Christoph Martin Wieland
Dschinnistan
Christoph Martin Wieland

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Kaum glaubte er allein zu sein und sich seinen Gedanken ungestört überlassen zu können, so öffnete sich die Tür, und man stelle sich sein Entzücken vor, als er Nadinen an der Hand des Zauberers hereintreten sah. In diesem Augenblicke verlor sich alle seine Unruhe, die reinste Freude durchdrang alle seine Sinnen, er flog seiner geliebten Schäferin entgegen, umfaßte mit Tränen der Liebe im Auge ihre Knie und konnte nur Töne des Entzückens und abgebrochene Worte hervorstammeln, so sehr war er vor Zärtlichkeit und Freude außer sich. Nadine hob ihn auf, indem sie ihm ihre Hand zu küssen erlaubte, und sprach zu ihm mit einem Gesichtsausdruck, der mehr Sanftheit und Sittsamkeit als Freude zeigte: «Nadir, wenn du in meiner Seele liesest, so wirst du sehen, wie gerührt ich bin und wie sehr die Empfindungen, die ich bei dir errege, auch die meinigen sind. Aber in diesem Augenblicke sei unsre erste Sorge, die Pflichten der Freundschaft zu befriedigen. Oder wollte Nadir undankbar gegen denjenigen sein, der ihn seine Nadine sehen läßt? Laß uns ihm zu Füßen fallen und seine Wohltaten mit der Erkenntlichkeit annehmen, die wir ihm dafür schuldig sind.» «Nein», unterbrach sie der Zauberer, «du bist mir nichts schuldig, Nadir; ich habe für mich selbst getan, was ich für dich tat, vielleicht wirst du mir nun dein Vertrauen schenken. Aber es ist Zeit, daß ich euch allein lasse; nach einer so langen Trennung müsset ihr euch, denke ich, sehr viel zu sagen haben.» Mit diesen Worten entfernte er sich, ehe Nadir, noch ganz von seinem Glücke betäubt, ein Wort herauszubringen vermochte.

Sobald sich dieser mit seiner Geliebten allein sah, brach sein Entzücken mit verdoppelter Stärke aus; er näherte sich ihr mit einer Inbrunst, die der Trunkenheit ähnlich war, aber sie stieß ihn sanft zurück, setzte sich in einiger Entfernung von ihm auf den Sofa und brach in einen Strom von Tränen aus. «Was fehlt dir, liebste Nadine», rief Nadir bestürzt; «du durchbohrst mir das Herz.» – «Nadir», sagte sie, «berühret mich mit Eurem Ringe und wünschet mich zu sehen, wie ich bin: der Zauberer ist ein Verräter, und ich bin nicht Nadine.» Nadir fühlte bei diesen Worten einen Todesschauer durch seine Adern rinnen. Bestürzt, verwirrt und unschlüssig, sich einer so süßen Täuschung zu berauben – wiewohl er im nehmlichen Augenblick über sich selbst zürnte, daß er sich durch einen Betrug hatte täuschen lassen, den sein Herz, wie er glaubte, hätte ahnen sollen –, stand er unbeweglich und ohne die Dame auf dem Sofa zu hören, die ihn zu beruhigen suchte: als auf einmal der Zauberer, der durch seine Kunst erfahren hatte, daß seine List entdeckt sei, mit Grimm im Auge und mit aufgehobenem Stabe hereintrat, um die Verräterei der untergeschobenen Nadine (weil Nadirn sein Talisman gegen alle Zaubergewalt schützte) wenigstens an dieser Unglücklichen zu rächen, die er gezwungen hatte, sich zu einem Werkzeuge seines schwarzen Betruges mißbrauchen zu lassen. Diese, sobald sie ihn erblickte, fuhr erschrocken vom Sofa auf und verbarg sich hinter Nadirn, indem sie ihn flehentlich um Rettung bat. Zu ihrem Glück erholte sich Nadir aus seiner Bestürzung, ging auf den Zauberer los und berührte ihn, da er eben im Begriff war, die falsche Nadine mit seinem Zauberstabe zu schlagen, mit seinem Ringe, indem er zugleich, auf eine instinktmäßige Weise, wünschte, daß der Zauberer dadurch außerstand gesetzt werden möchte, Schaden zu tun; und alsbald schien dieser in der Stellung, worin er war, sich zu versteinern und blieb unbeweglich und starr wie eine Bildsäule vor ihm stehen.

