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Viertes Kapitel

Geschichte eines Tabus

Am Morgen nach unserer Ankunft (Sonntag, 14. Juli 1889) waren unsere Photographen früh wach. Wieder einmal durchschritten wir eine schweigende Stadt, viele lagen noch schlafend im Bett, manche saßen träumend in ihren offenen Häusern, nirgendwo ein Laut der Unterhaltung oder Geschäftigkeit. In dieser Stunde vor den starken Schatten des Tageslichts schien das Stadtviertel beim Palast und Kanal ein Landungsplatz aus Tausendundeiner Nacht oder aus klassischen Dichtungen zu sein; hier war das richtige Ziel für Feenschiffe, hier mochte ein abenteuernder Prinz an Land gehen, um neue Bekanntschaften zu machen und Neues zu erleben, und das Inselgefängnis, das auf dem dämmerigen Antlitz der Lagune schwamm, lag da wie eine zweite Gralsburg. An solchem Ort und zu solcher Stunde empfing man nicht den Eindruck einer Reise in fremde Länder, sondern vielmehr den vergangener Zeiten; es schien uns, als hätten wir nicht viele Breitengrade durchquert, sondern als wären wir Hunderte von Jahren zurückversetzt und hätten gleichzeitig Heimat und Jetztzeit verlassen. Ein paar Kinder folgten uns, meistens nackt, alle schweigend; im klaren, pflanzenreichen Wasser des Kanals wateten einige schweigende junge Mädchen, die braunen Schenkel entblößt, und eines der Maniap's vor dem Palasttor zog uns an durch leises, aber erregtes Stimmengesumm.

Die ovale Hütte war voll von Menschen, die mit gekreuzten Beinen dasaßen. Der König war anwesend in gestreiften Pyjamas, seine Rückendeckung bildeten vier Wachtsoldaten mit Winchesterbüchsen, seine Miene und Haltung zeigte ungewöhnliche Erregtheit und Entschlossenheit, Gläser und schwarze Flaschen machten die Runde, und das Gespräch war laut, allgemein und angeregt. Ich war zunächst geneigt, diese Szene als verdächtig zu betrachten. Aber die Stunde schien ungeeignet für ein Gelage, das Trinken war außerdem durch das Landesgesetz und die Vorschriften der Kirche verboten, und während ich noch zögerte, zerstreute die strenge Haltung des Königs meine letzten Zweifel. Wir waren gekommen, um ihn, umgeben von seinen Wachen, zu photographieren, und bei der ersten Andeutung dieser Absicht revoltierte seine Frömmigkeit. Wir wurden an die Heiligkeit des Tages, eines Sonntags, erinnert, an dem du nicht photographieren sollst, und kehrten mit einem Floh im Ohr zurück, die verschmähte Kamera unter dem Arm.

In der Kirche überraschte es mich ein wenig später, daß der Thron unbesetzt blieb. Ein so begeisterter Sonntagsanhänger mußte eigentlich Zeit gefunden haben, anwesend zu sein. Meine Zweifel belebten sich wieder, und bevor ich zu Hause war, erhielt ich Gewißheit. Tom, der Barkeeper von Sanssouci, war im Gespräch mit zwei Abgesandten des Hofes. Der » keen«, sagten sie, wünschte » din«, und wenn Gin nicht vorhanden sei, » perandi«, Brandy. Kein din, war Toms Antwort, und kein perandi, aber pira, Bier, wenn sie es wünschten. Anscheinend wollten sie kein Bier haben und zogen sich verdrießlich zurück.

