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Frühmorgens war er aus Bern weggefahren, mit einem deutschen Schnellzug, der gegen Mittag flüchtig einen Augenblick auf der Station Oos rastete. Da stieg er aus. Sein großes Gepäck kam nach. Die Handtasche gab er dem Portier in Verwahrung und trat dann hinaus in die Augustglut, die über der weiten Rheinebene brütete und doppelt empfindlich einen eben noch vom Eishauch des ewigen Firns umfächelten Höhenwanderer traf.
Niemand begegnete der unscheinbaren Gestalt mit der etwas zu hohen Schulter und dem kränklich-blassen Gesicht. Heute war alles fort, unterwegs zum Rennplatz, zum Kampf um den Großen Preis von Baden-Baden, die Welt wie ausgestorben, bis der Fremde, vom Bahnhof sich westwärts wendend und über sonnengedörrte, abgeerntete Felder hinschreitend, die große Fahrstraße nach Iffezheim erreichte.
Von der Seite gesehen, war diese Chaussee nichts als eine endlose, nach beiden Seiten gegen Schwarzwald und Rhein sich erstreckende Mauer von Staub. Eine weiße, schattenhafte, halb durchsichtige Mauer, in der es undeutlich rollte und knallte, Pferdeköpfe, Damenhüte und Peitschen nickten – die Verkörperung eines unbestimmten, eiligen und einträchtigen Vorwärtsstrebens in die Ferne, nach einem Orte, wo irgend etwas zu holen, zu gewinnen war.
Beim Näherkommen konnte er die einzelnen Umrisse immer deutlicher unterscheiden, wie sie zwischen den graugepuderten Apfelbäumen, unter sich die weißen Staubwolken, über sich den stahlblau glühenden Augusthimmel, dahinglitten. Da eine mächtige vierspännige Mailcoach des Internationalen Klubs, auf dem Deck ein Tulpenbeet von Sonnenschirmen in allen Tönen des Regenbogens, darunter ein Farbenspiel von hellen Damenkleidern, buntgeränderten Strohhüten, schneefarbenem Flanell – vor und hinter dem melancholisch tutenden Koloß die Landauer der großen Hotels, Berner Chaischen des Schwarzwalds, Leiterwagen mit überstäubten schwarzen Massen von Ackerbürgern und Landwirten bis zum Rande vollgepackt, einzelne Gemüse- und Geflügelkarren, alles gerüttelt und geschüttelt, in Staub und Hitze ununterbrochen aus der Ferne heranrasselnd und in der Ferne verschwindend.
Er ging nebenher auf einem Seitenweg zu Fuß, fast der einzige seiner Art, seitdem die Eisenbahn nach dem Rennplatz eröffnet war. Mit seinem gewohnten stillen Lächeln sah er hinüber zu dem bunten Fastnachtszug, der fünf Tage im Jahr unter der heißen Spätsommersonne auf der sonst so eintönig daliegenden Landstraße für ein paar Stunden wie eine Luftspiegelung entsteht und verweht. Auch hier kümmerte sich niemand um den einsamen Fußwanderer. Irgendein junger Mann aus Baden- Baden, ein bescheidener Schullehrer aus Rastatt, vielleicht ein neugieriger Sommerfrischler aus einem der billigen Schwarzwaldbäder – wer kümmerte sich heute um derlei neben der Chaussee? Davon gab es genug. Dort drüben, wo in einiger Entfernung von der Rennbahn die Extrazüge hielten, dort wimmelte es von solchen Menschen. Schwarze, langsam hinwandernde und sich in die Länge ziehende Klumpen, ein strömendes, ameisenartiges Quellen aus den offenen, sich, beinahe unerschöpflich entladenden Coupétüren – in Staub und Lokomotivqualm, in Pfeifenschrillen, Schaffnergeschrei und Gelächter – das ist die Masse – das ist das Nichts, das von allen Seiten herbeiströmt, um offenen Mundes das alljährliche Stelldichein von Gothaer Almanach, arabischem Vollblut, goldener Internationale und europäischer Halbwelt anzustaunen.
