Edgar Wallace
Der Mann, der seinen Namen änderte
Edgar Wallace

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26

Die Rückreise von der See war viel angenehmer und interessanter für Marjorie als die Hinfahrt. Pretoria-Smith war jetzt gut gekleidet und sah gepflegt aus.

Marjorie Smith war nicht gerade sehr glücklich, aber sie hatte ihre Ruhe wiedererlangt. Sie vertraute ihrem Mann, und sie glaubte ihm, und Glauben und Vertrauen sind der beste Ersatz für Liebe zwischen Eheleuten.

»Ich bin so froh, daß du nun bei uns im Hause wohnen willst«, sagte sie plötzlich nach einem längeren Schweigen. »Mit der Mutter kann man ja manchmal schwer fertig werden. Aber im Grunde ihres Herzens ist sie eine wirklich gute Frau, wenn sie auch ab und zu eine taktlose Bemerkung macht.«

»Ja, ich weiß es.«

»Und dann verkehrt bei uns diese Lady Tynewood. Sie besucht die Mutter fast jeden Tag. Hoffentlich stört sie dich nicht.« Es war Marjorie peinlich, daß sie das erwähnen mußte.

Er lächelte leicht.

»Es tut mir leid, daß ich mich an dem Vormittag damals nicht beherrschte und so heftig gegen sie wurde. Aber gerade an dem Morgen hatte ich entsetzliche Kopfschmerzen. Ich habe mich übrigens bei Lady Tynewood schriftlich entschuldigt.«

»Du hast ihr geschrieben?« fragte sie erstaunt und legte die Hand auf die seine. »Das war sehr lieb von dir. Ich kann diese Frau ebensowenig leiden wie du, aber meine Mutter betrachtet sie als Freundin, weil sie sonst nur wenig Bekannte hat.«

»Ich verspreche dir, daß ich Lady Tynewood gegenüber sehr höflich sein werde«, erklärte er mit Nachdruck.

Schließlich hielt der Wagen vor dem Haus von Mrs. Stedman. Marjories Mutter empfing das junge Paar mit Wohlwollen.

»Ich habe eure Zimmer richten lassen. Es wäre doch zu schrecklich gewesen, wenn Mr. Smith in dem kleinen Fremdenzimmer auf der anderen Seite des Hauses hätte wohnen sollen.« Sie klopfte ihrer Tochter freundlich auf die Wange. »Ich habe Mr. Smith deshalb mein Zimmer gegeben. Es hat außerdem den Vorteil, daß es direkt neben dem deinen liegt.«

»Aber Mutter, du bist doch nicht etwa unsertwegen ausgezogen?« rief Marjorie bestürzt.

»Kein Opfer ist mir zu groß für meine Tochter«, entgegnete Mrs. Stedman lächelnd.

»Du gehst sofort in dein Zimmer zurück«, erklärte die junge Frau entschieden. »Ich kann nicht gestatten, daß du dir Unannehmlichkeiten machst. Mein Mann ist auch mit dem Fremdenzimmer zufrieden.«

»Ich würde am liebsten in dem Raum über dem Stall schlafen, Mrs. Stedman.«

Marjorie sah ihn bittend und schließlich ärgerlich an.

»Mir genügt ein Strohsack oder ein Feldbett in einer Scheune, wo die großen Spinnen und Käfer herumkrabbeln.«

Die alte Frau sah ihn erstaunt an. Pretoria-Smith war doch früher ein so ruhiger, schweigsamer Mann gewesen!

»Ich gehe nicht wieder in mein Zimmer zurück«, sagte sie bestimmt. »Das Fremdenzimmer ist ein wenig feucht – und dein Mann darf nicht darin schlafen.«

»Aber Mutter –«, begann Marjorie.

»Dein Zimmer ist ja allerdings sehr groß, und als ich jung verheiratet war, schliefen Eheleute überhaupt nicht in zwei verschiedenen Zimmern. Ein großes, gemeinsames Schlafzimmer und ein Ankleideraum. Aber heutzutage –«

Smith kam Marjorie zu Hilfe.

»Mrs. Stedman«, sagte er düster, »entweder nehmen Sie Ihr Zimmer wieder und lassen mich im Fremdenzimmer schlafen, oder ich gehe ins Gasthaus. Bedenken Sie aber, was die Leute sagen werden, wenn wir uns nach so kurzer Ehe schon wieder trennen wollen.«

Dieser Grund war ausschlaggebend. Mrs. Stedman war zwar noch nicht ganz zufrieden, aber sie fügte sich doch.

