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Kapitel II.
Allgemeines über Brasilien, speciell die Amazonas-Provinzen.

Das Land, welches wir morgen früh betreten sollen, spannt unsere Erwartungen auf das Höchste. Es ist, die Reiche ohne Kolonien berechnet, das viertgrösste Reich der Erde, erstreckt sich durch ca. 38 Breitengrade und gilt als etwa zur Hälfte noch unerforscht. Seinem Flächeninhalt von 8 361 350 qkm entspricht, mit den meisten anderen Ländern verglichen, die Kopfzahl seiner Bevölkerung keineswegs; es zählt nur etwas über 14 Millionen Einwohner, so dass auf den Quadratkilometer nur 1,67 treffen. Das grösste Kontingent zur Bevölkerung stellt eine Mischrasse von Weissen, Indianern und Negern, welche hauptsächlich die arbeitende Klasse repräsentirt, aber auch in die höheren Gesellschaftskreise eindringt. Letzteres steht im Gegensatz zu den Verhältnissen in den Vereinigten Staaten Nordamerikas, woselbst die Rassen social bis jetzt sehr geschieden sind. Diese brasilianische Mischrasse betrug im Jahre 1872, Seither scheint keine Zählung nach Rassen mehr vorgenommen worden zu sein. als man die Gesammtbevölkerung auf nur ca. 11 Millionen schätzte, nahezu 4 Millionen; neben dieser berechnete man noch ungefähr 2 Millionen Neger, fast 1 400 000 Indianer und etwas unter 4 Millionen Weisse, welch letztere auch nicht alle die Reinheit ihres arischen Stammbaumes unbestritten festzustellen im Stande gewesen sein dürften. Von der seitherigen Zunahme der Bevölkerung um 3 Millionen kommt zweifellos der Löwenantheil der Mischrasse zu; auf die weisse Bevölkerung mag ungefähr eine Million entfallen. Bei der Unzulänglichkeit der staatlichen Behörden sind alle statistischen Angaben sehr unzuverlässig.

Die Mischrasse theilt sich in Mamclucos, d. h. Mischlinge von Indianern und Weissen, in Caribocas, Die Caribocas werden auch Cafuzos genannt. d. h. Mischlinge von Indianern und Negern, in Mulatten, d. h. Mischlinge von Weissen und Negern, und endlich in ein Kreuzungsprodukt all dieser Mischlingsrassen in dem vollständigsten Durcheinander sämmtlicher Abstufungen. Die Mischrasse Brasiliens vermehrt sich rasch, ist geistig den reinen Rassen zum Mindesten gleichwertig und accomodirt sich physisch den Einflüssen des Klimas ausgezeichnet. Körperliche Schönheit ist den brasilianischen Mestizen nicht immer eigen; diejenigen, welche Negerblut aufweisen, sind mitunter sogar abschreckend hässlich. Was ihren Charakter betrifft, begegnen die Mischlinge unter den reinrassigen Mitbürgern manchem Misstrauen, und kann man von Letzteren öfters die vermuthlich durch Vorurtheile beeinflusste Vergleiche Couto de Magalhães: O Selvagem, II. 102 e seg. 185. Aeusserung hören, dass das Unglück Brasiliens die Mischrasse sei. Mag dem sein wie ihm wolle, jedenfalls gehört dieser Rasse die Zukunft des Landes. Die geographische Vertheilung der Mischlinge ist eine sehr ungleiche; die meisten sitzen in den mittleren und nördlichen Theilen Brasiliens, die mischlingsarme Provinz Amazonas ausgenommen. Im Norden herrscht in der Mischrasse das indianische Blut vor, im Osten Mittelbrasiliens das Negerblut. Im Innern des Landes und im Süden sind die Mischlinge vorwiegend Mamelucos. Siehe Levasseur: Le Brésil, p. 24, 50. Die Weissen, welche nach den Mischlingen das vielköpfigste Bevölkerungselement im Lande bilden, setzen sich aus fast allen Nationalitäten Europas zusammen. Unter ihnen herrschen, was sich aus der geschichtlichen Entwickelung Brasiliens naturgemäss ergiebt, die Portugiesen weitaus vor, wie ja auch das Portugiesische die Sprache des Landes geworden ist. Den Portugiesen dürften die Italiener an Zahl am nächsten stehen, diesen die Spanier; in vierter Reihe wären die Deutschen zu erwähnen. Diese Annahmen beruhen z. Th. nur auf Muthmaassungen, da das statistische Material äusserst mangelhaft ist. Scheinbar überflügeln vielleicht die Deutschen die Spanier an Zahl, doch, da die Spanier sich mit den von ihnen in Brasilien vorgefundenen anderen Romanen sicherlich leichter amalgamiren als die Deutschen, dürften Manche unter ihnen nicht mehr als Spanier gelten, die vielleicht noch Vollblutspanier sind. Was an Franzosen, Russen und anderen Weissen in Brasilien vorhanden ist, scheint an Zahl kaum nennenswerth; ganz verschwindend ist die angelsächsische Rasse vertreten. Am besten acclimatisiren sich die Romanen, die sogar in den äquatorialen Strichen den schädlichen Einflüssen der Hitze Widerstand leisten können. Die Deutschen hingegen sehen sich, wenigstens für Kolonisirungszwecke, auf die mittleren und namentlich südlichen Provinzen, angewiesen.

