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»Aber Helwig, ist das möglich?«
Die Baronin konnte ihre Tochter nur mit großen Augen ansehen. Die saß neben ihr auf dem Sofa in ihrer vornehm nachlässigen, anmutigen Haltung.
»Ja, Mutterchen, das magst du wohl fragen! Ich finde es selbst ganz eigentümlich. Aber doch – –«
Die Baronin hatte sich soweit erholt, daß sie außer Bett sein konnte. Die Heimreise stand nahe bevor, wenn der Tag auch noch nicht bestimmt war. Und nun hatte Helwig die Mutter mit der Mitteilung von Ols Eriks Werbung und ihrer entgegenkommenden, wenngleich unbestimmten Antwort überrascht.
»Ich hätte nie gedacht, daß er sich an dich wagen würde.«
»Bin ich denn so furchtbar?«
»Er ist gewiß ein ausgezeichneter Mensch und der rechte an seinem Platz; aber ihr beide, du und er, gehört doch verschiedenen Welten an. Sein Vater war Bauer, und man sieht auch ihm an, daß der Bauer in ihm steckt. Und du mit deinen Ahnen, deiner Bildung und deiner Feinheit, wie könntest du zu ihm passen? Mit all seinen vortrefflichen Eigenschaften ist er doch grob geschnitzt. Ich begreife nicht, was du dir denkst, daß du ihn nicht gleich abgewiesen hast.«
»Ich denke gar nicht. Ich fühle nur.«
»Wie würde es dir hier oben gehen? Eine Zeitlang möchte es gut gehen, aber für immer! Hast du das bedacht?«
»Nein.«
»Und wie würdest du dich zur Pastorsfrau eignen?«
»Durchaus nicht.«
»Du würdest dich hier zu Tode grämen.«
»Sehr möglich.«
»Und dann Ols Larsson zu heißen!«
»Das will ich nicht. Und das werde ich ihm sagen. Vielleicht wechselt er mir zuliebe den Namen. Daran könnte ich seine Liebe erproben.«
»Das Ganze ist nur eine deiner Launen.«
»Was macht dich denn so vernünftig, daß du wenigstens zögerst?«
»Vermutlich die Vernunft. Es ist mir wohl nicht geglückt, die ganz zu verlieren.«
Die Baronin wunderte sich flüchtig über den Ton, in dem sie das sagte, aber sie war zu sehr mit der unerhörten Neuigkeit beschäftigt, um sich bei dem Ton aufzuhalten.
»Und die alte Mutter Ols als Schwiegermutter!«
»Ich könnte eine schlechtere bekommen.«
»Müssen wir uns duzen?«
Helwig lachte laut.
»Natürlich. Bist du zu stolz dazu? Du hast sie doch sehr gern, Mutter.«
»Ja, gewiß, aber das ist etwas ganz anderes. Und Mons! Gedenkst du die Pflegemutter des kleinen Kerls, den du verabscheust, zu werden?«
»Auch an Mons gedenke ich seine Liebe auf die Probe zu stellen. Er muß zwischen mir und Mons wählen. Aber noch nicht. Nichts soll die Tage, die ich noch hier oben verbringe, stören.«
Wieder wunderte sich die Baronin über Helwigs Ton und über den leuchtenden Ausdruck ihrer Augen. Sie kannte ihre Tochter nicht wieder. Es war etwas Neues über Helwig gekommen.
»Was veranlaßt dich überhaupt, an Pastor Larsson zu denken?«
»Vermutlich die Liebe!«
»Bist du denn in ihn verliebt?«
Helwig errötete, obgleich sie die ganze Zeit ihr leichtes, spöttisches Lächeln beibehielt.
»Daran ist gar nicht zu zweifeln. Wäre ich nicht der nüchterne Verstandesmensch und das hochnäsige, läppische Mädel, das ich im Grunde bin, so würde ich keinen Augenblick zögern, mich in seine Arme zu werfen. Aber um nichts übereiltes zu tun, was wir beide unser Leben lang bereuen würden, halte ich an dem Entschluß fest, ungebunden nach Hause zu fahren, dort eine Zeitlang zu bleiben und ihn am liebsten auch in meinem Kreis zu sehen, ehe ich den entscheidenden Entschluß fasse.«
»Was sagt er denn dazu, daß es so ungewiß bleiben soll?«
»Es gefällt ihm nicht, aber er muß sich hineinfinden.«
Die Baronin sah ihre Tochter die ganze Zeit an, als suchte sie vergebens hinter die ihres Erachtens unnatürliche Liebe zu kommen, die in Helwig gefahren war.
»Und du hattest doch so vorteilhafte Anträge! Hast du früher nein gesagt, um nun hier hereinzufallen?«
»Dies ist kein Antrag, es ist ein Raub.«
»Welch ein starker Ausdruck für eine Werbung!«
»Und doch ist er nicht zu stark. Es ist ein Raub. Wenn ich ihm jetzt seinen Willen lasse, so will das heißen, daß ich dann ganz und gar in ihm aufgehen muß. Es würde keine Silbe von Helwig Furuclou übrig bleiben, sondern nur Frau Ols Erik Larsson. Und doch werde ich vielleicht schließlich nein sagen müssen. Wenn nicht meinetwegen, so doch seinetwegen.«
»Seinetwegen?«
»Ja. Glaubst du denn, Mutterchen, daß ich ihm gewachsen bin? Weit davon entfernt! Ich bin ein Zwerg neben einem Riesen, wenn wir alle äußeren Vorzüge beiseite setzen und nur unseren nackten Menschenwert vergleichen. Ich zaudere hauptsächlich deswegen. Wenigstens will ich das glauben. Das ist immerhin etwas edler, als nur aus selbstsüchtigen Gründen zu zögern.«