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Zu Jacobi.

 

D. Hume über den Glauben.
(Breslau 1787.)

p. 7 oben und p. 8 unten: zwei treffliche Stellen.

p. 21. Die Frage nach der Gültigkeit der sinnlichen Evidenz versteht sich selbst nicht: denn sie ist ohne Sinn. Die sinnliche Evidenz giebt sich für sinnliche Evidenz: diese Gültigkeit ist nicht zu bestreiten, und eine andere, mir ganz unbekannte Gültigkeit, die du ihr beilegen möchtest, ist nicht zu denken: denn was du als seyend denkst, ist eben das was du als sinnlich erscheinend denkst. Die sinnlichen Erscheinungen sind in deinem Bewußtseyn als von dir (als sinnlicher Erscheinung) unabhängig: du fragst, ob sie nicht etwa doch von dir abhängig seyn möchten: das müßte eine Abhängigkeit seyn, deren du dir nicht bewußt bist: aber eine solche ist für dich nicht da: denn für dich bedeutet daseyn in deinem Bewußtseyn seyn, und selbst der Begriff von Kausalität und Dependenz ist nur sofern dein empirisches Bewußtseyn ist. – Insofern in deinem Bewußtseyn sinnliche Erscheinungen vorkommen, insofern kommst auch du selbst nur als sinnliche Erscheinung darin vor. Giebt es für dich ein Bewußtseyn deiner selbst anders, als einer sinnlichen Erscheinung, so heißt dies anders als eines Subjekts Objekten gegenüber: in solchem Bewußtsein deiner selbst können aber auch die Objekte nicht mehr seyn, denn sie sind nur, wo ein Subjekt ist: wo sie nicht mehr sind, kann also auch nicht die Rede seyn von ihrer Abhängigkeit von einem Subjekt, das auch nicht mehr ist.

 

Was ich träume, hat während ich es träume für mich dieselbe Realität, als was ich wachend erlebe. Und was ich wachend erlebt habe, ist während ich träume für mich eben so nichtig, als mein Träumen während ich wache.

Das Bewußtseyn im Wachen unterscheidet sich vom Traume allein durch die konsequente Folge in Zeit, Raum, Kausalität u. s. w., nämlich daß es in Hinsicht auf diese, nach jeder Unterbrechung durch den Schlaf, anhebt wo es geblieben war. Das wachende Bewußtseyn ist ein Ganzes, und Alles in ihm stätige Reihe: die Träume dagegen sind Fragmente, und so ist auch mein Ich in den Träumen fragmentarisch, die synthetische Einheit der Apperception reicht nicht von einem Traum in den andern, noch vom Traum in das wachende Bewußtseyn. Für die Verbrechen, die ich daher in einem Traume vollbracht, fühle ich mich zwar in diesem Einen Traum, aber nicht in andern Träumen, noch im wachenden Bewußtseyn schuldig und verantwortlich.

p. 184-202 steht sehr sonderbares Zeug, das der Kern von Jacobi's philosophischer Denkungsart damals gewesen zu seyn scheint, und zeigt, wie er von der Kritik der reinen Vernunft nichts verstanden hatte.

 

Der Inhalt der Beilage p. 209 ist: »Nach Kant ist alle Erfahrung nichts als durch meine sinnliche Natur bedingte Erscheinung. Wie kann Kant dennoch zugeben, daß ein äusserer Gegenstand Eindruck auf meine Sinne macht?«

Meine Antwort: Eben so wie er zugeben kann, daß mir ein äusserer Gegenstand als Ursache des andern erscheint. Denn mein ganzes Ich, sofern es in den Begriff eingeht, ist auch bloß Erscheinung, und ich erkenne mich als transscendentales Objekt so wenig, als die Dinge ausser mir. Das Einwirken eines äussern Gegenstandes auf meine Sinne muß also zugegeben werden, wie das Einwirken jedes andern Objekts der Erfahrung auf das andre: nämlich als Erscheinung.