Die Neger, die, wie wir früher bemerkten, immerhin zwei Millionen betragen, zerfallen in solche, welche noch selbst nach Brasilien eingeführt, Es geschah dies bis 1850. und in solche, welche in Brasilien geboren worden sind, als Nachkommen der drei Jahrhunderte hindurch in das Land gebrachten Sklaven. Diese Neger gehören verschiedenen Stämmen aus den verschiedensten Theilen Afrikas an. Am bekanntesten und schönsten sind die Minasneger, welche ihre Heimath in Bonin am Meerbusen von Guinea haben. Die meisten Neger finden sich in Brasilien in den mittleren Küstenprovinzen von Bahia bis einschlüssig Rio de Janeiro, aber auch Maranhão und Minas Geraes weisen einen hohen Prozentsatz an Schwarzen auf.

Die Indianer endlich, welche als die Urbevölkerung des Landes unser Interesse am meisten in Anspruch nehmen, sind jetzt daselbst die wenigst zahlreiche Rasse geworden. Die civilisirten unter ihnen beliefen sich 1872 auf fast 400 000 und konzentrirten sich hauptsächlich auf die wenig zugängliche Provinz Amazonas. In einzelnen Küstenprovinzen waren sie schon damals nahezu verschwunden. Die wilden Indianer, über welche in Bezug auf Anzahl jede sichere Angabe fehlt, werden von Einigen auf 600 000, von Anderen auf eine Million geschätzt. Man theilte die Indianer bisher bald in zwei, bald in drei, in vier oder in acht Hauptgruppen, Eintheilungen, welche nicht so sehr auf anthropologischer als mehr oder minder auf linguistischer Grundlage beruhten. Neuestens hat man wieder, und zwar gleichfalls nach linguistischen Prinzipien, acht Hauptgruppen aufgestellt, Ehrenreich. Die Eintheilung und Verbreitung der Völkerstämme Brasiliens nach dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse. Petermann's Geographische Mittheilungen, XXXVII. S 4 ff. welche sich jedoch nicht mit den früheren acht decken. Unter denselben sind es namentlich vier, welche für Brasilien Bedeutung haben. Ich nenne vor Allen die Gruppe der Tupí, welche die vornehmsten, wichtigsten und bildungsfähigsten Indianerstämme in sich vereinigt. Sie hat ihren Wohnsitz hauptsächlich südlich des Amazonas und ist in diesem Stromgebiet das produzirende und vornehmlich schifffahrende Element. An diese weitverbreitete Gruppe reiht sich diejenige der Gès, welche in der Osthälfte Brasiliens die vorherrschende ist und die auf primitivster Stufe stehenden Stämme in sich schliesst. Als dritte Gruppe begegnet uns diejenige der Karaiben, die man sowohl in Centralbrasilien wie an beiden Amazonasufern antrifft. Als vierte Hauptgruppe endlich sind die unter dem Namen Nu-Aruak oder Maipure zusammengefassten Stämme zu erwähnen, welche sich von der Nordgrenze Brasiliens bis zum 20° s. Br. und vom äussersten Westen bis an den Atlantischen Ocean hinziehen, jedoch vorzüglich im oberen Amazonasgebiete sitzen. Die vier übrigen Hauptgruppen, die Goyatacá, die Gaycurú, die Miranha und die Pano sind theils nur mehr in spärlichen Resten erhalten, theils überwiegend jenseits der brasilianischen Grenze zu suchen.

