Iwan Turgenjew
Der Duellant
Iwan Turgenjew

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VII

Kister fuhr am anderen Morgen zu den Perekatows. Er bemerkte gleich auf den ersten Blick eine große Veränderung in Mascha und sie in ihm; doch beide sagten davon kein Wort. Den ganzen Morgen fühlten sie sich beide, ganz gegen ihre Gewohnheit, befangen. Kister hatte sich zu Hause eine Menge doppelsinniger Sätze und Andeutungen und freundschaftlicher Ratschläge zurechtgelegt, doch alle diese Vorbereitungen erwiesen sich als vollkommen unnütz. Mascha fühlte dunkel, daß Kister sie beobachtete. Es kam ihr vor, als spreche er manche Worte mit besonderer Betonung. Weil sie sich aber erregt fühlte, traute sie nicht recht ihren Wahrnehmungen. – Daß es ihm nur nicht einfällt, bis zum Abend hierzubleiben! dachte sie sich fortwährend und versuchte, auch ihm zu verstehen zu geben, daß er hier überflüssig sei. Kister faßte seinerseits ihre Unruhe, ihre Befangenheit als sichere Beweise für ihre Verliebtheit auf, und je mehr er für sie fürchtete, um so weniger konnte er sich entschließen, die Rede auf Lutschkow zu bringen; auch Mascha vermied es hartnäckig, von ihm zu sprechen. Der arme Fjodor Fjodorowitsch hatte es sehr schwer. Endlich fing er an, seine eigenen Gefühle zu verstehen. Noch nie hatte ihm Mascha besser gefallen. Offenbar hatte sie die ganze Nacht nicht geschlafen. Ihr blasses Gesicht zeigte einzelne rötliche Flecken, sie hielt sich leicht gebückt; ein ungewolltes, mattes Lächeln wich nicht von ihren Lippen. Ab und zu lief ein Zittern über ihre blassen Schultern, ihre Blicke entzündeten sich langsam und erloschen schnell wieder.

Nenila Makarjewna setzte sich zu den beiden und brachte, vielleicht mit Absicht, die Rede auf Awdej Iwanowitsch. Mascha wappnete sich aber in Gegenwart der Mutter, jusqu'aux dents, wie die Franzosen sagen, und verriet sich durch keine Silbe. So verging der ganze Morgen.

»Sie essen doch bei uns zu Mittag?« fragte Nenila Makarjewna Kister.

Mascha wandte sich weg.

»Nein«, antwortete Kister eilig mit einem Blick auf Mascha. »Sie müssen mich entschuldigen . . . dienstliche Pflichten.«

Nenila Makarjewna äußerte, wie üblich, ihr Bedauern; gleich nach ihr äußerte auch Herr Perekatow etwas. »Ich will niemand stören«, wollte Kister Mascha im Vorbeigehen sagen; er beugte sich aber vor und flüsterte ihr statt dessen zu: »Seien Sie glücklich. Leben Sie wohl. Nehmen Sie sich in acht!« und verschwand.

Mascha atmete erleichtert auf; sein Weggehen machte ihr aber bald Angst. Was quälte sie? Liebe oder Neugier? Das weiß Gott allein; wir wiederholen nur: Die Neugierde allein genügte, um Eva zugrunde zu richten.


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