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Das Städtchen Liebenau an der Diemel hieß ursprünglich Marienau oder Mergenau. Wie der neue Name aber entstanden, wurde seit Jahrhunderten in der Leute Mund also weiter erzählt; nur meldet die Überlieferung nicht, welcher Landesfeind es gewesen sei, dem damals mutige Weiber den Siegespreis verwehrten.
Denn in des Städtchens Mauern weilte der »Herr zu Hessen«, wie vor uralters, noch ehe der Titel Landgraf aufkam, der Landesfürst geheißen hat. Da zog in Untreuen mit Heeresmacht plötzlich der Feind heran, der das erfahren hatte und berannte die Mauern.
Groß war die Not der Stadt; eilends gingen Boten aus, um überallhin die Bedrängnis des Fürsten zu melden. Doch der Feind stürmte Tag und Nacht, und matt und müde wurden die wenigen Streiter. Da traten die Weiber an die Seite ihrer erschöpften Männer und fochten mit. Und die Alten, die keine Wehr zu tragen mehr vermochten, die siedeten Öl und gossen dies und glühend heißen Roggenbrei den Stürmenden auf den Leitern über die Köpfe. Da, als schon alle Kraft die Bürgerschaft verlassen und jegliche Hoffnung geschwunden schien, da nahte Entsatz; und ab zogen die Feinde.
In dankbarer Rührung aber, für solch treuen Liebesdienst wackerer Weiber, wandelte der Fürst den alten Namen des Ortes in den jetzigen: Liebenau!