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Dritter Brief

Darsie Latimer an Allan Fairford

Shepherd's Busch.

Ich habe deine abgeschmackte und höchst anmaßende Epistel erhalten. Es ist sehr gut für dich, daß wir wie Lovrace und Belford übereingekommen sind, uns gegenseitig jede Art von Freiheit zu verzeihen, die sich Einer gegen den Andern herausnehmen würde; denn auf mein Wort, dein Letztes enthält einige erbauliche Betrachtungen, welche mich sonst gezwungen hätten, augenblicklich nach Edinburg zurückzukehren, blos um dir zu zeigen, daß ich das nicht bin, wofür du mich hältst.

Du hast uns beide sonderbar vorgestellt! – Mich, indem ich mich in Schwierigkeiten verwickle, ohne Muth, mir herauszuhelfen; deine hochweise Person, die es kaum wagt, einen Fuß vor den andern zu stellen, fürchtend, er möchte seinem Gefährten entlaufen, einer Schildwache gleich aus bloßer Schwäche und Kälte des Herzens stille stehend, während alle Welt in voller Eile bei dir vorbei eilt. Du bist mir ein lieber Porträtmaler! Ich sage dir, Allan, ich sah einst einen bessern auf der vierten Sprosse einer Leiter sitzend, welcher einen hosenlosen Hochländer malte, der ein Nösselmaß, so dick wie er selbst, in der Hand trug, und einen gestiefelten Niederländer Es ist wohl unnöthig, zu bemerken, daß man Schottland in das schottische Hoch- und Niederland eintheilt, und daß man für das letztere auch wohl kurz weg die Niederlande sagt. Anmerk. des Uebers. mit einer Stutzperücke daneben, welcher ein Glas von gleichem Umfang hielt. Das Ganze sollte nämlich symbolisch das Zeichen der Erlösung vorstellen.

Wie konntest du nur auch, ich bitte dich, deine eigene hochwerthe Person, mit allen deinen Bewegungen, welche denen einer großen holländischen Gliederpuppe gleichen, darstellen, welche blos von dem Druck gewisser Federn, als z. B. Pflicht, Ueberlegung etc. abhängt. Möchtest du mich wohl glauben machen, du würdest ohne deren Impuls nicht um einen Zoll breit weichen? Aber habe ich dich, Signor Gravität, nicht schon um Mitternacht außer dem Bette gesehen? soll ich dich denn geradezu an gewisse ziemlich tolle Streiche erinnern? Du hattest immer mit den ernstesten Sentenzen im Munde und der strengsten Zurückhaltung in deinen Manieren einen gewißen Hang zu boshaften Streichen, ob zwar mit mehr Neigung, sie in's Werk zu setzen, als Gewandtheit, sie durchzuführen; innerlich muß ich herzlich lachen, wenn ich denke, daß ich meinen ehrwürdigen Mentor, Präsident in spe irgend eines hohen schottischen Gerichtshofs, gesehen habe wie einen plumpen Karrengaul im Moraste schnaufend, stöhnend und ächzend, wenn alle Anstrengungen, sich herauszuhelfen, ihn bei jedem unbehülflichen Versuch noch tiefer hineinstürzen, bis irgend Jemand – ich selbst zum Beispiel – Mitleid mit dem klagenden Ungeheuer bekam und es mit Haut und Haaren herauszog.

Was mich betrifft, so ist, wenn es möglich wäre, mein Bild noch scandalöser in das Carricaturartige gezogen. Ich habe nur wenig oder keinen Geist, mich aufrecht zu erhalten. Wo kannst du mir das geringste Merkmal des feigen Gemüths zeigen, mit welchem du mich, wie ich glaube, bloß deßwegen begabst, um die sichere und gleichförmige Würde deiner eigenen thörichten Gleichgültigkeit in ein helleres Licht zu stellen? Sahst du mich je zittern, so ging es mir wie jenem alten spanischen General, mein Körper zitterte nur vor der Gefahr, in welche mein Geist ihn führen wollte. Im Ernst, Allan, die Armuth des Geistes, welche du mir andichtest, ist eine niedrige Anklage deines Freundes. Ich habe mich so streng als möglich geprüft, indem ich mich wirklich ein wenig gekränkt darüber fühle, daß du mich so hart beurtheilst, und bei meiner Ehre, ich finde keinen Grund dafür. Ich gestehe ein, daß du vielleicht an Festigkeit und Gleichgültigkeit des Gemüths einige Vorzüge vor mir besitzen magst, aber ich würde mich selbst verachten, wäre ich mir des Mangels an Muth bewußt, den du mir gar zu gerne andichten möchtest. Aber ich denke, der unfreundliche Wink hat seinen Grund nur in der allzugroßen Vorsorge meines Freundes für meine Sicherheit, und da ich es so betrachte, so verschlucke ich es wie die Arznei eines wohlmeinenden Arztes, wenn ich auch im Herzen glaube, er mißverstehe meine Uebel.