»Was bedeutet das alles?« fragte ich, »veranstaltet die Insel ein Zechgelage?«

Es war in der Tat so. Am vierten Juli hatte man ein Festgelage gegeben, und der König hatte auf Anraten der Weißen das Tabu für alkoholische Getränke aufgehoben. Es gibt ein Sprichwort von Pferden, das sich kaum auf das höchstentwickelte Tier anwenden läßt, von dem man vielleicht richtiger sagt, ein einzelner könne es zum Trinken bringen, aber zwanzig nicht zum Aufhören. Das Tabu war vor zehn Tagen aufgehoben und noch nicht wieder auferlegt. Zehn Tage lang hatte die Flasche in der Stadt die Runde gemacht, oder man hatte, wie wir am gestrigen Nachmittag gesehen hatten, betäubt geschlafen. Der König, von den Altmännern und seinen eigenen Gelüsten bestimmt, hielt die Erlaubnis immer noch aufrecht, verschleuderte alle seine Ersparnisse im Trunk und nahm an Saufgelagen teil, ja, er gab den Ton an. Die Weißen waren die Anstifter dieser Krisis, auf ihren eigenen Vorschlag hin hatte man zuerst die Genehmigung erteilt, und eine Zeitlang war es ihnen im Interesse des Handels ohne Zweifel recht, daß das Trinken anhielt. Dies Vergnügen war ihnen nun schon eine Weile vergangen, das Gelage hatte sich, wie man zugab, über die Maßen hinausgezogen, und es entstand die Frage, wie man es zu einem Ende bringen könnte. Daher die Weigerung Toms. Aber diese Weigerung war nur für den Augenblick bestimmt und hatte offenbar keinen Erfolg, denn die Boten des Königs, von Tom in Sanssouci zurückgewiesen, würden in » The Land we live in« von dem habgierigen Mr. Williams versorgt werden.

Der Gefahrengrad war damals nicht leicht abzuschätzen, und ich neige heute zu der Ansicht, daß man ihn etwas übertrieb. Aber die Haltung von Trunkenbolden selbst bei uns in der Heimat ist immer eine ängstliche Angelegenheit, und bei uns zu Hause ist die Bevölkerung von den Niedrigsten bis zu den Höchsten nicht mit Revolvern und Repetiergewehren bewaffnet; auch gehen wir nicht städteweise auf den Bummel, oder ich möchte sagen staatweise, während hier König, Magistrat, Polizei und Armee sich alle zu allgemeiner Betrunkenheit vereinigten. Auch muß man bedenken, daß wir hier auf Barbareninseln weilten, die selten besucht werden und erst seit kurzer Zeit und nur teilweise zivilisiert sind. In der Tat ist auf den Gilbertinseln eine immerhin beträchtliche Anzahl von Weißen, hauptsächlich durch eigenes Verschulden, umgekommen, und die Eingeborenen haben in mehr als einem Fall Neigung gezeigt, eine Metzelei als Unglücksfall darzustellen und nichts übrigzulassen als abgenagte Knochen. Dieser letzte Umstand war der Hauptgrund gegen ein plötzliches Schließen der Bars, denn die Barkeeper standen mitten in der Bresche und hatten es mit Verrückten zu tun. Mit ziemlicher Sicherheit würde die Verweigerung von Alkohol jeden Augenblick eine Schlägerei hervorrufen können, und die Schlägerei könnte das Signal für ein Blutbad werden.

Montag, den 15. Juli. Zu derselben Stunde wie gestern kehrten wir zu demselben Maniap' zurück. Ausgerechnet Kümmel machte in Gläsern die Runde, in der Mitte saß der Kronprinz, ein fetter junger Mann, umgeben von vollen Flaschen, und gebrauchte eifrig den Korkenzieher. König, Häuptlinge und Volk hatten alle den hängenden Mund, die schlaffe Haltung und den starren, glänzenden Blick des Trinkers am frühen Morgen. Es war uns klar, daß wir ungeduldig erwartet wurden, der König zog sich schleunigst zurück, um sich anzuziehen, die Wachen wurden nach ihren Uniformen gesandt, und wir blieben in Erwartung dieser Vorbereitungen zurück mit einem Haus voll betrunkener Eingeborenen. Die Orgie war schon weiter fortgeschritten als am Sonntag. Der Tag versprach sehr heiß zu werden, es war bereits schwül, die Höflinge waren schon berauscht, und immer noch machte der Kümmel die Runde, der Kronprinz spielte den Kellner. Flämische Ungezwungenheit folgte flämischen Exzessen, und ein lustiger hübscher Kerl, bunt gekleidet, mit einem großen Turban von gekräuseltem Haar, erheiterte die Gesellschaft durch einen heiteren Flirt mit einer Dame in unbeschreiblicher Manier. Wir wurden in dieser Wartezeit abgelenkt durch die Betrachtung der sich versammelnden Wachtmannschaften, die europäische Waffen, europäische Uniformen und, zu ihrem Schmerz, europäische Schuhe trugen. Wir blickten zu, wie einer dieser Krieger mit diesem Kleidungsstück gleich Mars bewaffnet wurde: zwei Männer und eine starke Frau waren kaum stark genug, ihm die Schuhe anzuziehen, und nach einer einzigen Parade ist die Armee für eine Woche verkrüppelt.