Er war jetzt mitten drinnen in der Masse, gedrückt, gestoßen, gedrängt, wie in einer Dämmerung von Dampf und Glut, Zigarrenrauch und Menschendunst, zwischen Sergeanten und Bürgermädchen, Pfälzer Bauern und Handelsleuten aus Baden-Baden, Heidelberger und Freiburger Studenten, sportsmännisch verkleideten Kommis, heiseren Berliner Buchmachern, Frauen, Kindern, einem Gewühl und Geschwätz und Vorwärtsschieben menschlicher Leiber, einer üblen, beklemmenden Luft – und er dachte daran, daß er gestern um diese Zeit mit seiner Genossin vom Berge hoch oben am Lawinentor auf den Sturz der drohenden Schneelast gewartet, einsam über dem Nebel, wie Adler und Adlerin, unter sich den schwindelnden Abgrund, zu Häupten die feierliche Furchtbarkeit der Hochwelt in Lawinenrollen und Windesstöhnen und klagendem Dohlenschrei, und um sie wehend, kalt und hart wie Stahl, der ewige Atem der Berge, kein Menschenlaut in dem ganzen, unheimlich brauenden und kochenden, von himmelhohen Eiswänden umschlossenen Gletscherkessel – niemand um sie und ihn als die unsichtbare, unhörbare, fiebernd-belebende Nähe des Todes ...
Ein derber Rippenstoß weckte ihn aus seinen Träumen. Ein verspäteter Hoboist drängte sich, mit seiner metallenen Trompete rechts und links in die Menge puffend, an ihm vorbei, hinterdrein fluchte und lachte es – die Männer trockneten sich den Schweiß von der Stirne und schoben den Zigarrenstummel in den anderen Mundwinkel, die Frauen husteten in dem Staube, die Kinder schrien – und wieder lächelte der junge verwachsene Bergsteiger, melancholisch und ironisch, wie ein Mensch, der halb wider Willen irgendeine lärmende Maskerade mitmacht.
Der Menschenstrom, der ihn trug, war jetzt an den Kassenschaltern angelangt und staute sich an den Eingängen zu den drei verschiedenen Plätzen. Er ging an allen den Drehtüren vorbei, aus dem Gewühl heraus, und allein weiter. Ein biederer Baden-Badener Bürger rief ihm nach: »Sie, Herr! do geht's rein!« und schüttelte den Kopf, als er sah, wie jener mit einer abwehrenden Bewegung seinen Weg hinter den Tribünen fortsetzte. Meinetwegen! Mochte der Fremde sich verlaufen! Vielleicht war es einer der vielen Ausländer, der gar kein Deutsch verstand.
Aber der andere wußte wohl, was er tat. Er befand sich jetzt auf der rechten Seite der hohen Holzgebäude, hinter der abgesonderten Tribüne des Internationalen Klubs. Hier herrschte die feierliche Stille der großen Welt. Zu ganzen Wagenburgen gereiht standen da die Viererzüge, die Landauer und Equipagen aller Art. Glattrasierte und vollbärtige Kutscher, Lakaien von lümmelhafter Majestät und knirpsig-kleine Grooms lehnten blasiert und halblaut plaudernd an den staubbedeckten Rädern, studierten das Rennprogramm oder wehrten die Mücken von den ungeduldig stampfenden und bäumenden Pferden ab. Hier war Ruhe und Behagen. Hier war man satt. Hier verachtete man die Welt, mit Ausnahme des Häufleins bevorzugter Menschen, die da vorne, jenseits der Holztribüne, sich von der großen Menge abgeschlossen hatten.
Und hier ging der Fremde hinein. Der Gendarm, der, in der Mitte der Wagenauffahrt stehend, sich von einem schmucken, wie ein Fürst in Hubertustracht ausschauenden Leibjäger über die neuesten Ereignisse im High-Life unterrichten ließ, machte eine Bewegung, um den unscheinbaren Herrn mit der schiefen Schulter darauf hinzuweisen, daß hier kein Eintritt sei. Kam es doch zuweilen vor, daß ein Schwarzwälder Bäuerlein oder sonst ein naives Gemüt die Rennen von der Tribüne des Internationalen Klubs aus zu beobachten versuchte. Doch dann beruhigte sich der Gendarm wieder. Zu was die paar Schritte machen? Es war so heiß! Und um Unberufene fernzuhalten, waren ja die beiden Klubbeamten am Eingang da.