 

Jacobi an Fichte.
(Sendschreiben. Hamburg 1799.)

p. 88. XXVII: Hier fehlt der Satz »was von uns nicht deutlich erkannt werden kann, läßt keine Vermittelung zu« – der aber falsch ist, dennoch subintelligirt werden, oder gezeigt werden muß, woran wir erkennen, daß etwas keine Vermittelung zulasse, d. h. Ursache sei ohne Wirkung zu seyn. Er will die Freiheit beweisen und setzt ohne weiteres »Etwas das keine Vermittelung zuläßt«, d. h. die Freiheit voraus.

p. 87. XXV. Wenn –; so –: ein unverschämt falscher Schluß! – Ein durchaus vermitteltes Daseyn kann ich mir nicht denken, weil ich mir kein Entstehn der Materie denken kann: sondern diese als selbständig denken muß: aber alle ihre Bestimmungen, den Ort den sie einnimmt, ihre Form, Dichtigkeit u. s. w. muß ich mir als Wirkungen von Ursachen denken. Handlung also, als eine Bestimmung, muß ich mir als vermittelt denken: – grade daraus daß ich dies muß und doch das Bewußtseyn meiner eignen Freiheit habe, und darum es meines Gleichen auch beilege – ist der Streit über Freiheit entstanden. Jacobi kennt noch nicht das punctum disceptationis. Aus seinem Satz folgt daher auch, daß jeder Klotz der von der Stelle rückt es durch Freiheit thut.

 

Jacobi zeigt überall tiefgewurzelten Synkretismus, also Unfähigkeit zur Philosophie, welche Kriticismus ist.

 

Ueber die göttlichen Dinge.
(Leipzig 1811.)

p. 20. »Denn sie hat kein andres Vermögen« – das ist allerdings die Konsequenz der grundlosen Sonderung von Verstand und Vernunft.

p. 25. Hier fehlt die Antwort des Verstandes: »daß die (sogenannte) Vernunft (transscendenter Verstand) alle ihre Herrlichkeiten (lieber Gott, Unsterblichkeit, Seele, –) doch nur schafft durch Konstruktion seiner, des Verstandes, Begriffe, welcher Begriffe Ursprung aus der Sinnlichkeit sie verachte, also zugebe: dieser Begriffe Natur sei es nun ein Mal, wie sie ja selbst behaupte, daß sie nur in Bezug auf sinnliche Darstellung gelten d. h. wahr seien, nie mehr aussagten als eben sinnliche Erscheinung, außerdem keinen Gehalt hätten: daß wenn Vernunft nun, durch Konstruktion derselben, neue Begriffe machte, denen aber nie eine sinnliche Erscheinung entsprechen könnte, diese, als Begriffe, leer und nichtig seien.« –

Bildlich: Ein Wechsel hat nur Werth durch die Verbindlichkeit des Bezahlers. Ein Mahler kommt, verachtet ihn deshalb, macht eine schöne Zeichnung und will diese vom Bezahler ausbezahlt haben: der giebt nichts dafür. – Das Bild taugt nicht, weil eine Zeichnung doch an sich einen Werth hat für menschlichen Sinn: ein Begriff, dem keine Erscheinung entsprechen kann, aber gar keinen: es müßte denn seyn daß er als Befriedigung eine dem Auge wohlthätige Gränze setzte.

Nach p. 37 oben hat der liebe Gott auch Vernunft und vollkommenste Persönlichkeit.

p. 91. Eine Definition der Vernunft.

p. 138-41 sieht man, wie wenig Jacobi, und in der Anmerkung, wie wenig Bouterwek die kritische Philosophie zu fassen fähig sind.

p. 161 zur Anmerkung: Das Ungefähr steht entgegen sowohl der Nothwendigkeit, als der Absicht, nämlich einem höhern Begriff, in dessen Sphäre beide gehören, dem der Kausalität. Ungefähr, Zufall, ist das Zusammentreffen von Dingen, ohne daß Kausalität sie verbinde. – Jacobi verdaut täglich ohne Absicht und Einsicht, und doch nicht von Ungefähr.

