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Hier enden die handschriftlichen Memoiren des Grafen Alexander von Tilly. Die von ihm bestimmt und wiederholt ausgesprochenen Bedingungen, sie nach seinem Tode mit Auslassung dessen, was gegen die Zeitpolitik verstößt, und nur mit den Anfangsbuchstaben gewisser Namen erscheinen zu lassen, sind erfüllt worden.
Die Absicht des Grafen von Tilly war, seine Arbeit fortzusetzen. Er verspricht es sich und seinen Lesern am Schlusse der Schrift und nennt sogar diesen Schluß: Fin de la première partie.
Seine hinterlassenen Papiere zeigen deutlich, daß er nicht stehen bleiben wollte. Doch sind die Materialien zu einer vollständigen Fortsetzung bei weitem nicht hinreichend und können ebenso wenig in ihrer jetzigen Gestalt einzeln und ohne Zusammenhang dem Publikum vorgelegt werden.
Der Uebersetzer, dem seit der angefangenen Bekanntmachung der Memoiren noch mehrere Papiere des Grafen zugekommen sind, liefert hier mit Benutzung dieser Schriften als Anhang einige biographische Notizen über einen Mann, von dem man wohl nicht gern einen so plötzlichen Abschied nehmen möchte. Er ist imstande, alles, was hier folgen wird, mit Belegen nachzuweisen, und da er nun nicht mehr als Uebersetzer den Verfasser reden lassen muß, so ist es ihm verstattet, sich freier zu bewegen, den dünnen Schleier vom Gemälde abzuziehen und das Bild des Mannes, den man längst erraten haben wird, offen vor aller Augen hinzustellen.
Der Graf Alexander von Tilly ist der in Frankreich, England und Deutschland gleich sehr bekannte (wir hätten beinahe gesagt berüchtigte) PeterDer Name Peter ist überall, bei Unterschriften, auf Pässen, selbst im Malteser-Ordensritter-Diplom, weggelassen. Alexander, Graf von Tilly.
Eine Menge Umstände, die er von sich anführt, seine Anstellung als Page bei der Königin Marie Antoinette von Frankreich und nachher als Oberst der Kavallerie, seine Teilnahme an den bekannten Actes des Apôtres, seine übrigen Schriften, zu denen er sich im Laufe des Buches bekennt, seine Familienzwiste usw., lassen so wenig Ungewißheit über seinen in den Memoiren nicht ausgeschriebenen Namen, daß es ebenso zwecklos als lächerlich sein würde, diesen länger zu verschweigen. Wir machen, wie billig, den Anfang mit den
Peter Alexander, Graf von Tilly, der älteste Sohn Jakobs, Marquis von Tilly, und der einzige von dessen erster Gemahlin, aus dem Hause Chasille, stammte aus einer alten normännischen Familie, die von dem Schlosse Tilly im Amtsbezirke von Caen den Namen hat. Sein erster, mit diplomatischer Gewißheit bekannter Ahnherr war Umfroy, Sire de Tilly, welcher Wilhelm den Eroberer nach England begleitete und 1068 Schloßhauptmann (Châtelain) von Hastings wurde. Oldericus Vitalis, Mönch in Saint-Evroul, im elften und zwölften Jahrhunderte, nennt in seiner Historia ecclesiastica den Ritter Umfroy: natus de stemmate Danorum. Das Wappen der Familie, eine rote Lilie im goldenen Felde, mit der Umschrift »Sic tinctum sanguine nostro« bezeichnet die den französischen Königen geleisteten Dienste und ist einem der ältesten Ritter dieses Hauses von seinem Könige erteilt worden, als jener einen Ritter Vaspan im Zweikampf erschlagen hatte.
Wir finden im zweiten Bande der Memoiren, daß dem Zweige der Familie der Grafen von Tilly, aus welchem unser Graf entsproß, die Ebenbürtigkeit, ja selbst die Verwandtschaft eine Zeitlang streitig gemacht worden ist, und daß dieser Streit Veranlassung zu einem Zweikampfe zwischen dem Grafen und einem Familiengliede gegeben hat. Was indes der Genealog Cherin sowohl als der Gerichtshof der Marschälle von Frankreich unentschieden gelassen haben, dürfte doch, einer achtungswerten Quelle (dem Nobiliaire universel de France, par M. de Saint-Allais, T. 8. Paris 1816) zufolge, keinem Zweifel unterliegen können. In diesem Werke findet man die ununterbrochene Genealogie des Hauses Tilly und sieht, wie dieses mehrere zum Teil noch lebende Zweige getrieben hat, aus deren jüngeren einem man den Grafen Alexander hervorgehen sieht. Schon Robert von Tilly, welcher Marquis (Markgraf) genannt wird und nach einem Schloß, welches er 1138 in England erbaute, auch Graf von Rodebert (Robert) hieß, hatte zwei Söhne, welche die Stammväter zweier Linien wurden. Die männlichen Nachkommen des ältesten Sohnes Johann (welche die Baronin und Güter Beauffou, Beuvron, de la Motte-Cesny, Grimboise, Tury, Tilly, Auvilliers, Ouye, Fontaine-le-Henri, Couvains, Putot, Saint-Martin-de-Sallon, Barneville, Plannes, Seuvray, Juvigny usw. in ihren Besitz vereinigt hatten, und welche unter ihren Familiengliedern auch Luce de Beauffou, eine Abkömmlingin der jüngeren Linie der Herzöge von der Normandie – Könige von England – zählten), erloschen nach 1360, und deren sämtliche, soeben genannte Güter gingen mit Johanna von Tilly an das Haus Harcourt, von welchem die nachmaligen Herzöge von Harcourt abstammen, über. Der jüngere Sohn Roberts, Alain de Tilly, Seigneur de Barou, bildete eine Linie, von welcher nach 1200 Nicolas, Marquis de Tilly abstammte, der durch seine zwei Söhne die Linien Blaru und d'Escarbouville gründete. Von jener stammte ohne Zweifel der Graf Charles de Tilly-Blaru, mit welchem der Verfasser dieser Memoiren das oben erwähnte Duell hatte; von der andern aber ganz bestimmt – und zwar von dem Zweige der Seigneurs de Prémarais – unser Graf Alexander. Das Duell, welches um der behaupteten und geleugneten Verwandtschaft willen stattfand, beweist, daß der Stammbaum beider damals nicht in Ordnung war, sonst würden die Kämpfer gewußt haben, daß sie allerdings so nahe verwandt waren – wie man es durch einen gemeinschaftlichen Ahnherrn, der vor 500 Jahren verstorben ist, sein kann, und daß beide wenigstens mit gleichem Rechte Tillys waren. Daß der Graf Charles trotz des Duells und der folgenden herzlichen Aussöhnung indes keine feste Ueberzeugung gewonnen hatte, geht aus seinen Briefen hervor, worin er den Grafen Alexander immer Monsieur le Comte, seinen Freund, seinen Mitbruder als Malteserritter, aber nur ein einziges Mal seinen VerwandtenEr schreibt aus Weimar an ihn (10. April 1801): Il m'est doux de trouver à la fois un ami, un parent, dans un confrère. nennt.
Uebrigens ist die Korrespondenz des Grafen die sicherste Quelle, aus der wir zur Aufstellung der uns fehlenden Nachrichten schöpfen; denn was manche Sagen über ihn, sowohl in Berlin als außerhalb, betrifft, so sind sie nicht zuverlässiger als – Sagen und Legenden überhaupt. Selbst wenn sie vollständiger wären, als sie es wirklich sind, würden wir Bedenken tragen, sie aufzunehmen. Was er selbst nicht von sich gesagt hat, was aus eigenen Aufsätzen oder aus an ihn gerichteten Briefen nicht authentisch hervorgeht, bleibe unberührt und unerwähnt. Nur das, was wir auf diesem Wege finden, wollen wir glauben und berichten. Ehe wir, so weit dieses Wissen reicht, den zweiten Teil seines Lebens ausfüllen, vollenden wir seinen Stammbaum und seine Familiennachrichten.
Mit dem Grafen Alexander ist der Zweig des Hauses Tilly, welcher den Beinamen Prémarais führte, ausgestorben, denn auch sein jüngerer Bruder aus der zweiten Ehe des Vaters mit einem Fräulein Ameslon de Saint-Cher, welcher sechs Jahre unter den Royalisten der Vendée gedient hat und noch vor einigen Jahren lebte, hat keine männlichen Erben hinterlassen, da er nur einen früh verstorbenen Sohn gehabt hat. Ein Oheim der beiden Brüder, René-Louis, stiftete die noch blühende Linie de la Maulnière, war einer der Verteidiger des Königs am 10. August 1792, ward verwundet und starb im Gefängnisse, ehe man Zeit gehabt, ihn hinzurichten. Der älteste Sohn dieses Oheims ward 1799 in der Vendée in Stücke gehauen, der jüngere hat 1792 bis 1794 unter dem Prinzen von Condée, 1796 bis 1799 unter dem Grafen Frotté in der Vendée gedient und, treu seiner Devise »nostro sanguine tinctum«, eine Kompagnie der wenigen treu gebliebenen Scharen angeführt. Sein Ende ist unbekannt.
Zur Vervollständigung der weiblichen Genealogie des Grafen gehört noch, außer der mütterlichen Familie von Chasille, der Name seiner Großmutter väterlicherseits, eines Fräuleins von Guéroult de Boiscléreault, der Tochter eines Herrn Guéroult von Saint-Loup. Wir finden in der Korrespondenz ein Schreiben seines Vetters, Guillaume-Guéroult (de Boiscléreau), aus Philadelphia (vom 17. März 1801).
Daß der Graf bei seiner dritten Reise nach England am 26. August 1792 in Stockport gelandet und von da über Dover nach London geeilt ist, haben wir von ihm selbst vernommen. Aus seiner Korrespondenz läßt sich nachweisen, daß er sich von 1792 bis Ende 1796 in England aufgehalten, 1797 sich nach den Vereinigten Nordamerikanischen Staaten begeben hat, 1799 nach England zurückgekehrt ist, es aber noch in demselben Jahre wieder verlassen hat, um in Deutschland zu leben.
