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Aufs Neue eingeführt und mit erläuternden Notizen versehen
von
Stadtschulrat in Danzig.
Verlag von Theodor Bertling.
Wer sollte nicht gern die Gelegenheit ergreifen, zum Ruhm seiner Vaterstadt ein – wenn auch noch so bescheidenes Scherflein beitragen zu können? Der Unterzeichnete befindet sich in dieser glücklichen Lage, denn, wie es ihm vor kurzem vergönnt war, zu der »Künstlerfahrt« seines gefeierten Landsmannes ChodowieckiVon Berlin nach Danzig. Daniel Chodowiecki's Künstlerfahrt im Jahre 1773. Berlin. Verlag von Amsler und Ruthardt. Bereits in 2. Auflage erschienen. einige Notizen liefern zu dürfen, so tritt jetzt die erwünschte Aufgabe an ihn heran, eine jüngere Zeitgenossin des genialen Künstlers, welche zu seiner Familie und zu ihm selbst in näherer Beziehung stand, aufs neue einzuführen. Es ist Johanna Schopenhauer, die einst vielgenannte und vielgelesene Schriftstellerin, welche zuerst auf dem Gebiete der Kunstgeschichte und Kunstkritik ein schönes Talent entwickelte, dann durch die gewandte und anregende Darstellung der auf ihren Reisen gesammelten Kenntniß von Land und Leuten einen weiten Leserkreis an sich zog, und schließlich in ihren Romanen durch die aus reifer Lebenserfahrung entnommene Schilderung des weiblichen Herzens die ganze Frauenwelt der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts für sich gewann.Ihre »Sämmtlichen Schriften« erschienen in 24 Bändern (Leipzig und Frankfurt 1830–31). Darauf folgte 1839, von ihrer Tochter herausgegeben, der Nachlaß in 2 Bänden, dieser enthält das Fragment: »Jugendleben und Wanderbilder.«
Selbstverständlich schrieb die Verfasserin unter dem Einfluß nicht nur der allgemeinen geistigen Zeitströmung, sondern auch der aristokratischen Umgebung, in welcher sie sich bewegte, und deshalb ist es leicht erklärlich, daß die einst auf ihre republikanische Gesinnung pochende und jeder Sentimentalität abholde Frau es noch zu ihren Lebzeiten hören mußte, daß sie von einer anders denkenden Generation als die Ahnfrau jener socialen Entsagungsromane bezeichnet wurde, welche in den 20er und 30er Jahren Deutschland überflutheten, und daß in schroffem Gegensatz zu Goethes freundlich-anerkennender Beurtheilung (Werke Bd. 32) ihre einst so gefeierte Gabriele sich den Spottnamen eines »ununterbrochenen Opferfestes« gefallen lassen mußte. – Ob diese sarkastischen Kritiker nicht zugleich die Pflicht gehabt hätten, hervorzuheben, daß Johanna Schopenhauer trotz alledem die Farben zu ihrem Gemälde der Wirklichkeit entnimmt und niemals zum Schwächlichen und Weinerlichen herabsinkt, lassen wir an diesem Orte dahingestellt, denn mit solchen Wandlungen des Geschmacks haben die jetzt in neuer Auflage erscheinenden Jugenderinnerungen nichts zu thun. Sie sind und bleiben das, was ihre gereifte Verfasserin beabsichtigte, ein Sittengemälde ihrer Zeit und werden deshalb, ganz abgesehen von dem Einblick, den sie in ein glücklich angelegtes und reich ausgestattetes Frauenleben eröffnen, ihr kulturhistorisches Interesse für alle Zeit bewahren. Das gilt vor allen Dingen in Bezug auf die Vaterstadt Danzig, und deshalb glaubte der Unterzeichnete, seine eigentliche Aufgabe darin zu finden, die Jugenderinnerungen Johanna Schopenhauers, deren Name in ihrem Sohne, dem berühmten Philosophen Arthur Schopenhauer, wieder aufgelebt ist, durch erläuternde Notizen theils zu bestätigen, theils zu ergänzen, theils wo es nöthig war, zu berichtigen. Möchte es ihm gelungen sein, durch seine von vielen Seiten freundlich unterstützte Arbeit dem Büchlein auch über das Weichbild der Vaterstadt hinaus zahlreiche Leser und Freunde zu gewinnend
Danzig, Weihnachten 1883.
Dr. Cosack.