Abstrahiren wir aber von dieser beleidigenden Bemerkung, so danke ich dir, Allan, für das Uebrige deiner Epistel. Ich meine, ich hörte deinen guten Vater das Wort Noble-House, mit einer Mischung von Verachtung und Mißvergnügen aussprechen, als wäre der bloße Name des armen, kleinen Weilers ihm zuwider, oder als hättest du von ganz Schottland gerade den Ort ausgesucht, wo du am wenigsten zu Mittag essen solltest. Aber wenn er eine besondere Abneigung gegen dieses unschuldige Dörfchen und gegen das unbedeutende Wirthshaus hat, ist es nicht sein Fehler, da er mich ja abhielt, die Einladung des Laird von Glengallacher anzunehmen, der mich bat, mit ihm, wie er sich pathetisch ausdrückte, »auf seinen Ländereien« einen Rehbock zu jagen? Einen Rehbock zu jagen! Denke dir, welch eine glänzende Idee für Jemanden, der nie andere Thiere, als Heckensperlinge schoß, und das mit einer Sackpistole, welche er in einer Trödlersbude in der Kuhgasse kaufte. – Du, der du dich mit deinem Muthe brüstest, magst dich erinnern, daß ich die Gefahr, besagte Pistole loszufeuern, zuerst wagte, während du zwanzig Ellen weit davon standest, und daß, als du sicher überzeugt warst, daß sie nicht zerspringen würde, du alle Rechte außer dem des Aelteren und des Stärkeren vergaßest und dich der Pistole für den ganzen Rest des Feiertages ausschließlich bemächtigtest. Nun ist zwar freilich die Belustigung eines solchen Tages keine vollkommene Vorschule der edlen Kunst der Rehjagd, so wie man sie im Hochlande ausübt; dennoch hätte ich mir keine Bedenklichkeiten gemacht, des ehrlichen Glengallachers Einladung, selbst auf die Gefahr, zum erstenmal einen Fehlschuß zu thun, anzunehmen, wäre es nicht wegen des Lärmens, welchen dein Vater in der ganzen Hitze seines Eifers für König Georg, die hannöverische Erbfolge und den presbyterianischen Glauben darüber gemacht hätte. Jetzt wollte ich, ich hätte darauf bestanden, da ich durch meine Unterwerfung so wenig in seiner guten Meinung gewonnen habe. Alle seine Vorurtheile, die Hochländer betreffend, datiren sich vom Jahre fünf und vierzig her, als er und die andern Freiwilligen vom Westport retirirten, ein Jeder, um sich in seiner eigenen Wohnung zu verschanzen, sobald sie gehört hatten, daß der Abenteurer mit seinen Clans sich Kirkliston nähere. Die Flucht von Falkirk-parma non bene selecta – an welcher, wie ich glaube, dein Ahnherr seligen Andenkens mit dem unerschrockenen westlichen Regimente auch wohl Antheil gehabt haben mag – scheint seinen Geschmack nach hochländischer Gesellschaft nicht eben sehr erhöht zu haben; (untersuche doch einmal, Allan, ob dir wohl der Muth, dessen du dich rühmst, nach schottischem Erbrecht anheimfiel?) und die Geschichten vom Rob Rog Macgregor und vom Sergeanten Allan Mhor Cameron dienten seiner Einbildungskraft, sie mit noch schwärzeren Farben auszumalen.