Aber zu seinem Erstaunen verbeugten sich plötzlich die beiden Leute tief, mit abgezogenen Mützen und einem unterwürfigen Ausdruck auf den glattrasierten Gesichtern. Der Leibjäger nahm den Hut ab und die Zigarre aus dem Mund. Die majestätischen Lakaien, die rotbackigen Grooms, die blasierten Kutscher taten desgleichen, und der Fremde ging, höflich, beinahe verlegen den Gruß erwidernd, unter tiefem allseitigen Schweigen nach vorne, auf den grünen Rasen.
Dort blieb er stehen. Es war wieder das alte bunte Bild. Blauer Himmel, smaragdene Flur, papageifarbene Flatterwimpel an hohen Masten, leuchtende Farbenflecken von kirschroten, schneeigen, rosigen, himmelzarten Damenkleidern, glitzernde Offizierssäbel und Knöpfe, grelle Kragen und Mützenränder, schwarzes und graues Gewimmel, von Strohhüten und Sonnenschirmen überdacht, da der unwahrscheinliche kolibribunte Farbenfleck eines Jockeys in Dreß, langsam im Kreise stelzende Pferde, halbverwehte Militärmusik, Pfropfenknallen, Stimmengewirr, helles Gelächter. Er fuhr sich über die Stirne: Wiederum war es ihm, als ob er träumte. Kam die Lawine denn noch nicht? Sie drohte doch schon so lange da oben von ihren froststarrenden Zinnen. Oder waren sie beide eingeschlafen auf dem Felsen, der aus der schwindelnden Eismauer vorspringenden, nebelumfluteten, luftigen Adlersruhe, und träumten, schweratmend an das kalte Gestein gekrallt, träumten einen bunten Traum, der das Leben heißt, bis plötzlich unversehens von oben die weiße Lawine kommt und hinter ihr ein schwarzes, tiefes, stilles Nichts...
Ein junger Husar, der lässig herangeschlendert kam, zuckte beim Anblick des neuen Gastes auf dem Rennplatz plötzlich wie vor einem Vorgesetzten zusammen und grüßte lange, mit einem ernsten Gesichtsausdruck. Der andere machte, mechanisch seinen Strohhut abnehmend und wieder aufsetzend, eine leichte ungeduldige Kopfbewegung, als wollte er sich wachschütteln, und blickte sich dann suchend um.
Während es zur Linken, auf dem weiten Rasen des ersten Platzes, von Menschen wimmelte, war der Raum des Klubs, neben dem Richterpfosten, nur eben behaglich gefüllt und vor dem rechts anstoßenden Allerheiligsten, vor dem Fürstenpavillon, stand nur eine einzelne Gruppe.
Auf diese Gruppe ging er zu.
Im Näherkommen erkannte er sie alle – den schottischen Lord, einen sechs Fuß langen, vornübergeneigten Dandy, gelangweilt wie eine phlegmatische Trauerweide, und seine Frau, frisch und gesund, von jener kalten statuenhaften Schönheit der Engländerin, die unwillkürlich sofort den Gedanken an Sommersprossen, endlos lange Schuhe und eine reichbesetzte Kinderstube hervorruft – neben ihr den Londoner millionenreichen Porterbrauer und Rennstallbesitzer, eine hagere, jugendlich-elastische Greisengestalt, tiefe Runzeln auf dem kaffeebraunen, von weißem Haar umbuschten Gesicht, und die Augen so scharf und lustig in die Ferne spähend, wie vor fünfzig Jahren, da der verwetterte alte Fuchsjäger zum erstenmal hinter den Hunden über Graben und Hecken geflogen war.