Schließlich öffneten sich die Tore des Königshauses, die Armee schritt heraus, ein Mann nach dem andern, mit Gewehren und Achselstücken, die Fahnen senkten sich unter dem Torweg, Se. Majestät folgte in seiner goldbesetzten Uniform, die Gemahlin Sr. Majestät kam hinterher in Federhut und reich verziertem Seidengewande, die königlichen Sprößlinge folgten: so entwickelte sich der Hofstaat von Makin auf der selbstgewählten Bühne. Dickens könnte berichten, wie ernst sie alles nahmen, wie betrunken sie waren, wie der König unter dem aufgestülpten Hut in Schweiß zerfloß, wie er sich neben die größte seiner zwei Kanonen stellte, erhaben, majestätisch, aber nicht ganz gerade, wie die Truppen schwankten, ausgerichtet wurden und wieder zusammensanken, wie sie und ihre Donnerbüchsen gleich Schiffsmasten in die verschiedensten Richtungen wiesen, und wie ein Amateurphotograph sie nun in Augenschein nahm, gruppierte und zurechtrückte, um immer wieder alles verändert zu finden, bevor er den Apparat erreichte.

Die Sache sah sich lustig an, aber ich weiß nicht, ob es richtig war, darüber zu lachen, und unser Bericht über diese Umstände wurde bei unserer Rückkehr mit ernstem Kopfschütteln aufgenommen.

Der Tag hatte schlecht begonnen, elf Stunden trennten uns noch vom Sonnenuntergang, und jeden Augenblick konnten beim geringsten Anlaß Unruhen ausbrechen. Das Wightman-Gebäude war im militärischen Sinne unhaltbar, denn an drei Seiten standen Häuser und dichtes Buschwerk, die Stadt sollte nach Gerüchten über tausend ausgezeichnete neue Waffen beherbergen, und ein Rückzug auf die Schiffe war, wenn er dringlich wurde, unmöglich zu bewerkstelligen. Unsere Unterhaltung mochte an diesem Morgen stark der Unterhaltung in den englischen Garnisonen vor der Sepoy-Meuterei ähneln: hartnäckiges Bezweifeln kommenden Unheils, die feste Überzeugung, daß, wenn etwas geschähe, nichts übrigbliebe, als kämpfend zugrunde zu gehen, eine halb heitere, halb ängstliche Gemütsverfassung, in der wir die weiteren Entwicklungen abwarteten, alles das mochte ähnlich sein.

