunsttrieb.

Die Oberflächenatmosphäre, die jede Materiemasse von der andern trennt, enthält und verbraucht, wie physikalisch festgestellt, den Hauptteil der molekularen Energie. Dem entspricht das Od oder die Astralathmosphäre um den Menschen, welche Strahlenkräfte anhäuft, um das Leben zu schützen und ihm eine individuelle Färbung zu geben. (Vgl. die photographischen Experimente des Colonel de Rochas.) Daraus folgert, daß wir die von uns ausgestrahlte Kraft weder selber wahrnehmen noch im Bewußtsein tragen. All dies vollzieht sich mit kausaler Notwendigkeit, gleichwie die scheinbar freie Wahl und Absicht, wenn eine Amöbe gute und unnütze Nahrung unterscheidet oder eine Infusorie auf Hemmungsreize beweglich reagiert. Acht Jahre nach Darwins »Origin of species« theoretisierte Huxley über physische Lebensbasis, daß jede Handlung nur eine Folge von Molekularbewegungen des Protoplasmas sei, »auch die Gedanken, die ich äußere, und eure Gedanken dazu«. Daß Huxley sich einbildet, Moleküle seien verantwortlich für Gedanken, ist bemitleidenswürdig, weil er damit die allgemeinen kosmischen Einflüsse ausschließt, welche die sichtbare Mechanik berichtigen und sie der unbewußten Vorbestimmung anpassend unterwerfen. Moleküle sind nichts Stabiles, sondern nur ein gegebener Ausgangspunkt für eine durch viele andere Eingriffe bestimmte Bewegung.

Was ist Augenschein? Die Erde ist flach, die Sonne geht am Horizont auf und unter! Warnt dies Trugbild umsonst? Aber zweifelt man heute nicht auch an wirklicher Kugelform der Erde? Man glaubt sich der Sonne verpflichtet, doch die Erde erzeugt selbst ihre Wärme durch magnetische Reibung. Gas verdichtet sich, das nennt man Körper, doch Gas bleibt eben Gas und jeder Körperbegriff daher mehr oder minder relative Illusion. Laut Flammarions Urania haben Planeten pro Stunde 7 Millionen Meilen Geschwindigkeit, keine Sonne ist also ein ruhendes Zentrum, ihre rasende Auswirkung reißt den Erdball mit sich fort, ohne ihm geschlossene Eigenbahn zu gestatten. Mit Heliozentrik ist nichts getan, jedes Geschöpf ist sich geozentrischer Mittelpunkt, erst wenn es durch Theozentrik aus sich heraustritt, gewinnt es erleichterte Ruhe. Anthropozentrisch sich anbiedern, ob in Christo oder Mechanistik oder Steiners Geistmenschen, bereitet immer nur das vereitelte Mahl des Äneas, das die Harpyen beschmutzen, gesegnete Mahlzeit! Was Poincaré, G. Russel, Jeans über Entstehung, über Bewohnbarkeit der Planeten spekulierten und analysierten, bleibt widerspruchsvoll, dagegen bedeutungsvoll Eddingtons neuste Entdeckung, daß zwischen Sternmasse und deren spezifischer Leuchtkraft direkte Beziehung besteht. Jeans und Macmillan vermuten, daß die Sternmasse sich fortwährend vermindert (die Sonne um 4 Millionen Tonnen pro Sekunde), in dem Maße, wie sie Strahlenenergie in den Raum ergießt? Nun damit wäre Helmholtz' nie verminderte Arbeitskonstanz nicht aufgehoben, denn dauernde Verminderung der Masse vermindert nicht die Arbeit ewiger Transformierung, Schwinden der Masse bedeutet nur Umsetzung in vermehrte stofflose Energie. Ein richtiggehender Materialismus muß aber an Konstanz der Masse festhalten, d. h. dessen, was er Materie nennt, d. h. des stofflich Körperlichem bei gleichem, stetem Atomgewicht. Nun fanden aber Ramsay und Rayleigh verschiedenes Atomgewicht des Nitrogens, Ashtons »Itopes« bauten dies später aus, auf diesem Weg entdeckte man ein neues chemisches Element, Argon. Dieser Zwiespalt zwischen chemischer Atomlehre und wissenschaftlicher Beobachtung, daß verschiedene Methoden verschiedene Atomgewichte theoretisch hervorbringen, macht eben sowohl Atome als Gewichte relativ.