Daneben der alte Pariser Herzog, ein wohlgepflegtes Männchen, mit silbernem Henri-Quatre und einer weißen Nelke im Knopfloch, sprudelnd-lebendig in Sprache und Bewegung, und doch zitterig, greisenhaft, der Träger eines uralten, überalterten, absterbenden Stammes. Um ihn, bald tadellos französisch, bald im gemütlichsten Wiener Fiakerdeutsch plaudernd, ein paar englisch zugestutzte österreichische Magnaten, ein verdutzt und traurig aussehender pechschwarzer sizilianischer Marchese, der offenbar in letzter Nacht mehr als ihm lieb war im Spiel verloren, ein langer preußischer Gardeulan aus irgendeinem ostelbischen Grandengeschlecht, ein kurzer, dicker, aufgeschwemmter Emporkömmling der Boulevards mit dem roten Bändchen der Ehrenlegion und glattrasiertem, rosigem Ohrfeigengesicht ... ach ja – sie waren alle wieder da! Und er kannte sie alle...
Er blieb stehen! War es nicht eigentlich besser, ein Ackersmann zu sein, – einer der Mühsamen und Beladenen, die er auf seinem Herweg gesehen, wie sie da draußen in den glühenden Feldern, im Mittagsbrand auf ihren Spaten gestützt dagestanden und mit gleichgültigen Augen dem vorbeirollenden Faschingszug der großen Welt gefolgt waren –, ein Ackersmann, der sich bei scheidender Sonne den Schweiß von der Stirne wischt und befriedigt sein Tagewerk, die lange Reihe der umgelegten, speckig glänzenden Furchen überschaut, der...
Aber da hatte ihn ein noch ganz knabenhaft in die Welt blickender, anscheinend eben erst aus Eton entsprungener Pair von England bemerkt und schien dem Mittelpunkt der Gruppe, einem hochgewachsenen, greisen Grandseigneur ehrerbietig etwas zuzuflüstern. Der sah auf und streckte dann dem Ankömmling die Hand entgegen.
»Bist du wirklich da!« sagte er leise und höflich. »Wir dachten schon, du erscheinst überhaupt nicht, während dein Pferd den Großen Preis läuft, sondern liegst wieder irgendwo über den Wolken in einer Schutzhütte eingerollt wie der Dachs im Bau und machst in Weltschmerz!«
Der andere drückte ihm die Rechte. »Da bin ich ja!« sprach er, zerstreut um sich blickend, und begrüßte die übrigen Herren etwas zurückhaltend, beinahe befangen.
»Hast du wieder so eine verrückte Bergtour gemacht, lieber Neffe?«
»Ja. So ein bißchen. Am Lawinentor.«
Die Sportsmen, die für den Alpinismus keinerlei Verständnis besaßen, machten zweifelnde und bedauernde Gesichter. Ihnen, den dreisten und verwegenen Reitern, schien das Wort »Lawinentor« einen unangenehmen, beklemmenden Klang zu haben, ein Gefühl wie vor etwas Schwindligem, Halsbrecherischem, mit einem Totenkreuz in irgendeinem Alpendorf Endenden zu erzeugen.
»Nun – und sonst was Neues?«
»Nein!« sagte der schmächtige junge Bergsteiger. »Oder doch! Etwas, was dich angeht. Aber nichts Erfreuliches! Fasse dich: deine vierundzwanzig Statuen muß ein anderer machen! Professor Ranggetiner lehnt deine Berufung ab! Er kommt nicht!«
»Warum denn nicht?«
»Nun – erstens ist er gestern in eine Gletscherspalte gefallen und beinahe tot geblieben. Und zweitens und eigentlich will er nicht! Er reist heute weiter nach Griechenland. Er flieht vor dir und deinen Werbungen!«
»Woher weißt du denn das?«
»Ich hab's gehört!« sagte der kleine Prinz gleichgültig. »Aber sei ohne Sorgen! Es findet sich schon jemand, der unsere Ahnen in deiner Residenz aufbaut!«
Sein greiser Oheim furchte mißmutig die Stirne. Er war wohl zwei Köpfe größer als der unansehnliche blasse Tourist, auf den er kopfschüttelnd niedersah, und in jeder Hinsicht sein Gegenteil: hier der alte heitere Grandseigneur – dort trübe unscheinbare Jugend.
