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Zwey und zwanzigstes Kapitel.

O Muse, wie soll ich dich anreden? Heischre, oder taube, oder faule Dirne, denn eins von diesen dreyen muß es doch wohl seyn, daß unsre mehrsten neusten Dichter, ob sie sich schon die Knie vor dir wund liegen, gleichwohl ärger singen als Raben und Krähen: Nur einmal, liebe Muse, steh mir bey und hilf mir den festlichen Tag besingen, dem zu Ehren die Kutschen rasselten, die Trommeten schmetterten, die Pauken donnerten, die Schorsteine rauchten, die Pfröpfe sprangen und die Wenzkys hinkende Reime schmiedeten! Wie, schon engagirt bey Bürgers zweytem Theile? O so tret ich mit tausend Freuden zurück und will mich denn wohl so behelfen thun!

Eine jede Einführung, es sey nun die eines Oberkonsistorialraths oder eines Predigers im Lande Wursten, eines Schuldirektors oder eines Sextus, besteht nach deutschem Brauche in zwey Theilen. Der erste ist die Introduktion des Mannes in den Posten, zu welchem er berufen ist: Der zweyte ist die Introduktion des dabey angestellten Schmauses in den Magen. Beyde Theile passen ganz vortreflich auf einander, denn der erste macht hungrig und der andre satt; Jedoch wird in figürlichem Verstande auch schon im ersten geschmaust, nur daß nicht jeder einen Magen hat, diese bloß geistigen Speisen zu verdauen. Was unser Herr Direktor für dismal auftischte, war ein Gerichte im höchsten Gout; Skizze der Menschheit im neunzehnten Jahrhunderte, eine Weissagung ohne Eingebung! Wahrscheinlich hatte ihm das Jahr 2440 auf diese Idee geholfen und er hatte sie mit sehr lebhaften Farben ausgemahlt. Seiner Weissagung nach, stand in diesem Jahrhunderte ein neuer Himmel und eine neue Erde bevor; Denn binnen höchstens 60 Jahren würde die Verbesserung der öffentlichen und Privaterziehung allgemein seyn und etwan 20 Jahre später hinaus würden sich die Früchte davon zeigen. »Dann, rief er aus, verwüsten keine verderblichen Kriege mehr die Länder; Jeder Regent ist Vater des Vaterlandes und würde lieber sein eignes Blut vergiessen, als einen einzigen Tropfen eines seiner zärtlichgeliebtesten Unterthanen. Der Ruhe und dem Ueberflusse im Schooße, im Arme der Freude und des Vergnügens lesen einst unsere Ur- und Urur-Enkel in den Geschichtsbüchern und segnen unsre Asche, die wir durch Verbesserung der Erziehung den Grundstein zu ihrem Glücke legten.« Das Ganze war durchaus in diesem Tone, und es würde überflüssig seyn, eine Sylbe weiter anzuführen. Die sehr zahlreiche und aus den angesehensten Personen der ganzen Stadt bestehende Versammlung bezeigte größtentheils ihre innigste Zufriedenheit und wer auch die Weissagung selbst für eine Schimäre hielt, freute sich doch dieser angenehmen Schimäre, und klebte immer noch an der Meynung, wer mit so gar hohen und ätherischen Bildern schwanger gienge, könnte unmöglich in der Praxis etwas schlechtes leisten. Bloß einige Adepten nahmen sich die Freyheit, andrer Meynung zu seyn. Mirus hieß die Rede nicht anders, als eine Predigt vom ewigen Leben, und behauptete, das meiste wäre aus der Offenbarung Johannis gestohlen; Herz lächelte bloß, und behielt sein Urtheil für sich; Einer der anwesenden Prediger aber meynte, er wollte auch wohl eine Weissagung ohne Eingebung machen und die war, wie schon oben auf dem Titelblatte angeführt steht: Parturiunt montes etc.! Unterdessen näherte sich der zweyte und kernhaftere Theil der Introduktion, der den ersten bald ausstach. Niemand unter allen hatte wohl so heißhungrig darauf gelauert, als Sir Wenzky, um so mehr, da er schon den Mittag vorher sehr mäßig, und den Abend gar nichts gegessen hatte, damit nicht nur der Magen, sondern auch die Eingeweide geräumig genug wären, alle die Gottesgaben zu fassen, die er sich zu geniessen vorgenommen hatte. Selbst die Taschen waren zu dem Ende erweitert, Frau und Kindern ein kleines Magazin mit nach Hause zu nehmen! Wohl bekomme es ihm denn, und daß alles glücklich und unversehrt zu Hause anlangen möge! Wir andern, denen bey dieser Fete, von der wir nichts abkriegen können, doch nur der Mund wäßricht werden würde, thun am klügsten, unser Auge ganz davon abzuwenden, und den Zeitpunkt zu erwarten, da unser Held nach einer sanften Ruhe am folgenden Nachmittage den ersten kühnen Schritt von der Theorie zur Praxis thut.


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