Der Kümmel war bald zu Ende, und wir waren kaum zurückgekehrt, als der König uns folgte, um mehr zu verlangen. Herr Leichnam hatte sein entsetzliches Gewand nun abgelegt, sein unförmiger Leib war wieder in gestreifte Pyjamas gehüllt, ein Wachtsoldat führte die Leibgarde an, das Gewehr nachschleifend, und Se. Majestät war außerdem begleitet von einem Walfischfänger aus Rarotongan und dem lustigen Höfling mit dem kraushaarigen Turban. Ich habe nie lebhaftere Abgesandte gesehen. Der Walfischfänger gaffte und weinte in seiner Betrunkenheit, der Höfling ging wie auf Eiern, der König selbst war sogar scherzhaft aufgelegt. Er saß auf einem Stuhl in Ricks Wohnzimmer und ließ sich durch unsere Bitten und Drohungen in keiner Weise bewegen. Er wurde sogar gescholten, man führte geschichtliche Beispiele an, drohte ihm mit Kriegsschiffen und befahl ihm, das Tabu sofort wiederherzustellen: nichts rührte ihn im geringsten. Es solle morgen geschehen, sagte er, heute stehe es außerhalb seiner Macht, heute dürfe er nicht. »Ist das königlich?« rief Mr. Rick unwillig aus. Nein, es war nicht königlich; wäre der König ein königlicher Charakter gewesen, so würden wir selbst eine andere Sprache geführt haben, und königlich oder nicht, er trug bei dieser Unterredung den Sieg davon. Die Kräfteverhältnisse waren allerdings nicht gleich, denn der König war der einzige Mann, der das Tabu wiederherstellen konnte, aber Ricks waren nicht die einzigen, die Getränke verkauften, er brauchte nur festzubleiben, um uns wankend zu machen. Sie stritten sich noch ein wenig herum, um das Gesicht zu wahren, und dann ging diese höchst berauschte Deputation in heller Freude fort und führte einen Kasten Brandy auf einer Schubkarre mit sich. Der Mann aus Rarotongan, den ich vorher niemals gesehen hatte, schüttelte mir die Hände, als ob er eine weite Reise anträte. »Mein liebe Freund!« rief er aus, »lebe wohl, mein liebe Freund!« Kümmeltränen standen in seinen Augen, der König torkelte, der Höfling tänzelte: eine äußerst eigenartige Gruppe trunkner Kinder, denen man diese Kiste voll Irrsinn anvertraut hatte.

Man konnte mit dem besten Willen nicht behaupten, daß die Stadt ruhig sei. Den ganzen Morgen war die Stimmung erregt, überall herrschte Bewegung, die Eingeborenen sammelten sich zu Rotten auf der Straße. Aber es war bereits halb zwei, als uns plötzlich Stimmengeschrei aus dem Hause rief, und wir fanden die ganze weiße Kolonie wie auf ein verabredetes Zeichen bereits versammelt. Sanssouci wurde vom Pöbel überrannt, Treppe und Veranda waren voll von Menschen, aus allen Kehlen rangen sich unaufhörlich unartikulierte Laute, unverständlich wie das Blöken junger Lämmer, aber ärgerlicher. Auf dem Wege stand Se. Königliche Hoheit, die ich vor kurzem noch als Kellner gesehen hatte, und schrie auf Tom ein; auf der obersten Stufe stand Tom mitten im Getöse und brüllte den Prinzen an. Eine Weile umschwärmte das Pack noch heulend die Bar, dann erfolgte ein wütender Angriff, der Mob wich zurück, kehrte wieder und wurde von neuem zurückgeworfen. Über der Treppe schwamm ein Meer von Köpfen, und plötzlich zogen drei Männer einen vierten in ihrer Mitte gewaltsam mit sich fort durch die auseinanderstiebende Menge. An Haar und Händen wurde er, den Kopf auf die Knie niedergedrückt, das Gesicht verborgen, von der Veranda heruntergerissen, worauf er heulend den Weg entlang ins Dorf entwischte. Hätte er sein Gesicht gehoben, so hätten wir gesehen, daß er blutüberströmt war, aber nicht von seinem eigenen Blut. Der Höfling mit dem kraushaarigen Turban hatte die Kosten dieses Krawalles mit dem unteren Teil eines Ohres bezahlt.

So ging der Tumult vorüber mit einer einzigen Verwundung, die für Herzlose komisch scheinen mag. Aber rund um uns sahen wir ernsthafte Gesichter, und Tom schloß die Läden der Bar, eine Tatsache, die Bände sprach. Mochte die Kundschaft zu anderen Türen gehen und Mr. Williams verdienen, soviel er wollte – Tom hatte für heute genug vom Schnapsverkauf. Tatsächlich hatte alles an einem Haar gehangen. Ein Mann hatte versucht, einen Revolver zu ziehen, aus welcher Ursache weiß ich nicht, und vielleicht hätte er selbst darüber keinen Aufschluß geben können. Ein Schuß in dem überfüllten Raum würde sicher jemand getroffen haben, und wo so viele Bewaffnete und Betrunkene zusammen waren, hätte er sicher weitere im Gefolge gehabt. Die Frau, die die Waffe sah, und der Mann, der sie an sich riß, hatten vielleicht die weiße Kolonie gerettet.

