Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
In den »Metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft« [3. Auflage, Leipzig 1800], Vorrede, p. XVI, Anmerkung, heißt es (wie in vielen andern Stellen seiner Werke): »daß die Kategorien, deren sich die Vernunft in allem Erkenntniß bedienen muß, gar keinen andern Gebrauch als in Beziehung auf Gegenstände der Erfahrung haben können.« – siehe die Anmerkung zu Ende.
Und in der von Rink herausgegebenen Beantwortung der Preisfrage [Königsberg 1804] p. 64: »Die Kategorien gehören zur Form des Denkens nothwendig, dieses mag auf das Sinnliche oder Uebersinnliche gerichtet sein.«
p. VII (p. 13 erste Ausg.) Konstruktion der Begriffe.
p. 1,2,3. Es ist mir unerklärlich, wie Kant von einem absoluten und relativen, und vollends von einem beweglichen Raum reden kann. Es giebt nur Einen Raum, der nicht durch die fünf Sinne, noch durch den Verstand gegeben ist, obgleich ich den Begriff desselben erst durch einen Schluß erhalte. Er ist diesem allen in meinem Bewußtseyn vorhergehend. – Beweglich?! Wenn ich Einem, dem das Wort Raum noch keine Bedeutung hat, es erklären will; so sage ich: »das was zurückbleibt, wenn du jenen Gegenstand fortnimmst«: versteht sich, daß von Luft und Licht der Kürze halber abstrahirt wird. und dies ist die einzige Art, ihm den Begriff Raum zu geben, dessen erstes Prädikat also Unbeweglichkeit ist. Soll ferner der Raum beweglich seyn, so muß nothwendig da, von wo er fortbewegt wird, ein Raumloses seyn! oder er muß elastisch seyn.
Beweglichkeit ist nur im Raum: wie sollte der Raum beweglich seyn!
p. 4. Der Beweis, daß der Ort jedes Körpers ein Punkt sei, »Denn der Ort eines jeden Körpers ist ein Punkt« – vielmehr wird der Ort eines Körpers nach einem Punkt desselben bestimmt, aber der Ort eines Körpers kann kein Punkt seyn. ist höchst läppisch und stützt sich auf eine willkührliche Annahme, die man alle Tage ändern kann. Auch kann man daraus folgern, daß es nichts als leeren Raum giebt; denn mathematische Punkte füllen keinen.
p. 12. Der zum Anfang gerügte Irrthum tritt noch mehr hervor. – Ich setze als fernere Erklärung meiner Widerlegung hinzu: Bewegung ist die Veränderung des räumlichen Verhältnisses zwischen wenigstens zwei Körpern. – Denke dir im unendlichen Raum Einen einzigen Körper, so kannst du nie, weder von Ruhe noch von Bewegung desselben reden. – Denke dir zwei, so kannst du nicht sagen, welcher sich bewegt. Wäre z. B. keine Bewegung der Planeten, sondern nur eine Rotation der, übrigens unbewegten, Erde; so wäre es nicht auszumachen, ob sie um sich oder alle Fixsterne um sie sich bewegen. – Kant leugnet dies p. 113, widerlegt es p. 120, und obgleich vieles, was ich hier gesagt, dort steht, so ist doch nicht alles dies damit aufgehoben. Erst wenn viele Körper im Raum sind, nennen wir den sich bewegend, dessen räumliches Verhältniß zu den andern sich ändert, während sie unter sich das selbe behalten: und selbst dies ist so wenig absolut, daß man noch immer behaupten kann, alle andern bewegen sich und der eine ruht. Aber in der That sagt dieses dasselbe. Alle Bewegung ist nur relativ: es ist damit wie 5 x 7 = 7 x 5: doch ist der erstere Ausdruck gewöhnlicher.
Daß ich Das, worauf die die Raumveränderung bewirkende Ursache zunächst wirkt, das bewegte nenne, ist eine ganz besondre Rücksicht.
Zur 2ten Anmerkung p. 20. Daß eine doppelte Geschwindigkeit in gleicher Zeit doppelten Raum zurücklegt, versteht sich allerdings von selbst und läßt sich a priori sagen. Doch scheint es mir ein analytischer und kein synthetischer Satz. Ich frage: heißt: »die Geschwindigkeit ist größer«, nicht: »der Körper legt in gleicher Zeit mehr Raum zurück«? – Und also: »sie ist doppelt«, heißt: »er legt in gleicher Zeit doppelten Raum zurück.« Raum und Zeit kann ich a priori nach ihren nothwendigen Gesetzen konstruiren, und dies giebt synthetische Sätze a priori. Die Konstruktionen des Raumes und der Zeit kann ich willkührlich verbinden zu Gesetzen der Geschwindigkeit, und dies giebt analytische Sätze: daß diese Gesetze der Geschwindigkeit in der Erfahrung sich bestätigen, hängt ab von der Nothwendigkeit meiner Konstruktionen des Raumes und der Zeit.
Ich läugne, daß die Richtung sich a priori konstruiren läßt, weil sie durchaus eine Folge der treibenden Kraft ist, also empirisch: die Demonstration der Diagonale, die Kant giebt ( p. 18), leistet dies auch nicht, sie zeigt blos eine Aenderung des räumlichen Verhältnisses eines Körpers gegen zwei andre, dadurch daß einer dieser ( B – den Kant fälschlich relativen Raum nennt –) sich ebensowohl als der erstere Körper ( A) bewegt. Es kann für die Diagonalbewegung keine andre als mechanische Auflösung geben. –
Im ersten Punkt dieser Anmerkung hat er ganz vergessen, daß AB und BC nicht die Geschwindigkeiten vorstellen können, sondern nur die zwei Räume, deren Verhältnisse zu zwei Zeiten die Geschwindigkeiten sind. Geschwindigkeit ist keine Größe, sondern ein Verhältniß zweier Größen.
p. 35, Anmerkung 1. Der Einwurf des Monadisten scheint mir nicht zulässig, weil die Sphäre der repulsiven Wirksamkeit und die raumerfüllende Substanz zwei Ausdrücke für einen Begriff sind.
p. 38 spricht er von der Nothwendigkeit des Beweises, daß in jedem erfüllten Raum auch Substanz sei: was ist aber Substanz anders als erfüllter Raum?
p. 38. Das Ding an sich steht mir nirgend so unverständlich als hier: wie können wir doch »ungezweifelt gewisse Sätze« haben über Dinge an sich, die wir nicht erkennen, oder was von dem, das wir erkennen, nennt er hier Ding an sich? – Daß »ein Ganzes alle Theile, in die es getheilt werden kann, zum voraus in sich enthalten muß«, ist grundfalsch. Theile entstehn erst durch Theilung: was ohne vorhergegangene Theilung abgesondert erscheint, ist nothwendig ein Ganzes, denn weiter verstehn wir nichts unter einem Ganzen: es heißt nur Ganzes in Bezug auf mögliche Theilung, der Theil heißt nur Theil, weil er durch unsere Willkühr für sich betrachtet wird: und woraus folgt, daß diese eine Grenze haben soll? Wenn wir nur fassen, daß die Theile bloß durch menschliche Willkühr entstehn, und das Ganze nichts bedeutet, als den nicht vollzogenen oder wieder aufgehobenen Akt dieser Willkühr; so werden wir nicht mehr sagen: »die Materie (oder der Raum) besteht aus unendlich vielen Theilen«, was allerdings ungereimt wäre; sondern: die Möglichkeit der Theilung (der Materie wie des Raums) ist unendlich. – Dies Problem bedarf also gar nicht der Auflösung, die er p. 39 giebt, bedarf keiner transscendentalen Betrachtung, sondern läßt sich innerhalb der Schranken des gemeinen Verstandes (wie oben) auflösen.
Im Grunde ist Theilung ein Uebergang aus der räumlichen Anschauung in die zeitliche Anschauung, denn dieser allein gehört ja alle Succession und alle Zahl an.
Gegen die Dynamik Siehe Bogen 14 zu Kant [= Beilage S. 19 ff.] scheint mir besonders einzuwenden das Naturgesetz: eine Kraft, die mit Bewirkung einer Sache ganz beschäftigt ist, kann nicht zugleich eine andre bewirken. – Da die Materie gleichsam als ein Produkt des Streits der Attractions- und der Repulsionskraft anzusehn ist, indem, wie Kant p. 42 und p. 46 beweist, sobald eine dieser Kräfte keinen Widerstand leistete, keine Raumerfüllung mehr möglich wäre, so muß jede dieser beiden Kräfte ganz verwendet seyn auf den der andern zu leistenden Widerstand. Wie nun aber kann die Repulsionskraft noch die Bewegung fremder Körper durch eine ihnen mitgetheilte entgegengesetzte aufheben (Undurchdringlichkeit)? Und wie kann die Attraktionskraft noch als Gravitation auf fremde Körper wirken? Denselben Einwurf macht Schelling im »Ersten Entwurf eines Systems der Naturphilosophie«, p. 110, und erklärt ihn für unauflöslich. (Dies paßt auch auf die Anmerkung zur ersten Erklärung der Mechanik.)
Ohnedies sehe ich die Erkenntniß der Schwere und der Elastizität nicht für apriorisch an, wie p. 57 behauptet wird.
Die p. 62 u. 63 geforderte Annahme einer unendlich kleinen Entfernung ist etwas schlechthin undenkbares, nämlich nichts anderes, als ein untheilbarer Raum: auch wird sie bloß gefordert, um den Widerspruch aufzulösen, daß eine Materie stätig, d. h. ohne Zwischenräume, und doch komprimabel seyn soll.
p. 65 steht: »weil die Anziehung auf der Menge der Materie in einem gegebenen Raum beruht.«
Dieser Satz steht mit dem noch eben vorher behaupteten und mit der ganzen Dynamik in gradem Widerspruch. Denn jener gemäß ist jeder Raum ganz mit Materie erfüllt; also die Menge der Materie in allen gleich. Daß aber eine Materie dichter als die andre sei, geschieht durch das Vorherrschen der Attraktionskraft in ihr über die repulsive; welche beiden Kräfte als Faktoren der Materie ihr vorhergehn und durch ihr Verhältniß ihre Dichte bestimmen: was die atomistische Vorstellung, die nur eine Art der Materie annimmt, durch leere Räume in ihr erklärt, welche Kant ja noch eben verbannt hat.
Auf dieser Seite, wie auch p.68 spricht er vom Grade der Raumerfüllung: ein Ausdruck, dem kein Begriff entsprechen kann: denn Raum-Erfüllung ist Ausdruck der Extension, Grad aber der Intension: und eine Intension der Extension ist kein Denkbares.
p. 85. Wie löst sich der Widerspruch, daß (Erklärung 2) die Größe der Bewegung durch die Quantität der Materie, und die Quantität der Materie (Lehrsatz 1) durch die Quantität der Bewegung geschätzt wird? p.89 u. 90 rechtfertigt er sich.
Man könnte aber diesen Widerspruch vermeiden und sagen: Die Quantität der Materie wird bestimmt durch die bewegende Kraft eines Körpers, in Vergleich mit der eines andern, wenn beide gleiche Geschwindigkeit haben.
p. 90-93. Substanz ist was übrig bleibt nach Wegnahme aller Accidenzien: warum soll man ihr das Prädikat der Beweglichkeit lassen, das doch auch nur ein Accidenz ist?
p. 96-106 beweist Kant die Nothwendigkeit, daß bei Mittheilung der Bewegung Wirkung und Gegenwirkung gleich sind. Sein Beweis beruht aber auf der von ihm aufgestellten Phoronomie, und da ich diese nicht angenommen habe, muß ich auch hier eine meiner gegen seine aufgestellte Theorie der Bewegung angemessene Erklärung der Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung sich stoßender Körper aufstellen.
Man muß hiebei, wie auch Kant stillschweigend thut, abstrahiren 1) von aller Reibung, nach deren Aufhebung auch der kleinste bewegte Körper durch die geringste Bewegung jeden noch so großen Körper bewegen wird; 2) von aller Elastizität, die empirische Eigenschaft einiger Körper ist, und nach deren Aufhebung kein Zurückprallen des stoßenden Körpers möglich ist.