Wir stehen heute, Mitte 1925, schon in neuer Epoche einer Überintellektualität, darin sich einst vielleicht die Atlantier erfreuten und aus der sich eine Art Übermetaphysik herauswickelt. In diesem Sinne wird die Losung »Relativ«, die Einstein in die aufhorchende Welt schleuderte, in denkerischer Ausdeutung vielleicht zur Grenzscheide neuer Weltbetrachtung. Selbst die Sinne erweisen sich heute als ganz und gar relativ. Riechen gilt als schärfster Sinn der Tierwelt, äußerliches Hören mit Ohren ist dort nicht viel besser als unsere Taubheit für alle nicht aufdringlich lauten Töne. Doch dem 5., 6. oder 8. Sinn einer 4. Dimension am verwandtesten ist das psychische Hören. Das Insekt ohne zentrales Nervensystem empfängt Sensation von seinen »Ganglienzentren« im ganzen Körper, durch sphärische Schwingung oder elektronische Wellen hört es drahtlose Botschaften aus erster Hand, während wir derlei erst in Worte übersetzen müßten. Was man Instinkt nennt, ist ein elektrischer Sinn, hat nichts gemein mit Sehen, Hören, Riechen. So tritt das Unsichtbare, Unhörbare wiederum glänzend als das Primäre auf, unsere Altvordern besaßen es sicher als elektromagnetische hypnotische Geheimkraft, ehe sie sich zum historischen Adam erniedrigten. Darum verzeichnet man heute die bisher belächelten Rezepte uralter Magie als praktische Fingerzeige, magische Psychebehandlung erscheint immer klarer als okkulte Weisheit, zu der sich wahre Heilkunde zurückfinden muß. Man staunt über rastlose Betriebsamkeit naturwissenschaftlicher Einzelbetriebe in Verknüpfung modernster Medizin, Biologie, Physik, Chemie. Doch aufrichtige Achtung vor so viel Fleiß und Scharfsinn, die sich sogar in Nägelis »oligodynamischer Wirkung« ins Unsichtbare erstrecken und durch dies Übergreifen erst Lebenschemie auf richtige Basis stellen, schmälert nicht das Ergebnis, daß auch hier jeder Antipsychismus sich am Ende seiner Leistung erkennt, wie ein lesenswerter Aufsatz im »Atlantic Monthly« Juni 1925 zugibt. Nämlich daß »psychische Medizin« viel erfolgreicher sein würde als die mit chemischer Arznei und Chirurgenmesser, und daß man wohl 1950 mitleidig auf heutige Bemühung zurückblicke, Krankheit durch äußere Mittel zu heilen. Auf psychische Naturheilkunde verstanden sich aber die Urmenschen natürlich unendlich besser, da ihnen alle uns erloschenen elektrischen unbewußten Kräfte zu Gebote standen.Bestreiten kann man ja alles, so jüngst auch das Sargassomeer trotz zahlloser Zeugnisse. Entspricht aber Platos seltsame Kunde, an der Untergangsstelle von Poseidonis tue sich undurchdringlicher Schlammabgrund auf, nicht genau jenen Tangmassen? Viele ältere biologische Funde wirkten ja damals auch umstürzlerisch, warum sollte nicht ein einziger Fund in Jukatans Urwald jede bisherige Meinung umstürzen? Indessen lebt im jüngsten Gelehrtengeschlecht plötzliche Selbsterkenntnis, so heißt's im absonderlichen »Kulturreich des Meeres« von Broeckman 1024: »Wenn noch der Bestätigung bedürfte, daß Wissenschaft und Handel Kinder gleichen Geistes sind ... Gesichtspunkte der Utilität rücken an die Spitze, andere, nicht so mechanischer Art, werden schroff unterdrückt.