Von seinem Aufenthalte in England lassen sich nur Bruchstücke angeben. Er hielt sich vorzüglich zu den vornehmen, französischen Flüchtlingen, dem Prinzen Léon (de Poix), dem Vicomte de Noailles, den Herren von Bouillé, Vater und Sohn, dem Baron von Breteuil, dem Grafen von Tressan, dem Marquis von Champignolles, den Familien von Vaudreuil, Matignon und anderen. Aus einzelnen Briefen geht hervor, daß er allgemein geachtet und geliebt wurde. Wovon er lebte, da er selbst, uns seine Umstände bei seiner Abfahrt von Paris und Boulogne nichts weniger als glänzend schildert, ist ein Geheimnis. Es scheint, der Vicomte de Noailles und er seien in Geldgeschäften miteinander verbunden gewesen. Es scheint auch, er habe im Spiel und bei Damen, Glück gemacht. Wie schwierig damals die Lage der Emigranten in England überhaupt war, mag folgender Brief beschreiben. Er ist aus Edinburgh, vom 20. Nov. 1796, und ohne Namensunterschrift, doch von einem bekannten Freunde des Grafen (dem Grafen von Vaudreuil), wie aus der Handschrift zu erkennen ist. Nach dem gewöhnlichen Eingange heißt es: »Ich fange bei mir selbst an und beschreibe Ihnen meine Lage. Sie wissen, daß seit langer Zeit MonsieurDer Graf von Artois wünschte, wir möchten zu ihm nach Edinburgh kommen. Ich hatte es immer, wegen der Länge und Schwierigkeit der Ueberfahrt, abzulehnen, wenigstens aufzuschieben, gesucht, aber Monsieur schickte uns eine Brigg, und wir mußten uns, Frau von Vaudreuil und ich, zur Einschiffung entschließen. Nach sechstägiger, beschwerlicher Reise und Seekrankheit sind wir endlich äußerst ermüdet angelangt. Unsere Wohnung allein kostet uns vier Pfund monatlich. Man lebt hier zwar wohlfeiler als in London, aber noch teuer genug für Leute, die, alles in allem, nur zehn Pfund monatlich zu verzehren haben. Monsieur schickt uns täglich vom Schlosse zwei Schüsseln, um unsere magere Kost zu verbessern. Das ist aber auch alles, was er für uns tut und tun kann; er selbst ist nichts weniger als im Vollen,Bien mal à son aise. da alle seine Einnahmen ausbleiben. Ich gestehe (doch dies unter uns), daß ich auf etwas mehr gerechnet hatte; aber ich muß wohl darauf verzichten, da der Prinz nicht imstande ist, seinen eigenen Hofhalt zu bezahlen.Payer sa maison. Es bleibt also, bei den zehn Pfunden, und ich weiß wahrhaftig nicht, wie ich auskommen soll; der Kopf geht mir um. Wie gern käme ich nach London, aber ein Platz in der Postkutsche kostet zehn Guineen. Wie traurig! Wir leben auf derselben Insel, mein guter Tilly, und können uns nicht umarmen; ich hätte Ihnen so viel zu sagen und zu vertrauen ... Ich habe einen Brief von AlphonseSeinem Sohne. erhalten, er verlangt Geld. Ich beschreibe ihm meine traurige Lage und lege meine Antwort hier ein, um das Porto zu ersparen usw.«
Es scheint nicht, als habe der Graf mit großen, englischen Häusern in Verbindung gestanden. Dagegen verdienen zwei weibliche Bekanntschaften jede ihren besonderen Abschnitt.
Der Graf hatte bei dem Markgrafen von Anspach, der seit 1791 mit seiner Gemahlin in London lebte, Eingang gefunden. Die erste Bekanntschaft ging bald in ein engeres Verhältnis über, so, daß man sich an ihn wendete, wenn man bei dem Markgrafen eingeführt zu sein wünschte.Ein Graf von Saint Farre läßt eine schriftliche Bitte dieser Art an ihn ergehen. Noch mehr. Es finden sich in der Korrespondenz mehrere Briefe von der Hand der Markgräfin, voller Freundschaft, Zärtlichkeit, inniger Vertraulichkeit. Sie ganz abzuschreiben erlauben Inhalt und Raum nicht. Einige Hauptstellen werden genügen, den Grad des Verhältnisses anzudeuten. (Die Briefe fallen in das Jahr 1793.)
1. Mich kannst du boshaft nennen? Ich eine Boshafte?Moi, méchante? Ich gegen dich? Ich, die es nicht einmal gegen die sein kann, die ich hasse? Du scherzest, liebster Freund! Weit entfernt, deinen Plänen mit D ...Der Graf war auf D ... eifersüchtig. etwas in den Weg zu legen, habe ich dich nur warnen wollen, auf deiner Hut zu sein. – Was den Markgrafen betrifft, so ist er auf deine Nation wütend, vor allem aber auf D. M. ... Er beantwortet alle Briefe mit schweigender Verachtung. Lord Thurlow speist Sonntag bei uns. Ich hoffe, sein Ansehen zu meinem besten, zum Ankaufe eines Landgutes als Witwensitz, zu benutzen. Noch nie war ich dem Markgrafen so unentbehrlich. Seine furchtsame Seele flüchtet sich in den Schoß der meinigen ... Diesen Morgen lief ein Schreiben an ihn ein, ihn zum Abschlusse des Ankaufes von Colney-Chapel einzuladen. Ich ließ anspannen, machte Toilette und begleitete ihn. Ich weiß ihm zu schmeicheln, ihn aufzurichten. Das Volk in London grüßt mich und sagt: »There she is«,Da ist sie! und das macht ihn seelenfroh. ... Als ich ihn heute früh wecken wollte, fand ich ihn wach und nachdenkend. Er sprach von nichts als von D. M. und dessen schändlichem Betragen gegen mich. »Was?« rief er, »mir meine Frau rauben wollen! Mich mit meiner Frau zusammenhetzen!« Dann sagte er: »Wenn du mich verließest, wer würde mich trösten?« Und dann: »Die damned bitchDie verfluchte Metze. mit ihrem Liebäugeln; ich hab' es ihr wohl angemerkt, als du in Bristol warst; aber ich bin nie wieder hingegangen; sie ist ein damned bitch.« – Dies alles ist allerliebst; es wird alles gut gehen, ich verspreche dir's. Ich bin gut; er ist aufrichtig und zärtlich. Aber auch du sollst gut und mit mir glücklich sein. – Gott ist mein Zeuge, daß, wenn ich dem Vergnügen entsage, dich einige Wochen hier zu sehen, ich dem Liebsten auf der Welt entsage; aber es muß sein; die Umstände gebieten es. – Deine Abreise wird allen Rechten, die ich auf den Markgrafen habe, den Ausschlag und dir das Ansehen geben, der einzige zu sein, der ihn nicht betrogen hat. – Ich umarme dich. Bringe in deiner Antwort irgendwo in einem Winkel ein kleines Kreuz an, küsse es, und wenn ich das Schreiben erhalte, will ich es aufsuchen und ebenfalls küssen. Adieu, mein liebster, mein einziger Freund! Liebe mich, schone dich an Leib und Seele; beweise mir dadurch, daß du mich glücklich machen willst. Küsse diese Stelle. (Hier hat die Schreiberin einen Kreis, wie ein Taler groß, auf das Papier gemalt.)
2. In einem anderen Schreiben sagt sie: Ich habe diesen Morgen einen neuen Tränenstrom vergossen. Was für Greuel und Abscheulichkeiten verübt man gegen die unglückliche Königin? – Herr Reed ist von Portsmouth angekommen. Er hat da die Ritter gesehen, die sich einschiffen sollen und vor Ungeduld sterben wollen. – Herr Reed, der bei uns frühstückte, hat mir Empfehlungen von den Herren von Gand, von Duras und von Poix gebracht. Du siehst, daß ich dir alles melde, auch wenn ich mit jemanden nur zwei bis drei Worte wechsele. – Mit dem Markgrafen habe ich eine lange Unterredung über meine Angelegenheiten gehabt. Er hat sich dergestalt ereifert, vergessen und das Unrecht auf seine Seite gebracht, daß ich – alles aus ihm machen werde, was ich werde wollen. Ich kann dir für jetzt nichts mehr sagen, als daß er ganz allerliebst ist. Er geht Sonntag nach Colney-Chapel und bleibt bis Mittwoch. Ich bin dann ganz frei. Willst du in der Zwischenzeit noch einmal zu mir kommen, ohne daß es jemand erfahre, so wähle von den beiden Wegen, die ich dir vorschlagen lasse, welchen du willst. Lord Turlow wird dir den gestrigen Auftritt mit dem Markgrafen erzählen. Ich drücke dich an mein betrübtes Herz.
3. Ein drittes Schreiben hebt an: Meine Tränen ersticken mich. Ich halte es nicht für geraten, dich zu sehen. Du weißt nicht, wie ich liebe, wenn ich liebe. Du kannst dir nur einen schwachen Begriff davon machen. Glaube nur nicht, daß ich den Markgrafen gegen dich einnehmen werde. Ich führe nur eine Sprache und habe nie Umwege bei ihm nötig gehabt. Auch gebe ich mir nicht einmal die Mühe, ihn zu betrügen – eine sehr überflüssige Mühe; denn sobald du fort bist, mache ich aus ihm, was ich will. Was ich nicht sagen will, – verschweige ich. Nur vermeide ich so viel als möglich, mit ihm von dir zu reden; denn ich fürchte, mich zu verraten. Mein Herz wird zu einem fünfzehnjährigen; es schlägt, es pocht, wenn man nur deinen Namen ausspricht. Ich erröte dann und bin der Ohnmacht nahe. – Ich suche ein Haus in London nur für mich allein und für so viel Aufwartung, als mein Sohn bedarf. Ich werde es so einrichten, daß du unbemerkt bei Tage und bei Nacht zu mir kommen kannst. – Lerne aber, mein guter Freund, dich vor dir selbst in acht zu nehmen, mehr noch als vor Feinden und Gottlosen. (Sie warnt ihn vor D...) Du weißt ja, daß es oft nur eines zufälligen Umstandes, einer Kleinigkeit bedarf, um die, welche dein einziges Glück ausmacht, in die Klasse der Beschimpftendes infames zu bringen. Habe nur mich zur Freundin; deine Feinde benutze, wenn sie sich freundschaftlich stellen. – Nachschrift. Der Markgraf kräht wie ein Gockelhahn; er hat das große Wort und zieht gegen die Franzosen los. Soeben sagt er mir: »Was die Ungeheuer jetzt in Paris verüben, sei das Seitenstück und der zweite Teil dessen, was er bei seinen Truppen gesehen habe, worunter sich zweihundert Franzosen befanden. Nichts als Komplotte, Rebellion, Mord und Totschlag, Umbringen der Korporale usw.« Ich lasse ihn reden.