Es bedurfte einer guten Weile, bis Nadir sich an den Gedanken der außerordentlichen Gewalt, womit er sich bekleidet sah, gewöhnen konnte. Er betrachtete den unbeweglichen Zauberer eine Zeitlang mit Erstaunen, das nicht gänzlich ohne Furcht war. «Unglücklicher», rief er ihm endlich zu, «deine Verräterei ist, wie du siehst, entdeckt; du wolltest mich um diesen wundervollen Ring betrügen, und vielleicht um Nadinen auch? Sage mir, was aus ihr worden ist! Sprich die Wahrheit, ich befehle dir's.»

Bei diesen letzten Worten schien der Zauberer auf einmal wieder zu sich selbst zu kommen, seine Zauberrute fiel ihm aus der Hand, und er fing unfreiwillig also an zu reden: «Die stärkere Gewalt, welche die meinige vor dir vernichtet, nötigt mich auch, dir gern oder ungern die Wahrheit zu sagen. Sei für Nadinen unbesorgt, sie ist nicht in meiner Gewalt; aber vernimm, wie sehr ich strafbar und deines ganzen Grimms würdig bin. Meine Absicht war nicht bloß, dir Nadinen zu rauben und mich an Astramond zu rächen; ich hatte sogar deinen Untergang beschlossen. Du erstaunest, weil du nicht begreifen kannst, wie du mir in einem solchen Grade habest verhaßt werden können; aber du wirst aufhören, dich zu wundern, wenn du hörest, wer ich bin.»

Geschichte des Zauberers

«Ich habe dich nicht betrogen, da ich dir sagte, daß ich Astramonds Bruder sei. Mein Name ist Neraor, und wir sind beide die Söhne eines berühmten Weisen, dem unter allen, welche die magische Kunst über die Sterblichen erhebt, keiner den ersten Platz streitig machte. Er arbeitete viele Jahre lang an dem geheimnisvollen und alles vermögenden Talisman, dessen Besitzer du bist. Ich war ungefehr fünfzehn Jahre alt, als dieses bewundernswürdige Werk der Magie zustande kam, und mein Bruder hatte nur ein Jahr mehr; aber da wir von Kindheit an zu den geheimen Wissenschaften erzogen worden waren, so begriffen wir beide, unsrer Jugend ungeachtet, die Wichtigkeit des Schatzes sehr wohl, den unser Vater besaß. Er stund bereits in einem hohen Alter, und da sein Tod in unsren Gedanken nicht mehr ferne sein konnte (denn das Geheimnis der Unsterblichkeit haben die Götter sich selbst vorbehalten), so fingen wir an, jeder in dem andern einen Mitwerber um den Ring zu sehen, dessen Besitz das Ziel unsrer ungeduldigsten Wünsche war. Ich hatte meinen Bruder nie sonderlich geliebt; aber diese Rivalität setzte meine Antipathie gegen ihn in ihre volle Würksamkeit, und es verging kein Tag, wo sie nicht in Zänkereien und Händel ausbrach, die unsern Vater endlich beunruhigten. Er hatte sich schon lange vergebens Mühe gegeben, eine dauerhafte Einigkeit unter uns zu stiften; Vernunft, Zärtlichkeit und väterliches Ansehen blieben ohne Würkung. Er merkte endlich, daß das Verlangen, den Ring zu besitzen, die wahre Quelle unsrer Zwietracht war, und in der Absicht, das Übel von Grund aus zu heben, ließ er uns eines Tages vor sich kommen. ‹Undankbare und unnatürliche Söhne›, so ließ er uns mit zürnender Stimme an, ‹ihr seufzet nach dem Augenblick, wo ich nicht mehr sein werde, und streitet euch schon um das Kostbarste, was ich besitze; aber eure Strafe soll sein, daß es keinem von beiden zuteil werden soll.› Mit diesem Worte zog er den Ring vom Finger und warf ihn in ein Gefäß, das mit Wasser und wohlriechenden Kräutern angefüllt war; und kaum hatte er einige geheime Worte ausgesprochen, so fing das Wasser an aufzubrausen, und ein Adler, der den wundervollen Ring im Schnabel trug, stieg aus der Tiefe des Gefäßes und erhob sich in die Luft. ‹Eile›, sagte er zu ihm, ‹und trage diesen Talisman in den Palast des Geisterkönigs; dort werd' er aufbehalten, bis die Schlüsse des Schicksals erfüllt sein werden!› Hierauf wandte er sich wieder zu uns: ‹Ihr habt ihn verloren und werdet nie zu seinem Besitze gelangen; er ist einem Sohne von einem unter euch bestimmt. Der erste von euch beiden, der sich der aufrichtigen Gegenliebe einer geliebten Person würdig machen, sich mit ihr vermählen und einen Sohn von ihr haben wird, dieser wird der Vater des mächtigsten Sterblichen sein. Keine menschliche noch übermenschliche Gewalt oder List kann den Ring aus dem Palaste des Geisterkönigs entführen; aber dieser glückliche Sohn wird ihn ohne Mühe erhalten. Geht nun, und möchtet ihr künftig in beßrer Eintracht leben, da der Zunder euers Hasses aus dem Wege geräumt ist!› Mein Vater verfehlte seine Absicht. Hatte ich Astramonden vorher als einen Mitwerber gehaßt, so betrachtete ich ihn jetzt als einen Feind, der mir den Gegenstand meiner feurigsten Wünsche geraubt hatte. Indessen blieb mir (wiewohl der Gedanke, der Vater desjenigen zu werden, dem er aufgehoben war, wenig Reiz für mich hatte) doch ein Mittel, meinen Groll gegen meinen Bruder zu befriedigen: wir durchliefen beide die Welt; er, um eine Gemahlin zu suchen, wie unser Vater sie verlangte; ich, um ihm, sobald sein Herz eine Wahl getroffen haben würde, in den Weg zu treten und, wo möglich, sein Glück zu vereiteln.