Nach meiner phoronomischen Theorie ist es ewig unentscheidbar, d. h. ganz einerlei, ob ein Körper A sich in einer Richtung gegen eine Anzahl in selbiger liegender Gegenstände = z (die Kant relativen Raum nennt) bewegt, oder sie ( z) gegen ihn: so lange er nicht anstößt, wirkt die ihm mitgetheilte Kraft ungehindert und wirkt Annäherung von A zu z und von z zu A. Stößt er auf einen zweiten (unter z begriffenen) Körper B, so wird Gegenwirkung seiner Wirkung gleich seyn: denn 1) B sei ihm an Masse gleich, so wird es sich in der Richtung die A hatte so fortbewegen, daß A es nicht erreicht, und eben in diesem Fliehen zeigt es seine Gegenwirkung, indem es nicht, wie z, das, da es nicht zum Stoß kommt, keine Gegenwirkung äußert, sich dem A nähert (denn, wie gesagt, z nähert sich A, oder A nähert sich z ist einerlei), sondern eben durch seine Gegenwirkung die Erreichung durch A unmöglich macht.
2) Ist B größer als A an Masse; so wird die durch den Stoß von A erregte Gegenwirkung A's eigener Wirkung gleich seyn, d. h. in B wird so viel bewegende Kraft seyn, als in A; da diese aber in B eine grössere Masse zu bewegen hat als in A, so wird B sich so viel langsamer fortbewegen, aber A es auch nie erreichen.
3) Ist B von geringerer Masse als A, so wird es sich schneller fortbewegen als A, weil die durch A's Wirkung in ihm erregte, ihr gleiche Gegenwirkung in weniger Masse vertheilt ist.
Diese Theorie ist paradox und hier noch nicht gründlich ausgeführt, scheint mir indessen wahr. Sie läuft darauf zurück: im Fliehen besteht der Widerstand (nämlich gegen die Annäherung) und ohne daß der Widerstand (Gegenwirkung) dem Stoß (Wirkung) gleich wäre, wäre kein Fliehen möglich. Durch diese Gleichheit der Gegenwirkung mit der Wirkung, wie sie hier aufgestellt ist, ist wirklich unmöglich, daß ein Körper den andern erreiche, d. i. berühre: auch geschieht dies nur durch die Reibung, welche jenes Gesetz stöhrt. Die Schwere aber steht ihm nicht entgegen: wo sie die nach jenem Gesetze erfolgen müssende Bewegung zu hemmen scheint, ist es vielmehr die durch sie bewirkte Reibung, die hemmt. Ohne Reibung wäre der schwerste Körper durch die geringste Kraft verschiebbar.
p. 114. Der Beweis hier scheint mir höchst unstatthaft. – Indem er sagt: »Die Bewegung des Raums zum Unterschied der Bewegung des Körpers ist bloß phoronomisch und hat keine bewegende Kraft« scheint er ganz zu vergessen, daß unter seinem relativen Raum doch durchaus nichts gedacht werden kann, als eine Anzahl Körper, die er nach ihrem Verhältniß zu dem Körper, den er bewegt nennen will, betrachtet; daß also alles was er von diesem sagt, auch von jenen gesagt werden kann.
Beilage.
Metaphysische Naturwissenschaft.
Dynamik.
Kraft heißt die unbekannte Ursach einer bekannten Wirkung.
Das Daseyn der Materie, d. h. ihre Wirklichkeit ist nichts als ihr Wirken, d. i. ihre Kausalität. Wo also Materie ist, ist Kausalität: aber auch, wo Kausalität ist, ist Materie.
Kräfte, durch die die Materie erst wird (Repulsions- und Attraktionskraft), dürfen wir daher nicht annehmen; weil wir sonst Kausalität vor aller Materie annehmen, was ebenso widersprechend ist als Materie vor aller (d. i. ohne) Kausalität. Aus Kants Darstellung ist nur dies als wahr abzunehmen: daß das Wirken der Materie als solcher, d. h. abgesehn von aller ihrer möglichen Qualität, also das mechanische Wirken der Materie sich zurückführen läßt auf zwei Titel: Zurückstoßung oder Undurchdringlichkeit und Anziehung oder Gravitation.
Aber die Materie (abgesehn vom Qualitativen oder Chemischen) ist eben nichts, als dies Wirken. Mit andern Worten: das Wirken, welches wir Materie überhaupt (nicht diese oder jene Materie) nennen, ist Zurücktreiben und Anziehn. Aber es ist falsch, ein solches Wirken vor aller Materie, und dann erst als sein Resultat Materie anzunehmen.
Ursach sowohl als Wirkung ist Zustand von Materie. Kraft ist Ursach, sofern sie unbekannt ist, d. h. nicht weiter als Wirkung einer andern Ursach erklärt werden kann; auch nennt man schon dann eine Ursach Kraft, wenn man, der Kürze wegen, auf ihre Ursach noch weiter zurückzugehn nicht beliebt. Kraft also ist jede Ursach, die man willkührlich oder gezwungen als eine letzte betrachtet. Wie kann man nun von Kräften reden, die allererst die Materie möglich machen? – Man kann bloß von Kräften reden, die der Materie wesentlich sind: damit deutet man den Zustand der Materie an, der von ihr nicht wegzudenken ist, und der bei allen ihren andern möglichen Zuständen immer zugleich mit vorhanden ist; folglich auch immer diejenigen Zustände herbeiführt, die als Wirkungen mit ihm verknüpft sind. Diese letztern Zustände nun lassen sich auf zwei zurückführen: Widerstand oder Stoß bei der Berührung mit andrer Materie und Anziehung gegen alle andre Materie. Der Zustand welcher diese bedingt ist der Materie wesentlich: da wir ihn ebendeshalb nicht als Wirkung eines andern Zustandes ansehn können (indem er allen andern vorhergeht), so können wir ihn Kraft nennen. Diese der Materie wesentliche Kraft ist aber mit der Materie identisch, ist nur ein anderer Ausdruck für Materie: nicht aber ist diese das Resultat dieser Kraft. Die Kräfte der Materie folgen aus ihr in analytischen Urtheilen, also nach dem Satz vom Grund des Erkennens: nicht aber folgt, wie Kant will, die Materie aus diesen Kräften, nach dem Satz vom Grund des Werdens. –
(Der eigentliche, Kanten selbst nicht deutliche Sinn des Anfangs der allgemeinen Anmerkung zur Dynamik ist, daß das Seyn der Materie ihre Kausalität ist.)
Zum 3ten mechanischen Grundsatz.
Es ist verkehrt und muß daher mißlingen (wenn es gleich scheinbar gelingt), das dem Verstande a priori in und mit der Erkenntniß des Gesetzes der Kausalität gegebene Gesetz der Gleichheit von Wirkung und Gegenwirkung, sei es aus Begriffen der Vernunft, oder aus Anschauungen der Sinnlichkeit, beweisen zu wollen. Denn beides ist ein Mischen sich fremder Erkenntnißarten. Man kann nur das dem Verstande gegebene Gesetz entwickeln, und wenn man es in abstracto zum Objekt der Vernunft gemacht hat, wo es ein Urtheil von metaphysischer Wahrheit ist; so kann man dann auch die Entwickelung in abstracto, d. h. in Begriffen der Vernunft geben, wo aber alle Urtheile, in denen dies geschieht, metaphysische Wahrheit haben, folglich keine logische Wahrheit weiter für sie zu suchen nöthig ist. Jenes mag etwan so geschehn:
Wenn zwei Körper in Kausalverhältniß treten, so hebt ein neuer sie beide einschließender Zustand an. Da dieser nur Einer und beiden gemeinschaftlich ist, so muß sein Verhältniß zu den zwei Zuständen, die vorher jeder der Körper für sich hatte, dasselbe seyn:
Der Zustand also, in dem die Körper A und B nach dem Stoße sind, muß daher dasselbe Verhältniß haben zum Zustand des A vor dem Stoße, als zum Zustand des B vor dem Stoße. So viel also das vorhin ruhende B Bewegung erhalten hat, so viel muß das A verloren haben: der Stoß also eben so viel Veränderung in A, als in B hervorbringen. Für die reine Sinnlichkeit gilt wohl der Unterschied, daß, vor dem Stoß, A sich im Raum bewegte, und B nicht. Aber für den Verstand hat dies keine Bedeutung, also auch nicht in Hinsicht auf den Kausalnexus. Die gemeine, rohe Ansicht, die dies nicht unterscheidet, sagt eben deshalb: » A ist Ursach der Bewegung von B.« Aber die Wahrheit ist dieses: der Zustand des Zusammentreffens von B und A (gleichviel durch die Bewegung welches von beiden) in dem Zustand, in dem jedes vor dem Stoß ist, ist ein neuer Zustand (der Stoß heißt), und dieser ist Ursach eines neuen Zustandes, in welchem B nicht mehr ruht und A sich schwächer bewegt. Dieser neue Zustand umfaßt beide und muß zu dem vorhergegangenen Zustand jedes von beiden ein gleiches Verhältniß haben. –
Die eigentliche Bedeutung von allen diesem sieht nur der Verstand ein: für die Vernunft möchte das Gesagte wohl Alles seyn, was sich ihr davon mittheilen läßt. –
Zu Anmerkung 1,
p. 129
[Der 1. Ausg. Riga 1786 = 3. Ausg.
p. 103].
Nichts läßt sich a priori beweisen, sondern nur a priori einsehn läßt sich Manches, indem es nicht anders als so von der Geisteskraft, der es angehört, eingesehn werden kann: so von der reinen Sinnlichkeit: »2 x 2 = 4«; vom Verstande: »jede Wirkung hat ihre Ursach« und von der Vernunft die metalogischen Wahrheiten. – Des Beweises bedarf nur das was nicht unmittelbar a priori eingesehn wird, und daher auf ein andres logisch zurückgeführt wird. – Das a priori Erkennbare zum Objekt der Vernunft zu machen: ist alles was für die Wissenschaft nöthig ist, und Das besteht darin, daß man es in einem abstrakten Ausdruck rein und bestimmt darstellt: dann ist es ein Urtheil von metaphysischer oder metalogischer Wahrheit. Die Summe dieser Urtheile wäre Metaphysik (davon jedoch ein großer Theil wieder als Mathematik abzusondern ist) und Metalogik, die nur aus vier Sätzen, oder noch weniger, besteht.
p. 18. Wenn Wohlhabenheit suchen, aus den angeführten Gründen, indirekte Pflicht ist; so folgt, daß es Tugend ist, nicht zu stehlen was man nicht brauchen kann. – ( C'est un bon homme: il ne mange pas de chandelle.)
ibid. Sein Moral-Princip: »Handle so, daß die Maxime deines Handelns sich zu einem allgemeinen Gesetz qualificire«, muß erst durch tiefere Untersuchung Bedeutung erhalten, die seinen Werth bestimmen wird. Also: Welches Gesetz qualificirt sich zum allgemeinen? – Das, welches Allen und Jedem die in der Welt größt-möglichste äussere Wohlfahrt giebt. – Warum grade ein solches? – Weil jeder Einzelne seine Wohlfahrt will. – Warum bedarf er dazu eines Gesetzes? – Jeder bedarf es als eines Schutzes gegen Andre, deren Wohlfahrt mit seiner kollidirt. – Wird er selbst das Gesetz befolgen? – Unter der Bedingung, daß Andere es befolgen. – Also mittelbar zu seinem Wohl? – Ja. – Was ist also der Ursprung der Rechtslehre und des Staats, der ihre Ausführung ist? – Trieb eines Jeden zur eignen Wohlfahrt. – Jenes vorgebliche Moralprincip war also nur das Princip der Rechtslehre, deren von der Tugendlehre ganz verschiedner Ursprung sich hier zeigt. –
Aber der moralische Mensch will, daß es Allen wohlgehe, und nicht nur ihm. Sein Handeln ist daher ein solches, durch welches, wenn es eines Jeden Maxime würde, allgemeine Wohlfahrt entstände. Kann man nun nicht zum Merkmal der moralischen Maxime dies Befördern allgemeiner Wohlfahrt, in Kants Formel, setzen? – Ja: doch sehn wir, daß dieselbe Maxime entstehn wird hier aus der Menschenliebe, dort ans der Summe und Totalität aller einzelnen Eigenliebe. Und dazu wird in einem Punkt die Maxime der Rechtslehre nie gleichen Schritt halten mit der der Tugendlehre: nämlich wo entschieden gänzliche Aufopferung gefordert wird. In der Summe aller Eigenliebe ist diese nie zu finden; denn ihr war Beförderung des Wohls Aller Mittel zum eignen: das Mittel darf nie den Zweck selbst in Anspruch nehmen. – Aufopferung also des Einzelnen bleibt der Menschenliebe vorbehalten. Warum soll die Tugendlehre das selbe Princip haben, das wir als der Rechtslehre zuständig befunden?