« Man braucht nur Keith »Religion eines Darwinisten«, Russel »Was ich glaube« zu prüfen. Leider spenglert auch B. brüchiges Klempnermaterial im echten Spenglerstil. Polynesische Meersagen, als ob nicht »terrestrische« Völker genau so »solarisch« ins Weite dächten, verführen hier nur Täuschung eines neuen Forster, Selbsterfahrung von Stevenson und J. London stärkte keineswegs diese falsche Insulanerromantik. Selbst heute noch vollzieht sich Auf- und Abbau des lebendigen Körperlaboratoriums mit lauter unbekannten Stoffen, die jeder menschlichen Chemiebehandlung spotten, und zwar mit unerhört geschmeidiger Geschwindigkeit. Lehrt die auch von Materialisten seit Brewster verfochtene Lebensfähigkeit auf allen Planeten (Graphit in Meteoriten, Erdtageslänge auf Mars, Venus, Jupiter) nicht indirekt, daß eine Idee Mensch sich überall organisch offenbaren kann unter verschiedensten Bedingungen? Kein Erdteil läßt sich als Urheimat begutachten. Arlt schwärmt, in Atlantis seien die ersten gefiederten Wesen aufgestiegen, doch der Archäopterix fand sich ja nur im silurischen Schiefer des Schwäbischen Meeres, der Dinosaurier auch in Ostasien und Ostafrika. Anthropologen sind ein fideles Korps, wenn sie das Problem am falschen Ende anfassen: so begegnet man in Rohrbachs Weltgeschichte der Marotte Richthofens, Turan sei Wiege der Menschheit, weil ihm das Auffällige fünf ähnlicher Kulturzentren zwischen China und Hellas nicht entging und auch Osborne deshalb Ostasien als Ausgangspunkt dekretierte, als ob Atlantis und Lemurien nie gewesen wären. Das alles ist nur künstlicher Kausalitätsschluß, der Akzent darf nur liegen auf Gleichförmigkeit des Kulturfundamentes, d. h. der Idee Mensch, doch das beweist nichts für gemeinsamen Ursprung von bestimmter Stelle, Völkerströme konnten sich beliebig aus und nach jeder Richtung ergießen. Der 1913 entdeckte Ostafrikaner (schon früh von Rider Haggard poetisch eingesegnet) stand gewiß in keiner Wanderbeziehung zu Ostasien, glich aber Aurignaciern »von großem Hirn, heutigen Rassen überlegen« (Laing »Modern Science«). Evolutionswahn streckt noch immer nicht die Waffen, trotzdem alle bisherigen Zeitfixierungen sich als kindisch erwiesen.Eine naive Doktorschrift steckt menschliches Bewußtsein auf »höchstens 100+000 Jahre« zurück, heutige Ausgrabung verweist aber mexikanische Stadtkultur schon auf 500+000, in Jukatan wird man noch tertiäre Mayakunst entdecken, jüngste Funde in Wüste Gobi zeigen menschliche Zeitgenossen der Dinosaurier. Einst schienen Bouchers' und Bourgeois' Funde schon völlig umstürzend, Jollys Rennthierjäger von Perigord samt Elefas Meridionalis und Mastodon von Chartres gehört mindestens gleicher Schicht wie der Affenüberrest von Orleans, nach Lyell darf man keine Schicht als abschließend betrachten, der Mensch überlebte viele Tiergeschlechter (Gundry), Quatrefages verneint Lemuren als Halbaffen, jedenfalls fehlen uns vier ganze Zwischengruppen. »Je kürzer man das Intervall zurückschiebt, desto verhängnisvoller für allmähliche Entwicklung« (Pfaff), so daß Huxley plötzlich den Menschen ins Vortertiär versetzte: die Natur mache plötzliche Sprünge. Damit sägt er doch nur den Ast ab, auf dem seine geschwänzte Evolution hockt, denn Plötzlichkeit der Naturprozesse herrscht völlig antidarwinistisch.