Der König der unbekannten Insel hatte eine Tochter, von deren Schönheit so viel gerühmt wurde, daß mein Bruder Lust bekommen hatte, sich um sie zu bewerben. Kaum erhielt ich Nachricht davon, so erschien ich gleichfalls am Hofe dieses Königs. Ich fand die Prinzessin bei ihrem Vater und meinen Bruder bei der Prinzessin. Meine Augen wurden von ihrem Anblick geblendet, und die Leidenschaft, die sich in meinem Busen entzündete, brannte desto ungestümer, da ich Zeichen eines geheimen Verständnisses in den Blicken meines Bruders und der Prinzessin wahrzunehmen glaubte. Der stolze Ton, worin ich meine Bewerbung anbrachte, und die sichtbare Gewalt, die ich mir antun mußte, um meine Wut über Astramond zurückzuhalten, setzte den König in Verlegenheit: er kannte unsre Macht, er wollte sich weder meine noch Astramonds Feindschaft auf den Hals laden; und um uns eine völlige Unparteilichkeit zu zeigen, tat er uns einen Vorschlag, den beide, wie er glaubte, billig finden müßten. ‹Prinzen›, sagte er zu uns; ‹ich liebe mein Volk, und seine Glückseligkeit ist immer der erste meiner Wünsche gewesen. Ich kann keinen von euch beiden zum Eidam erwählen, ohne gegen den andern ungerecht zu sein; ich will also gar nicht wählen, sondern derjenige von euch, der vermittelst seiner Macht meinen Untertanen das wünschenswürdigste Gut verschafft, soll der Gemahl meiner Tochter sein; die Stimme des Volkes soll den Ausspruch tun!› Wir ließen uns den Vorschlag des Königs gefallen; er gab uns acht Tage Zeit, um unsre Anstalten zu machen, und ich wandte sie dazu an, der Prinzessin überall wie ihr Schatten zu folgen und sie mit den Äußerungen einer Leidenschaft zu verfolgen, welche sie wenigstens auf keine zu merkliche Art abzuweisen wagen durfte. Mein Haß gegen Astramond wuchs indessen täglich, je mehr ich aus tausend geheimen Zeichen merken konnte, daß er der Prinzessin nicht gleichgültig war; und ich genoß wenigstens das boshafte Vergnügen, zu sehen, wie lästig ihnen meine Gegenwart war. Inzwischen dachte ich ernstlich auf ein Mittel, den aufgesetzten Preis zu gewinnen; und da ich immer gefunden hatte, daß die Menschen nichts ärger scheuen und ungeduldiger ertragen als die Armut, so hielt ich mich überzeugt, die Untertanen des Königs der unsichtbaren Insel nicht glücklicher machen zu können, als indem ich sie mit Reichtum überhäufte. Ich war so gewiß, daß es mir auf diesem Wege nicht fehlen könne, daß ich keine andre Furcht hatte, als mein Bruder, dem dieser Gedanke natürlicherweise auch gekommen sein müßte, möchte mir in der Ausführung zuvorkommen. Ich erklärte mich also in Gegenwart der Prinzessin, ich würde es nie zugeben, wenn Astramond, unter dem Vorwande des Rechts der Erstgeburt, sich anmaßen wollte, der erste zu sein, der seine Macht sehen ließe; ich verlangte, daß wir entweder beide zugleich agieren oder das Los entscheiden lassen sollten, wer den Anfang zu machen hätte. Astramond versicherte, mit einem Lächeln, das mich desto mehr erbitterte, da es mir von böser Vorbedeutung schien, er glaube nicht nötig zu haben, sein Recht bei dieser Gelegenheit geltend zu machen, und sei es sehr wohl zufrieden, mir einen Rang zu lassen, der ihm keinen Nachteil bringen könne. Die Prinzessin mußte ihr ganzes Ansehen anwenden, um den Ausbruch der Wut zu verhindern, in welche mich diese verächtliche Antwort setzte; und wenn ich mich aus Gehorsam gegen sie zu besänftigen schien, so geschah es bloß, weil ich meine Rache bis nach dem entscheidenden Tage verschob.