4. Wir schließen noch etwas aus einem vierten Schreiben an: Eine neue Qual, eine neue Todesmarter für mich ist, in deiner Nähe, in der Nähe des Mannes zu sein, ihn nicht sehen zu können. Mir ist heute etwas besser, aber ich bin noch weit von der Besserung entfernt. Ich verspreche dir, für meine Gesundheit Sorge zu tragen. Warum verschweigst du mir aber deinen Zustand? Schicke mir deinen Heinrich, damit ich ihn fragen könne. Ich möchte ihn sehen, wäre es auch nur, weil er dich gesehen hat. Erhalte mir alle Kräfte deiner Seele, damit du mich lieben könntest, wie ich geliebt zu sein verdiene. Und sollte je dein Herz sich verändern, so sei Ritter genug, es mir nicht zu verheimlichen. Ich rechne darauf, aber noch mehr auf meine und deine Zärtlichkeit. Beide versprechen mir, daß du dich nie ändern wirst. Ich umarme dich mit der innigsten Zärtlichkeit. Ich bin in diesem Augenblick hoch betrübt. Lebe wohl! –
In einem englischen Briefe bekämpft sie die Eifersucht des Grafen gegen den oft vorkommenden D..., der ihr Freund, nie ihr Geliebter, gewesen sei.
Weiter erstreckt sich diese bedeutende und bedeutsame Korrespondenz nicht, welche, in einem besonderen Einschlusse enthalten, Marg.-of-Ans. überschrieben ist.
Eine zweite Bekanntschaft des Grafen ist Frau von Lartigues. Er machte sie, wie es scheint, durch den Prinzen Léon de Poix. Charlotte Marie Bobin, vermählt mit dem Doktor Arnauld André Roberjot-Lartigues in Port-au-Prince auf San Domingo, lebte, entfernt von ihrem Gatten, mit ihrer Tochter in London. Aus der Korrespondenz geht hervor, daß sie sich oft in Geldverlegenheit befand und alsdann ihre Zuflucht zum Prinzen und zum Grafen nahm. Den Vorwurf, daß sie sich ihre Lage durch Leichtsinn und Mangel an Wirtschaftlichkeit zugezogen, macht ihr freilich außer ihrem Gatten auch ein Freund desselben, ein Herr Beauvernet in Boston-Roß. Dem sei wie ihm wolle, die Herren von Poix und von Tilly halfen ihr zu verschiedenen Malen in den Jahren 1794 und 1796 aus dringender Not. Unter andern belief sich die Rechnung der Vorschüsse des Grafen allein auf 1668 Pfund, wobei 18 Pf. 19 Sch. Kosten – um deren Rückzahlung er schon 1795 durch Herrn Beauvernet, den Prinzen von Poix und den Baron von Breteuil bei dem Gatten anhalten ließ, der in seiner Antwort (Port-au-Prince, 1. Nov. 1795) sich auf den jugendlichen Leichtsinn und die unüberlegte Lebensart seiner Frau beruft, die unglücklichen Umstände auf San-Domingo anführt, sich auf die seiner Meinung nach hinreichende für seine Frau und Tochter ausgeworfene Pension bezieht, in deren Folge er die von ihr gemachten Schulden weder begreifen noch billigen kann. Sein Schreiben soll (so heißt es am Schlusse) dem Grafen durch einen Freund in London, Herrn Dumont, zugestellt werden, welcher zugleich den Auftrag habe, über diese Angelegenheit weiter zu sprechen und zu unterhandeln. Ein Jahr später (1796) legte der Graf Herrn von Lartigues eine von dessen Gattin bescheinigte und unterzeichnete Liquidation der Summen vor, welche er sowohl derselben, als sie in Bath verarmt war und Schulden halber festgenommen werden sollte, als für das Kostgeld ihrer Tochter vorgeschossen hatte. Der Aufsatz trägt das Datum: London, den 27. Jul. 1796. Es scheint aber nicht, daß Herr von Lartigues die Schuld anerkannt habe, obschon die Rubriken beweisen, daß der Graf, um den Belang herbeischaffen zu können, Juwelen, Ringe, Pferde, Bücher und Pistolen versetzt und verkauft habe. – Noch weniger hat jener die Schuld berichtigt; denn es findet sich ein Mahnschreiben des Grafen an Frau von Lartigues vor, worin er ihr mit einiger Bitterkeit die ihr geleisteten Dienste vorhält und sie an ihre schriftlichenJe jure, affirme et proteste, que le compte cy dessus de 1649 livres Sterling, argent d'Angleterre, est de toute exactitude, justice et vérité, ainsi que la reconnaissance éternelle, que moi et ma fille devons à Mr. Alexandre de Tilly, qui m'a empêchée de mourir de faim et de maladie et de misère à plusieurs époques {devant tant de témoins les plus respectables, qui le certifient). Dans les intervalles, où je ne recevais point de pension (et où j'étais perdue de dettes) et surtout ces derniers quatorze mois, ou ayant beaucoup de dettes, je ne recevais aucune pension, abandonnée de toute ma famille, et obligée enfin de recourir depuis quatre mois aux secours que le gouvernement anglais accordé aux indignes, et cela, lorsque toutes mes propriétés sont en plein rapport. Je reconnais, dis-je, que 'la susdite somme de 1649 livres sterling, argent d'Angleterre, portée cy-dessus, Lui est dûe de la plus légitime mánière, et que Lui, Alexandre de Tilly, est autorisé devant le ciel et les hommes, à prendre tous les moyens possibles sur tout ce que je possède et posséderai, sur tout ce que possède et possédera mon mari, pour se rembourser d'une dette aussi sacrée. Londres, 27. Juillet 1796. Charlotte Marie Bobin Roberjot de Lartigues. Verbindlichkeiten erinnert. Der Brief ist von Berlin (3. Dez. 1801) nach Bordeaux gerichtet, wo sich die Dame damals aufhielt.
Ihre Antwort vom 20. März 1802 enthält teils Aeußerungen der Dankbarkeit, teils eine Schilderung ihrer Unglücksfälle, seitdem sie nach San-Domingo zurückgekehrt war (ihren Gatten erwähnt sie mit keiner Silbe), teils Aufschlüsse über ihre gegenwärtige Lage.
Hier einiges aus ihrem Schreiben. »Ich bin nicht, wie Sie es sagen, der tödlichen Beschaffenheit des Klimas (auf San-Domingo), sondern der blutdürstigen Wut der Neger entgangen. Diese haben mich zwei Monate in ihrer Mitte gehalten. Ich war mit meiner Familie und 28 Weißen alle Augenblicke der Gefahr ausgesetzt, ermordet zu werden. Die ganze Zeit habe ich die Wäsche nicht wechseln können und keine Nahrung bekommen, als die mir von den Menschlichsten dieser Unmenschen gereicht ward, und die ich fast ganz an meine Kinder und meinen Vater verteilte, deren Leben mir teurer war als das meinige. Nach zwei Monaten ließen uns die Ungeheuer frei; nun mußten wir ohne Nahrung, ohne Schuhe und Strümpfe, sogar der letzten Hemden beraubt, neun Meilen durch unwegsame Wälder irren, bis wir glücklich in Port-au-Prince anlangten. Hier habe ich drei Monate lang nur von den Wohltaten der Prinzessin von Borghese gelebt. Als aber die französischen Truppen die Insel räumen mußten, begab ich mich nach New York, wo ich acht Monate kümmerlich vom Schneidern mich erhielt, bis der Himmel es fügte, daß meine Tochter den besten Gatten, ich den edelsten Schwiegersohn fand, der für mich und meinen AlexanderBei diesem Namen können wir einen geheimen Gedanken nicht unterdrücken. gesorgt hat. Seitdem ich nach Bordeaux zurückgekehrt bin, lebe ich sechs Monate bei ihm, dessen Einkünfte beschränkt sind, und sechs Monate bei den Verwandten meines Gatten. – Sie können hieraus entnehmen, ob ich meine Verbindlichkeit anders als durch Gefühle und Worte erfüllen kann usw.« –
Wir finden plötzlich den Grafen (zu Ende 1797) in die neue Welt versetzt und in den nordamerikanischen Freistaaten wieder.Die einzige Spur des Datums seines Erscheinens in jener Hemisphäre ist ein Schreiben des Vicomte von Noailles, aus Philadelphia, vom 2. Nov. 1797, an den Grafen in New York. »Frau von Lartigues,« heißt es darin, »hat mir Ihren Plan mitgeteilt, zu uns zu kommen. Ich habe ihn für eine Fabel gehalten, denn hierzulande ist nichts Romanhaftes. Aber Ihr Schreiben aus New York vom 28. Oktober beweist mir, daß Sie Ihre Idee verwirklicht haben ... Es wird mich freuen, Sie wiederzusehen, aber ich muß Ihnen frei gestehen, daß der Augenblick hier nichts weniger als günstig ist, etwas zu unternehmen (d'entreprendre des affaires).« Aber noch weit überraschender als die Reise selbst und die Niederlassung ist seine, durch kein Wort von ihm vorbereitete und von seiner bisherigen Denk- und Handlungsweise noch weiter als die neue Welt von der alten entfernte Vermählung am 11. April 1799. Mehr mit seinem Charakter übereinstimmend ist die unter gewissen Bedingungen getrennte Ehe (im Juni), die Abreise des Grafen nach England (im Juli), seine Ankunft in London (im August) und seine bald nachher erfolgte Abreise nach dem Kontinente (noch in demselben Monate).
Diese summarisch-chronologische Angabe wird uns als Leitfaden dienen, um, so viel es uns die Korrespondenz möglich macht, die besonderen Umstände und Ereignisse dieses Hauptpunktes im Leben des Grafen aneinanderzureihen.
Seine erste Bekanntschaft mit einem reichen und respektablen Hause in Philadelphia, mit der Familie des Herrn William Bingham Esqu., war durch den (in Amerika nur General genannten) Vicomte von Noailles, ohne alle nähere Absicht, vermittelt worden. Sie hatte bald die wichtigsten und Unerfreulichsten Folgen. Wie es scheint, war der Graf nach Amerika gereist, um dort auf dem Wege einer oder der andern Spekulation (siehe das Schreiben des Vicomte von Noailles) sein Glück zu machen. Das Wörtchen merkantilisch wurde mit einem andern »matrimonialisch« vertauscht; es handelte sich nicht um Waren, sondern um Herzen. Der Graf hatte in sehr kurzer Zeit bei Mutter und Tochter Bingham Eingang und Zuneigung gefunden. Daß ihm die Mutter gewogen war, geht aus mehreren Briefen hervor, worin sie erwähnt wird. Von der noch sehr jungen Tochter ist dies um so weniger zweifelhaft, da sie selbst mehrere Briefchen an ihn geschrieben hat. Diese, gegen die jungfräuliche, englische Sitte überhaupt verstoßende, vom Grafen sorgfältig aufbewahrte, an sich zwar ganz unbedeutende, aber in den Augen und im Herzen der Schreiberin nichts weniger als unwichtige Korrespondenz »auf Seidenpapier, umrändert mit goldenen Kanten«, und mit Bewilligung der Eltern geführt, leitete und verleitete allmählich zu dem Schritte, den sie sich einige Monate später erlaubte, den sie später schmerzlich bereute, der ihrer Mutter (1801) und vielleicht auch ihrem Vater (1804) das Leben gekostet und sie selbst lange unglücklich gemacht hat – zu einer Entweichung aus dem Elternhause und zu einer heimlichen Verbindung mit dem Grafen am 11. April 1799.