p. 84. Ich wundre mich, wie Kant, der sonst so scharf, so enuncleate zu denken liebt, blosse Phrasen, wie: »Vernichtung seiner Menschenwürde; Aufgeben seiner Persönlichkeit« – statt Gründe geben kann.
p. 85. Innere Lüge halte ich für unmöglich nach dem Satz des Widerspruchs: denn so wenig etwas seyn und zugleich nicht seyn kann, so wenig kann ich etwas glauben und zugleich nicht glauben.
p. 87. »weil ein Akt der Freiheit« – die Lüge ist ja grade kein Akt der Freiheit, sondern der Unfreiheit, des Handelns nach einer Ursache aus der Sinnenwelt und Sinnennatur, die anzugeben seyn muß.
p. 88 ist die Entscheidung des casus völlig falsch. Wer im Namen eines Andern spricht ist nur dessen Organ. Der Diener ist so unschuldig, wie die abgeschlossene Thür meines Zimmers: denn Jeder weiß, daß er, sofern er als mein Diener spricht, keinen eigenen Willen hat. – Ebenso ist der Soldat im ungerechten Krieg unschuldig.
Unbeantwortet läßt Kant die Hauptfrage: warum bin ich Jedem, dem ich überhaupt antworten will, Wahrheit schuldig? – Sie ist aber vielleicht so wenig zu beantworten als die: Warum soll ich Andrer Wohl befördern? – Unbeantwortlich sind diese vielleicht darum, weil in diesen Geboten sich am unmittelbarsten das was Kant praktische Vernunft nennt im Verstand (d. h. in der Sinnenwelt) ausspricht.
p. 89. Geitz und Verschwendung sind beide keine Laster, sondern nur Thorheiten. Weil aber der Verschwender den Genuß des Augenblicks so überschätzt, daß er sein dauerndes Wohl ihm hintansetzt, der Geitzige die Sicherung wider Mangel so überschätzt, daß er sein gegenwärtiges Wohlseyn dafür hingiebt, so wird dieselbe unrichtige Schätzung dieser Dinge wahrscheinlich auch sie hart gegen fremde Noth machen und so Quelle des Lasters seyn.
Eben so ist gute Wirthschaft keine Tugend, sondern eine Klugheit. Sehn wir auf einer Seite bloß Schaden, auf der andern Genuß, so bedarf es keiner Klugheit, diesen zu wählen: sind aber zwei entgegengesetzte Wege zum Verderben, dann braucht's Klugheit, zwischen durch zu gehn: von Klugheit gilt also was Aristoteles von Tugend sagt. p. 91 u. 92 wittert Kant etwas davon, verwirrt sich aber am Ende. Er hat dies Buch in seinen letzten Jahren geschrieben.
Kants Schluß: »... daß von den Mitteln des Wohllebens gar keinen Gebrauch zu machen die ächte Tugend sei« – ist unverschämt absurd: denn zwischen zu viel und zu wenig ist das Mittel doch nicht gar nicht, sondern genug. – Denn denke man es sich als Grade: so hört im Indifferenz-Punkt nichts auf als das zu ( nimis): dies wird = 0.
p. 94. Kants Definition der Demuth ist falsch. Denn sie hat nichts was sie vom Gefühl der Schuld unterscheidet, als etwa den Grad.
Demuth ist der in meinem Wesen lebendige Ausdruck des Gedankens: »Mein Reich ist nicht von dieser Welt«, d. h. das Bewußtseyn der höchsten Tugend wird mich nie verleiten, für solche die Zeichen der Verehrung und Unterwürfigkeit zu fordern, die in der Sinnenwelt der Uebermacht oder sonst einer Δεινοτης gezollt werden. Denn alle diese Zeichen stehn in keinem Verhältniß mit dem, was in mir trefflich ist. Das aber, womit sie in Verhältniß stehn, habe ich zu erlangen vernachlässigt; verlangte ich dennoch jene Verehrung und Unterwürfigkeit, so würde mein Lebenswandel eben nichts als das Streben nach diesen, nur auf einem andern Weg, gewesen seyn: also in der That »mein Reich von dieser Welt.« – Mehr in Kants Ausdruck: Demuth ist die Betrachtung der gänzlichen Verschiedenheit meiner als homo noumenon von mir als homo phaenomenon, das Bewußtseyn, daß die Trefflichkeit jenes zu hoch steht, um diesem zu Gute zu kommen. Je höher der Mensch sich als homo noumenon schätzt, desto weniger wird er auf sich als homo phaenomenon oder auf irgend einen Vorzug, den er als solcher hat, einen Werth legen.
p. 96. Wie stimmt Kant's: »Laßt euer Recht nicht ungeahndet – – –« mit: »Rechtet Einer mit dir um den Rock; so gieb ihm noch den Mantel«?
p. 97 schmäht er das Gebet: denn der Gott in meinem Verstande, zu dem ich bete, ist mein Gemächsel so gut, wie der hölzerne am Kreuze, vor dem ich knie. – Sei religios und bete; oder sei Philosoph und denke: aber sei Eins von beiden; nach deiner Natur und Kultur.
p. 108. Also wären die Thiere nur die Mannequins, anatomischen Phantome (an denen man sich im Accouchiren, oder Beutelschneiden, oder Köpfen übt) für unsre Moralität, deren reeller Gegenstand bloß der Mensch wäre. Ich aber sage: wer wissentlich einen fremden Hund vor seiner Thüre todtfrieren läßt, ist – ein Hund. Und ich denke nicht ohne Gewissensbisse daran, daß ich in böser Laune meinen Hund ungerechter Weise gemißhandelt habe.
p. 130. Die humanitas als communio sentiendi necessaria ist gar ein toll Ding.
p. 131. Barmherzigkeit übe ich gegen die Verwundeten und Gefangnen der feindlichen Armee, die als Sieger mich ausgeplündert hätten.
p. 171. Kants Tugend, als Würdigmachung und Bedingung zur Glückseeligkeit, gleicht der Belohnung, die die Mutter dem Kinde verspricht, damit es die Arzney nehme. – Er kann sich nicht losreissen von der Realität des äussern Glücks, nicht den einfachen Gedanken fassen: was der kategorische Imperativ gebietet, ist eben das einzige Wohl, das Licht, zu dem ich soll; das Gegenüberliegende ist Nacht und Trug. Darum nennt er jenes einen Imperativ, ein Gebietendes, und nimmt als Krücke zum Wege der Tugend die Hoffnung, später eben das von jenem Gebieter zu erhalten, was er jetzt verbeut. Plato dagegen nennt die Tugend eine Erkenntniß, alles Laster Irrthum.
p. VI unten. Wenn das Gesetz der Freiheit für die äußeren Handlungen ( juridisches Gesetz) nicht selbst Bestimmungsgrund ist; so ist es für sie ja gar nicht Gesetz. Also scheidet sich hier Ethik und Rechtslehre himmelweit.
p. XVI. Es ist grundfalsch, daß die Ethik das pacta sunt servanda von der äussern Gesetzgebung nimmt: was schon daraus zu beweisen, daß vor aller äussern Gesetzgebung, im Naturzustand, oder in Fällen, wo die äussere Gesetzgebung es nicht heischt (nämlich in Spiel und Wetten) das Moralgesetz es gebietet.
Daß Leistung der Treue nicht in eine Klasse zu setzen mit den Handlungen des Wohlwollens, kommt nicht daher, daß eine äussere Gesetzgebung jene gebietet, denn auch im Naturzustand wäre es so; sondern daher, daß Bruch eines Versprechens und alle Untreue ein Raub ist, indem ich dadurch dem Andern nehme, was ihm, nach meinem eigenen Ausspruch, gehört; in einer Handlung des Wohlwollens aber gebe, was mir gehört. Rechtspflicht (ethisch) ist negative Pflicht und verdient daher nicht Preis und Dank, hingegen ihre Verletzung Tadel und Strafe; Tugendpflicht ist aber positiv, verdient Preis und Dank, ihr Unterlassen aber nicht direkten Tadel, noch Strafe.
Rechtspflicht gegen Andre ist: Schade nicht!
Tugendpflicht gegen Andre: Thue wohl!
Was sie unterscheidet, ist nicht die Verschiedenheit der Gesetzgebung – dies ist ein grosser Irrthum Kants p. XVII oben, – sondern die Verschiedenheit der Pflichten: beider Gesetzgebung ist ethisch. – Weil aber das ethische Gesetz zu wenig Wirkung beweist; so ist, ganz von der andern Seite, nicht um die Menschen besser zu machen, sondern um ihr Wohlseynzu befördern; das bürgerliche Gesetz (der Staat) entstanden, das eine wahre Parodie, eine Satire, auf das Moralgesetz ist, ein Surrogat für selbiges, eine Krücke statt eines Beins, ein Automat statt eines Menschen: das Wohl und Weh der Welt (eine Täuschung), das bloß zur Uebung des Moralgesetzes da ist, bloß Mittel also, ist durch das Civilgesetz zum Zweck gemacht und zum Realen. Der Wahrheit nach ist das Geschehn bloß des Thuns wegen da: im Staat das Thun des Geschehns wegen. – Frägt man: warum ist aber der Staat bloß beim Gebot » Schade nicht!« Positive Pflichten des Staates sind bloß die zu seiner eigenen Erhaltung und eine leicht begreifliche Ausnahme. stehn geblieben und hat nicht auch das » Thue wohl!« geboten?; – so ist die Antwort: weil dieses nicht, wie jenes, gegenseitig seyn kann, und Jeder der passive Theil würde seyn wollen. Der Grund, den Kant p. XLVII hiefür angiebt, ist durchaus ungenügend.
(p. 67). Meine Ableitung des Eigentumsrechts
Jeder Mensch ist dem Andern als Mensch gleich. Daher Jeder vom Andern unabhängig, d. i. frei.
Was ich durch meine Arbeit hervorbringe, ist mein: weil ein Andrer, der es nehmen wollte, auch meine daran gewandte Arbeit, d. i. meine Kraft, folglich einen Theil meiner Person, also mich, meine Freiheit nehmen würde. –
Daher gründet sich aller Besitz allein auf angewandte Mühe. Der Apfel, den ich halte, ist mein, weil ich ihn gefaßt habe ( NB. wenn kein Anderer durch frühere Mühe früheres Recht auf ihn hat): mein Land, weil ich es gebaut habe. In einem Lande, wo die Erde ohne alle Wartung trüge, könnte es kein Grundeigentum rechtlich (wiewohl durch Faustrecht, i. e. Unrecht) geben, jeder hätte nur was er hielte. Besitznahme entdeckter Länder ist daher Faustrecht.
Das Land, was ich gebaut habe, ist von dem an mein, weil sein Zustand mein Werk ist.
Ist einmal auf diese Weise ein Eigenthums-Recht begründet, so folgt als abgeleitet daraus alles durch Schenkung, Erbschaft, Kauf (d. i. durch Uebertragung) u. s. w. erlangte Recht.