So viel ich nun davon verstehe, sind diese Ideen, wenn man sie auf den gegenwärtigen Zustand des Landes anwendet, ein völliges Hirngespinst. Des Prätendenten wird in den Hochlanden so wenig mehr gedacht, als wäre auch er schon eingegangen zu seinen hundert und acht Ahnen, deren Bilder die alten Mauern von Holyrood zieren. Die breiten Schwerter sind in andere Hände übergegangen, die Tartschen werden dazu gebraucht, die Butterfässer zuzudecken; das Geschlecht ist gesunken und sinkt täglich weiter, von stürmischen Halbwilden zu zahmen Betrügern. Es war wahrlich zum Theil meine Ueberzeugung, daß es im Norden nur wenig mehr zu sehen gibt, welche freilich aus anderen Gründen, als denen deines Vaters hervorgehend, doch mit seinem Schlusse übereinstimmte, welche meine Reise nach dieser Richtung lenkte, wo ich wahrscheinlich eben so wenig sehen werde.

Eines aber habe ich gesehen, und es geschah mit einem unbeschreiblichen Vergnügen: meine Augen haben nämlich, wie die des sterbenden Propheten, vom Gipfel des Pisga das Land anschauen dürfen, das mein Fuß nicht betreten soll. – In einem Worte, ich sah die Ufer des fröhlichen Englands, des fröhlichen Englands! dessen Erzeugter zu sein ich stolz bin, und welches ich mit den Augen eines dankbaren Sohnes betrachte, wenn schon die tobenden Fluthen und der bewegliche Triebsand uns trennen.

Du kannst es nicht vergessen haben, Allan – denn wann vergäßest du je etwas, das deinen Freund beträfe? – daß derselbe Brief meines Freundes Griffiths, welcher meine Einkünfte verdoppelte und meine Handlungen meinem freien Willen anheimstellte, eine Clausel enthielt, nach welcher mir es ohne Ursache verboten ward, falls ich meine künftige Ruhe und mein künftiges Glück wünschte, England zu bereisen. Jeder andere Theil der brittischen Besitzungen, selbst eine Reise auf dem Continent, war meiner Wahl überlassen. – Erinnerst du dich des Märchens, Allan, von einer zugedeckten Platte mitten in einem königlichen Gastmahl, auf die immerwährend die Augen der Gäste gerichtet waren, welche alle Leckereien, mit welchen der Tisch beladen war, vernachlässigten? Diese Verbannungsclausel aus England – aus meinem Vaterlande – aus dem Lande der Tapfern, der Weisen und der Freien, betrübt mich mehr, als mich die Freiheit und Unabhängigkeit, welche man mir in jeder andern Hinsicht läßt, erfreut. Indem ich nun so die äußerste Grenze des Landes aufsuche, das zu betreten mir untersagt ist, gleiche ich dem armen, angebundenen Pferde, welches, wenn du es bemerkt hast, immer am Rande des Cirkels grast, auf welchen es durch seinen Zaum beschränkt ist.

Klage mich nicht über Romantik an, weil ich dieser Neigung zum Süden gehorchen; oder vermuthe nur nicht, daß, um dem eingebildeten Schmachten nach einer nichtigen Neugierde Genüge zu leisten, ich mich der Gefahr aussetzen werde, die sichere Stütze meiner gegenwärtigen Lage zu verlieren. Wer bis jetzt meine Schritte leitete, hat mir durch redende Beweise mehr als durch Versicherungen, die er sich ersparte, gezeigt, daß mein wirklicher Vortheil Hauptzweck war. Ich wäre daher wohl ärger, als ein Narr, wenn ich gegen ihre Autorität Einwürfe machen wollte, selbst wenn diese nach Launen ausgeübt wäre. Denn gewiß, in meinem Alter – und wenn man mir noch dazu in jeder andern Hinsicht die Wahl meiner Einrichtung und die Sorge für mich überläßt – hätte ich wohl erwarten können, daß man den Grund, warum man mich aus England verbannt, frei und offen meiner eigenen Ueberlegung und Einsicht überließe. Dennoch will ich nicht dagegen murren. Ich vermuthe, eines Tages werde ich doch schon den Zusammenhang der ganzen Geschichte erfahren, und dann werde ich vielleicht einsehen, wie du zuweilen andeutest, daß an der ganzen Sache nicht viel Wichtiges ist.