Dieser mit allgemeiner Ungeduld erwartete Tag war endlich gekommen. Ich erhob mich nach dem großen Platze der Stadt, wo das ganze Volk schon versammelt war. ‹Lieben Leute›, sprach ich, ‹ich werde euch alle reich machen›; und indem ich das letzte Wort aussprach, schlug ich die Erde mit meiner Zauberrute. Sie eröffnete sich, und man sah allmählich einen großen Berg von lauter Gold und Silbermünzen sich erheben. Auf einmal stieg ein allgemeines Freudengeschrei in die Luft, welches aber bald durch das Jammergeschrei derjenigen unterbrochen ward, die im Gedränge des auf den Berg einstürmenden Volkes zerdrückt und zertreten wurden. Die Geldbegierde der Leute tat eine ebenso schnelle Würkung als meine Kunst, und der Berg verschwand beinahe in ebenso kurzer Zeit, als er zu seiner Entstehung gebraucht hatte. Ich glaubte des Sieges gewiß zu sein, als, sobald der erste Tumult sich gelegt hatte, Astramond nun auch auf den Platz kam, ohne daß das Volk, das mit Zählen seines erbeuteten Goldes und Silbers beschäftigt war, die mindeste Acht auf ihn gab. Inzwischen zog er mit seinem Stabe einen Kreis in die Luft, murmelte einige Worte und rief dann dem Volke mit lauter Stimme zu: ‹Bürger, morgen sollt ihr entscheiden, wem der Preis gebührt; ich habe ein Recht an eure Dankbarkeit, denn ich werde euch glücklich machen.› Seine Rede machte wenig Eindruck; der Tag ward in lauter Lustbarkeit zugebracht; man erhob meine Freigebigkeit bis in die Wolken; von Astramond war nur die Rede nicht, ohne daß er sich im mindesten darum zu bekümmern schien. Diese Sicherheit fing an, mir Unruhe zu machen; ich konnte mir gar nicht vorstellen, was er denn so Großes getan haben könnte. Während daß ich mir den Kopf darüber zerbrach, wurde ich mit Erstaunen gewahr, daß eben diese Leute – welche kaum einen so unersättlichen Durst nach Golde gezeigt hatten, daß ein unermeßlicher Schatz kaum hinreichte, sie zu befriedigen – nun auf einmal sich wenig aus den Reichtümern, womit ich sie überschüttet hatte, zu machen schienen und sie vielmehr selbst aneinander verschwendeten. Jedermann schien etwas sehr Angelegenes auf dem Herzen zu haben: man suchte sich, man sprach vertraulich zusammen, man umarmte sich und teilte Hab und Gut miteinander; einige gaben alles weg, was sie hatten, andere schlugen alles aus, was man ihnen anbot; und überall zeigte sich eine Herzinnigkeit, wovon ich nie einen Begriff gehabt hatte. Bestürzt über ein so unerwartetes Schauspiel, machte ich mich unsichtbar und folgte ihnen in ihre Häuser. Hier sah ich Ehegatten, Eltern und Kinder einander umarmen und mit den zärtlichsten Liebesproben überhäufen; die reinste Freude glänzte in allen Augen, und alle Herzen schlossen sich einander auf. Alle Augenblicke wurde das Haus von Gästen voll; bald waren's Freunde, die einander ewige Treue schwuren, bald Feinde, die sich schämten, einander gehasset zu haben, oder Undankbare, die es nicht mehr waren und um Verzeihung baten, es gewesen zu sein. Nie hatten die Weiber ihre Männer so liebenswürdig, nie die Männer ihre Weiber so schön gefunden; mit einem Worte: ich merkte, daß Astramond den Geist der Liebe über die Einwohner der Stadt ausgegossen hatte; und was brauchte es mehr, um ihn des Sieges gewiß zu machen?