Die persönliche Freiheit aber, worauf sich Alles stützt, die ursprüngliche habeas corpus-Akte, folgt aus dem Gebot des kategorischen Imperativs: »Schade nicht!« Denn ich schade dem Andern, greife ihn feindlich an, sobald ich ihn zum Werkzeug meines Willens machen will, oder will, daß er die Mühe, ich den Genuß habe.
Daß Kant die Inhabung, Lächerliche Auseinandersetzung p. 69 u. 70. oder das in meiner Gewalt seyn, als Princip des Eigenthum-Rechts setzt, ist grundfalsch: dies ist das Princip des Faustrechts. – Nichts ist mein, als was ich durch meine Mühe erlange; weil ursprünglich nur ich mit meiner Kraft mir gehöre.
Aber auch die kleinste Mühe macht einen herrenlosen Gegenstand (d. i. ein Geschenk der Natur) zu meinem: nicht nur die wild gewachsene Frucht ist mein, sobald ich sie pflücke, sondern auch die Handvoll Goldstaubs, die der herrenlose Fluß auswirft, sobald ich sie fasse: meine Mühe dabei ist das Hingehn und das Fassen. Den Besitz des Flusses aber mit diesem Staub kann einer nur erlangen entweder durch Faustrecht ( i. e. Unrecht), oder durch eine freiwillige Abtretung aller Anwohner desselben zur Belohnung für Verdienste um sie alle (dem König).
<77> p. 55, §. 1. Gleich beim ersten Satz »womit ich so verbunden bin« – müßte gefragt werden: Wodurch werd' ich so verbunden? – Es ist ja die Frage was es sei, das ethisch mir ein Recht giebt, dem Andern eine Pflicht, dies Recht zu schonen: nicht aber wird gefragt, auf welche Weise wohl das erste Eigenthum entstanden sei; denn das ist wohl das Faustrecht gewesen. Unter Besitz im eigentlichen Sinn scheint Kant das Daraufsitzen zu verstehn. p. 56.
p. 58. Bisher hat er bloß dargethan, daß der kategorische Imperativ (ich kann das Wort praktische Vernunft nicht leiden) nicht verbietet, daß einer ein ausschließliches Recht auf ein Ding habe. Nun aber sollte er sagen, wodurch er das Recht erlangt. Das thut er nicht.
p. 59, §. 4 sagt nichts als was sich von selbst versteht, nämlich daß hier nicht von Faustrecht (d. i. Unrecht) die Rede ist; sondern von Recht. Eben so
p. 62 ist die weitläuftig abgeleitete possessio noumenon im Gegensatz von possessio phaenomenon nichts als Recht im Gegensatz von Faustrecht, oder von Gewalt, welche nicht wie »Faustrecht« den Begriff des Rechts ausschließt.
p. 57. Hier begründet er bloß, daß es moralisch erlaubt sei, Dinge zu brauchen, nicht aber, sie ausschließlich, fortdauernd zu besitzen. Denn nach den hier aufgestellten Sätzen könnte jedes Ding noch immer nur für den Augenblick des Gebrauchs einen Besitzer haben.
p. 64 unten: steht: wenn ein Boden zu Jedermanns Gebrauch offen wäre – »so würde diese Freiheit des Bodens ein Verbot für Jedermann seyn sich desselben zu bedienen.« –
Aus p. 67 u. 68, besonders aus dem seynsollenden rechtlichen Postulat der praktischen Vernunft, p. 67 und p. 72 oben, folgt eigentlich, daß der Begriff des Eigentumsrechts ein angeborner sei und nicht abzuleiten. – Ich glaube ihn oben abgeleitet zu haben.
p. 69 sagt Kant »der Acker ist mein, sofern ich ihn in meiner Gewalt habe«: – und dies nennt er possessio noumenon, Besitz, nach Verstandsbegriffen, die die praktische Vernunft postulirt, gedacht. (Als Grund solches Besitzes führt er an, daß mein zu seinem Gebrauch sich bestimmender Wille dem Gesetze der äussern Freiheit nicht widerstreitet: – nun kann aber jeder Andere dasselbe sagen, hat also das selbe Recht.) Ich sage: das ist Faustrecht.
Vielmehr ist der Acker mein, wenn sein Zustand mein Werk ist. –
p. 72. Aus §. 8 folgt: daß alles Eigenthums-Recht konventionell ist, und hieraus: daß, wenn es mir, weil ich kein Eigenthum habe, beliebt, die Konvention nicht einzugehn, ich moralisch befugt bin zu stehlen.
p. 84. Wie falsch Kants Princip des Eigenthums (die Bemächtigung) sei, das er hier auseinandersetzt, und daß, wie ich gesagt, nur die auf ein Ding verwandte Mühe mir ein Recht (kein Un- oder Faust-Recht) darauf giebt, zeige ein Beispiel: Ein Englisches Schiff wird auf eine unbewohnte Insel voll Brodfruchtbäume und Palmen verschlagen und zertrümmert. Die zehn Geretteten theilen die kleine Insel in zehn gleiche Theile: jeder soll die Bäume seines Theils genießen. Folgendes Tags scheitert ein Spanisches Schiff eben da, mit zehn Geretteten. Die Engländer sagen: unser ist das Land und alles darauf: wollt ihr unsere Sklaven seyn, so mögt ihr bleiben. – Wer fühlt nicht, wie schlecht dies Recht durch die »Priorität der Zeit begründet ist«; daß man wohl konventionell zweifelhaften Besitz durch Priorität festsetzen könne, daß aber die blosse Priorität nach dem Naturrecht (d. i. dem Recht) kein Besitztum giebt; daß diese Spanier recht thun werden, wenn sie den Engländern die Hälfte der Insel entreißen: daß aber es ganz anders wäre, wenn die Engländer die Insel angepflanzt und kultivirt hätten, wo sie von der Hälfte zu vertreiben das größte Unrecht wäre! –
p. 87 unten: wird es sonnenklar, daß Kant, indem er von Recht spricht, doch gar nicht den Begriff (es ist hart zu sagen) von diesem hat, sondern nur den von Faustrecht = Unrecht. Erstreckt sich die Befugniß zur Besitznehmung des Bodens so weit, als die Macht, ihn zu vertheidigen; so kann, mit allem Recht, jeder Stärkere einen Landbesitzer vertreiben, und beweist eben dadurch diesem, daß er mehr Land in Besitz genommen hatte, als er befugt war! –
p. 138. Daß man berechtigt ist, gesetzliche Strafe (im Naturzustand eigenmächtige) gegen den Verläumder eines Todten zu fordern, ist wahr: allein der Todte kann durch die Verläumdung nicht verletzt werden, weil dies einen Widerspruch in sich schließt. Beleidigt und daher verletzt werden die noch lebenden Verehrer des Todten, wenn man den Gegenstand ihrer Verehrung als keiner Achtung werth darstellt: ihretwegen also wird die Strafe verhängt. Der Todte hat also, weil man ihm nicht schaden kann, kein Recht: sondern das Recht der Lebenden wird gekränkt.
p. 156, §. 42 enthält durch und durch das Gegentheil der Wahrheit und ist die Frucht der verkehrten Grundprinzipien und Begriffe Kants über Recht.
p. 194, §. 44 (fälschlich §. 35 überschrieben) ist wieder grundfalsch.
Daß im gesetzlosen Zustand, wenn auch Jeder Willens ist, dem Andern Recht widerfahren zu lassen, dennoch Streit entstehn kann, indem das genaue Recht oft schwer zu finden und Irrthum darin leicht ist, – ist wahr: es soll aber Jeder (nach dem Moralgesetz) nicht bei den blossen Rechtspflichten stehn bleiben, sondern auch Tugendpflicht üben wollen: dann ist jeder Streit gehoben. Rechts- und Tugendpflicht sind ja nur zwei Aeste Eines Stammes und lassen sich daher nicht immer genau sondern. – Die Menschheit auf der höchsten Stufe bedarf also auch nicht aus jenem Grunde (des schwer zu entscheidenden Rechts) eines Staats.
p. 226. Es wäre zu weitläufig, alle die radotage des alten Mannes zu widerlegen. Nur Eins: auf dieser Seite unten steht: »Das Strafgesetz ist ein kategorischer Imperativ«!! – Mit nichten! Wir strafen, um uns vor neuen Verbrechen zu sichern, nie wegen des Vergangenen, sondern wegen des Künftigen, zum gemeinsamen Nutzen, nach gemeinsamer Uebereinkunft: nicht aber, wie Kant sagt, »weil er verbrochen hat« – das wäre Rache. – Bürgerliche Strafen sind moralisch bloß erlaubt und zwar bloß aus obigem Grunde: keineswegs gebietet sie ein kategorischer Imperativ. Der Herr spricht: » Mein ist die Rache und ich will vergelten!« Also ist der öffentlich Gestrafte Mittel? Ja: er hat die öffentliche Sicherheit gestöhrt und ist jetzt Mittel zu ihrer Wiederherstellung (ihr Sühnopfer). Der Staat hat durch ihn eine Verletzung erhalten, für die er selbst jetzt Heilmittel seyn muß.
Nach der allerstrengsten erhabensten Tugendlehre sind vielleicht Strafe und Staat nicht erlaubt; weil der Zweck beider etwas ist, das unser Zweck nicht seyn soll, und dessen Beförderung vielleicht unsern einzigen Zweck stöhrt. Dahin deuten die Aussprüche: »Rechtet einer mit dir um den Mantel, so gieb ihm auch den Rock!« und »schlägt dich einer auf den rechten Backen, so halte auch den linken hin«, und jenes: »Mein ist die Rache.« –
Man spricht dagegen: dann werden die Tugendhaften vertilgt werden und die Erde bloß der Tummelplatz der Bosheit seyn. – Vielleicht: aber ist das ein Uebel? – Geht uns das an? –
p. 233 Man darf allerdings in sofern über sein Leben disponiren, daß man es zum Pfande setzt für die allgemeine Sicherheit, so weit diese von uns abhängt. – Darf man es doch dem Gemeinwohl opfern!
p. 234-235 rabbelt der alte Mann zum Erbarmen.
p. 140 und 154, leugnet er daß es von einzelnen Dingen Begriffe gebe;
p. 177 aber giebt er es wieder zu.
p. 186. Der Satz: »alles Unveränderliche ist nothwendig« ist nicht wahr: denn die Vergangenheit ist unveränderlich (d. h. kann nicht anders werden als sie ist) und doch zufällig (könnte anders seyn – z. B. durch meine Freiheit – als sie ist).
p. 217. Die Definition der Definition ist falsch: denn eine Definition ist kein Begriff, sondern ein Urtheil, und zwar ein vollkommen identisches ohne daß das Subjekt dem Prädikat gleichlautend sei.
p. 29. Mein Beweis, daß 7 + 5 = 12 ein synthetischer Satz sei: Alle stetigen Reihen schauen wir mittelst der reinen Anschauung des Raums., alle unstetigen mittelst der der Zeit an: denn das Unstetige entsteht nur durch Intermission des Anschauens, Intermission ist nur in der Zeit, im Nacheinander, möglich. Man verwandele die unstetigen Zahlenreihen 7 + 5 in zwei stetige, d. i. in zwei Linien, die sich verhalten, wie 7 zu 5: die Länge einer Linie aber, die jenen beiden gleich wäre, ist mir dadurch nicht gegeben, und um sie zu erhalten, muß ich (in Gedanken oder auf dem Papier) jene beiden Linien aneinander fügen, d. h. eine Synthesis machen.
p. 48 sieht man wie Kant Wissenschaft und Kunst unterscheidet.
p. 51, §. 9 enthält die schwache Seite der Kant'schen Lehre, das Ding an sich. Es ist unbegreiflich, wie Kant diesen Begriff nicht näher betrachtet und nicht überlegt hat, daß Seyn, in der zweiten und dritten Person gebraucht, nichts andres heißt, als sinnlich erkannt werden, also von solchem Seyn nach Abzug des sinnlich Erkanntwerdens der Rest – oder das Ding an sich – ist = 0.