Ausser diesen linguistisch deutlich abgegrenzten Gruppen von Stämmen giebt es in Brasilien noch andere, und nicht unbedeutende Indianerstämme, welche sich bisher noch nirgends einordnen lassen. Zu diesen gehören am Amazonas die Mura, und am Rio Negro die Uaupé. Ueber die Anzahl der überhaupt auf brasilianischem Gebiet hausenden Stämme ist noch nichts Erschöpfendes bekannt. Wollte man sämmtliche in Büchern und auf ethnographischen Karten vorkommende diesbezügliche Namen als solche selbständiger Stämme ansehen, so würde man die ausgiebige Summe von etwa 500 erreichen, von denen allein über 200 auf das Amazonasgebiet zu treffen hätten. Martius (Zur Ethnographie Amerikas, S. 48) rechnet für ganz Brasilien etwas über 250 Horden und Stämme, Moura (Diccionario Geographico do Brasil, I. 459 e s.) nur 160. – Aus sämmtlichen mir zur Verfügung stehenden, namentlich brasilianischen Quellen ergab sich die im Text erwähnte Zahl von etwa 500 verschiedenen Namen. Da jedoch manche dieser Namen jetzt ausgestorbenen oder verschollenen Stämmen zugehören, manche nur Hordennamen sind und die einzelnen Horden oft wieder unter mehrerlei Benennungen auftreten, Siehe Martius, I. c. S. 432 Anm. 2, und Ehrenreich I. c. S. 84. so dürften die wirklich vorhandenen Stämme eine erheblich geringere Zahl ergeben. Diesen wilden Indianerstämmen gehört das Centrum, der Norden, der Westen und ein Theil des Südens von Brasilien auf weiten Strecken ausschliesslich, auf anderen vorwiegend. Ganz im Osten und im Süden sind sie grösstentheils von den weissen und schwarzen Einwanderern zurückgedrängt worden, und finden wir sie da nur mehr um die Serra dos Aymorés herumgelagert, das heisst in der Provinz Espirito Santo, im Osten der Provinz Minas Geraes und Süden der Provinz Bahia. All die zahlreichen Indianerstämme Brasiliens weisen Einheitlichkeit des ethnographischen Gesammtcharakters auf, wenn auch bei ihnen in den Einzelheiten grosse Mannigfaltigkeit herrscht. Lacerda: O homem dos sambaquis (Archivos do Museu Nacional do Rio de Janeiro, VI. 538) Ihre Zugehörigkeit zu den mongolenähnlichen Völkern ist kaum anzustreiten, Peschel: Völkerkunde, 404 ff. – Ratzel: Anthropogeographie, II. 753, 774 ff. – Ranke: Der Mensch, II. 268, 272, 275, 350, – Martius: Zur Ethnographie, S. 307. – Mello Moraes: Revisto da Exposição Anthropologica etc., 70. – Rey: Les Botocudes, 20, 63, u. A. da die mongoloiden Rassenmerkmale, gegenüber einzelnen Abweichungen vom mongolischen Typus, weit vorherrschen. Die Hautfarbe wechselt sehr nach den verschiedenen Stämmen; die der Botokuden ist gelblich, die der Cauixanas kupferroth, die der Muras dunkelbraun, der zahlreichen Farbenabstufungen anderer Indianerstämme nicht zu gedenken. Die Amazonasindianer gelten kulturell durchschnittlich für höherstehend als die südlicher wohnenden Stämme, doch trifft man auch unter ihnen einige Horden, welchen Anthropophagie vorzuwerfen ist. Uebrigens scheint diese rohe Sitte früher viel verbreiteter gewesen zu sein als in der Jetztzeit. Mello Moraes: Revista etc., 103, 111 e s., 119. – Martius I. c. 427. Die wilden Indianer Brasiliens, sofern sie nicht von europäischer Kultur beeinflusst wurden, leben noch alle in der Steinzeit. Couto de Magalhães: O Selvagem, I. 151, 281; II. 95, 96. – Martius I. c. 763. Die Versuche der Regierung, die Indianer zu civilisiren, sind bisher nicht von grossem Erfolg begleitet gewesen, theils weil die Angelegenheit unglücklich ins Werk gesetzt, theils weil von gewissenlosen Privatleuten den staatlichen Behörden entgegengearbeitet wurde. Von Natur ist der Indianer durchschnittlich gutmüthig, ehrlich, vertrauend, dankbar und treu; er gilt ferner als intelligent, geschickt und fleissig. Erst die Berührung mit den Weissen und die Behandlung durch dieselben, das Uebervortheilt- und Betrogenwerden durch habsüchtige Händler hat ihn verdorben, hat ihn verstockt und rachsüchtig, unzuverlässig, misstrauisch und dem Trunke ergeben gemacht. Und nicht nur psychisch, auch physisch scheint der Verkehr mit den Weissen verderbenbringend auf die Indianer einzuwirken. Namentlich Hautkrankheiten, die sie früher nicht kannten, wie Blattern und Masern, decimiren ihre Reihen. Rey: Les Botocudes, 72. – Martius I. c. 149, 150. Ueberhaupt ist die brasilianische Rothhaut nicht sonderlich kräftig, jedenfalls weniger widerstandsfähig und besonders gegen die Einwirkung der Sonne empfindlicher als die schwarze Rasse, hingegen verträgt sie kühlere Temperatur besser, als man vermuthen sollte.

   

Diejenige der zwanzig Provinzen Seit der Republik sind es nicht mehr Provinzen, sondern Staaten. Brasiliens, der wir zunächst unseren Besuch abstatten wollen, ist Grão Pará, die drittgrösste des Reiches. Sie hat einen Flächeninhalt von 1 149 712 qkm und eine Bevölkerung von nur 407 350 Seelen; somit ist sie nicht viel kleiner als Deutschland und Frankreich zusammengenommen und zählt dabei kaum mehr Seelen als das Herzogthum Braunschweig. Auf den Quadratkilometer treffen nur 0,35 Menschen; Volkszählung des Jahres 1888. die Mestizen überwiegen, sie betragen 38% der Gesammtbevölkerung, indessen die Weissen sich mit 33% begnügen, die civilisirten Indianer mit 16%, die Neger mit 11%. Die etwas zu niedrig gegriffenen Ziffern ergeben sich dadurch, dass in Levasseur: Le Brésil, p. 50, keine Brüche angegeben sind. – Die Ziffern sind der Volkszählung des Jahres 1872 entnommen, da über die Rassenvertheilung keine neueren Angaben existiren. Ueber die Anzahl der wilden Indianer ist nichts Genaues bekannt, wohl aber über ihre Verbreitung. Sie haben fast die ganze Region des linken Amazonasufers inne und sitzen da ziemlich dicht; je weiter von den Weissen entfernt, desto dichter. Aber auch am rechten Stromufer, dem Süden des Landes zu, begegnen uns ziemlich viele Stämme, unter welchen vor Allen die Maué und Mundurucú zu nennen sind, die individuenreichsten Stämme ganz Brasiliens.