»Du hast mich heute nicht gerade sehr unterstützt«, meinte Marjorie, als sie ihn später allein im Wohnzimmer traf.

»Was, ich hätte dich nicht unterstützt?« fragte er entrüstet. »Wenn ich nicht eingegriffen hätte, wären die Gewohnheiten früherer Zeiten wieder aufgelebt, allerdings ohne Ankleidezimmer.«

»Du bist doch ein merkwürdiger Mann. Aber wir werden ja nicht lange hier sein. Sagtest du nicht etwas davon, daß wir nach London gehen würden?«

»Ja, ich gehe nach London. Ich muß noch viele Einkäufe machen, bevor ich zurückfahre.«

»Zurück – nach Südafrika? Wann willst du denn reisen?«

»Nächsten Sonnabend in einer Woche.«

Beide schwiegen eine Weile.

»Du hast mir aber gar nicht gesagt, daß du schon so bald fahren willst.«

»Diese gute Nachricht habe ich als eine Überraschung für dich aufbewahrt.«

Wieder trat eine längere Pause ein.

»Also, nächsten Sonnabend in einer Woche«, sagte Marjorie halb zu sich selbst. »Wie lange wirst du denn fortbleiben?«

»Es können vier Jahre werden – vielleicht bleibe ich auch für immer dort.«

»Dann muß ich –«, sie vollendete den Satz nicht.

»Du wirst eine liebe, vernünftige Frau sein«, sagte er ruhig, »bis ich deinen Onkel davon überzeugen kann, daß diese ganze Heirat lächerlich und überflüssig war.«

»Und was soll dann werden?«

»Nun, dann kannst du dich von mir scheiden lassen. Es ist mir zwar nicht ganz recht, und es ist auch peinlich, daß du diese Unannehmlichkeit auf dich nehmen mußt, aber wenn ich keinen Einspruch erhebe, bekommst du ein günstiges Urteil, und die Öffentlichkeit erfährt wenig davon.«

»Willst du mir denn Grund zur Ehescheidung geben?«

Er nickte.

»Das ist ja entsetzlich! Aber ich will mich doch gar nicht scheiden lassen, ich wüßte niemanden, den ich heiraten sollte. Aber vielleicht willst du eine andere Frau heiraten?« fragte sie.

»Das ist wohl kaum anzunehmen.«

Sie ging zu der Tür, öffnete sie und trat in den Garten hinaus.

Sie hatte das merkwürdige Gefühl, daß sie etwas verloren hatte, und versuchte, sich darüber klarzuwerden. Eine Weile sträubte sie sich gegen die Erkenntnis, aber dann gestand sie sich den Grund ein. Sie hatte Pretoria-Smith gern, und er wollte sie verlassen. Er war so freundlich und so liebenswürdig zu ihr gewesen.

Nach einiger Zeit folgte er ihr und ging neben ihr her.

»Vom nächsten Donnerstag ab werde ich dich also nicht wiedersehen, bis du zurückkommst, um mir Lebewohl zu sagen?«

»Ist das denn notwendig?« erwiderte er und steckte sich eine Zigarette an.

»Wenn du nicht gern kommen möchtest, brauchst du es natürlich nicht zu tun. Notwendig ist es nicht, und ich glaube auch, daß du sehr viel zu tun haben wirst.«

»Ich komme, wenn es dir lieb ist.«

Sie erwiderte nichts darauf.

Das Leben hatte plötzlich an Reiz und Farbe für sie verloren.

»Bevor du gehst, muß ich dir aber noch etwas erzählen«, sagte sie.

Er sah sie scharf an. »Hast du einen anderen Mann lieb?«

»Gibt es denn jemanden, den ich lieb habe?« fragte sie ihn.

Er wurde verlegen.

»Das meinte ich auch«, entgegnete, er etwas steif. »Wir haben uns niemals Illusionen darüber gemacht, daß wir höchstens gute Freunde sein können. Wir haben uns eben nur geheiratet, um die Laune des alten Stedman zu erfüllen.«

»Setz dich bitte hierher.«

Sie ließen sich auf einer Bank nieder, und Marjorie sprach von Dingen, die sie noch niemandem erzählt hatte.

»Es handelt sich um Sir James Tynewood. Ich weiß, daß er tot ist, und ich weiß auch, daß du bei ihm warst, als er starb.«


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