Ferner setzt er in diesem §. voraus, daß die Vorstellung Resultat sei der Wirkung des Objekts auf das Subjekt, daß sie aber (wie der Lichtstrahl beim Einfall ins Wasser gebrochen wird) beim Eintritt ins Subjekt die Modifikationen Raum und Zeit erhalte: nun setzt aber Kausalität schon getrennte Objekte und das Getrenntseyn der Objekte Zeit und Raum als Bedingung voraus. Folglich ist jede Einwirkung ohne Zeit und Raum (die nach Kant ja erst nach geschehner Einwirkung hinzukommen) – logisch unmöglich, widersprechend und völlig unverständlich.
p. 62-64 protestirt Kant gegen Idealismus.
Ich bemerke hier gelegentlich: wie Seyn ( in secunda & tertia persona) einerlei ist mit sinnlich wahrgenommen werden: so sind ihnen parallel und an sich einerlei 1) Qualität und Empfindung: – 2) Substanz und Subjekt (des Urtheils). 3) Eigenschaft (eines Dings) und Prädikat.
p. 71. Erklärung des Worts transscendental.
p. 80-83. Ich kann die als subjektiv angegebenen Urtheile von den objektiv seyn sollenden durchaus nicht wesentlich verschieden finden. Wären jene bloß subjektiv, so würden fast in der ganzen Chemie gar keine objektive allgemeingültige Urtheile, und sie folglich gar keine Wissenschaft seyn.
p. 101. 102. 106. 107. 146 (Hauptstelle) beschränkt er den Gebrauch der Kategorien auf Erfahrung. –
In der Preisschrift sagt er, glaube ich, etwas diesem Widersprechendes. Siehe Preisschrift p. 64.
Auch hier, p. 163, spricht er von dieser Einschränkung als ungewiß: besonders aber p. 177. – Kritik der reinen Vernunft p. 120. – Vollkommene Auflösung dieser scheinbaren Widersprüche ibidem p. 148 u. 150. Ferner conf. ibid. p. 306 & 309. 310. 342-46. 525-29. 664. 666. 705. 707. 712. 798. 814. Hauptstelle in der Kritik der Urtheilskraft: p. 479, 80 – und Metaphysik der Natur p. XV Anmerkung.
p. 104-105. Phänomena und Noumena. Erschleichung des Dings an sich, durch einen stillschweigenden hypothetischen Schluß auf eine Ursach.
p. 105. Was transscendental sei.
p. 107. Intelligible Welt. Anmerkung.
p. 108. Schwärmerei der Einbildungskraft.
p. 107 wird als Grund, weshalb die Kategorien bloß für die Erfahrung gelten, angegeben, daß sie bloß durch Anwendung auf Anschauungen Bedeutung haben. Es frägt sich, ob dies letztere nicht noch eines ausdrücklichen Beweises bedürfte. Denn dies ist der Centralpunkt der ganzen Kantischen Philosophie. Siehe darüber p. 120-121.
p. 110. »Erstlich: – – – unsre Sinnlichkeit – – – von Gegenständen – – – gerührt wird«, d. h. kausaliter afficirt, und dies ist ein so transscendenter Schluß auf das Ding an sich, als irgend einer auf Gott und die Seele.
p. 112 transscendenter Schluß auf Formen unsrer Erkenntniß als Ursachen der Gesetzmäßigkeit in der Natur.
p. 122. Daß man alle Erkenntnisse nach den Kategorien betrachten soll.
p. 126. Was Ideen sind.
p. 129, 30. Ursprung der Ideen aus den Schlüssen. Das Urtheilen wird dem Verstand, das Schließen, d. h. Ableiten eines Urtheils aus dem andern aber der Vernunft beigelegt!
p. 133. Noumena.
p. 140, 41. Realität der Dinge im Raum.
p. 141. Die Behauptung, »daß Körper noch mehr bedeute als die äußere Anschauung im Raum«, bedarf eines Beweises: ich leugne sie durchaus. Zwischen sum und est , sage ich, ist ein ungeheurer Unterschied. Kant stimmt damit überein, indem er sagt, »die Existenz der Körper als etwas Anderes als Erscheinung des äußern Sinnes muß verneint werden.«
p. 148. Gegenstände existiren blos in der Erfahrung.
p. 148. Daß von der Begrenzung der Welt in Raum und Zeit Erfahrung unmöglich sei, ließe sich bestreiten. Ueberhaupt muß gefragt werden, ob diese Unmöglichkeit eine bloß physische oder eine logische ist.
p. 152. In der Anmerkung was Freiheit sei.
p. 153. Was Praktische Vernunft sei.
p. 157. Ich verstehe noch nicht, wie Kant, nachdem er eingeschärft, daß der Gebrauch der Kategorien sich einzig auf Gegenstände der Erfahrung erstrecke, dennoch spricht vom Ding an sich als Ursach der Erscheinung. Siehe Beilage, S. 38.
p. 163. Die wahre Bedeutung des Dings an sich, wie ich es verstehe.
p. 167. Unmöglichkeit der Naturphilosophie.
p. 169. Daß Dinge an sich Grund i. e. Ursach der Erscheinung seyn. cf. p. 171 oben.
p. 177. Kategorien auch über die Sinnlichkeit hinaus anwendbar.
p. 182. Resultat der ganzen Kritik.
p. 184. Ueber den Zweck unsrer Anlage zur Metaphysik. – Ich sage: Kant hat Recht, daß dieser sei, den Widerspruch des Verstandes gegen das bessere Bewußtseyn aufzuheben oder wenigstens zu mässigen, was geschieht durch transscendenten (unrechtmässigen) Gebrauch der Kategorien über die Erfahrung hinaus, und hier also eine dienliche Täuschung ist: und diese stellt sich dar in aller Religion. Doch giebt es einen bessern, täuschungsfreien Weg, jenen Widerspruch zu tilgen, nämlich den wahren Kriticismus, der uns lehrt, daß der Verstand die bedingte, das bessere Bewußtseyn aber (und nicht jener) die absolute Erkenntnißweise ist. –
p. 187. Verstand und Vernunft unterschieden.
p. 204, Anmerkung. Was transscendental und transscendent und immanent.
Beilage
Kant, Prolegomena, Seite 157:
»Wenn die Ursache in der Erscheinung nur von der Ursache der Erscheinungen, so fern sie als Ding an sich selbst gedacht werden kann, unterschieden wird, so können beide Sätze wohl neben einander bestehen, nämlich daß von der Sinnenwelt überall keine Ursache stattfinde, deren Existenz schlechthin nothwendig sei, imgleichen anderer Seits, daß diese Welt dennoch mit einem nothwendigen Wesen als ihrer Ursache (aber von anderer Art und nach einem andern Gesetz) verbunden sei; welcher zween Sätze Unverträglichkeit lediglich auf dem Mißverstande beruht, das, was bloß von Erscheinungen gilt, über Dinge an sich selbst auszudehnen, und überhaupt beide in einem Begriffe zu vermengen.« |
Ist dies alles nicht wie ein Räthsel, zu dem meine Lehre das Wort giebt? |
Vorrede p. X. Theoretische und praktische Vernunft.
p. XX. Ding an sich.
p. XXIV. Der wahre unermeßliche Nutzen der Kritik, rein ausgesprochen.
p. XXVII. Ding an sich.
p. XXXIX. Widerlegung des Idealism durch ein Räsonnement, bei dem Kant durchaus nicht Deutliches hat denken können. Denn sonst hätte er gleich Anfangs gefragt, was denn eigentlich heiße, »das Daseyn der Dinge außer uns« bezweifeln oder zugeben.
p. 6. Seynsollende Demonstration der Apriorität des Begriffs Substanz.
p. 21. Drei Sätze aus der reinen Physik.
p. 24. Was Vernunft, was reine Vernunft sei.
p. 25. Transscendental.
p. 29. Sinnlichkeit und Verstand vielleicht aus Einer Wurzel.
p. 45. Ding an sich. Empirische und reine Bedingungen der Anschauung.
p. 47. Was Anschauung sei.
p. 44, 45, 52, 53 wird der Unterschied zwischen empirischen (Sinnesorganen) und reinen (Raum und Zeit) Bedingungen der Anschauung eingeschärft. Er scheint mir hauptsächlich der, daß unser individuelles Ich Bedingung der empirischen Anschauungen ist: hingegen die reinen Anschauungen Bedingungen dieses Ich.
p. 62. Die Dinge sind nur sofern wir sind.
p. 68. Innrer Sinn. Das Ich erkennt sich als Erscheinung.
p. 69-71. Ding an sich. 71 herab.
p. 80-81. Was transscendental sei.
p. 85, 86. Dialektik.
p. 93. Urtheil, Begriff. Verstand.
p. 102-105. Schwierig und dunkel.
p. 107. Kant preist an, daß die Kategorien-Tafel kein empirisch aufgefundenes Aggregat, sondern der Tafel der Urtheile, als ihrem Leitfaden, parallel: nun sind aber doch die Funktionen des Verstandes in Urtheilen blos empirisch aufgefunden und auf ihre Vollständigkeit ist blos durch Induktion geschlossen: nämlich, da alle bisher betrachteten Urtheile auf diese Momente zurückführbar sind; so sind es auch wohl alle mögliche.
p. 111, dritte Anmerkung –113: Zwischen der logischen Funktion des disjunktiven Urtheils, und der Kategorie der Wechselwirkung ist der große Unterschied, daß in ersterer das Setzen des Einen Eintheilungsgliedes zugleich nothwendiges Aufheben der übrigen ist: – hingegen in letzterer das Setzen des Einen Gliedes zugleich auch nothwendiges Setzen des andern ist. – (Dort ist gleichsam die Modalität als Moment der Möglichkeit über alle Eintheilungsglieder vertheilt, und sobald sie für Eines derselben, gleichsam sich concentrirend, Wirklichkeit wird, wird sie für die andern Unmöglichkeit. Hier ist sie über alle gleichmäßig als Nothwendigkeit vertheilt.)
Die p. 113 angezogene Vergleichung des disjunktiven Urtheils mit der Eintheilung eines Dings ist wieder ein drittes, mit keinem von jenen beiden Uebereinkommendes: denn hier haben alle Theile gleiche Wirklichkeit, keiner setzt den andern und keiner hebt ihn auf: sie bestehn neben einander. Das kommt daher, daß diese Eintheilung keine logische ist, auch keine dynamische, sondern eine rein mathematische.
p. 124 (vergl. p. 166, 67). »Uebergang u. s. w.« »Es sind nur zwei Fälle möglich« – Dabei ist nothwendig diese reservatio mentalis: »nach dem Gesetz der Kausalität« – Denn möglich bedeutet immer entweder logisch möglich d. i. den Gesetzen unsers Verstandes angemessen, oder gar blos empirisch möglich. – Also gebraucht hier Kant schon einen der Begriffe, die er deduciren will, und setzt ihn also voraus.
p. 128. Erklärung der Kategorien; die sehr unvollkommen.
p. 136. Was Objekt sei: Kant scheint hier Einzelbegriffe zuzugeben, die er sonst leugnet.
p. 138, 39 zeigt Kant, daß das Mannigfaltige der Anschauung mit dem Objekt; also das Erkanntwerden mit dem Seyn auch ihm einerlei ist.
p. 144, Anmerkung: Synthesis des in jeder Anschauung Gegebenen. Vergl. p. 160 und 164.
p. 145, 46 zeigt das empirische Fundament der Vernunft-Kritik.
p. 146. Hauptstelle von der Anwendbarkeit der Kategorien allein auf Erfahrung.
item was Erkenntniß sei.
p. 148. Summa der transscendentalen Aesthetik und Logik: genauer Bescheid über die Anwendbarkeit der Kategorien: cf. p. 150.
p. 152, 155, 156, 57, 58. Das Ich erkennt sich blos als Erscheinung.
p. 156. Aufmerksamkeit Affektion des innern Sinns. Anmerkung.
p. 160 seq. Synthesis der Apprehension.
p. 162, 63. Kategorien der Größe, und der Ursache.
p. 164. Das Objekt ist nur für das Subjekt.
ibid. Ding an sich.
p. 167, 68. Mir scheint der gegen die vorgeschlagene Hypothese gemachte Einwurf auch gegen Kants eigne Theorie brauchbar.
p. 179-181. Ich leugne, daß das Schema vom Bilde verschieden ist: –
Ein Bild oder Schema nenne ich eine Reproduktion einer sinnlichen Anschauung durch die Einbildungskraft, ihr Inhalt ist daher immer ein einzelnes und demzufolge nach allen seinen Bestimmungen determinirtes Objekt. Ich nenne deshalb Bild oder Schema eine unmittelbare Vorstellung: zu welcher Sphäre auch die Anschauung gegenwärtiger Objekte der Sinne gehören.
