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Epilog.

Mich dünkt es, Mitternacht ist längst vorbei;
Wie zittert es durch diese Luft voll Schweigen,
Als ob Musik darin gefangen sei,
Von fern begleitend meine Bilderreigen.
Ich aber streiche von der Stirn die Haare.
Was hat das eigne Herz mir hier erzählt?
In einer Stunde – das Geschick der Jahre,
In einem Winkel – allen Traum der Welt!
Und mit der Brust, die sich ins Weite sehnt,
Hab ich mich schweigend an die Tür gelehnt
Und öffne jetzt die Flügel alle zweie
Und tret hinaus auf den Balkon, ins Freie.

Da liegt die große, stumme Sternennacht,
Und schweigend seh ich in die Himmelspracht
Der Lichtmilliarden, die kein Wissen zählt,
Ins ewge Weltall und den Geist der Welt.
O, wie das zuckt und funkelt riesenweit,
Wie Licht gewordnes wildes Glück und Leid,
Als blitzten die Gedanken der Millionen,
Die in die Sterne schauten seit Äonen,
Sehnsüchtig fort durch diese Ewigkeit.

Da drüben aber liegt im tiefen Schnee
Das kleine Dorf; ans Ufer rauscht der See,
Wie er Jahrtausende umrauscht die Au.
Die Menschen alle ruhn in tiefen Träumen,
Kristallner Reif liegt auf den kahlen Bäumen,
Und nur der Kirchturm ragt ins nächtge Blau.
Da schlägt es dröhnend auf dem Kirchturm zwei,
Doch niemand hörts, ich steh allein dabei.
Und wieder greif ich nach der Stirn, der heißen –
Jetzt fahren sie wohl heim aus der Soiree
Im schlanken Seidenkleid, im crême-weißen,
Und spüren nichts von Sternen und vom Schnee.
Dann aber löst die gnädge Frau ihr Haar
Und denkt: »Wie reizend es heut abend war!«

Wer hat das beßre Teil davongetragen?
Ich wüßt es wohl, doch darf ich es nicht sagen.
Stumm war mein Zimmer und mein Weg verschneit,
Doch einsam nicht war meine Einsamkeit,
Da ich mein Herz belauscht als stiller Späher
Und eingefügt in den Zusammenhang
Uralten Lebens diesen Lebensgang,
So schlicht er ist. – – Wer stand den Menschen näher?

Wer hat das beßre Teil davongetragen?
Wenn ich daheim bin, werden sie wohl fragen,
Was ich erlebte? – Doch dann schweig ich still.
Was ich erlebte? … Nichts. – Nur ein Idyll.

 

*

 


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