Mögen ihre kleinen Zettel, als Belege zur Geschichte des weiblichen Herzens, im Original hier stehen.
1) Monsieur et Madame Bingham prient Monsieur le Comte Alexandre de Tilly, de vouloir bien leur faire l'honneur, de diner chez eux en famille Dimanche prochain.Warum schrieb nicht der Vater selbst? Hatte er doch eine Einladung des Grafen zum Tee eigenhändig beantwortet und angenommen.
(Ohne Namens-Unterschrift, aber von ihrer Hand, das en famille war unterstrichen.)
2) Miss Bingham presents her compliments to Count Tilly. She takes the liberty of sending him some chocolate, having remarked yesterday, that he approved of it –
3) Miss Maria Mathilda Bingham takes the liberty of offering Count Tilly some fruit just taken from the tree.Wahrscheinlich Winterfrüchte aus Treibhäusern. She hopes, it may prove acceptable to Count Tilly in his indisposition.
Weit wichtiger als jene kleinen Vorboten der Liebe ist nachstehendes auf dieses Gefühl von der Hand der Kirche aufgedruckte Siegel:
Ich bescheinige hiermit, daß am elften Tage des Monates April im Jahre unseres Herrn ein tausend sieben hundert und neun und neunzig Jakob Alexander Graf von Tilly, mit Maria Mathilde Bingham getraut worden ist
von mir, Thomas Jones, Prediger der
allgemeinen Kirche in Philadelphia in Pennsylvanien.This is to certify, that on the 11. day of Apr. in the year of our Lord, one thousand seven hundred and ninety nine, James Den Namen Jakob hat der Graf von Tilly sonst nirgends geführt. Alexander Count de Tilly was married to Maria Matilde Bingham.
By me, Thomas Jonas, Minister of the Universal-Church in Philadelphia, Pennsylvania.
Die Ehe war so gültig, wie nur irgendeine in ganz Nordamerika sein konnte – bis auf den vom Grafen unrichtig angegebenen Taufnamen Jakob. Man denke sich aber die Bestürzung, den Schmerz, den Unwillen der Eltern, als sie ihnen bekannt wurde. Man denke sich die Monate April, Mai, Juni in einem Hause, dem bisherigen Sitze der Einigkeit, der Ruhe, des Glücks! – Mit der Familie Bingham verbanden sich die verbrüderten Familien Willing und Francis, nebst Herrn Alexander Baring, auf einer Seite und auf der andern der General von Noailles, Herr Wilhelm Gueroult von Boisclereau, Herr Peter Aupois, um die Sachen dahin einzuleiten, daß alle Verbindung zwischen dem Ehepaar aufhöre und auf jede vom Grafen gemachte Bedingung eingegangen würde, sobald er die Erklärung abgäbe, seine Gemahlin (die Gräfin von Tilly) aller ihrer Verbindlichkeiten gegen ihn zu entbinden und sich selbst aus Philadelphia und Nordamerika zu entfernen. Nach vielen Rücksprachen wurde der Zwist gütlich beigelegt und zwischen dem Grafen und Herrn Alexander Baring die Bedingungen aufgesetzt, bewilligt, unterzeichnet und erfüllt. Der Graf verlangte 1. eine bare Summe von 5000 Pfund zur Bezahlung seiner Schulden; 2. eine Leibrente von 500 Pfund jährlich, mit der Freiheit, sie überall beziehen und verzehren zu können; 3. eine Bürgschaft, daß man ihn, in Hinsicht seiner Ehe, auf keine Weise beunruhigen werde; 4. eine schriftliche Ehrenerklärung vom Herrn Alexander Baring.Herr von Noailles hat sie in Herrn Barings Namen aufgesetzt und sich dafür verbürgt. – Dagegen versprach der Graf, bei dem Verlust seiner Leibrente sowohl als seiner übrigen Geldforderungen, die Familie Bingham niemals und auf keine Weise zu beunruhigen, die Briefe der Gräfin von Tilly an ihn ihrer Mutter zurückzustellen und, im Falle eine Ehescheidung zu ihrem Glücke beitragen könne, derselben nichts in den Weg legen und nie einen Schilling Abstandsgeld oder Reukauf verlangen zu wollen. »Sobald (schließt er) die Bedingungen angenommen und berichtigt sind, verspreche ich, ein Land zu verlassen, worin ich nur gar zu unglücklich gewesen bin.«Wir geben den wichtigen, vielleicht in seiner Art einzigen Kontrakt im Originale.
Je demande les choses suivantes.
I.
1. Cinq mille livres Sterlings argent comptant pour solder mes dettes.
2. Un traitement annuel, payable où je voudrai, de cinq cents livres Sterlings – dans tous les pays – exceptant les Etats-Unis.
3. Une sécurité que l'on ne m'inquiétera d'aucune maniére quelconque par des poursuites pour tous les faits possibles relatifs à mon mariage.
4. Je demande que M. Baring m'écrive ou me fasse dire par le Général de Noailles qu'il m'a poussé dans un moment de tumulte – à raison de l'état où était Mad. sa femme – et jamais sur mon honneur dans ce pays ou ailleurs je ne troublerai la paix de sa famille ou la sienne de la manière la plus distante.
Ces quatre articles étant accordés et ratifiés sous la responsabilité du Gén. de Noailles et de M. Th. Willing, je m'engage à quitter immédiatement Philadelphie et l'Amérique de suite.
II.
Je donnerai de ma part toute espèce de sécurité qu'il plaira de m'imposer, comme par exemple la perte de mon traitement annuel et un bon de jugement pour la somme qui m'aura été allouée pour le paiement de mes dettes, que jamais je ne donnerai aucune inquiétude quelconque à la famille de M. Bingham et à la famille de Mess. Willing et Francis. Je renverrai les lettres de la comtesse de Tilly à sa mère, et si on croit à quelque époque que ce soit, qu'un divorce puisse contribuer à son bonheur, je m'y soumettrai à la première réquisition sans demander pour cela un scheling d'indemnité. Je désire avoir la signature de M. BinghamHerr Bingham stellte die verlangte Erklärung aus: Mr. Bingham has received the paper containing certain conditions offered on the part of Monsieur de Tilly – which under certain to. The necessary Paper, to carry the same into operation, shall be prepared immediately, so that Monsieur de Tilly may leave town to morrow morning.
Monday morning.
Wm. Bingham. sur ces articles avant deux heures après-midi, et que demain matin avant dix heures le reste absolu de ces conditions soit rempli, de manière qu'à l'instant je quitte un pays où j'ai été trop malheureux.
Pour copie –
Signé: Philadelphie le 10. Juin 1799.
Alex. de Tilly.
Louis de Noailles.
modifications, not substantially affecting the terms, he will agree.
Die Bedingungen wurden am folgenden Tage angenommen. Der Graf bekam 5000 Pfund in zwei Hälften bar und einen bindenden Kontrakt auf eine Leib- und Lebensrente von 500 Pfund. Er übergab beides in die Hände seines Beauftragten, Herrn Peter Aupois in New York, am 2. und 9. Juli und verließ gleich darauf Nordamerika auf immer.
Seine Vermählung hatte sowohl in der neuen als in der alten Welt Aufsehen gemacht. Schon am 29. April bekam der Graf aus Frederiksburg in Virginien von Herrn Dawson, und später im Jahre, als er schon in London war, von seinem Freunde, dem Herzoge H. von Fleury in Mitau, eine Anfrage darüber. Noch von New York aus hatte er dem Vicomte von Noailles vorgeschlagen, einen seiner Söhne oder seinen Neffen mit der Gräfin von Tilly zu verbinden, worauf dieser (am 28. Juni) edel, stolz, kalt und kurz antwortet: »Ich hege die zärtlichste Zuneigung für Maria, die innigste Verehrung für Mistreß Bingham (ihre Mutter), aber unter keinem Vorwande würde ich je zugeben, daß eines meiner Kinder der Schwiegersohn des Herrn Bingham würde; um keinen Preis in der Welt würde ich ihn in die Notwendigkeit versetzen, von der Gnade seines Schwiegervaters zu leben. Mein Neffe, Justus von Noailles (wie man sagt), mit Fräulein von Durfort vermählt, ist mir ganz fremd. Sie können von dieser bestimmten Antwort den Gebrauch machen, den Sie für gut halten werden.«
Aus einem Schreiben des Herrn Barnett an den Grafen geht deutlich hervor, daß Herr Alexander Baring, Sohn des Sir Francis Baring, – derselbe, der mit dem Grafen Streit hatte, – die junge Marie später (1806) geehelicht hat.Das Konversations-Lexikon bestätigt es, sagt aber zugleich, daß zwei Brüder Baring sich mit zwei Schwestern Bingham vermählt haben, deren jede einen Brautschatz von 100000 Pfund zugebracht. Es ist in der ganzen Korrespondenz von keiner Schwester Marias die Rede. Die zweite verehelichte Baring ist vielleicht eine geborene Willing, eine Halbschwester von Marien.