Einen Begriff nenne ich die Vorstellung von einer Vorstellung, oder eine mittelbare Vorstellung. In den Kombinationen des Verstandes vertritt der Begriff die unmittelbaren Vorstellungen, mit Vortheil, weil er leichter zu handhaben ist; wie in der Algebra Buchstaben Zahlen. Er kann seiner Natur nach sowohl einzelne Dinge als Gattungen zum Inhalt haben: letztere sind aber sein ausschließliches Eigenthum und existiren nur im Begriff: sie sind nämlich Vorstellungen von Vorstellungen, in denen abgesondert wäre was sich (in unmittelbaren Vorstellungen) nicht absondern läßt (d. h. Abstraktionen), was aber zu dem gegenwärtigen Gebrauch der Vorstellungen überflüssig (als unwesentlich) und daher zur Handhabung beschwerlich wäre. Daher ist von Zahl überhaupt ( p. 179), Triangel überhaupt ( p. 180), Hund überhaupt ( p. 180) keine unmittelbare Vorstellung, also kein Schema (wie Kant will) möglich, sondern blos ein Begriff, d. h. eine Vorstellung von einer solchen (an sich unmöglichen) Vorstellung. Demnach geschieht es, daß wir statt des Begriffs, statt der Vorstellung der Vorstellung eine unmittelbare Vorstellung hervorrufen, die Kant Schema nennt und vom Bilde (als ein unbestimmtes Bild vom bestimmten Bilde) unterscheidet: aber mit Unrecht: denn sie ist nichts als ein Bild: sie ist nämlich durchaus bestimmt und ein unbestimmtes Bild ist unmöglich. Die Einbildungskraft kann keinen Triangel vorstellen als einen durchaus bestimmten, recht- oder schief-winklichten, gleichseitigen u. s. w., keinen Hund überhaupt, sondern einen ganz bestimmten; keine Zahl überhaupt, sondern irgend eine bestimmte: – nur begleitet die Hervorrufung eines solchen Bildes statt des Begriffs der Gedanke, daß es dem Begriff, dessen Stelle es vertreten soll, nicht adäquat ist, daß ihm Bestimmungen als unzertrennlich anhängen, die im Begriff nicht liegen, – daß es folglich nicht wie der Begriff Ausdruck der Gattung sei, sondern blos Repräsentant, bei dem seine unabtrennbare Individualität hier nicht betrachtet werden müsse. – So kann die Zahl 100 Repräsentant des Begriffs Zahl seyn, wenn ich dabei das Bewußtseyn der Willkührlichkeit meiner Wahl grade dieser Zahl habe. Dies Bewußtseyn läßt aber das Bild an sich unverändert und es wird dadurch nicht etwas ganz andres, Schema genannt. Es giebt kein Schema eines Triangels, d. h. kein Bild eines Triangels überhaupt, sondern nur eines ganz bestimmten, bei dem ich aber hinzudenken kann, daß er der unvollkommene Repräsentant einer Vorstellung ist, die selbst unmittelbar unmöglich ist, von der nur eine Vorstellung möglich ist.
Conf M. S. C. p.4. Siehe Beilage, S. 64-66.
p. 182. Ding an sich.
p. 178. Es folgt nicht daß weil (empirische) Begriffe nur sinnliche Gegenstände bedeuten (sonst keine Bedeutung haben) –, daß deswegen die Funktionen, aus denen sie entspringen (Kategorien), nicht sollten die Möglichkeit alles Seyns überhaupt bestimmen, und daher auch Sinnlichkeit Bedingung alles Seyns seie.
p. 190. Satz des Widerspruchs.
p. 192 letzte Zeile, braucht er » Ursach« statt »Grund«.
p. 205. Das einzige Arithmetische Axiom scheint mir: »das Ganze ist gleich allen Theilen«: – welches kein analytischer Satz ist, obwohl Ganzes und Theil Korrelate und nur durch einander verständlich sind: denn zusammen sind sie nur durch reine Anschauung verständlich und auch blos durch diese sind sie erweisbar. – Doch ist jenes Axiom nicht blos arithmetisch, sondern auch geometrisch.
p. 221. Konstruiren ist a priori bestimmt geben.
p. 224. Der Beweis der Beharrlichkeit der Substanz ist höchst ungenügend: die Zeit bleibt so wenig als sie wechselt. Denn Bleiben sowohl als Wechseln ist blos ihre Bestimmung. Ihr Repräsentant als eines Bleibenden kann also die Substanz nicht seyn: daß zum Erkennen des Wechsels eines Theils der Erscheinungen (der Accidentien) das Verharren der andern (der Substanz) nöthig sei, ist eine willkührliche Behauptung. Die Einheit des Bewußtseyns, des Subjekts, ist nöthig, damit der Wechsel des Objekts erkannt werde: weiter aber nichts. Kant hat doch wohl recht! siehe nur p 292.
p. 236. Ding an sich!
p. 233-34 sagt Kant, daß wir die Succession in der Zeit gar nicht empirisch wahrnehmen, sondern solche erst durch den Begriff der Kausalität selbst bestimmen. – Was bestimmt die Succession solcher Dinge, die mit einander in keiner Kausalverbindung stehn? – Vergleiche p. 219. 239-40. 46. 264. 316. – Nach allem was Kant sagt, müßte man nur da, objective, Succession erkennen, wo zwischen den sich succedirenden Objekten Kausalverhältniß ist: denn dieses macht er zur Bedingung der Erkenntniß jener und dadurch der Erfahrung. Ist die Succession der Töne einer Melodie blos subjektiv? oder ist sie durch Kausalverbindung der Töne unter einander bestimmt?!! Vergl. das zu p. 256 bis 362 Angemerkte, und Jakob, Metaphysik §. 183. – Auch scheint Kant hier in den selben Fehler zu verfallen, den er p. 331 dem Leibniz vorwirft, nämlich des Intellektuirens der Sinnlichkeit. In der Anmerkung zur Thesis des 3ten Widerstreits der Antinomien sagt Kant selbst, es könne ein Zustand auf einen andern folgen, ohne darauszu er folgen. – Siehe 4ter Widerstreit, Thesis, Anmerkung.
p. 246. Scheint mir der Satz vom zureichenden Grund mit dem Gesetz der Kausalität ( ratio cognoscendi mit ratio essendi) verwechselt zu werden: und dies daher zu kommen, daß Ursach, Grund und Motiv, drei höchst verschiedne Dinge, noch nirgends scharf bestimmt und getrennt sind, und verwechselt werden, weil sie alle das Warum? beantworten. Conf. p. 264.
p. 247. » Kausalverhältniß Bedingung der Gültigkeit empirischer Urtheile«: dann wäre es ratio cognoscendi: das ist es aber nicht, denn ich kann durch sinnliche Wahrnehmung die Existenz des Objekts wissen, ohne seine Ursach zu wissen: – es ist ratio essendi: Bedingung des Wahrnehmbaren, aber nicht der Wahrnehmung.
p. 248. Oben: falsches Beispiel vom Ofen: mehr Wärme im Ofen als in der Stube ist Ursach ihres Uebergangs aus jenem in diese: also vorhergehend.
Weiter unten: Ich sage: Ordnung der Zeit ohne Ablauf von Zeit ist unmöglich: sonst wäre die Zeit nicht mehr Zeit und hätte mehr als Eine Dimension: was in ihr ist, ist hinter, nicht neben einander: ohne Zeitablauf also keine Succession d. h. Ordnung.
»Aber in dem Augenblick – – – – entstanden wäre«.
Kant zeigt hier (wie p. 252), daß er keine reine Gränze in der Zeit so gut wie im Raum denken kann. Ursach und Wirkung, sage ich, sind nicht zugleich, doch verstreicht keine Zeit zwischen ihnen, sondern da in der Zeit, wo die Kausalität der Ursach aufhört, fängt die Wirkung an. Eine solche Gränze der Zeit ist wie die reine Gränze im Raum (der mathematische Punkt oder Linie) nicht empirisch erkennbar, sondern nur in der reinen Anschauung a priori. – Das Wärmen des Ofens ist eine unendlich oft in einem bestimmten Zeitraum (so lang er wärmt) wiederholte Kausalität. –
Jede Ursache geht der Wirkung vorher Denn wodurch anders unterscheiden wir Wirkung von Ursache? Der Mond verfinstert sich weil die Erde vor ihn tritt, nicht umgekehrt. Also geht das Vortreten vorher, wenn auch nur kurz vorher.: ausgenommen wo Wechselwirkung ist.
p. 250. Sophismen über Substanz. Was Materie ist weiß ich, nämlich das Raum erfüllende, nicht aus dem Raum zu vertreibende: was Substanz ist weiß ich nicht.
p. 253-54. (Vergl. Anmerkung zur Thesis des 2ten Widerstreits der Antinomien).
Mittelzustände zwischen zwei entgegengesetzten nimm an, so viele du willst, und gieb jedem ein Zeittheil, so klein du willst; so erhältst du für viele Zustände viele kurze Zeiten, nie aber für die Veränderung eine: denn diese ist außer aller Zeit, weil sie kein reales Objekt ist, sondern ein bloßer Verhältnißbegriff. »Zeit einer Veränderung« ( p. 253) ist also ein Unding. Veränderung ist in der Zeit was Gränze im Raum, beide sind ohne Extension. »Zwischen zween Augenblicken ist immer eine Zeit« ( p. 253) – ist ein so grundfalscher Satz als wenn man sagte »zwischen zwei räumlichen Größen liegt immer eine dritte«.
So gewiß von kontradiktorisch entgegengesetzten Urtheilen immer eines wahr ist; so gewiß ist ein jeder Zustand in einem gegebenen Zeitpunkt oder er ist nicht, und zwischen seinem Seyn oder Nicht-Seyn ist kein Mittelzustand. Sind Zustände nur der Quantität oder dem Grade nach unterschieden, so mag man sie alle Mittelzustände zwischen dem minimo und maximo nennen; dennoch ist jeder ein eigner Zustand und setzt die Aufhebung aller andern voraus, ist also ihr kontradiktorisches Gegentheil. Später: Nein! blos ihr konträres, weil er zwar ihre Aufhebung voraussetzt, aber doch nicht blos diese Aufhebung selbst ist und nichts andres. Z. B. 8 ° R ist nicht 10 ° R, nicht 9 ° R: und von 10 ° R ist das kontradiktorische Oppositum nicht 10 ° R – u. s. w.
Die Ursach der Veränderung hat mit dem der Veränderung vorhergehenden Zustand Eine Zeit. Die Wirkung ist der Zustand, der der Veränderung folgt, und hat eine andre Zeit: zwischen beiden ist eine Gränze ohne Extension. Die Veränderung ist blos in dem wahrnehmenden Subjekt, das beide Zustände in seiner synthetischen Einheit der Apperception vereinigt, indem es erkennt, daß das was war nicht mehr ist und was ist vorhin nicht war.