Westlich der Provinz Grão Pará liegt die Provinz Amazonas, welche auch auf unserem Reiseprogramm steht und mit der erstgenannten den riesigen Komplex der Amazonasniederung umfasst. Sie ist die grösste und zugleich am schwächsten bevölkerte Provinz des Landes. Ihr Flächeninhalt beträgt nicht weniger als 1 893 020 qkm, übertrifft somit denjenigen von Deutschland, Frankreich, Oesterreich-Ungarn, Serbien und Rumänien zusammengenommen. Die Bevölkerung dieser Riesenprovinz, welch letztere ihrem Umfange nach allein schon ein grosses Reich repräsentirt, beläuft sich auf nur 80 654 Seelen, so dass auf den Quadratkilometer bloss 0,04 Menschen entfallen. In keinem Theil des Landes ergeben sich so günstige Zahlenverhältnisse für die autochthone Rasse wie hier. Die civilisirten Indianer allein betragen nicht weniger als 63% der Bevölkerung, die Weissen hingegen nur 19%, die Mestizen 13% und die Neger 3%. Levasseur; Le Brésil, p. 50. Wilde Indianerhorden sind in zahllosen Stämmen über das ganze Gebiet verbreitet; ich will von ihnen nur einige der bekannteren erwähnen, so die Mura, die Caripuná, die Ticuna und die menschenfressenden Miranha.

Die Ansiedelungen in diesen beiden umfangreichen Nordprovinzen Brasiliens beschränken sich ausschliesslich auf die Ufer des Amazonas, die Ufer des gleichwerthigen Rio Negro und den Unterlauf der übrigen Nebenflüsse. Sämmtliches Hinterland, schon die nächsten Landstriche rechts und links der Flüsse, sind das unbestrittene, noch unerforschte Gebiet der wilden Indianerstämme. Undurchdringlicher Urwald bedeckt weithin den jungfräulichen Boden, zusammenhängende Waldkomplexe bildend, von einer Grösse, bei deren Begriff uns schwindelt. Dazwischen dehnen sich einzelne baumentblösste, steppenartige Strecken, für welche die Brasilianer den Namen Campos haben. Die einzigen Verkehrswege dieses Landstriches sind die Wasserläufe. Keine Strassen durchziehen die Waldwildniss, kein Saumpfad verbindet eine Ortschaft mit der anderen. Nur die Wilden durchstreifen die Urwälder auf geheimen, bloss ihnen bekannten, nicht einmal Fusssteige zu nennenden Bahnen.