»Nein – Professor Ranggetiner kommt nicht!« wiederholte Prinz Wilfried. »Schade! Solch ein bunter Zillertaler wäre eine hübsche Staffage in unserem Nest – ich will lieber in unserer stillen kleinen Residenz sagen, um dich nicht zu kränken!«
»Du bist ja nie dort!«
»Nein. Gott sei Dank!«
»Und was den Meister Josephus betrifft.« Die Wolken auf der Stirne des Herzogs von Siebenwalden verloren sich wieder und er schlug die Fingerspitzen aneinander, leise und belustigt, wie ein großer Herr, der mit seiner Umgebung Katze und Maus spielt. »Gott sei Dank ... Meister Seppl ist blond. Blonde Leute kann man eher zu etwas bringen. Sie haben weniger Willen. Er wird an den ungeraden Wochentagen nein sagen und an den geraden ja, und am Sonntag hab' ich ihn!«
»Viel Glück!« sagte der kleine Prinz und es zuckte ein wenig mephistophelisch um seine Lippen, als denke er sich allerhand, was er verschwieg. »Aber um von etwas anderem zu sprechen – wo ist denn eigentlich meine Frau?«
Das wußten die Herren nicht! »Vorhin war Virginia bei den Ställen!« meinte der Herzog. »Sie sah nach ›Aegir‹ und sprach mit dem Trainer ... natürlich ... wenn du zu einem der größten Rennen des Kontinents, wo in deinem Stall alles, Pferde und Menschen, vor Aufregung zittert, erst eine Stunde vorher eintriffst, als ginge dich die ganze Geschichte gar nichts an...«
»Eigentlich ist es doch auch furchtbar egal!«
Die Sportsmen sahen sich stumm an. Daß ein Mann, der zum Großen Preis den voraussichtlichen Sieger satteln ließ, den Träger der deutschen Farben gegen Frankreich und Oesterreich – daß der ein solches Riesenereignis als eine gleichgültige Sache bezeichnete – das erschreckte sie. Das machte sie still vor Staunen, obwohl man an die Eigenart des melancholischen kleinen Prinzen schon gewohnt war.
»Wo meine Frau ist, möchte ich wissen!« wiederholte der Prinz von Eck ungeduldig. »Gott sei Dank – da kommt Kurakin. Der weiß immer, wo die schönen Frauen sind!«
Fürst Kurakin, der alte Petersburger Viveur, hinkte, auf seinen Stock gestützt, heran. Er grüßte flüchtiger als die anderen. Betrachtete er sich doch, da er regelmäßig den ganzen Sommer in Baden-Baden zubrachte, hier halb als Hausherrn.
»...Haben Sie meine Frau gesehen?«
Der alte Russe hustete. Alle Sünden der Welt, alle Laster von Paris schienen seinen gebrechlichen Körper ausgemergelt zu haben. Sein Gesicht mit dem schwarzgefärbten Schnurrbart war wie aus Pergament, sein Körper wie ein klapperiges Gerüst, über das ein Pariser Modekünstler das neueste Stutzengewand malerisch drapiert hatte. Ein seiner Duft von Kölnischwasser und Papyros umwehte ihn. »Dort drüben!« murmelte er mit einem leisen frivolen Augenblinken und wies mit seinem elfenbeinernen Krückstock nach dem Eingang zu dem kleinen Büffet der Klubtribüne.
Eine weiße Gesellschaft hatte sich dort niedergelassen. Alles weiß in weiß. Weiße Strohhüte mit buntem Band, weiße Flanellanzüge, weiße Schuhe und Krawatten. Es war etwa ein halbes Dutzend junger Männer von angelsächsischem Typus, alle völlig glatt wie Schauspieler oder Geistliche ausrasiert, und ein Unbefangener hätte sich wundern können, wo auf einmal alle diese unschuldsfarbenen wie in Blütenschnee gekleideten jungen Reverends herkamen. Aber hier auf dem Platze wußte jedermann, daß in dieser seltsamen Mischung von Athlet und Stutzer sich die Blüte der New Yorker Finanzwelt verbarg.
Und zwischen diesen angehenden Börsenkönigen, die alles daran zu setzen schienen, für vornehme Briten aus Normannenadel zu gelten, saß, gleichfalls ganz weiß in weiß, eine schöne Frau, vielleicht die schönste ringsum, und lachte und scherzte mit der sie umflirtenden goldenen Jugend.
Der kleine Prinz machte ein noch tiefsinnigeres Gesicht als bisher. Dann ging er langsam auf die schöne Frau zu.