Die Prinzessin wurde ihm einhellig zuerkannt; und ich, halb unsinnig vor Wut und Rachgier, schloß mich ein und sann auf Mittel, das Glück der Neuverbundenen zu vernichten. Mit Gewalt war nichts gegen Astramond auszurichten; ich nahm also meine Zuflucht zum Betrug. Ich verbarg meine innern Bewegungen unter eine Larve von Großmut und Gelassenheit; ich söhnte mich mit meinem Bruder aus, bat ihn und seine Gemahlin um ihre Freundschaft und um Vergebung, daß ich den Wünschen ihres Herzens im Wege gestanden; ich nahm Anteil an allen Lustbarkeiten, die den Neuvermählten zu Ehren angestellt wurden; kurz, ich betrug mich so künstlich, daß mein Bruder, dessen schöne Seele ohnehin zum Argwohn ungeneigt war, dadurch hintergangen und gänzlich überredet wurde, daß ich der Hoffnung, den magischen Ring zu erhalten, und mit ihr auch allem Groll gegen ihn selbst auf ewig entsagt hätte. Seine gutherzige Sicherheit erleichterte die Ausführung meines geheimen Anschlages, die Prinzessin auf einer großen Jagd, die der König einige Tage nach der Vermählung anstellte, zu entführen. Meine Anstalten waren so gut getroffen, daß der Anschlag nach Wunsche gelang; kurz (um dich nicht mit überflüssiger Weitläufigkeit aufzuhalten), ich brachte die Prinzessin in meine Gewalt, eilte mit ihr dem Ufer zu, ging unter Segel und war in wenig Stunden weit genug entfernt, um vor dem Einholen sicher zu sein. Rachbegierde, nicht Liebe war es, was mir diesen Anschlag eingegeben hatte; ich labete mich an den Tränen und Klagen der Prinzessin, und die Vorstellung der Verzweiflung, worin sich mein Bruder itzt befinden würde, hatte etwas Entzückendes für mich. Indessen tat gleichwohl die Schönheit meiner Gefangenen, die von ihrer Traurigkeit neue Reize erhielt, ihre Würkung auf meine Sinnen; und da mir die Abscheu gegen mich keine Hoffnung ließ, sie durch Güte zu gewinnen, so blieb mir zu meiner Befriedigung nur ein Mittel übrig, nehmlich, zu den Täuschungen meiner Kunst Zuflucht zu nehmen.


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