Noch im Laufe des Jahres 1799 empfing der Graf vom General von Noailles aus Philadelphia, vom 16. November, einen Brief, aus welchem wir das die Familie Bingham Betreffende ausheben und nur mit Mühe den mit so vieler Würde, (Größe und Biederkeit geschriebenen politischen Teil übergehen)Der Vicomte sagt: »Ich ginge nicht von Philadelphia bis Gray's Ferry, könnte ich auch durch die wenigen Schritte den höchsten Posten in Frankreich, wie es jetzt ist, und unter der neuen Regierungsform, die man ihm zu geben gedenkt, erlangen usw.« . »Sie verlangen Freimütigkeit von mir. Sie wissen, daß ich sie oft bis zur Rauhheit gesteigert habe. So hören Sie denn. Die Familie hat sich mit einer doppelten Idee beschäftigt, mit einem doppelten Plane. Der erste war eine gerichtliche Trennung, der zweite eine förmliche Ehescheidung. Herr Bingham und seine Tochter bestehen auf der Scheidung. Die Formen werden nichts Anstößiges für Sie haben; man wird sich begnügen, die Verschiedenheit des Alters und Ihre Verführungskünste als Gründe anzugeben. Noch hat sich kein Franzose dadurch beleidigt gefunden, daß man ihm süße Ueberredung und unwiderstehlichen Zauber schuld gegeben hat.« – Der General wälzt nochmals den Verdacht von sich ab, als suche er eine Verbindung zwischen Marie und seinem Neffen Justus zu vermitteln, und fährt fort: – »Den ganzen Sommer hindurch haben sich viele Freier bei Marien eingefunden. Ihre Flucht aus dem väterlichen Hause hat bloß für einen unüberlegten Schrittétourderie. gegolten, für weiter nichts. Sie hat von seiten des Geistes und der Bildung bedeutend gewonnen und in den eleganten Künsten Fortschritte gemacht. Ihr erster Versuch, von der Ehe zu kosten, ist ihr so teuer zu stehen gekommen, daß es schwer halten wird, sie zu einem zweiten zu bewegen. Sie besitzt eine ganz besondere Gabe, die Herzen zu gewinnen; sollte sie aber jemals den Bund der Ehe schließen, so bin ich überzeugt, es wird nur die Folge einer heftigen, lange von ihr bestrittenen und von ihren Eltern, deren Abgott sie ist, gebilligten Leidenschaft sein.Wir finden in einem Briefe des Herrn Barnett, daß der Graf seit der Trennung mehrere Male an Maria (und auch an ihre Mutter) geschrieben hat, und daß dies für einen Bruch des Kontraktes seinerseits vom Vater angesehen werde. – Uebrigens habe ich seit Ihrer Abreise weder in der Familie Willing noch in der Familie Bingham Ihren Namen ein einziges Mal aussprechen gehört. Herrn Bingham habe ich Ihr Schreiben an mich teilweise mitgeteilt. Er stellt es Ihnen völlig frei, den Ort Ihres Aufenthalts nach Ihrem Beliehen zu wählen. Ich darf noch hinzusetzen, daß Mistreß Bingham Ihnen aufrichtig wohl will und Ihnen Gesundheit und Glück wünscht. Ich vereinige meine Wünsche mit den ihrigen.«
Im übrigen Laufe des Jahres 1799 und im folgenden ist jede Spur der Verbindung zwischen dem Grafen und der Familie Bingham verwischt und verschwunden; wenigstens schweigt die amerikanische Korrespondenz ganz. Nur 1801 beginnt sie wieder, als der Graf Lust bezeigte, die Annuität gegen Barzahlung eines zweiten Kapitals von 5000 Pfund zu vertauschen. Er trug seinen beiden Freunden, Noailles und Gueroult de Boisclereau, die Verhandlung auf. Sie ließen es an Versuchen nicht fehlen, konnten aber nichts ausrichten. Herr Bingham blieb standhaft bei dem ersten Vertrage, aus Furcht (wie er selbst gestand) den Grafen unabhängig, folglich gefährlich, zu machen; um so mehr, als dieser den Vertrag schon in einigen Punkten verletzt, an seine Tochter geschrieben, auch sich geäußert habe, nach dem Tode der Eltern auf Ansprüche an die Erbschaft der Tochter berechtigt zu sein. Aus allen diesen Gründen müsse er auf dem Buchstaben des Vertrages bestehen. – Selbst seine Gattin fand ihn unerbittlich, wozu noch kam, daß es ihr an Kraft zu Bitten und Vorstellungen fehlte. Denn, im Laufe des Jahres 1800 von einem bald nachher gestorbenen Sohne entbunden, verfiel sie nach dem Wochenbette in einen so bedenklichen Gichtzustand, daß die Aerzte die Luft von Madeira als das einzige Genesungsmittel vorschrieben. Demzufolge schiffte sich am 15. April 1801 die ganze Familie nach Lissabon ein. Die Mutter starb, ohne Madeira erreicht zu haben. Vater und Tochter begaben sich über Paris nach England, um sich dort niederzulassen, und Herr Bingham, dem nach einigen Jahren zur Wiederherstellung seiner geschwächten Gesundheit die Bäder von Bath empfohlen worden waren, erreichte den gewünschten Zweck so wenig, daß er zu Anfang Februar 1804 sein Grab dort fand, nachdem er noch vorher seiner Tochter drei Vormünder in Nordamerika und einen in London gesetzt hatte. Mit Hilfe eines Freundes, des Rechtsgelehrten Barnett, erlangte der Graf nach vielfältigen bei den Vormündern und Sir Francis Barnett angestellten neuen Versuchen, wie es scheint 1805 oder 1806, den Rückkauf der Annuität durch ein entsprechendes Kapital. Die weitläufigen Verhandlungen gehören nicht hierher.
Noch vor seiner Abreise von Amerika hatte Herr Bingham (in seiner Eigenschaft als Senator) es so weit gebracht, daß mit Beihilfe und Unterstützung der Regierung das Gesuch seiner Tochter um Auflösung der Ehe mit dem Grafen die öffentliche Sanktion erhielt. Als Grund war ihr Alter angegeben worden, welches einen ohne Vorwissen und Einwilligung der Eltern geschlossenen Ehebund ungültig machte. Ob sie bei diesem Schritte ihrem Herzen oder dem väterlichen Geheiß und Willen gefolgt sei, bleibt unentschieden. Wenigstens gibt die Korrespondenz an, daß Mistreß Bingham und Marie mit dem General von Noailles noch immer freundschaftliche Briefe gewechselt haben.
Der Graf langte im August 1799 wieder in London an und meldete sich am 14. im Alien-office zur Aufenthalts-Freiheit (licence). Er bediente sich aber der erhaltenen Lizenz nicht lange und erbat sich schon im September sowohl von der englischen Regierung als von den kaiserlich-österreichischen und königlich-dänischen Gesandtschaften Pässe nach Dänemark und Deutschland.Der englische Paß bezeichnet ihn, 34 Jahre alt, 5 Fuß 5 Zoll groß, mit schwarzen Haaren usw. – Die übrige Beschreibung ist nachher vom Grafen unleserlich gemacht.
Wir sehen den Grafen mit hinlänglichen Pässen versehen aus England abreisen. Seine Ankunft, seinen ersten Aufenthalt in Hamburg, meldet uns ein Schreiben des Herzogs H. von Fleury aus Mitau (vom 25. Oktober), der den Grafen in Hamburg verließ. Von da an aber und wo er das Jahr 1800 zugebracht hat, ist keine andere Spur aufzufinden als eine bloße Vermutung, daß er sich in Dresden und Leipzig aufgehalten, denn von Dänemark geschieht nirgends Erwähnung. Ein Brief des Herzogs von Choiseul (aus Prag vom 11. November 1800) sagt: »Ich erfahre, daß Sie in Leipzig sind.« Ein Familien-Geldgeschäft aus Weimar vom 23. Oktober 1800 gibt den näheren Aufenthalt des Grafen nicht an, scheint aber doch ebenfalls in der Nähe abgemacht worden zu sein. So viel ist gewiß: Die Briefe aus England und Amerika von 1799 bis 1801 sind nach Leipzig an den Bankier Crayen gerichtet.
Wir müssen schon die Hoffnung aufgeben, die Lücke von 1800 auszufüllen, und begleiten den Grafen (1801) nach Berlin. Hier gewinnt seine Geschichte neues Licht und neues Leben. Von hier aus führt ihn ein königlich-preußischer Paß am 3. April nach Dresden; ein zweiter von der kaiserlich-österreichischen Gesandtschaft am niedersächsischen Kreise nach Teplitz, um die dortigen Bäder zu gebrauchen.Wir geben aus diesem Passe die Personalschilderung wieder, weil sie den Grafen ziemlich vollständig darstellt. (Er galt bekanntlich für einen der schönsten und ebenmäßigst gebauten Männer seiner Zeit.) »36 Jahre alt, mittlere Statur, ovalen und etwas bleichen Gesichts, mit schwarzen Haaren, großen schwarzen Augen und regelmäßiger Nase.«
Das Jahr 1801 zeichnet sich für den Grafen durch zwei fast zu gleicher Zeit erhaltene ehrenvolle Auszeichnungen aus. Der König von Preußen ernannte ihn zu seinem Kammerherrn, der Kaiser Paul von Rußland zum Malteserritter. Der Graf sah Schlüssel und Bulle als Mittel an, ihm die Tore von Frankreich zu öffnen. Zwei königliche Schreiben vom 14. April und 29. August lassen über seine Absicht um so weniger einen Zweifel obwalten, als mehrere Schreiben des Grafen Tilly-Blaru an ihn und er selbst von Versuchen sprechen, die er gemacht hat, in sein geliebtes Vaterland zurückzukehren. Er beschwerte sich mit Schmerz und Bitterkeit, daß, als im deuxième Senatusconsulte du 6. Floréal an x. (26. April 1802) den Emigranten die Rückkehr nach Frankreich verstattet wurde, er zu den traurigen Ausnahmen gehört habe, denen diese Wohltat nicht zuteil ward. Er schreibt diese ungünstige Stimmung und Auszeichnung nicht einem besonderen Hasse Buonapartes zu, sondern den Intrigen seiner Umgebung. Später suchte er durch Vermittlung seiner Freunde am Hofe des Königs von Holland durch dessen Fürsprache die Erlaubnis zu erwirken, sich im Haag oder in Brüssel aufhalten zu dürfen. Von da, hoffe er, sei es nur ein Schritt über die Grenze und bis nach seinem lieben Paris.
Es scheint auch wirklich, nach jahrelangen vergeblichen Versuchen, daß sie ihm zum Teil (1807) gelangen und er die Erlaubnis zur Rückkehr erhielt; denn wir finden seinen Namen unter den Personen angeführt, denen das Kreuz der Ehrenlegion zuteil wurde.In dem Aufsatze der Biographie universelle (welchen wir am Schlusse wiedergeben) wird seine Rückkehr anders und später angegeben. Auch sein Alter und sein Todestag sind dort unrichtig.
Doch wir kehren fürs erste mit ihm wieder zu dem Jahre 1801 zurück.
Die ehrenvolle Auszeichnung des Königs von Preußen war nicht die einzige, die ihm am Berliner Hofe widerfuhr. Er genoß von seiten der königlichen Familie sowohl als des hohen Adels einen seiner Geburt entsprechenden und zugleich für seine Person schmeichelhaften näheren Zutritt und eine Behandlung, die er nicht genug zu rühmen weiß. Die von ihm aufbewahrten Briefe vom Königlichen Hause und von höchsten und hohen fürstlichen Personen dienen zum Belege. Unter den fremden Gesandten stand der Baron von Krüdener obenan; das Haus desselben war das seinige. Einer seiner fleißigsten und freundschaftlichsten Korrespondenten war der berühmte Fürst von Ligne.Wir teilen weiter unten etwas aus dessen Briefen mit.
Wir haben den Baron von Krüdener genannt, um Gelegenheit zu haben, den Grafen in einem unter seinen Papieren befindlichen Aufsatze Sur le Baron de Krüdener selbst wieder auftreten zu lassen. Wir rücken ihn um so lieber ein, da er uns zugleich über den Aufenthalt des Grafen in Berlin (in den Jahren 1801 und 1802) genügende Aufschlüsse gibt.