Ich kann mich nicht enthalten, mich zu verwundern – aber Gott weiß es, wenn ich so fortfahre, so wird mein Brief so voll Wunder werden, wie Katterfelto's Wahrscheinlich ein Taschenspieler. Anmerk. des Uebers. Ankündigungen. Ich denke, ich will dir jetzt statt der verzweifelten ewigen Wiederholungen von Vermuthungen und Ahnungen die Geschichte eines kleinen Abenteuers erzählen, das mir gestern zustieß, obzwar ich überzeugt bin, daß du, wie gewöhnlich, dein Perspectiv umwenden und meine arme Erzählung für eine unbedeutende Begebenheit halten wirst und für einen Umstand, von welchem du mich wieder anklagen wirst, falsche Schlußfolgen gezogen zu haben. Zum Henker aber auch, Allan, du bist so wenig zum Vertrauten eines jungen Abenteurers, der mit einiger Einbildungskraft begabt ist, geeignet, wie der alte einsilbige Sekretär des Facardie von Trebizonde. Dennoch müssen wir beide jeder seinem besonderen Schicksale folgen. Meine Bestimmung ist es, zu sehen, zu handeln, zu erzählen, – die deinige, wie ein alter Holländer in demselben Postwagen mit einem Gasconier zu sitzen, zu hören und die Achsel zu zucken.

Von Dumfries, der Hauptstadt dieser Grafschaft, habe ich nur wenig zu bemerken, denn ich will deine Geduld nicht mißbrauchen, wenn ich dir sage, daß es an den Ufern des lieblichen Flusses Nith liegt und daß man vom höchsten Standpunkte der Stadt, vom Kirchhofe aus, eine weite und schöne Gegend vor sich liegen sieht. Auch will ich keinen Gebrauch von dem Privilegium machen, dir die ganze Geschichte vom Bruce zu wiederholen, welcher an diesem Orte in der Dominikanerkirche den rothen Comin erstach, und deßwegen, weil er den Gottesfrieden brach und ein Meuchelmörder wurde, den Dank des Königs und des Vaterlandes einärntete. Die jetzigen Bewohner von Dumfries erinnern sich dessen und vertheidigen die That, indem sie bemerken, daß es nur eine papistische Kirche gewesen wäre – denn zum Beweis sind die Mauern der Kirche so völlig niedergerissen, daß man auch nicht eine Spur mehr davon sieht. Besagte Herren Bürger von Dumfries sind eine derbe Klasse ächt blauer Presbyterianer, Männer nach dem Herzen deines Vaters, und um so viel eifriger für die protestantische Erbfolge, da viele der großen Familien in der Umgegend im Verdacht anderer Gesinnungen stehen, und selbst zum Theil thätig, an der Insurrection im Jahre fünfzehn, andere sogar an den neueren Händeln im Jahre Fünfundvierzig Antheil nahmen. In der letztern Periode litt die Stadt; denn Lord Elch mit einem bedeutenden Corps Rebellen legte den Bürgern der Stadt Dumfries eine schwere Contribution auf, weil sie dem Nachtrabe des Chevalier Beiname des Prätendenten, Prinz Karl von Stuart, denn die Anhänger des Hauses Hannover verweigerten dem katholischen ehmaligen Regentenhause den Fürstentitel. Anmerk. des Uebers. auf seinem Zuge nach England bedeutenden Schaden zugefügt hatten.

Viele dieser Umstände erfuhr ich vom Provost C–, welcher sich, da er mich auf dem Markt erblickte, erinnerte, daß ich ein Hausgenosse deines Vaters bin, und mich sehr höflich zum Mittagessen einlud. Ich bitte dich, sage doch deinem Vater, daß ich überall die Einwirkungen seiner Güte gegen mich fühle. Nach vierundzwanzig Stunden aber wurde ich dieses, sonst ganz hübschen Städtchens, überdrüssig und so schlenderte ich ostwärts der Küste entlang, indem ich mich damit unterhielt, Antiquitäten aufzusuchen und manchmal meine neue Angelruthe zu benützen oder doch zu benützen versuchte. Nachdem ich vier volle Stunden gewartet hatte, erfuhr ich es durch einen bloßen Zufall, daß ich das Fischen nicht verstand. Ich werde nie den unverschämten zwölfjährigen Buben, den Kuhhirten, vergessen, der die Frechheit hatte, mich spöttisch über mein Fischernetz, mein Senkblei und die große Anzahl wollener Würmer, die ich mir gesammelt hatte, auszulachen, er, der weder Holzschuhe noch eine Mütze hatte, mit bloßen Füßen und zerrissenen Hosen einherstolzirte. Zuletzt war ich dennoch gezwungen, dem spottenden Schlingel die Angelruthe zu überlassen, um zu sehen, was er damit machen würde; und siehe da, in einer Stunde hatte er nicht nur meinen Korb bis zur Hälfte gefüllt, sondern er lehrte mich wirklich mit meinen eigenen Händen zwei Forellen tödten. Das, und weil Sam Heu und Hafer (das Bier nicht zu vergessen) in dem Wirthshaus recht gut fand, flößte mir zuerst den Gedanken ein, einen oder zwei Tage hier zu bleiben; dem lachenden Spitzbuben von Fischerknaben habe ich, weil ich einen andern Hirten für ihn miethete, die Erlaubniß verschafft, mich begleiten zu dürfen.