Neben der endlosen Waldwildniss drückt der König der Ströme, der riesige Amazonas, dieser Gegend den Charakter auf. Die Provinzen Grão Pará und Amazonas entfallen ganz auf sein Stromgebiet, welches das grösste der Erde ist. Ausser ebengenannten Provinzen gehören noch die südlicheren, Goyaz und Mato Grosso, fast vollständig, und von den westlich an Brasilien grenzenden Ländern grosse Strecken in sein Bereich. Alles zusammengenommen umfasst das Gebiet des Amazonenstromes somit ungefähr 7 Millionen Quadratkilometer. Der Stromlauf hat eine Länge von 5430 km, Rechnet man die, Rio Pará genannte Mündung hinzu, ergiebt sich eine noch höhere Kilometerzahl. von welchen 3150 km auf Brasilien entfallen. Die Breite des Stromes beträgt schon an der brasilianischen Grenze 2770 m, bis zum Einfluss des Madeira zwischen 4 und 6 km, und wo Inseln zwischenlagern noch weit mehr, 900 km stromabwärts von da, eine gute Strecke hindurch 10 km, dann 15, 25, endlich bei Macapá 40 km, womit der Strom den Charakter eines Golfes angenommen hat. Der Länge und Breite des Amazonas entspricht seine Tiefe. Sie beläuft sich schon beim Eintritt in Brasilien auf 20 m und hält sich dann durchschnittlich auf 20 bis 50 m, erreicht aber an manchen Stellen 80 m und einmal sogar 120 m. Das Gefäll ist sehr gering, namentlich von Tabatinga, dem brasilianischen Grenzort, an gerechnet. Es beträgt von da ab durchschnittlich nur 1 m auf 41 600 m; dabei ist aber die Strömungsgeschwindigkeit, zum Theil in Folge der ungeheuren Wassermasse, nichtsdestoweniger eine verhältnissmässig bedeutende, nämlich im Mittel 0,78 m pro Sekunde. Der Amazonas weist ein hauptsächlich durch periodische Regen bedingtes jährliches regelmässiges Steigen (enchente) und Fallen (vazante) auf, deren Niveauunterschied sich am mittleren Strom durchschnittlich auf 13,5 m berechnet. Die Anschwellung des Wassers beginnt im Oberlauf des auf brasilianisches Gebiet entfallenden Stromtheiles schon Ende Oktober, Vergleiche Silva Araujo: Diccionario do Alto Amazonas, p. 56. im Unterlauf weit später; Ende Juni bezw. Ende Juli tritt das Fallen des Stromes ein und dauert bis über den September hinaus. Zur Zeit der Enchente sind die Ufer landeinwärts meilenweit überschwemmt, wodurch ein bald als Igapó, bald einfach als Vargem bezeichnetes Alluvionsgebiet Unter Igapó versteht man überhaupt einen überschwemmten Wald (Barboza Rodrigues: Pacificação etc., p. 44. – Souza: Valle do Amazonas, p. 311. – Silva Araujo: Diccionario etc. 141. – Verissimo: Revista Amazonica I. 90), unter Vargem im Allgemeinen den Niederungsboden, das Ueberschwemmungsgebiet (Hartt: Geology and Physical Geography of Brazil 152, 163. 168; – siehe auch Martius: Tabul. physiogn. LXVI. u. Orville Derby: Contribution to the Geology of the Lower Amazonas, 158 u. f.), so dass sich, nach dem jeweiligen Ufercharakter, bald nur der letztere, bald auch der erstere Ausdruck für das Ueberschwemmungsgebiet gebrauchen lässt. – Keller-Leuzinger (Vom Amazonas zum Madeira, S. 26, Anmerk.) hingegen nennt, unbekümmert, ob es Waldterrain ist oder nicht, Igapó das länger und alljährlich überschwemmte Gebiet, im Gegensatz zum Vargem, dem über der mittleren Fluthhöhe befindlichen, somit kürzer und theilweise auch seltener unter Wasser gesetzten Terrain, eine Auffassung, die ziemlich mit den von mir an Ort und Stelle gesammelten Notizen stimmt. – Smith (Physical Geography of the Amazons Valley, (American Naturalist XIX. 30 u. ff.) schliesst sich ebenfalls der Auffassung Keller-Leuzinger's an, erwähnt jedoch, dass das Wort varzea – vargem auch eine allgemeinere Bedeutung erfährt. mit ganz bestimmtem Vegetationscharakter entsteht. Ebbe und Fluth, welche sich durchschnittlich noch 425 km von der Mündung aufwärts bemerkbar machen, sind zur Zeit des niedersten Wasserstandes des Amazonas sogar 790 km aufwärts ganz bedeutend, weitere 100 km noch etwas zu verspüren. Eine Eigenart des Stromes ist sein Reichthum an Inseln, deren man zweierlei unterscheidet. Es giebt solche, welche inmitten des Strombettes liegen und solche, welche nur durch schmale Wasserarme, Paraná-mirims, vom Ufer getrennt sind oder durch Furos, d. h. kanalartige Wasserstrassen, welche zwei Flussläufe verbinden, gebildet werden. Durch diese Paraná-mirims und Furos, die sich nach allen Richtungen kreuzen, entsteht zu beiden Seiten des Stromes ein wahres Labyrinth inselartiger Landfragmente, welches sich schliesslich sowohl rechts wie links auf mehr denn 100 km landeinwärts erstreckt und in welchem man auf dem Wasserwege über 1000 km zurücklegen kann, ohne jemals das eigentliche Strombett berühren zu müssen. Moreira Pinto: Apontamentos para um Diccionario Geographico do Brazil I. 262.