»Der Baron von Krüdener stammt aus einem vornehmen, livländischen Hause, war kaiserlich-russischer Gesandter in Berlin und starb dort plötzlich, dem Scheine nach mit einem Körperbaue und einer Gesundheit begabt, welche ihm ein langes Leben verhießen. Sein Geist besaß einen richtigen Blick, Ausdehnung und Kraft, dabei einen großen Reichtum mannigfaltiger, nützlicher und angenehmer Kenntnisse. Er zeichnete sich durch seltene diplomatische Gaben aus, behandelte die Politik mit Weltkenntnis, ohne Trug und ohne Leichtsinn. Seinen Auftrag, einen der mächtigsten und größten Monarchen zu vertreten, erfüllte er auf eine edle, den Kaiser und sich ehrende Weise, nur vielleicht nicht mit der ökonomischen Pünktlichkeit und Ordnung, worin mittelmäßige Geister ihr Verdienst suchen. Nach seinem Tode gab sein Souverän zu erkennen, daß ihm sein Andenken am Herzen lag; er ließ die von seinem Gesandten eingegangenen Verbindlichkeiten berichtigen und sprach ihn dadurch von jedem Vorwurfe frei.
»Herr von Krüdener machte ein großes Haus in Berlin, welches, besonders in außerordentlichen Fällen, seine Kräfte überstieg. So gab er sich ein fast kaiserliches Ansehen bei dem ersten Erscheinen der schönen Jungfrau des Correggio in Berlin,Helena Pawlowna, Kaiser Pauls erste Tochter, Kaiser Alexanders erste Schwester, des (1819 verstorbenen) Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig von Mecklenburg-Schwerin erste Gemahlin, starb am 24. September 1803 in der schönsten Fülle aller geistigen und körperlichen Eigenschaften. Der Erbgroßherzog (seit 1816 Großherzog) von Mecklenburg-Strelitz sagte mir eins: »Das eine Auge hat etwas von der Venus, das andere etwas von der heiligen Jungfrau.« Wie hübsch gesagt! (Anmerkung des Grafen.) als er die Ehre hatte, die Fürstin von Mecklenburg-Schwerin zu empfangen und zu bewirten, diese liebenswürdige, unglückliche Prinzessin, welche vom Bankett des Lebens abtrat, als sie sich kaum zu demselben niedergesetzt hatte ... Der Kaiser kam bei dieser Gelegenheit seinem Minister großmütig zu Hilfe.
»Der Tod des Herrn von Krüdener hat mich empfindlich gerührt, obschon ich ihn die letzten acht bis zehn Monate seines Lebens weniger sah, und das aus dem Grunde, weil eine sinnlose, ungereimte Verleumdung sich gegen mich entsponnen hatte. Es war dem plumpsten Verdacht gelungen, sich bis zu ihm zu schleichen. Abwechselnd fand er Gehör und wurde abgewiesen, setzte ihn aber mir gegenüber immer in Verlegenheit, sei es in den Augenblicken, wo er sich hatte einnehmen lassen, sei es in denen, wo er einsah, daß man mich zum Vorwand gebrauchen wollte.
»Bei meiner Ankunft in Berlin überhäufte mich der Baron mit Zeichen und Beweisen einer zärtlichen Teilnahme, welche zuletzt in die wärmste Freundschaft übergingen, besonders nachdem er den Verkehr mit Rivarol abgebrochen hatte. Denn so sehr ein Mann von seinem Verstande diese Bekanntschaft suchen mußte, so sehr mußte ein Mann von seiner Klugheit sie meiden. Ich rede hier von seiner diplomatischen Klugheit. Rivarol ist bekannt genug. Man weiß, mit welcher kecken Politik dieser Mann von Geist, dieser schöne Geist, den Gesandten, den Staatsmann, den Diplomaten umspinnen konnte, und wie leicht es in der damaligen Lage von Europa war, einen Schritt über das Ziel zu tun. In seinem Kabinette konnte der Baron – freilich nur im Felde der Politik – den GrafenEr war nie Graf. Eines Gastwirts Sohn, hatte er in der Jugend den Namen Abbé de Parcieux angenommen, mußte ihn aber, als diese Familie klagbar einkam, wieder ablegen. (Uebers.) mit gleichen Waffen bekämpfen; nur an seiner Tafel eine Lanze mit ihm zu brechen, wie es Rivarol gar zu oft ihm zumutete, mußte ihm höchst zuwider sein und auf die Dauer unausstehlich werden.
»Ich speiste gerade an dem Tage, als Rivarol starb, bei dem Gesandten. So vielen Anlaß er mir zum Bruche und zur Klage gegeben, muß ich dennoch gestehen, daß mir der Gedanke »Rivarol liegt im Sterben« peinlich war und sich sichtbar bei mir äußerte. Es war mir zumute, wie in den blühenden Tagen unserer ersten Bekanntschaft. Ich dachte an den schönen Redestrom, der so bald versiegen sollte, an das herrliche Instrument, welches so harmonische Töne von sich gegeben hatte und im Begriffe stand, vom Tode zerschmettert zu werden, an die lebendige, künstlich zusammengesetzte, seltene Organisation, welche am Rande des Grabes und der Vernichtung stand. – Ich dachte an dieses alles ... Ich hatte Rivarol nie gehaßt ... ich glaubte, in diesem Augenblicke zu fühlen, daß ich ihn noch liebte.
»Als ich dem Herrn von Krüdener vorschlug, sich nach seinem Zustande erkundigen zu lassen, gab er mir zur Antwort: »Eben dachte ich daran«, und schickte sogleich einen seiner Leute hin, der den Bescheid brachte, Herr von Rivarol werde den morgigen Tag nicht erleben.
Rivarol, sagte der Baron, ist ein sehr außergewöhnlicher Mensch; er stirbt zu früh. Schade, daß es ihm an Zeit gemangelt zu haben scheint, etwas Dauerhaftes zu hinterlassen, was ihn der Nachwelt und ihrem richtigen Urteile empfehlen könnte. Ich fürchte, was man von ihm hat, ist nicht hinreichend.Rivarol hatte sich über den Baron von Krüdener ein schmutziges Wort erlaubt, welches wir deswegen auch nicht übersetzen. Der Baron erfuhr es und fand sich mit Recht beleidigt. »Je ne mets plus le nez-là«, hatte der Zyniker von ihm gesagt, »il pète son esprit«. In der Tat pflegte der Baron seine Worte aus dem Munde sprudeln zu lassen; es war kein Stottern, es war ein Geräusch anderer Art, ungefähr das, was Rivarol nur zu deutlich ausdrückte.
Ihr Urteil mag vielleicht zu strenge sein; so viel aber ist gewiß, die Gabe der Unterhaltung, die er besaß, wird nie aufhören, gerühmt zu werden, und nie ersetzt. Viele Schriften großer, berühmter Männer sind vergessen. Rivarols Talent wird die Nachwelt ewig erwähnen und ihn für den ersten Sprecher (parleur), sowie seine Unterhaltung für das bewundernswürdigste Schauspiel erklären. Andere müssen sich unsterblich schreiben, er hat sich unsterblich gesprochen.Sein Discours sur l'universalité de la langue française hat ihn überlebt und wird nur mit der Académie des sciences de Berlin, welche diese Abhandlung gekrönt hat, zu leben aufhören.
Ließ ich mich nicht schon wieder von der Wut, Exkurse zu machen und Episoden einzuschalten, hinreißen? Ich sprach von Verleumdung; dies brachte mich auf einen der Verleumder, auf Rivarol, und dieses wieder auf seinen Tod, auf meine Verzeihung, auf seine Lobrede. – Also wieder eingelenkt!
Frau von Krüdener, eine Enkelin des berühmten Feldmarschalls Münnich, der als Fremder nach Rußland versetzt und dort durch seine großen Eigenschaften und seine noch größeren Unglücksfälle eingebürgert war, hatte für mich viel Güte, die unschuldigste Zuneigung und ein reines Wohlwollen, welches ich tief und dankbar empfand. Die Baronin von Krüdener war eine Frau von großem Verstande, von vielen Arten und Gattungen von Verstande; vor allem aber war sie, was man bei Männern einen Sonderling nennt. Sie war in die Einsamkeit, in die ungezwungene Freiheit, in das dolce far niente wie verliebt. Sie liebte aber auch die schönen Künste und die französische Literatur und hat in dieser Sprache einen Roman geschrieben,Valérie, ou lettres de Gustave de Linar à Erneste de G..., in welchem sie ein Verhältnis schildert, das ihr selbst teuer gewesen war. der von keiner starken Phantasie zeugt, aber einen zarten, melancholischen Anstrich hat; der Stil ist zwar etwas manieriert und grenzt an Gesuchtheit, wo er aber glücklich genug ist, diesen Klippen zu entgehen, hat er Frische, Reife und Neuheit. Für sie, für eine Ausländerin, kann das Buch ein halbes Wunder genannt werden; von einem weiblichen französischen Autor würde man urteilen, es sei ein sehr gelungenes Werk.
Uebereinstimmung in Geschmack und Meinungen bringt uns oft einander näher als die Zuneigung des Herzens. Es ließ sich aus diesem Grunde einfach und natürlich erklären, wenn Frau von KrüdenerDer Graf schreibt: Monsieur de Krüdener, Madame de Krüdener. Letztere unterschreibt sich: Krüdner. Ihre Tochter schreibt: Krüdener. einiges Interesse für mich zeigte. Sie hätte vielleicht weniger Anteil an meiner Fehde mit Herrn von Rivarol nehmen sollen, die damals ganz Berlin beschäftigte und das Publikum in Parteien spaltete. Doch mir kommt es am wenigsten zu, mich über die Wärme zu beschweren, mit welcher sie meine Verteidigung führte. Man weiß ja, daß die Frauen überhaupt gar zu gern an dergleichen Streitigkeiten Anteil nehmen, wo der Parteigeist herrscht, und wo sie durch ihren Scharfsinn glänzen können; man weiß, wie sehr sie sich darauf verstehen, mit Hilfe der Phantasie den Faden eines Prozesses auszuspinnen und den Zwist zu verlängern.
Herr von Krüdener bildete sich vermutlich ein, daß von einer gewissen Seite zu weit gegangen würde, und in dieser Einbildung geschah es, daß er selbst, ganz ohne Grund, viel zu weit ging. Wenn noch in jener Welt von sublunarischen Dingen dieser Art die Rede sein könnte, so würde er ganz gewiß längst von seinem Irrtume zurückgekommen sein.
Gleichwohl hatte das Ereignis mit Rivarol zur Folge, daß er in seinem Umfang mit mir eine Zurückhaltung an den Tag legte, die mir nicht entgehen konnte. Ich folgte seinem Beispiele und trat von meiner Seite um eben so viele Schritte zurück, als er von der seinigen. Konnte ich in meiner Lage anders verfahren? Mußte ich nicht so handeln, wie es jedem Vernünftigen zukommt, der in einem Dachstübchenun grenier. haust und sich mit jemandem überwirft, der einen Koch hält und ein großes Haus macht?