Der Pöbel zog sich allmählich stumpfsinnig zurück, und für den Rest des Tages ließ man unsere Nachbarn in Frieden, es wurde fast einsam um uns. Aber die Beruhigung beschränkte sich nur auf diesen Platz, » din« und » perandi« flossen an anderen Stellen in Strömen, und wir mußten noch einmal einer Gewalttätigkeit zuschauen, wie sie auf den Gilbertinseln üblich ist. In der Kirche, wohin wir gingen, um zu photographieren, wurden wir plötzlich durch ein heftiges Geschrei aufgeschreckt. Die Szene, auf die wir durch die Türen dieser großen schattigen Halle blickten, blieb uns unvergeßlich. Die Palmen, die sonderbaren, zerstreuten Häuser, die Inselflagge, die an dem hohen Mast wehte: alles lag in glühender, unerträglicher Sonnenhitze. Mitten dazwischen wälzten sich auf dem Gras zwei Weiber. Die Kämpfenden waren um so leichter voneinander zu unterscheiden, als die eine nackt war bis auf das Ridi und die andere ein Holoku (Hemdgewand) trug von ziemlich auffälliger Farbe. Die erstere lag oben, hatte ihre Zähne in das Gesicht der Gegnerin gegraben und schüttelte sie wie einen Hund, die andere schlug und kratzte vergebens. So sahen wir sie einen Augenblick wie Schlangen sich wälzen und winden, dann bildete der Pöbel einen Ring um sie und schloß sie ein.

Wir fragten uns ernsthaft, ob wir in dieser Nacht an Land schlafen sollten, aber wir waren fahrendes Volk, das weither gekommen war, um Abenteuer zu erleben. Es wäre in der Tat inkonsequent gewesen, wenn wir uns beim ersten Anzeichen eines wirklichen Abenteuers zurückgezogen hätten, und wir ließen statt dessen unsere Revolver von Bord holen. In der Erinnerung an Taahauku hielten Mr. Rick, Mr. Osbourne und meine Frau auf den öffentlichen Straßen eine Waffenprobe ab und schossen unter den bewundernden Blicken der Eingeborenen auf Flaschen. Kapitän Reid vom »Equator« blieb mit uns an Land, um nötigenfalls zur Hand zu sein, während wir uns zur gewohnten Stunde schlafen legten, angenehm erregt von den Ereignissen des Tages. Die Nacht war herrlich, die Stille bezaubernd, aber als ich in meiner Hängematte lag und in den hellen Mondschein und die riesigen Palmen sah, verfolgte mich das häßliche Bild der beiden Weiber, nackt und halb bekleidet, in feindlicher Umarmung verbissen. Die Verletzungen, die sie sich beibrachten, waren wahrscheinlich nicht erheblich, aber ich hätte mit geringerer Empörung Totschlag und Metzelei ansehen können. Die Rückkehr zu dieser alten Kampfmethode, der Anblick menschlicher Bestialität und Roheit erschütterten mich mehr als die Verlustziffern unserer Schlachten – Elemente unserer Staatsgeschichte, die wir gern vergessen, und bei denen wir, wenn wir klug sind, nicht verweilen. Verbrechen, Seuchen und Tod bringt jeder Tag, unsere Phantasie verarbeitet sie rasch. Sie sträubt sich aber instinktiv gegen alles, was uns den Zustand des Menschengeschlechtes auf den tiefsten Stufen der Entwicklung ins Gedächtnis zurückruft, da wir mit Tieren, selbst tierisch, ohne jede Ordnung wüst dahinlebten und als behaarte Männer mit behaarten Frauen in den Höhlenwohnungen alter Zeit hausten. Und doch, um gerecht zu sein gegen diese barbarischen Insulaner, dürfen wir die Scheunen und Verließe unserer Großstädte nicht vergessen, und ich darf nicht vergessen, daß ich, um zu speisen, einstmals durch Soho in London ging und, angewidert von dem, was ich sah, den Appetit verlor.


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