Wie Alles, was mit dem Amazonas zusammenhängt, das gewöhnliche Maass überschreitet, so zeichnen sich auch seine Zuflüsse durch Anzahl und Grösse besonders aus. Es giebt deren ungefähr hundert. Dreissig führen ihm mehr Wasser zu als die Seine dem Meer, elf entsprechen der Grösse des Rheines und sechs sind fast so mächtig wie er selbst, Souza: Valle etc. darunter vor Allem der von Süden kommende Madeira. Die Flüsse zerfallen in Schwarz- oder Klarwasser- und in Weisswasserflüsse, das heisst in solche mit klarer, dunkler und solche mit undurchsichtiger, fast gelblicher Wasserfarbe. Die Verschiedenheit der Farbe wird durch die Verschiedenheit des durchflossenen Bodens bedingt. Die auf weichem Alluvialboden fliessenden Flüsse haben helltrübes, die über felsigen Grund fliessenden klares dunkles Wasser. Journal of the Linnean Society. Zoology IX. 351. – Wallace: Travels on the Amazon and Rio Negro, 409, 410. Die Weisswasserflüsse gelten für weit fieberfreier, also für gesunder als die Schwarzwasserflüsse; Schütz-Holzhausen (Der Amazonas, 187) berichtet vom Rio Negro u. Rio Branco das Gegentheil, doch stimmt seine Erfahrung nicht mit den allgemein, auch nicht mit den von uns gemachten Erfahrungen überein. dafür sind letztere fast durchwegs von der entsetzlichen Mückenplage befreit, Siehe Ausnahmen in Brown and Lidstone: Fifteen thousand miles on the Amazon, p. 272. welche an ersteren dem Menschen den Aufenthalt geradezu verleidet. Der Amazonas zählt zu den Weisswasserflüssen, ebenso der Içá und Japurá, indessen der Teffé, Juruá, Jutahy und der bedeutendste Nebenfluss auf dem linken Amazonasufer, der Rio Negro, sich unter die Schwarzwasserflüsse einreihen. Zu den Flüssen mit klarem, dunklem, jedoch nicht gerade schwarzem Wasser rechnen der Tocantins, Xingú u. Tapajoz, zu denjenigen Flüssen, welche in der Regenzeit weisses, in der trockenen Jahreszeit klares, dunkles Wasser führen, der Madeira u. der Purús. – Wallace (Travels etc. 406) bildet aus obengenannten Flüssen, wie dem Tapajoz etc. eine dritte Gruppe von Flussarten, doch lässt sich diese nicht streng durchführen, da z. B. gleich der Tapajoz einen Uebergang zu den echten Schwarzwasserflüssen bildet, welche in ihrer Art ebenso durchsichtiges Wasser haben wie die Klarwasserflüsse von Wallace. Zudem zeigen die meisten, wenn nicht alle der in dieser Anmerkung genannten Flüsse gleiche hygienische Verhältnisse und gleiche oder ähnliche Vegetation wie die echten Schwarzwasserflüsse. Beim Zusammenfluss des Rio Negro mit dem Amazonas beginnt letztgenannter erst, katexochen, den Namen Amazonas zu führen. Weiter aufwärts bis an die Grenze Brasiliens heisst der König der Ströme Alto Amazonas oder Solimões, Marañon aber in seinem Oberlaufe, in Ecuador und Peru. Diese Dreitheilung des Laufes durch dreierlei Namen findet übrigens ihre Begründung in der physikalischen Charaktereigenthümlichkeit des jeweilig durchströmten Gebietes. Dies trifft zum mindesten für den mittleren und unteren Stromtheil zu. Siehe Smith: Physical geography etc. (American Naturalist XIX. 27). Der Amazonas, von den Indianern Paraná-assú, das heisst grosser Strom, genannt, hat seinen merkwürdigen griechischen Namen durch eine spanische Expedition erhalten, welche im 16. Jahrhundert den Strom befuhr und behauptete, mit Amazonen gekämpft zu haben. Diese letztere Behauptung ist fast allgemein angezweifelt und dahin ausgelegt worden, dass die Spanier sich haben tauschen lassen, sei es durch die bei manchen Indianerstämmen gebräuchliche Anwesenheit nicht kämpfender Weiber in der Schlacht, Martius: Zur Ethnographie etc., S. 69. Silva Araujo: Diccionario topographico, 360. – Mello Moraes: Revista Anthropologica etc., 121. – Cerqueira e Silva: Corografia Paraense, 125. sei es durch ausnahmsweise, das heisst im Nothfall kämpfende Indianerinnen, Martius I. c. S. 729, Anmerk. 2. sei es endlich durch den Anblick junger, bartloser, weibisch aufgeputzter Männer des Stammes der Cunari und der Uaupé. Silva Araujo I. c. 101. 360. – Mello Moraes I. c. p. 96. – Martius I. c. 595. – Wallace: Travels on the Amazon and Rio Negro 493 a. f. Von noch anderer Seite endlich meinte man, dass die Spanier durch den von den Indianern dem Strom wegen der Pororóca gegebenen Namen Amassonas = Bootzerstörer, welchen sie missverstanden hätten, auf den Gedanken kämpfender Frauen gebracht worden seien. Diese Auslegung, nämlich dass die Spanier von den Indianern das Wort Amassonas, richtiger Amaçunu, gehört und dasselbe missdeutet hätten, ist die einfachste und wahrscheinlichste. Doch ist zu berichtigen, dass auf Tupí-Guaraní Amaçunu nicht Bootzerstörer sondern Wasserwolkenlärm bedeutet und die Indianer mit diesem Namen sicherlich nur die Pororóca selbst bezeichnet haben. Dass sogar unter den Indianern der Glaube an die einstige Existenz von Amazonen verbreitet ist, Cerqueira Silva I. c. 125. – Souza: Valle do Amazonas 163 e. s. – Ribeiro de Sampaia: Diario da Viagem á Capitania do Rio Negro 25 e. s. – Mello Moraes I. c, 106, 110. – Osculati: Esplorazione delle regioni equatoriali 256. mag durch den Import solcher Idee aus Europa, Martius I. 730 u. ff. schwerlich durch die relativ hervorragendere Stellung, welche die vorgeschichtlichen Frauen der unteren Amazonasgegend eingenommen zu haben scheinen, Archivos do Museu Nacional etc. VI 430. Auch Anmerk. daselbst. entstanden sein. Ausser den Spaniern Orellanas sind auch noch andere Weisse an diesem Glauben beteiligt gewesen und giebt es, sonderbar genug, heutzutage noch solche, die ihn nicht unbedingt über Bord werfen. Souza I. c. 168 A. e. s. – Silva Araujo I. c. 361. – Martius I. c. 729. – Cerqueira e Silva I. c. 125 e. s. – Moreira Pinto: Apontamentos etc. I 266.