Herr von Krüdener suchte mich wieder auf, als er sah, daß ich nichts tat, mich ihm zu nähern und ihn wieder zu gewinnen; aber der Zauber war zerstört. Auf beiden Seiten fehlte es an Offenheit. Verlegenheit, Mißtrauen, Mißbehagen drängten sich zwischen uns. Er, der sonst so gern mit mir plauderte, hatte mir fast nichts mehr zu sagen. Ich hatte noch ein Ohr ihm zu leihen, aber das Herz war nicht mehr da, ihm zuzuhören und ihm zu antworten.
Ich sah ihn nur noch äußerst selten, als ihn der Tod überfiel. Gleichwohl hatte ich zu oft Gelegenheit gehabt, seine schöne Seele und seine vortrefflichen Eigenschaften kennen und schätzen zu lernen, um seinen Verlust nicht inniger und aufrichtiger zu fühlen als so viele andere, welche mehr Ursache hatten als ich, ihn zu beweinen.«Herr von Krüdener hinterließ einen Sohn und eine Tochter, Sophie, nachherige Frau von Berkheim. Sie beantwortet in ihrem und ihres Bruders Namen das Beileidsschreiben des Grafen über den Tod ihres Vaters. Der Brief schließt mit den Worten:
Vous m'annoncez une lettre pour maman; si vous voulez me l'envoyer, je la soignerai. Herr und Frau von Krüdener waren geschieden. Der Graf hatte die Bekanntschaft der letzteren 1801 in Leipzig und Teplitz gemacht.
Wir geben hier einen Brief der Frau von Krüdener an den Grafen mit diplomatischer Genauigkeit abgedruckt:
Par une Négligence de Sophie; qui voulait à toute force Se Charger d'une de mes Lettres pour Vous et y ajouter quelques mots, Vous n'avés pas reçu cette Lettre, et je vois d'ici Monsieur Le Comte, toutes Les acusations que je ne merite qu'en apparance, je me hate donc de Vous dire que Vous avés bien tort, Si Vous Osés douter des Sentimens d'affection, et du Souvenir d'une famille qui Vous est bien dévouée. Ces demoiselles ont reçus Vos fleurs; elles S'en parent, et elles aiment à Vous devoir nouvelles graces, car elles Se rappellent fort bien que Vous Vous plaisiés a leur en accorder. Sophie devait nommément Vous remercier de touts ces charmants bouquets de toutes ces guirlandes, Mais Son Étourderie l'a découragée. Le temps S'est passée et je me charge actuellement des nemercimens, des excuses et de L'indulgence que je promets en Votre Nom.
On me défend d'écrire, car mes Nerfs ne Sont pas badins, ne Viendrés Vous pas essaïer des Eaux d'ici qui Sont excellentes – Vous trouverés de beaux Arbres de beaux Sites, de belles Montagnes, ce qui n'ennuie jamais, Vous trouverés aussi le Prince de Ligne qui est toujours for gai Hier stand an der Stelle und ist ausgestrichen, doch noch lesbar: qui a le même privilége. – et puis une troupe de Seigneurs allemands avec un cortège de Ridicules qui amusent toujours, puis j'espère que Vous me trouvères et que Vous serés bien aise de me Voir, toujours bonne et franche pour mes amis, toujours en guerre Ouverte avec les Allemands aux 32 quartîere; toujours aimant ce qui est aimable, vrai, Simple – n'exigeant rien, vivant à Ma Mode, et vivant Sur une Reputation de bizarrerie fort commode; parequ'on fait ce qu'on veut, qu'on ressemble alors aux pays de montagnes qui par leur diversité n'ennuie jamais:
Il est temps de ne plus abuser de Votre Patience. Portés Vous bien, et pensés quelque fois à ceux qui Vous Sont dévouées, et desirent Vous revoir, j'ai l'honneur d'etre en attendant ce plaisir Ia Toeplitz, 3. julliet 1801.
V. t. h. et t. ob. S. Bar. de Krüdener née de Vietinghoff.
Aus den Familienbriefen des Grafen Karl von Tilly-Blaru heben wir nur dasjenige hervor, was, ohne ihn und die Seinigen zu kompromittieren, in die Geschichte unseres Grafen eingreift. Schon im Jahre 1800 (am 23. Oktober) war ihm der Graf in einer augenblicklichen Verlegenheit auf die edelste Weise von Leipzig aus zu Hilfe gekommen. Ein Brief vom April 1801 aus Weimar, dessen Schluß aber nicht vor uns liegt, gibt dem Grafen Alexander den Rat, nach Paris zu reisen und dort den Bruder des Grafen Karl zu bewegen, etwas für seinen unglücklichen Bruder zu tun, ihm wenigstens gewisse Beweise und Dokumente, die er in Händen habe, zu schicken.
In einem kurzen Schreiben vom 4. Februar 1802 wünscht er, durch Vermittlung des Grafen, seines Freundes (ami), vom Baron von Krüdener einen russischen Paß nach Paris zu erhalten, wo er spätestens in Monatsfrist ankommen mußte, wie ihm die Komtesse de Tilly, seine Gemahlin, schreibt, um die eheliche Verbindung seiner Tochter abzuschließen. Er habe schon, meldet er, durch seine Gattin die gehörige Ausfertigung der surveillance empfangen. Es ist aber aus seiner Reise ebensowenig etwas geworden, als aus der von ihm dem Grafen Alexander vorgeschlagenen, denn ein neuer Plan beschäftigt ihn 1803, wie wir aus einem Schreiben aus Karlsruhe vom 2. Februar ersehen. Er wünscht sehnlichst, in kurfürstlich bayerische Dienste zu treten; nur gibt er den Wunsch zu erkennen, daß die Anstellung ihn nicht zu sehr herabsetze. Er sei 48 Jahre alt, habe 32 Jahre mit Auszeichnung gedient, sei als Major bestimmt gewesen, in das Dragoner-Regiment Penthièvre und von da in das Gardedukorps zu treten. Die Königin habe seinen Namen eigenhändig gestrichen, um den letzteren Eintritt zu verhindern (zur Strafe wegen seines Duells mit dem Grafen Alexander). In diesem Briefe kommt unter andern eine Auseinandersetzung des Ursprungs und hohen Alters der Familie Tilly vor und eine Vergleichung mit dem Hause von Erlach. »Will man behaupten,« heißt es, »daß die Familie Erlach von den Königen von BurgundDe la Bourgogne transjurane. abstamme, so dürfen Sie dreist behaupten, die Familie Tilly stamme männlicherseits von den Königen von Dänemark und weiblicherseits von den Königen von England, Herzogen von der Normandie ab,Letzteres ist ein Irrtum. Luce de Beauffou, welche im vierzehnten Jahrhundert einen Tilly heiratete, stammte zwar wohl von diesen Herzogen der Normandie (von einer jüngeren Linie) ab; allein ihre männlichen Nachkommen sind schon in der dritten Generation nach ihr erloschen, und die jetzigen Grafen Tilly stammen alle von einem jüngeren Zweige dieses Hauses. was sich, wie mich dünkt, wohl gegeneinander aufwiegen läßt.«Ce qui, je crois, vaut bien l'autre. Der Graf setzt hinzu: »Ich habe Urkunden und Schriften gesammelt und 300 bis 400 Folioseiten über unsern Stammbaum zusammengetragen, welche die schlagendsten Beweise enthalten. Ueberdies haben die Nachkommen des berühmten bayerischen Feldherrn, Grafen Tilly, sich für unsere Verwandten erklärt, was ihnen zu keiner geringeren Ehre gereicht als uns.« –Et cela leur fait autant d'honneur qu'à nous.
Aus dem allen wird von ihm der Schluß gezogen: »Der Kurfürst werde sich nicht weigern, einen Tilly ebensohoch im Dienste anzustellen, und wohl noch höher, als er es in Frankreich gewesen sei.« Er erwähnt seine sehr bedrängte Lage, sein Alter, seine Hilflosigkeit und seinen Bruder, der Frankreich nicht verlassen habe, und dort von hunderttausend Franken jährlicher Einkünfte lebte. – Auch einen Sohn hat er, in kaiserlich-österreichischen Diensten, im Regimente des Fürsten von Ligne.
Der Name des Fürsten von Ligne mahnt uns, aus seiner Korrespondenz mit dem Grafen dasjenige auszuheben, was die Lebensgeschichte des letzteren betrifft. Seine Bekanntschaft mit dem Fürsten schreibt sich aus Brüssel her.Vielleicht aus Paris. Sie wurde in Teplitz persönlich und in den Jahren 1804 bis 1806 schriftlich fortgesetzt. Die Briefe des Fürsten atmen eine solche Zuneigung, Teilnahme und aufrichtige Freundschaft für den Grafen, eine solche Hochschätzung für seine Geistesgaben, eine so richtige Beurteilung der Eigenschaften und Fehler seines Herzens und Wandelns, daß wir der Versuchung nur mit Mühe widerstehen, sie, wenigstens teilweise, abdrucken zu lassen. Die ersten sind aus Wien, die letzten aus Teplitz und der allerletzte vom 6. Juli 1806, sämtlich nach Berlin gerichtet. Sie enthalten wiederholte Einladungen, zum Fürsten zu kommen. Je suis bien charmé de Vous lireDer Graf hatte dem Fürsten seine Memoiren mitgeteilt. et de croire Vous parler; j'aimerais pourtant mieux encore Vous entendre, car je Vous verrais par la meme occasion ... Quel dommage que nous soyons séparés par une mer de sable! S'il Vous prenait une fois l'envie d'en sörtir, que ce soit pour expier dans nos eaux salutaires delicta juventutits tuae, et me récompenser des sentimens que Vous m'avez ihspirés... Der hier gleich folgende Zusatz im Briefe ist merkwürdig und schildert die damalige Zeitlage (Julius 1806) mit kurzen, scharfen, treffenden Zügen. On ne sait trop à présent où aller quand on n'aime des ruines que dans un jardin anglais.Freilich war damals ganz Europa, bis auf England, »eine große Ruine«. Aux bains, on ne sait pas où l'on est, on se fait illusion. C'est une petite République sans Doge et sans bonnet rouge. On y va aux barres,Ein bekanntes Badespiel, unser »Kämmerchen vermieten«. Uebrigens ist das hier angebrachte witzige Wortspiel unübersetzbar. quand on y court, mais point à la barre. On n'y a point de gazettes usw. usw. Der humoristische Schreiber setzt die Parallele zwischen der Badewelt und der politischen Welt auf eine höchst sinnreiche und anmutige Weise fort.
