Berthold Auerbach
Das Landhaus am Rhein / Band V
Berthold Auerbach

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Achtes Capitel.

Die Tage auf Villa Eden waren dumpf und schwül, man lebte noch mit einander, aber aller Zusammenhang schien bereits gelöst.

Frau Ceres klagte, daß Prancken sich nicht mehr sehen lasse. Als man ihr mittheilte, daß Manna die Braut Erichs sei, sagte sie nur: »Er ist schöner als Herr von Prancken.«

Sie ließ große Kisten packen, aber im Geheimen, denn Sonnenkamp hatte ihr gesagt, daß sie bald abreisen, zunächst nach Italien, dann vielleicht wieder nach Amerika.

Zwischen Sonnenkamp und Erich fand ein gemessenes Verhalten statt; sie sprachen fast nur von der Einrichtung des Ehrengerichts, zu dem zwölf angesehene Männer – darunter auch Fürst Valerian, der Schwiegersohn Weidmanns und der amerikanische Consul – sich bereit erklärt hatten.

Eine neue Erquickung wurde Manna und Roland, da Professor Einsiedel ankam und im grünen Hause wohnte. Einsiedel und die Mutter Erichs waren nun diejenigen, an denen sich Alle erholten.

Sonnenkamp hatte mit dem Notar sein Testament aufgesetzt und dasselbe von den beiden Gehülfen des Notars als Zeugen unterzeichnen lassen. Er schickte viele Briefe ab und las Tage lang in den Zeitungen.

Der Tag des Ehrengerichts kam. Einer Einladung Weidmanns zufolge fuhr die Professorin nach Mattenheim, Roland und Manna begleiteten sie.

Die zwölf Männer trafen ein.

Zuerst kam Weidmann mit dem Fürsten Valerian und Knopf, dann Clodwig mit dem Banquier, der Doctor mit dem Landrichter. Professor Einsiedel stand beim Hundestall und unterhielt sich angelegentlich mit dem Krischer; er freute sich sehr an den guten Beobachtungen, die der Mann in der Hundezucht gemacht.

Der Major kam in voller Uniform mit allen seinen Orden geschmückt, und als er sah, daß Clodwig im schlichten Bürgergewande ohne irgend eine Auszeichnung gekommen war, dachte er ärgerlich vor sich hin:

Sie hat doch wieder Recht gehabt, ich habe aber gemeint, zum Ehrengericht – nun, es schadet in keinem Fall.

Sonnenkamp ließ sagen, daß er Niemand vorher begrüßen wolle, er werde sie erst sehen, wenn er zu Gericht vor ihnen erscheine. Er sah aber doch einen der Ankömmlinge; Lutz war der Vertraute, er führte Bella über die mit Glycinen bewachsene Treppe durch das Sämereienzimmer bei Sonnenkamp ein.

»Nur wenige Worte,« rief Sonnenkamp ihr entgegen. »Weil ein Wesen wie Sie mit mir auf Erden lebt, darum will ich noch leben, darum will ich zeigen, was ein Mann ist. Hier in diesem Zimmer werde ich sprechen.«

Er geleitete sie durch das Sämereienzimmer wieder zurück; sie wußte, daß die Thüre offen blieb.

Bella ging voll Unruhe in der Villa umher, sie sah Lina, die mit ihrem Vater gekommen war, um Manna in diesen schrecklichen Tagen Gesellschaft zu leisten, aber sich nun gar nicht zu helfen wußte, da sie hörte, wie Alles in diesem Hause auseinander gefahren sei. Sie bat Bella, daß sie mit ihr nach dem grünen Hause gehe, wo Claudine allein zurückgeblieben war. Bella aber lehnte ab.

Lina ging zu Claudine und ward dieser zum wirklichen Trost, ja sogar zur Freude.

»Ach, sagen Sie,« fragte Lina, »sind Neger und Mohren dasselbe?«

»Allerdings.«

»Ach, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie böse ich auf die Mohren und Neger bin. Ich habe ja nichts dagegen, daß sie frei werden, warum nicht? Aber sie hätten das früher oder später werden können; warum denn jetzt? Warum müssen sie mir meine schöne Brautzeit wegnehmen? Niemand ist zur Lustbarkeit aufgelegt, Niemand spricht von etwas Anderem wegen der Neger. Man trägt jetzt auch Ketten und nennt sie Chaînes d'esclaves . . . Ach, ich habe Sie doch etwas fragen wollen – was war es doch nur – ja, jetzt weiß ich's. Sagen Sie mir, was macht man denn nun mit dem Teufel?«

»Warum denn mit dem Teufel?«

»Ja, wie soll man denn den Teufel abmalen, wenn er nicht mehr schwarz sein soll?«

Claudine mußte von Herzen lachen; in diesem eintönig düsteren Leben wurde man wieder daran erinnert, daß es noch Harmlosigkeit auf der Welt gibt. Sie willfahrte der Bitte Lina's, mit ihr nach der Burg zu gehen, auf der sie bis zum Nachmittage verweilten und oft hinunterschauten nach der Villa, wo »die Männer gar Absonderliches vorhatten,« wie Lina sagte.

Sonnenkamp ging zu seiner Frau; er glaubte, ihr sagen zu müssen, was vorgehe. Sie erinnerte ihn höhnend an sein Versprechen, wieder nach Amerika zurückzukehren; sie wollte die Entscheidung nicht von Fremden abhängig sein lassen.

Er ließ Frau Ceres reden, denn Alles, was sie sprach, war ihm vollkommen gleichgültig.

Er begab sich in sein Zimmer zurück, wo bereits die Stühle gestellt waren, er stellte sich seinen Stuhl mit einem Tische davor an die Thür, die nach dem Sämereienzimmer führte, dann zog er sich zurück.


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