Das ganze Gebiet, welches der Amazonas durchströmt, ist eine riesige Niederung, im Westen von den Anden, im Süden vom Hochplateau Centralbrasiliens, im Norden vom Gneisshochland Guyanas und Venezuelas, im Osten vom Meer begrenzt. Während diese Niederung in ihrem oberen Theile ungeheuer ausgedehnt ist, verengt sie sich vom Rio Negro abwärts bis auf 500 und 250 km, und rücken da namentlich von Norden her einzelne Höhenzüge bis nahe an den Strom heran. Auf der Nordseite des Stromes finden wir an einzelnen Stellen Urgebirge, an anderen zum Theil trapp- und dioritdurchsetzte paläozoische und mesozoische Ablagerungen aus der Silur-, Devon-, Steinkohlen- und Kreideformation. Die Südseite hat ziemlich die gleiche geologische Physiognomie, ist jedoch am unteren Amazonas namentlich durch weitverbreitete carbonische Ueberreste bemerkenswerth und im noch wenig bekannten Solimõesgebiet durch ausgedehnte Gebilde aus der Kreidezeit. Die Spuren des känolithischen Zeitalters sind bedeutende Flächen tertiären Ursprunges und beträchtliche quartäre Bildungen sowohl diluvialen wie namentlich alluvialen Charakters. Orville Derby: A Contribution to the Geology of the Lower Amazonas (Proceedings of the American philosoph. Society XVIII, p. 160 a. f.) – Orville Derby: Physikalische Geographie und Geologie Brasiliens S. 4. 11 u. ff., 28. – Hartt: Geology and Physical Geography of Brazil p. 319. 475. 493. – Liais: Climat, Géologie, Faune et Géographie Botanique du Brésil p. 233. – Süss: Das Antlitz der Erde I. 2 S. 658 u. ff.

Was die Pflanzenwelt der Amazonasniederung betrifft, so bemerkten wir schon früher, Siehe S. 17. dass in ihr der Wald die weitaus überwiegende Vegetationsform ist. Dieser ungeheure, an Ausdehnung kaum seines Gleichen findende, äquatoriale Wald, welcher den Flächeninhalt Frankreichs um mehr als das Zehnfache übertreffen soll, hat von Humboldt den Namen Hylaea erhalten. Er zerfällt in zwei gegeneinander scharf abgegrenzte Vegetationsregionen, in den Igapó, das heisst den periodisch überschwemmten Wald, und den Eté- oder Guaçúwald, das heisst die den Ueberschwemmungen niemals ausgesetzte Hochwaldung des Festlandes. Der Igapó, Genau genommen sollte man Igapówald sagen, da das indianische Wort Igapú (richtiger Iapó) nichts weiter als Sumpf bedeutet, doch hat sich für den Begriff »Sumpfwald« das Wort Igapó mit Weglassung von Caá (Wald) eingebürgert. Siehe meine Anmerk. S. 18. welcher in der Höhe des Pflanzenwuchses hinter dem Etéwald zurückbleibt, übertrifft letzteren in Reichthum an Palmen und krautartigen Lianen. Seine Pflanzenarten, die von denen des Caa-Eté Caá-Eté = Etéwald. fast durchwegs verschieden sind, sind es auch wieder, je nachdem er die Ufer eines Weisswasser- oder eines Schwarzwasserflusses einsäumt. Der Etéwald hat, im Gegensatz zum Igapó, einen grösseren Reichthum an Epiphyten und entwickelt Laubbäume bis zu 60 m Höhe, welche die höchsten Palmen überragen und sich wie Riesenschirme oberhalb der geschlossenen Waldlinie ausbreiten.

Während unser deutscher Wald artenarm und reich an gesellig lebenden Gewächsen ist, zeichnet sich die Hylaea durch einen fast unerschöpflichen Artenreichthum aus, welcher selbstverständlich das gesellschaftliche Leben der Pflanzen in den Hintergrund drängt. Die Entfernung von nur einem Längen- oder Breitengrad genügt zum Erscheinen einer Unzahl neuer Arten, Spruce: On Insect-Migrations in Equatorial America (Journal of the Linnean Society: Zoology IX 352). – Wallace: Travels on the Amazon and Rio Negro 435 a. f. 442. und mit Ausnahme einiger Palmenwälder finden sich nirgends ungemischte Bestände. Durch dieses Nebeneinanderwachsen von allerhand Arten entsteht ein unglaublich unruhiges Vegetationsbild, im Vergleich mit welchem die ruhigen Linien des aussertropischen Waldes wohlthuend wirken. Die Hylaea, in der sich kein Sommer und Winter unterscheiden lässt, prangt das ganze Jahr hindurch im Blätterschmuck und bringt jeden Monat des Jahres Blüthen zur Entwicklung. Sie besitzt keinen einzigen Nadelbaum und wenig Baumfarne und, in Folge der Dichtigkeit des Waldes, nur wenige, das endlose Grün unterbrechende Blumen. Der Flora des Orinoco steht sie weit näher als derjenigen Südbrasiliens, und kann man ihre Südgrenze im Ganzen bei ungefähr 8-10° s. Br. annehmen. Wenn auch so manche Aequatorialpflanzen noch weiter südlich gehen, wenn auch die Familien im Ganzen identisch und viele Gattungen gleich sind, so sind dieselben doch in verschiedenen Proportionen in der Aequatorialflora und der Flora der tropischen Zone vertreten, und dieses namentlich drückt der Vegetation des Amazonas einen von der des übrigen Brasiliens verschiedenen Charakter auf. Liais: Climat, Géologie, Faune et Géographie botanique etc. 581.