p. 179. »Wenn nichts wahrhaft unbedingt ist, so ist überall nichts« –

So spricht allerdings die Vernunft, d. h. der transscendente Verstand: er will für das Ding eine Ursache, oder für die Erscheinung einen Grund. Jacobi ist nicht weiter und kann nicht weiter. Wer die Kritik der reinen Vernunft verstanden hat, hat erkannt, daß die Vernunftgesetze keine absoluten sind (Kant nennt dies »nicht von Dingen an sich gelten«), er weiß, daß das Unbedingte nur ist im Gegensatz mit dem Bedingten, d. h. nur für die Vernunft, für das endliche Erkenntnißvermögen: daß da, wo mein bessres Bewußtseyn anhebt, alle jene Gegensätze verschwunden sind, so wenig Unbedingtes, als Bedingtes, so wenig Gott als Welt ist. – Die Frage, wie denn dieses empirische Bewußtseyn, diese Vernunft mit ihren Täuschungen, aus dem bessern Bewußtseyn abzuleiten, wie die Welt, die Natur entstanden sei – gleicht dem Reden eines noch halb Träumenden. Denn ein solcher Frager will eine Erklärung, d. h. eine Ableitung von anerkannten Gesetzen: welche Gesetze sollen dies seyn? nothwendig die der Vernunft, des Verstandes, denn auf ihrem Standpunkte stehn wir ja, sobald wir reden. Aber eben das Entstehn dieses empirischen Bewußtseyns, dieser Gesetze selbst ist es ja, das erklärt werden soll: erkläre ich dieses aus diesen Gesetzen selbst, so thu ich was Fichte in seinen Deduktionen gethan hat, und etwas ganz Absurdes. Gesetze der Kausalität, der Unvertilgbarkeit der Materie u. s. w. gelten in der Natur, Gesetze des Widerspruchs, des zureichenden Grundes, im Verstande: frage ich aber, woher Natur, woher Verstand? so habe ich mit der Natur, mit dem Verstand auch die zu ihnen gehörigen Gesetze aufgehoben: – denn indem ich frage warum? verlange ich, daß man Natur und Verstand (empirisches Bewußtseyn) vor meinen Augen entstehn lasse: – will ich nun aber doch die Ursache der Natur, den Grund des Verstandes als Antwort auf meine Frage vernehmen; so setze ich zugleich jene Gesetze wieder als gültig ein: – hebe sie also auf und lasse sie doch stehn: bin also, wie gesagt, dem noch halb Träumenden gleich.

Ursache und Wirkung gilt innerhalb der Natur, innerhalb des empirischen Bewußtseyns: wer aber nach der Ursache der Natur frägt, gleicht dem Freiherrn von Münchhausen, der zu Pferde durch einen tiefen Strohm schwimmend das Pferd mit den Beinen umklammerte, seinen Zopf über den Kopf schlug und mit beiden Händen daran zog, um sich mit dem Pferde in die Höhe zu ziehn. – Denn Jener will die Natur auf etwas zurückführen, woraus sie nothwendig folgt, was also ausserhalb der Natur liegt; – aber Ursache und Wirkung, folgen, ableiten – sind Begriffe, die zur Natur, zum empirischen Bewußtseyn gehören, an die man diese also nicht hängen kann, so wenig als den Schwimmenden an seinen eigenen Zopf.

Können wir denn nicht über die Natur hinaus? – O ja, aber dann müssen wir den Verstand zurücklassen, denn er ist nur für die Natur, wie die Natur nur für ihn: es giebt ein bessres Bewußtseyn: dem Verstande läßt sich dies bloß zeigen durch seine Wirkungen, doch kann der Verstand nie mehr, als die Aussenseite sehn, z. B. daß einer tugendhaft handelt, ist nur die Schaale: das Warum ist der Kern, und dahin gelangt der Verstand nicht: obgleich es eigentlich in jenem Gebiet kein Warum und kein Darum giebt.

p. 200. Zweite Definition der Vernunft.

p. 202. Dritte Definition der Vernunft.

p. 213 u. 14. Danach gäbe es nur Eine Kategorie der Relation, die von Substanz und Accidenz ( objective idem quod Subjekt und Prädikat subjective) und keine Kategorie der Kausalität: man müßte also die Erkenntniß von den Prädikaten eines Dings gar nicht unterscheiden können von der seiner Wirkungen: der Unterschied ist aber bleibend. Z. B. ich sage: »dies Pulver ist weiß, fein, leicht« – das sind Prädikate –; »sein Genuß ist tödtlich«: hier ist eine ganz andre Erkenntnißart, die der Kausalität. –

Ursache und Wirkung sind eine stätige Grösse, daher zwischen ihnen eigentlich keine Zeit liegt, weil überhaupt keine Gränze zwischen ihnen ist, und jede Ursach und Wirkung sich in unendlich viele Ursachen und Wirkungen theilen läßt: nie aber sind sie so Eins wie Subjekt und Prädikat: sondern ihre Relation ist eben eine andre, – eine eigne Kategorie und deshalb nicht weiter zu erklären.

Daß Folge zum Grunde sich verhalte, wie Theil zum Ganzen, ist nicht wahr. Als Folge eines Grundes erkenne ich Etwas immer nur durch einen Schluß, es ist ein Also nothwendig dabei. Denn Grund und Folge sind blosse Funktionen meines diskursiven Verstandes. Bei Ursach und Wirkung, Substanz und Accidenz ist das nicht; ihre Erkenntniß ist eine unmittelbare, durch eigne Kategorien.

 


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