Eine ordentliche, reine Engländerin ist Gastgeberin dieses kleinen Wirthshauses, meine Schlafstube wird mit Lavendel geräuchert, hat ein nettes Schiebfensterchen und überdies sind die Mauern mit Balladen von der schönen Rosamunde und der grausamen Barbara Allan bedeckt. Wie unrein auch die Aussprache der Wirthin sein mag, meinem Ohr klingt sie höchst lieblich; denn noch habe ich die traurige Wirkung nicht vergessen, die eure breite, langsame nordische Aussprache (für mich der Ton eines fremden Landes) auf meine kindlichen Organe hervorbrachte. Ich weiß wohl, daß ich seitdem das Schottische völlig erlernt habe und wohl noch manchen schottischen Provinzialismus dazu. Immer aber noch scheint der englische Accent meinem Ohr wie eines Freundes Stimme, und wenn ich ihn selbst in dem Munde eines wandernden Bettlers hörte, so verfehlte er doch nie, mir ein Almosen zu entlocken. Ihr Schotten, die ihr auf eure eigene Nationalität so stolz seid, müßt sie auch in Anderen ehren.

Den nächsten Morgen wollte ich wieder an den Strom gehen, wo ich die vorigen Nacht zu angeln angefangen hatte, ward aber durch einen gewaltigen Regenschauer, der den ganzen Vormittag anhielt, daran verhindert. Während dieser Zeit hörte ich meinen Schurken von Führer seine unzüchtigen Späße so laut in der Küche, wie einen Bedienten auf dem Paradiese treiben, so wenig sind Ländlichkeit und Zurückgezogenheit immer mit Bescheidenheit und Unschuld gepaart.

Als Nachmittags das Wetter sich aufklärte und wir endlich an das Ufer gelangten, fand ich, daß mein vollkommener Lehrer mir einen neuen Streich gespielt hatte. Wahrscheinlich wollte er lieber selber fischen, als sich die Mühe geben, einen ungelehrigen Neuling, wie ich, zu unterrichten; um also meine Geduld zu ermüden und mich zu bewegen, ihm die Angel wie gestern zu überlassen, erdachte sich mein Freund die List, mich mehr als eine Stunde mit einer Angel ohne Spitze im Wasser herumplütschern zu lassen. Zuletzt kam ich dem Possen auf die Spur, indem ich bemerkte, daß der Schurke immer vor Freude laut auflachte, wenn er eine Forelle sich nähern und ruhig bei der Angel vorbeischwimmen sah. Ich gab ihm einen gesunden Hieb, Allan; aber ich bereute es schon im nächsten Augenblicke, und um ihn zu entschädigen, ließ ich ihn den übrigen Abend im ruhigen Besitz der Angel, wogegen er die Verpflichtung übernahm, mir, um seine Beleidigung wieder gut zu machen, ein Gericht Forellen zum Abendessen heimzubringen.

Da ich mich auf diese Weise der Last entledigt hatte, mich auf eine Art, die mich nicht mehr ansprach, zu unterhalten, so wendete ich meine Schritte zum Meere oder besser gesagt zum Meerbusen von Solway hin, welcher hier die beiden Schwesterkönigreiche trennt und der ungefähr ein Stündchen entfernt war. Mein Weg führte mich über sandige Dünen, welche mit niedrigen Heidekräutern bewachsen waren.

Meine Finger würden ermüden, dir den Fortgang meines Abenteuers zu erzählen, ich muß es daher auf morgen aufschieben, wo du die Fortsetzung erfahren sollst. Um dich indessen vor einem übereilten Schlüsse zu bewahren, muß ich dir bemerken, daß Obiges nur der Anfang des Abenteuers war, das ich dir erzählen will.


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