Wie die Veränderung so ist auch die Gegenwart (als Gränze zwischen Vergangenheit und Zukunft) ohne Extension. Sie ist also außer aller Zeit d. h. nie: ist eine die Zeit theilende, über sie weg sich bewegende Gränze, selbst ohne Dauer. –
Vielleicht kommt dies daher, daß wir alles Objekt (Erscheinung) in der Zeit erkennen, das Subjekt aber als Subjekt (Ding an sich) nie erkennen: denn erkanntwerden kann nur ein Objekt, und das Ich, das wir erkennen, ist auch nur Objekt (Erscheinung): die Gegenwart nun ist der Berührungspunkt des Subjekts mit dem Objekt, des Erkennenden mit dem Erkannten, des Dings an sich mit dem Phänomen, des Ewigen mit dem Zeitlichen: daher theilt sie wohl die Zeit, ist aber nie drin: denn nur das Objekt, das Erkennbare, die Erscheinung ist in der Zeit; das Subjekt, das Unerkannte, das Noumenon immer außerhalb.
p.256 (conf. p. 281). Das Gesetz der Kontinuität aller Veränderungen ist entsprungen durch Mißverstand aus der metaphysischen Wahrheit, daß alle Größe und alle Qualität unendliche Grade hat, daher die Mannigfaltigkeit möglichen Veränderungen unendlich ist: woraus aber nicht folgt, daß bei jeder Veränderung alle Grade, die zwischen dem alten und neuen Zustand liegen, durchlaufen werden müssen: und es giebt Veränderungen, die weder Größen noch Qualitäten betreffen und daher durchaus keine Grade und folglich Kontinuität zulassen: z. B. Ruhe und Bewegung (das Feld der meisten Veränderungen), Berührung und Nicht-Berührung Berührung ist das Zusammenfallen der empirischen Gränze der raumerfüllenden Körper mit der reinen ihrer Räume.: auch Qualitäten, die keine Grade kennen, z. B. Aggregatzustände, Wasser, Eis, Dunst.
p. 256-262. Wie er, p. 233, 34, alle Succession als nur durch Kausalverbindung möglich erklärt, so hier alles Zugleichseyn als nur durch Wechselwirkung: eines so ungegründet als das andre, und die Demonstration erinnert an salva venia Fichte's aerobatische Schlußketten.
Ist jede Succession Kausalverbindung und jedes Zugleichseyn Wechselwirkung; so ist alle Kausalverbindung auch nur Succession, denn was hätte sie Unterscheidendes? und Hume behält Recht. Ebenso alle Wechselwirkung dann nur Zugleichseyn. Das durch Wechselwirkung bedingte Zugleichseyn sämmtlicher Theile ist unterscheidender Karakter der organischen Körper. Der hier behaupteten Lehre zufolge aber wäre er das nicht mehr, sondern käme den Theilen aller Körper, ja sämmtlichen Körpern in Beziehung auf einander zu; so daß die Welt ein Organismus wäre: der organische Körper aber vom unorganischen nicht mehr durch jenen Karakter verschieden.
Können wir, nach p. 259, durch einen leeren Raum von einander getrennte Körper nicht als zugleichseyend erkennen; so wäre a priori demonstrirt, daß der Raum zwischen den Fixsternen nicht leer sei. –
p. 264. Verwechselung des Satzes des zureichenden Grundes mit dem Princip der Kausalität. – Conf. p. 246.
p. 270 führt er als Beispiel von Dingen, für deren Möglichkeit kein Grund da ist, Sachen an, die die Erfahrung nunmehr als Wirkungen des thierischen Magnetismus aufweist.
p. 274. Widerlegung des Idealismus ( conf. p. 519): meine Widerlegung des Idealismus steht Bogen 1 zu Jacobi. –
Kants Beweisgrund für die Realität der Außenwelt, nämlich » innre Erfahrung (die kein Idealist leugnet) ist durch äußre bedingt«: scheint mir unter großer Verworrenheit dies zu sagen: Subjekt ist als Subjekt bedingt durch Objekte: beide sind Korrelate und gehn in diesem Korrelatseyn ganz auf. – Das liegt auch in meinem Beweise; aber noch mehr.
p. 300. Zeit Inbegriff alles Seyns. Hier wird zuerst gesagt, daß alles Zählen nur durch die Zeit sei.
p. 304. Denken.
p. 305. Die Kategorien gründen sich nicht auf Sinnlichkeit wie die Anschauungsformen.
p. 306-15. Ding an sich.
p. 326-331. Leibnitz. cf. 321. 339.
p. 332. Der reine Verstand gilt nicht für Dinge an sich.
p. 333. Die Materie.
p. 342-46. Genaue Begrenzung des Verstandes und der Sinnlichkeit.
p. 344. Ding an sich.
p. 350. Vom Irrthum.
p. 352. Transscendental und transscendent.
p. 355. Großer Irrthum Kant's, daß in uns nichts Höheres sei denn die Vernunft.
p. 355 seq. Erklärung der Vernunft.
p. 360. Verstandesschlüsse.
p. 362 ist der Vernunftgebrauch beschrieben den ich Wissenschaft nenne.
p. 364. Der Trieb zum Suchen der Bedingung zum Bedingten scheint das principium rationis sufficientis zu seyn.
Vielleicht könnte man Verstand nennen das was zu einer Veränderung die Ursache, und Vernunft was zu einem Urtheil den Grund sucht. Beides sucht eine Bedingung, die aber sehr verschieden: unser Urtheil ist bedingt durch ein andres Urtheil oder durch sinnliche Wahrnehmung; eine Veränderung durch eine andre Veränderung (denn die Ursache kann nur durch eine Veränderung grade jetzt kausal werden). Da würde aber der Verstand auf Gott als die letzte Ursache führen; die Vernunft hingegen theils auf Erfahrung als sinnliche Wahrnehmung, theils auf die transscendentalen Bedingungen aller Erfahrung d. i. auf a priori gewisse, unbedingte und indemonstrable Sätze, nämlich die der Mathematik und der reinen Naturwissenschaft.
Nach Kants Unterscheidung von Verstand und Vernunft ( p. 364) wäre diese eigentlich das frequentativum von jenem: denn das Suchen der Bedingung zum Bedingten (nach einem analytischen Grundsatz) schreibt er dem bloßen Verstand zu; die unausgesetzte Wiederholung dieses Suchens (aus der nach einem synthetischen Grundsatz die Idee des Unbedingten entspringt) aber der Vernunft.
Kann eine so spitze Unterscheidung bestehn? –
p. 369. Ueber strenge Bedeutung der Wörter, an deren Unterscheidung die der Begriffe hängt: auf Kants theoretische und praktischeVernunft anwendbar.
p. 368-77 spricht er über Platons Ideen, die er nicht versteht und daher mit den Undingen, die er so nennt, identificirt, nicht aber ahndet die nahe Verwandtschaft zwischen Platons Ideen und seinem Ding an sich.
p. 372. Von Plato's Republik.
p. 373, 74. Verfassung Werk der Freiheit nach Ideen.
p. 375. Berechtigung des Moralisten zu den größten Forderungen.
p. 380, 82. Ueber das Wort absolut: es heißt so viel als unbedingt.
p. 383. Was Kant Idee nennt.
p. 385. Praktische Vernunft in ganz besondrer Bedeutung.
p. 385. Weisheit = Idee von der nothwendigen Einheit aller möglichen Zwecke.
p. 386. Erklärung was Vernunft sei.
p. 387-89. Auch hier bei Betrachtung der aufsteigenden Reihe der Schlüsse sondert Kant nicht die ratio essendi von der ratio cognoscendi, die Ursachen von den Gründen. In der Reihe der Gründe kommen wir zuletzt immer auf Erfahrung oder auf Bedingung aller Erfahrung (z. B. bei einer regressiven mathematischen Demonstration auf reine Anschauung, – bei einer physischen auf empirische Anschauung oder apriorische Urtheile), für die kein Grund ( ratio cognoscendi) mehr gefordert werden kann, weil sie die einzige ratio cognoscendi sind, aber wohl eine Ursache ( ratio essendi). Daher führt die Reihe der Schlüsse am Ende auf die der Ursachenzurück: diese aber endigt nirgends und führt zuletzt auf eine confessio ignorantiae.
p. 396. »Man kann sagen« u. s. w. Ich sage: die Kantische Idee ist ein Begriff von einem Gegenstand, davon keine Vorstellung möglich ist, und, da Begriff Vorstellung ist, – Vorstellung einer Vorstellung die selbst unmöglich ist.
p.398. Wesentliche Bestimmung und Festsetzung der Ideen.
p. 418. Paralogism der Seele als Substanz, führt auf Idealism.
p. 422. Höchst wichtige Stelle über die Unmöglichkeit der Selbsterkenntnis des Subjekts. Conf. 426, 27, 28, 429, 30.
p. 425. Ueber das moralische Gesetz im Menschen.
p. 426. Ueber die vermeinte Möglichkeit des Subjekts ohne Objekt.
p. 427, 28. Gemeinschaft von Geist und Körper.
p. 430-32. Kategorischer Imperativ.
p. 436. Die Ideen sind zum Unbedingten erweiterte Kategorien.
p. 438. Es ist zu bemerken, daß Kant, um die Kosmologischen Ideen nach den Kategorien zu ordnen, hier Raum und Zeit die Kategorien der Quantität repräsentiren läßt, da er doch sonst Raum und Zeit nicht als von diesem Moment der Kategorien abhängig darstellt, diese Kategorie auch ihren Namen Quantität von den Logikern erhalten hat und solcher in ihr die Bestimmung der Ausdehnung der Sphäre eines Begriffs bezeichnet, also nur ob dem ganzen durch ein Wort bezeichneten Begriff ein Prädikat zukommt oder einer ihm untergeordneten, durch keinen eignen Namen bezeichneten, Species: die Benennung Quantität ist daher dieser Beschaffenheit der Urtheile (und folglich der sie bewirkenden Kategorien) nur als uneigentlich, bildlich, gegeben, oder wenigstens von den eigentlichen quantis in Raum und Zeit sehr unterschieden. – Kant geräth daher in Verdacht des Drehens, seiner Neigung zur Symmetrie u. s. w. zu Gefallen.
p. 446. Welt, Natur; Freiheit, Naturursach.
p. 480. Unterscheidung von Verstand und Vernunft.
Erster Widerstreit
(Siehe
Manuscripts Berlin 1812 Bogen C
.
M. S. Berlin 1812 Bogen C: Antinomien der Vernunft. Jede Frage, die die Vernunft aufwirft und nicht beantworten kann, ist ungereimt; denn die Vernunft ist ein in sich geschlossenes Ganzes. Ungereimt heißt hier einen Widerspruch in sich schließend, und da diesen die Frage nicht merkt, so versteht sie sich nicht. Ein Beispiel: Was ist die Ursache der Welt? Sagst du Ursache, so setzest du schon die Welt (dein Bewußtseyn) voraus, denn nur in dieser giebt es Relation z. B. Ursache: du fragst aber, welches ist die Relation der Welt zu dem was nicht Welt ist; du willst in Gedanken die Welt aufheben um sie aus ihrer Ursache entstehn zu sehn: aber hebst du die Welt auf, so hast du auch alle Möglichkeit einer Ursache aufgehoben: du willst also die Ursache zugleich aufheben und zugleich setzen: das ist der Widerspruch. Zweitens: hat die Welt einen Anfang? Setzest du Anfang, so setzest du Succession, also Zeit, und diese giebt es nur in der Welt, sie ist in dieser, nicht die Welt in ihr. Denkst du den Anfang der Welt, so denkst du eine Zeit, wo die Welt nicht war; sobald du aber Zeit denkst, denkst du auch die Welt: also willst du die Welt zugleich aufheben und setzen. Dies ist der Widerspruch. Conf. Kritik der reinen Vernunft p. 550.)
Versuch der Zurückführung des Beweises der Thesis auf einen einfachen Satz.
1) Eine unendliche Größe kann nicht vermehrt werden. Aber jeder Augenblick vermehrt die bis jetzt verflossene Zeit: also ist sie nicht unendlich.
2) Welt bedeutet ein Ganzes. Ein Ganzes setzt Gränzen voraus. Also, ist ein unendliches d. h. gränzenloses Begränztes.