Gleich der Flora steht auch die Fauna der Amazonasniederung im Ganzen derjenigen der nördlich angrenzenden Länder, namentlich der Guyanas, bedeutend näher als derjenigen des südlicheren Brasilien. Der Strom und einige seiner Nebenflüsse bilden in dieser, von der des übrigen Landes ziemlich geschiedenen Fauna weitere zoologische Grenzlinien, so dass sich in derselben noch vier Untergebiete unterscheiden lassen. Manche Thierarten breiten sich nur nördlich des Stromes aus, andere aus dem Süden heraufdringende finden ihre Grenze am Südufer des Stromes, im Nordwesten überschreiten einzelne niemals weder das nördliche Solimões- noch das westliche Rio Negroufer, und im Südwesten endlich ist ein Verbreitungsbezirk, der sich nur bis zum südlichen Solimões- und westlichen Madeiraufer hin erstreckt. Smith: The Physical geography of the Amazons Valley. (The American Naturalist XIX p. 29). – Wallace: On the monkeys of the Amazon (Annals of Natural History II Series, V. XIV, p. 454), – Wallace: Travels on the Amazon and Rio Negro 471 a. f. – Siehe auch Pelzeln: Zur Ornithologie Brasiliens S. 389. – Bei der Lepidopterenfauna zeigen sich im Grossen und Ganzen, wenn auch nicht ganz gleiche, so doch sehr ähnliche Verbreitungsbezirke, s. Transactions of the Entomological Society. New Series V., p. 223 a. f., 349 a. f. Auch hier in der Thierwelt begegnen wir derselben Erscheinung wie in der Pflanzenwelt der Amazonasebene, nämlich einem ungeheuren Artenreichthum, gegen welchen die Höhe der Stückzahl der einzelnen Arten, mit wenig Ausnahmen, sehr zurücktritt. An Vögeln allein sind im unteren Amazonasgebiet bis jetzt 452 Arten bekannt, im oberen ungefähr 600. Pelzeln: Zur Ornithologie etc. S. 372. 386. – Siehe auch Wallace: Travels 463. An Fischen besitzt das Becken des Amazonas über 1800 Species. Und in der unmittelbaren Umgebung Parás kann man bis zu 700 Arten Schmetterlinge zählen, mehr als doppelt so viel als ganz Europa aufzuweisen im Stande ist. Bates: The naturalist on the river Amazons 52. – Wallace: Travels etc. 14. 49. 468. 469.

Der grosse Reichthum an Thieren und der, ersteren hauptsächlich bedingende, Reichthum an Pflanzen führt von selbst auf die klimatischen Verhältnisse zurück, welche ihrerseits wieder als Mitursache der üppigen Vegetation des Amazonasthales anzusehen sind. Das Klima des äquatorialen Brasilien ist heiss und feucht. Man nimmt hier eine Jahresisotherme von ungefähr 28° C, an und eine jährliche Regenmenge von 1300-2000 mm. Für ein tropisches Gebiet sind letztgenannte Summen nicht sonderlich hoch; was jedoch an Niederschlagshöhe in Gestalt von Regen fehlt, wird ersetzt durch atmosphärische Niederschläge in Gestalt von Nebel und reichlichem Thaufall. Die Regenvertheilung das Jahr über ist nach den Oertlichkeiten verschieden. Bei Pará und am Solimões oder oberen Amazonas regnet es das ganze Jahr hindurch, wenn auch im Mittel mehr von Dezember bis Mai. Auf der mittleren Strecke des unteren Amazonas hingegen und an dessen nordwestlicher Mündung können deutlich eine trockene und eine nasse Jahreszeit unterschieden werden. Transactions etc. V., 224. – Wallace: Travels etc. 428 a. f. Die Jahresisothermen der einzelnen Punkte das Stromgebiet entlang sind annähernd gleich; nahe der Küste, in Pará, beträgt diese Isotherme 27° C., im Innern des Landes, in Manáos, 26° C, Verhältnissmässig ebenso gering ist an den einzelnen Orten der Temperaturunterschied zwischen dem kältesten und wärmsten Monat, zwischen der kältesten und wärmsten Tageszeit. In Pará und Manáos differirt das höchste und tiefste Monatmittel nur um 1,7° C. Hann: Handbuch der Klimatologie S. 344. Die interdiurne Wärmeschwankung beträgt in Pará durchschnittlich circa 3° C. Das Thermometer zeigt nämlich gewöhnlich 25,07° bei Sonnenaufgang und 28,15° Nachmittags 2 Uhr. Liais: Climat etc. du Brésil p. 573. Etwas beträchtlicher stellt sich die tägliche Temperaturamplitude im Innern des Landes. Das Maximum der in Pará und Manáos beobachteten Wärmegrade ist 35° C., bezw. 35,7° C, das Minimum 22,8° bezw. 20,7° C. Reclus: Nouvelle Géographie Universelle XIX, p. 149, Note 2. – Hann l. c. 352. In der ganzen Amazonasniederung trifft man selten mehr als 33º und weniger als 25°, doch wurden schon Maxima bis zu 40° C. verzeichnet, Wappäus: Kaiserreich Brasilien S. 1295. Diese letzterwähnte Temperatur ist immerhin noch nicht hoch zu nennen, jedoch steigert der grosse Feuchtigkeitsgehalt der Luft die Wärmeempfindung bis zur Unerträglichkeit.


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