Schon Ratzel meinte, daß große Weise die junge Menschheit leiteten. E. Dacquet, »Umwelt, Sage, Menschheit« 1925 versteht Urweltsagen als historische Dokumente. Solchen Tiefschürfern scheint der Schimpanse nur so des Menschen Vetter wie jedes andere Tier, da der Mensch als Wurzelnorm potentiell alles enthält, was in Tierwelt »auseinandergelegt«. Dies nicht Neue (schon Paracelsus dachte so) gewinnt Neubeleuchtung durch Urformen. Der Tyrannosaurus der Kreidezeit zeigt mit verlängerten Hinterbeinen einen ganz oder halb aufrechten Gang, fünffingrige Extremitäten von Triasreptilien ähneln Kinderhänden, schon haben sie mehrfach Säugetiergebiß. Trug der Adamit vielleicht Panzerhaut? Siehe unseren früheren Hinweis auf hörnernen Siegfried und Drachensymbol. Für solche Analogien findet D. die Formel »Zeitsignatur«, Bedingungen der Lebensanpassung liegen sozusagen in der Luft, Riesenvögel machen Federkleider zur Zeitmode, wobei Reptilhinterbeine sich in Flügelansätze umwandelten. Indessen erinnern wir ans Hieroglyphenbild im Mayamanuskript, wo ein Vogel ein Reptil begattet: Gleichzeitigkeit beider Gattungen und Promiskuität, also nichts wirklich Evolutionäres, sondern gleichsam allegorische Verknüpfung. So konnte laut D. der Mensch das Reptilische aus sich »entlassen« und schon in prämordialer Fischzeit lebten »dämonische« Menschen mit Fischschwanz. Schon im Gondwanaland, Lemuriens Vorbildung, vermutet D. Kulturfähigkeit (Geheimlehre schreibt ja der 3. Rasse der Ritas sogar das Sanskrit zu), treffend wies Frobenius schon Spenglers Flachheit zurecht, die Steinzeit sei ohne Stil und Physiognomie, das gilt natürlich auch für noch frühere Epochen. Wenn der Urmensch »natursüchtig« mit unbewußtem Wissen begabt, dessen Abbild das Scheitelauge, so kann nicht erst in der noachitischen Rasse, die auch D. als gerettete Atlantier erkennt, das Großhirn sich gebildet haben, falls man dies als Sitz (richtiger Begleiterscheinung) bewußter Vernunft auffaßt. Denn der Bruch zwischen Bewußt und Unbewußt vollzog sich offenbar schon in der atlantischen »Zeitsignatur«. Obschon D. der Gelehrtenverstocktheit Zorniges sagt, huscht auch bei ihm Banal-Evolutionismus hinein, ein Allegoriker sollte sich doppelt vor Ausfällen gegen Okkultismus hüten. Freudig begrüßt er das »assyrische« (summerische) Gilgamesch-Epos, doch seine These vom ursprünglich fast körperlosen Menschen könnte er viel kräftiger aus der Geheimlehre stützen. Daß die Katze ohne erkennbare Herkunft plötzlich im Tertiär auftritt, erkennt die Sage als Gottgeschenk gegen Mäuseplage: all solche plötzlichen Heilsamkeiten in Erfüllung eines Bedürfnisses sind eben undenkbar ohne Entgegenkommen höherer Mächte, wobei D. planetarischen Umgebungseinfluß ganz außer acht läßt. Daß dem dämonischen Urmenschen alles innen Geschaute sogleich plastisch werde, würde Entstehen aller Tierformen, auch der Anthropoiden, metaphysisch erklären, doch ohne Beihilfe eines Weltpsycheäthers bleibt es undenkbar und würde erneut auf anmaßliche Vergöttlichung des Menschen hinauslaufen. Und doch bleibt das Phänomen selber unbestreitbar, denn von dämonischer Innenplastik blieben uns heute noch Kunstvision und Hellgesicht, also ist das unsichtbare Band noch unzerschnitten. Der »Eiserne Mann«, wie eine Londoner Schrift die Zeitsignatur der Technik bezeichnet, verlor scheinbar alles Dämonische, doch indem Dacquets Tiefgang aller Mechanik entschlossen den Rücken wendet, wird auch sein Protest zur Zeitsignatur für plötzlichen metaphysischen Aufgang des Abendlandes.


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