In diesem sowie in den übrigen, Briefen gibt er dem Grafen nach vielem aufrichtig erteilten Lobe seiner Memoiren guten Rat, wie er sie am besten und vorteilhaftesten herausgeben könne. Er wünscht, sich darüber mit ihm zu besprechen. Si je vais à Berlin, comme je l'espere, ou si Vous voulez venir à Teplitz, je serai Votre servante de Molière. Depuis les Mémoires sur la Cour de Louis XIV et un peu sur celle du Régent, il n'y a eu que des Porteurs de chaise de Versailles, qui aient écrit. Il est temps que le reste des beaux temps de la France soient en bonnes mains. An einer anderen Stelle schreibt er: Couchez-Vous ,à Berlin, et traversant une mer de sable, qui ne dérangera pas Votre sommeil, levez-Vous au bout de deux jours à Teplitz à la fin de Juin (1806). Apportez vos manuscsrits. Je suis assez sensé pour en être le Censeur, sans être un Caton, et Votre Censeur est censé un Approbateur, car il n'y aura qu'a Vous rendre justice. – Des Fürsten Rat bezieht sich sogar auf das Finanzielle, auf den Verleger, auf den Druckort, Berlin, Leipzig, Hamburg, Weimar; vor allen empfiehlt er Walther in Dresden, der ihm (dem Fürsten) tausend Dukaten für einige Bändchen seiner Schriften gezahlt hat. Der geistreiche Verfasser nennt diese scherzhaft: »Les bêtises qui me passent par la tête, et qui, en détail, m'ont fait plus de plaisir qu'a mes lecteurs; und einige Zeilen weiter mes pauvres petits vermisseaux de société.« Er ist in seinen Briefen unerschöpflich in Anekdoten vom Hofe Ludwigs XVI. Auch hier würde es uns schwer fallen diese unseren Lesern vorzuenthalten, wenn wir es uns nicht in mehreren brieflichen Auszügen zum Gesetz gemacht hätten, nur dasjenige mitzuteilen, was den Schreiber und den Empfänger persönlich berührt.Nur als ein kleines Beispiel der Anekdoten folgende, weil sie Ludwig XVI. gar zu treffend charakterisiert. Madame de Cassini me dit un jour: La Reine se mefie de Mr. Necker. II ya dix ans (1776), que faisant des rêves d'ambition, sans croire pourtant les réaliser, Necker dit à mon frère (le Marquis de Pesaj): Vous serez mon enfant perdu. Je Vous ferai écrire de lettres au Roi (Vous savez le reste). Dans une de ces lettres il lui écrivit: »Sire, vous êtes dépourvu de grâce. Jetez vous d'un autre côté; que ce soit celui de l'autorité. Vous irez demain à une course de cheveaux. Vous verrez un notaire écrire le pari de Monsieur le Comte d'Artois et de Monsieur le Duc d'Orléans. Vous demanderez: quel homme c'est (le notaire). On vous le nommera; et vous direz: »En faut-il entre des Gentilshommes?« Et cela fut exécuté. C'etait à Fontainebleau; et je l'ai entendu. »Quel grand mot, s'écriat-on, pour le Roi!!« – Dans une autre lettre il lai écrit: »Sire, si en sortant de Votre Cabinet par la porte de glace, Vous ne tournez pas la tête à droite, ma Correspondance cessera.« Le Roi le fit. Necker fut pris usw. – Wir brechen hier ab.
Der Graf gab im Jahre 1803 bei seinem Freunde, dem damaligen Buchhändler Mettra in Berlin, unter dem Titel: Oeuvres mêlées du Comte Alexandre de Tilly, und mit dem Motto: Immensum gloria calcar habet, in einer zweiten vollständigeren Ausgabe, eine Sammlung von Gedichten und prosaischen Aufsätzen heraus, welche schon früher (Paris 1795) Beifall gefunden hatten und nicht ohne Wert sind. Er eignet sie der Gräfin von An ... zu und erwähnt in der Zuschrift Namen und Erinnerungen, wozu er allein den Schlüssel hatte.
In eben diesem Jahre trug sich, wie er selbst es nennt, das traurigste Ereignis seines Lebens zu. Eine Dame in Berlin, die er zärtlich geliebt hatte, und die ihn noch immer über alles liebte, suchte und fand ihren Tod in den Wellen. Nicht ohne tiefes Schmerzgefühl untersuchen wir im Augenblick, wo wir im Begriff sind, diese Notizen zu schließen, ein kleines schwarz versiegelt gewesenes und entsiegeltes Pack, mit der Aufschrift von des Grafen Hand versehen: Monument de la plus grande infortune, d'un regret, d'une douleur éternels,Denkmal des größten Unglücks, einer ewigen Reue, eines ewigen Schmerzes. und finden – neben anderen Liebeszeichen und Angedenken, ein Abschiedsschreiben von der Hand seiner Clara, auf welches ihr Tod bald nachher folgen sollte.
»Ich erkläre Ihnen, mein lieber Tilly, daß ich aus eigener Bewegung, mit meinem freien Willen das folgende schreibe:
»Ich schwöre, daß alles, was ich meinem geliebten Tilly bis jetzt gesagt habe, wahr ist, daß ich ihn niemals, bei Gott, niemals betrogen, auch nur mit einem Gedanken verraten habe! Wenn dieser Schwur falsch ist, möge mich Gott auf das Schrecklichste strafen, durch den Tod, durch das Unglück meines angebeteten Tilly. Er möge mich, wenn ich vor seinem Richterstuhl erscheine, ohne Barmherzigkeit von sich stoßen; meiner Kinder Glück und Seligkeit soll hier und dort verloren sein.
Diese Schwüre gelten auch für die Zukunft, wenn ich je Sie betrüge, was nie, nie möglich sein wird, ohne Ihnen vorher zu sagen, daß ich Sie nicht mehr liebe. So treffe meinen Tilly, meine Kinder, mich alles Unglück, was ich eben von Gott erbeten habe. Sie, Tilly, können dann dieses Papier bekanntmachen und mich vor der ganzen Welt für eine Ehrlose erklären.
Noch einmal schwöre ich im Angesicht Gottes, bei Ihrem Tod, unserer Seligkeit, daß keiner der Schwüre, selbst in unbedeutenden Kleinigkeiten, die ich Ihnen bisher getan, falsch war; daß ich von heute an nie etwas gegen mich unternehmen will, was Ihnen Kummer machen kann (!), daß ich mit Fassung und Ruhe das erwarten und ertragen will, was Gott über mich verhängt hat. (?!)
Berlin, den 13. Dezember 1803.
C. E. P... née St...
N. S. Die Geschichte mit den Haaren ist mir selbst ein Rätsel; aber alle diese heiligen Schwüre gelten dafür, daß sie von keinem Manne sind, den ich kenne.«
Die Unglückliche hielt nicht lange, was; sie versprochen und beschworen hatte. Sie stürzte sich in die Spree.
Seit diesem unglücklichen Vorfall verfolgte die rächende Nemesis den Grafen. Seine Achtung und sein Kredit sanken in Berlin. Seine Schulden vermehrten sich. Seine Gläubiger drängten ihn. Die Versuche und Unterhandlungen, wieder in sein Vaterland zu kommen, nahmen im Frühjahr 1806 ihren Anfang und blieben das ganze Jahr über ohne Erfolg. Im Frühjahr 1807 (nach dem 30. April) verließ er Berlin, brach alle dortigen Verhältnisse ab und verschwand.
Hier hören unsere Nachrichten auf und wir verlieren die Spur des Grafen, insofern er selbst sie uns vorgezeichnet hat.
Als Ergänzung, doch ohne die Richtigkeit zu verbürgen, geben wir den Artikel über den Grafen Tilly aus der Biographie Universelle, T. XLVI, p. 67 et suiv. von Michaud dem Jüngern.
»Der Graf Alexander von Tilly, geboren 1754Muß heißen 1764 oder 1765. in der Normandie,Muß heißen Le Mans. stammte von einer uralten Familie ab, widmete sich schon in früher Jugend den Waffen und zeigte sich von Anfang an der Revolution abgeneigt. 1790 und 1791 rückte er in den Actes des Apôtres und in der Feuille du jour Aufsätze ein, welche sich durch eine kräftige Schreibart und die Wärme, womit er seine Meinungen verficht, auszeichnen. Im Jahre 1792 zeigte er in der Verteidigung Ludwigs XVI. viel Entschlossenheit und hatte den Mut, am 27. Juli desselben Jahres ein langes merkwürdiges Schreiben an den Monarchen zu richten, worin er ihm mit großer Freimütigkeit Rat erteilt und ihn vor den bevorstehenden Gefahren zu warnen keinen Anstand nimmt. Dieses Schreiben machte der Verfasser selbst 1792 in ParisMuß heißen London. (1803 in Berlin.) und 1794 in Berlin bekannt. Es befindet sich ebenfalls im XI. Teile von Bertrand von Mollevilles Geschichte der Revolution. Man weiß nicht, ob das Schreiben, welches der Graf Tilly dem Könige zu übersenden gewagt hatte, gut aufgenommen worden ist; nur so viel weiß man, daß der Monarch den weisen und herzhaften Rat des Grafen nicht befolgt hat. Nach dem 10. August sah sich dieser in die Notwendigkeit versetzt, Frankreich zu verlassen. Er ging nach England, ließ sich dann späterhin in Berlin niederVom Aufenthalt in Nordamerika schweigt die Biographie. und kam 1814, nach der Restauration der Bourbons, nach Frankreich zurück, folgte ihnen bei ihrer zweiten Entfernung nach und nahm sich das Leben, den 23. Dezember 1816 in BrüsselSein Tod wird auf verschiedene Weise erzählt und ist früher erfolgt. In einer Note seiner Epistel an Chamfort (1785) verdammt er den Selbstmord.Un coup de pistolet, n'est-ce pas de la belle et bonne Philosophie? Messieurs de la Secte, un suicide n'est-ce pas un mernbre distungué de votre secte? (Chamfort und Tilly haben sich beide das Leben genommen. – Man hat von ihm: 1. Oeuvres mêlées, Paris 1785, 8°, 160 S. Berlin 1803, 8°, 214 S. 2. Lettre à Monsieur Philippe d'Orleans (Londres) 1790, ohne Namen, 1/2 Bogen, mit einer anderen Broschüre: A moi Philippe! verbunden. Es ist zweifelhaft, ob beide vom Grafen sind. – 3. Sechs Romanzen, von Garrat in Musik gesetzt 1792. 4. An Herrn von Condorcet, Mitglied der Nationalversammlung. London, 5. November 1792. 5. De la Revolution francaise à Londres 1794. 8°. Das so allgemein bekannte Distichon auf Ludwig XVI. ist vom Grafen Tilly.
Il ne sut qufe mourir, aimer et pardonner.
S'il avait su punir, il aurait su regner.
In diesem Distichon, von der eigenen Hand des Grafen geschrieben, heißt es: II auarit dû régner, was einen viel besseren Sinn hat.
Ende.