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Als Eloise am nächsten Morgen Ralph den Diebstahl des Schmucks mitteilte, tat er so erstaunt und entrüstet, daß sie den Verdacht gegen ihn sofort fallenließ. So sehr konnte er sich nicht verstellen! Er behauptete, nur einer habe noch im Hause von dem Schmuck gewußt und könne ihn gestohlen haben: Eve. Er würde die Kanaille totpeitschen, wenn sie nicht gestehen wolle.
Nur mit Bitten und Flehen konnte Eloise ihn zurückhalten, sich nicht an dem Negermädchen zu vergreifen.
»Niemand anders als deine verdammte Negerin hat den Schmuck gestohlen!« behauptete er. »Wenn du darauf bestehst, sie sei unschuldig, schön! Es ist dein Schmuck, und ich verliere ihn nicht!«
»Segen wird er dem Dieb nicht bringen!« sagte Eloise, zufrieden, daß Ralph das Mädchen nicht folterte.
Er ritt davon und war den ganzen Tag unterwegs. Eloise aber sah öfters nach dem Kranken, dem es etwas besser ging. Sie bereitete ihm Reiswasser, Zitronensaft und geröstetes Brot. Doch gegen Abend stieg sein Fieber wieder.
Soublett traf mit der Postkutsche und einigen Fahrgästen ein, deren Bewirtung und Übernachtung Eloise und Eve viel zu tun gab. Auch Ralph kehrte zurück.
In den nächsten Tagen war Ralph dauernd abwesend. Eloise war sehr beschäftigt, da mehrere Reisende einkehrten. Trotzdem war sie ständig um den Kranken bemüht, dessen Zustand sich verschlimmert hatte. Sein Gesicht war noch mehr eingefallen, seine Augen hohl und matt, seine Stimme kaum hörbar. Er war zu schwach, den Kopf zu heben.
Eines Abends, als Soublett wieder mit der Postkutsche eingetroffen war, erklärte Ralph seiner Frau, daß er am nächsten Morgen mit der Post nach Washington abreisen würde.
»Ich war eben bei Montclard«, sagte er. »Der Bursche segelt bald ab. Laß dann aus ein paar alten Brettern einen Sarg für ihn zusammennageln und ihn irgendwo im Wald begraben. Seine Nachlassenschaft verwahrst du bis zu meiner Rückkehr. Wir müssen uns daraus für seine Verpflegung und Beerdigung entschädigen. Zieh ihm vor allem den Brillantring vom Finger, der Stein ist sehr wertvoll. Auch sein Gepäck und den Negerburschen behältst du hier!«
Eloise erwiderte nichts auf diese Anordnungen, bei denen es sie eiskalt überlief. War es möglich, daß sie diesen rohen Menschen einmal geliebt zu haben glaubte? Fast war sie froh, daß er nun für längere Zeit fortreiste.
Ralph begab sich an diesem letzten Abend zeitig zur Ruhe. Auch am nächsten Morgen vermied er ein Alleinsein mit Eloise. Dann nahm er lachend Abschied. Er werde bald zurück sein, und so schnell als möglich werde er ihr Geld zusenden. Dann küßte er sie und das Kind. An der Tür drehte er sich noch einmal um und erinnerte sie an die Sicherstellung des Nachlasses von Montclard.
Dann sprang er in den Postwagen, der davonrasselte. Eloise machte sich an ihre häusliche Arbeit. Sie ging daran, das Schlafzimmer Ralphs aufzuräumen, um es für die Zeit seiner Abwesenheit abzuschließen. Als sie seine Anzüge säuberte und in den Schrank hängte, fühlte sie in einem Rock ein zusammengedrücktes Papier. Sie zog es heraus und erkannte es nur zu gut. Es war die Preisliste eines New Yorker Hauses, in der ihr Schmuck eingewickelt gewesen war.
Also war Ralph doch der Dieb ihres Schmuckes! Und die unschuldige Sklavin hatte er auspeitschen wollen! Sie war die Frau eines Diebes und Betrügers! Sie wußte ja längst, wie viele Fehler er hatte, sie hatte oft bitterste Stunden seinetwegen durchlebt.
Sie verschloß das Papier in ihren Schreibtisch. Dann eilte sie zu Montclard. Ihn zu pflegen, schien ihr jetzt wie eine heilige Aufgabe, eine Pflicht der Sühne.
Sie war fast glücklich, als sie den Kranken heute wohler fand. Er mußte gesund werden! Ralphs schändliche Voraussage durfte nicht eintreffen.