NB. Das erstere gilt auch wenn man einen Anfang der Welt setzt: denn einen Anfang der Zeit selbst kann man doch nie setzen, sowenig wie eine Gränze des Raums selbst. Denn nur in der Zeit ist Anfang und nur im Raum Gränze möglich.
Der zweite Theil des Beweises der Antithesis ist offenbar bloßes Sophisma: Verhältniß zu einer unendlichen Größe ist Unsinn: der Raum als Raum darf kein Gegenstand seyn, sonst wäre er eben im Raum. Bewegung der Welt im leeren Raum ist Widerspruch: denn Bewegung ist Aenderung des Verhältnisses, das zwei Gegenstände zu einander im Raume haben. Aus allem Gesagten folgt also nicht die Unmöglichkeit die Welt im leeren Raum zu denken.
In der Anmerkung spricht er als wäre Raum eine bloße Abstraktion, wie Materie und Form, und nicht unmittelbare Anschauung.
In der Thesis des zweiten Widerstreits ist der Ausdruck »jede zusammengesetzte Substanz besteht aus einfachen Theilen« eigentlich eine petitio principii: denn »das Zusammengesetzte besteht aus dem Einfachen« (Nichtzusammengesetzten) ist ein analytischer Satz. Auch beruht der ganze Beweis auf Entwickelung dieses analytischen Urtheils.
In der Anmerkung zur Thesis steht, daß Veränderung zum Zustande der Substanz gehöre und einen Grad habe: – wie ganz absurd dies sei zeigt zur Genüge was ich zu p. 253-54 bemerkt.
Die Anmerkung zur Thesis des vierten Widerstreits enthält eine Erklärung des Zufälligen.
p. 514, 15. Mir scheint nicht sowohl eine durch leere Zeit und leeren Raum begränzte Welt für den Begriff zu klein (als bei welchen Gränzen er nicht stehn bleiben könnte) als vielmehr diese Gränzen selbst wieder für den Begriff zu groß, wie alles Unendliche. Ist die Zeit und der Raum, die die Welt begränzen, unendlich groß, so wird eben dadurch, im Verhältnis zu ihnen, die Welt unendlich klein: nur insofern ließe sich sagen: die begränzte Welt wäre dem Begriff zu klein.
p. 515, 17. Kurze Wiederhohlung der Antinomien.
p. 520-22. Höchst wichtige, das Wesen der ganzen Kritik erläuternde Stelle.
p. 522-25. Ding an sich.
p. 518-36. Die Vernunft, in ihrem Nachgehn den Bedingungen alles Bedingten, gleicht also sehr dem Hund im Rad des Bratenwenders: sein Weg ist unendlich, aber nur so lang er gehn will, und zu Ende sobald er stehn will. Die Voraussetzung, daß aber eben durch Weitergehn das Ende zu finden sei, ist sein regulatives Princip, und zum Behuf des Bratens sehr tauglich.
Auch könnte man die Idee der Totalität aller Bedingungen zum gegebnen Bedingten, die als regulatives Princip für die Erfahrung nutzt – dem Heubüschel vergleichen, das man in Italien den Eseln an einem Stock vor den Kopf bindet und das, sie immer weiterlockend ohne je erreicht werden zu können, ihre Schritte beschleunigt.
p. 541 wird die Antithesis zum zweiten Widerstreit als objektive Wahrheit aufgestellt.
p. 551 »ins Unendliche, gleichsam Gegebene« – das ist ja eben der Karakter des Unendlichen, daß es gar nicht gegeben werden kann, daß ein Regressus und Progressus zu ihm kein Ende erreicht, daß es daher nie ein Ganzes ist: also hat das in infinitium alle Karaktere mit dem in indefinitum gemein.
p. 552. Zusammennehmung einer unendlichen Menge in einem Ganzen – ist etwas Widersinniges und Undenkbares. Auch ist Kant's Unterscheidung von infinitum und definitum, sobald durch letzteres etwas mehr gesagt werden soll als ignorantia finium – nichtig.
p. 553. »Es scheint zwar u. s. w.« ist mir ganz unverständlich.
p. 554, 55. Daß ein organisches Ganze nicht ins Unendliche aus organischen Theilen bestehn könne.
p. 560, 65. Kosmologische und praktische Freiheit.
p. 566, 69. Freiheit und Natur, empirischer und intelligibler Karakter, homo phaenomenon & noumenon.
p. 575. Das Sollen hat Bedeutung überall wo Gesetz ist; also auch in der Natur. Es kommt nur zur Sprache wo dem Gesetz nicht Genüge geschieht; denn außerdem tritt das ist ein. Das Schaaf soll 4 Beine haben; ist aber mit 3 geboren. Die Bombe soll eine Parabel beschreiben: der Widerstand der Luft verhindert es.
p. 570 bis 85 über die Freiheit und praktische Vernunft.
p. 577-82. Im hier und oben
p. 566-69 (conf. 826) Gesagten liegt Schellings ganze Theorie der Freiheit.
p. 586. »Wie können wir aus der Erfahrung auf etwas was gar nicht nach Erfahrungsgesetzen gedacht werden muß, schließen.«
p. 587-93. Zur Auflösung dieser Antinomie macht Kant doch (inkonsequent) einen transscendenten Gebrauch von der Kategorie der Kausalität: indem er sie anwendet, wo keine Anschauung mehr ihr Bedeutung giebt, und eine unbedingte intelligible Ursache der Welt willkührlich setzt. –
Zur Einführung der Freiheit bei Auflösung der vorhergehenden Antinomie halte ich ihn blos berechtigt, weil sie in innrer und äußrer Erfahrung gegeben ist. Dies bestätigt Kant in der Kritik der Urteilskraft p. 457, 467, 468. Worauf er sich jedoch nicht beruft, sondern blos beweisen will, daß ihre Annahme der Nothwendigkeit des Laufs der Natur nicht widerstreitet ( p. 586), welcher Beweis aber gar keine Haltung hat, da er a priori unmöglich ist d. h. aus keinem Gesetz des Verstandes folgt. Was er zwar nur hypothetisch einführt (Freiheit) hat Kraft weil es Thatsache ist. Bei gegenwärtiger Auflösung der 4ten Antinomie aber fehlt diese; daher sie keine Haltung hat. Kant wird verdächtig dort nur hypothetisch verfahren zu seyn, wo er es nicht braucht, um auch hier, wo er es muß, dazu berechtigt zu seyn.
p. 604. »Es ist aber auch u. s. w.« – Wie sollte doch der Inbegriff aller der Erscheinung zukommenden Modifikationen den Begriff eines Dinges an sich, d. h. Dessen so nicht Erscheinung ist, ausmachen?
Es ist eine unbegreifliche Schwäche Kants, daß er sich auf diese Hirngespinste der Scholastiker einläßt.
p. 607. Beiläufig, ein Beispiel von höchst unbestimmtem Gebrauch des Worts Grund.
p. 599-611. Der ganze Abschnitt vom transscendentalen Ideal kommt mir in diesem unsterblichen Werk vor wie ein Flecken auf einem Prachtgewand; und scheint mir daraus entstanden, daß Kant, aus einem durch Erziehung und Gewohnheit entstandenem Respekt vor dem Theismus verleitet worden ist, ein monströses Hirngespinst der Scholastiker für ein natürliches und nothwendiges Phänomen des Verstandes anzusehn. Auch mag dazu beigetragen haben, daß er selbst früher einen ontologischen Beweis des Daseyns Gottes aus jenem Hirngespinst versucht hat.
p. 626. Das Seyn.
Durch das Wort Seyn bezeichnen wir eigentlich das Produkt der Thätigkeit der Kategorien. Sobald diese gegebene (durch die Sinnlichkeit) Wahrnehmungen vereinigt haben, sagen wir es ist: obgleich nun in der Regel die Kategorien nur solche Wahrnehmungen vereinigen, die ihnen auf ein Mal gegeben sind d. h. so wie sie in der Erfahrung vorkommen; so können wir doch Wahrnehmungen, die zu verschiedenen Zeiten gegeben sind, zu einem Begriff zusammensetzen (was die Produkte der Einbildungskraft sind), sind uns aber in dem Augenblick der Thätigkeit der Kategorien d. h. der Bildung eines Begriffs nicht bewußt, auf welche Weise wir zu den Wahrnehmungen gekommen sind; sondern brauchen im einen wie im andern Fall das Wort Seyn für das Produkt der Kategorien d. h. legen dem Begriff Existenz bei: und es bedarf einer zweiten Operation des Verstandes, um uns zu lehren ob diese Wahrnehmungen von der Sinnlichkeit zugleich gegeben sind oder nicht: diese Operation ist ein Vergleichen der äußeren Wahrnehmung und des ganzen Zusammenhangs der Erfahrung mit dem Begriff. Wenn nun die Ontotheologen aus dem Begriff die von demselben unabhängige Existenz demonstriren (d. i. sagen, die Wahrnehmungen, welche unsre Kategorien zu einem großen Begriff zusammengesetzt haben, können in demselben Verein so gefunden werden, daß aus deren Wahrnehmung ein jeder Verstand denselben Begriff bilden muß: d. h. unser Begriff hat einen Gegenstand); so lassen sie ganz willkührlich jenen zweiten vergleichenden Akt des Verstandes weg.
Wie die Erdkugel im unendlichen Raume, ebenso schwebt unsre ganze Erfahrungswelt in der unendlichen Zeit, wie jene ohne Stütze, ohne an etwas geknüpft zu seyn, und wir können so wenig zurück als vorwärts sehn. Die Vernunft stößt beständig an die Schranken, die ihr die Sinnlichkeit setzt, und fragt: warum hier? und warum grade jetzt hier?
p. 641. Daß die Beschaffenheit der formalen und materialen Bedingungen aller Erkenntniß uns empirisch gegeben, nicht aber (wie Fichte versucht hat) einzusehn d. i. a priori zu deduciren ist.
p. 642. Vernunft.
p. 654. Wider die Erklärung der Natur als Werk eines Verstandes.
p. 661. Theoretische und praktische Vernunft.
p. 662. Was spekulative Erkenntniß sei.
p. 663, 4. Immanenz des Kausalitätsbegriffs.
p. 666. Immanenz aller Kategorien.
p. 669. Lob und Nutzen einer rationalen Theologie.
p. 671. Erklärung von Verstand und Vernunft.
p. 674. Vernunft.
p. 676. Kraft = Kausalität einer Substanz;
p. 677. Beiläufig von Zurückführung mehrerer Geisteskräfte auf Eine.
p. 678, 79. Ein gutes Beispiel wäre hier die in der analytischen Chemie leitende Voraussetzung der Möglichkeit der Zurückführung aller Grundstoffe auf eine Materie überhaupt. Allein ein interessanteres Phänomen aus diesem Gesetz der Vernunft ist – Schellings Identitätssystem.
p. 680, 81 zeigt sich wie weit noch Kant in der Chemie zurück war.
p. 681, unten (»ein Fall der sich wohl denken läßt«) – näher betrachtet ist es unmöglich ihn zu denken: wir würden immer die Dinge zuerst nach den Sinnen, die sie afficiren, eintheilen (Unendlichkeit der Sinne müßte also etwa gedacht werden) und wir können auch außerdem gar nicht dabei beruhen, daß sich keine Aehnlichkeit fände: eben weil, wie Kant (682) sagt dann kein Verstand möglich wäre. Dagegen läßt sich denken, es gäbe gar keinen Unterschied der Dinge.
p. 676. Sehr wichtige und interessante Betrachtung der drei Gesetze der Vernunft 1) der Homogeneität, 2) der Specifikation, 3) der Continuität.
Das erstere ( entia praeter necessitatem non esse multiplicanda) erklärt das Identitätssystem. Das zweite ( entium varietates non temere esse minuendas) ist dem Kant selbst vorzuwerfen, wegen der praktischen Vernunft, die gar keine Vernunft ist, sondern etwas Besseres.
Das dritte ist auch eine Auflösung der Art wie die Schellingianer die Natur betrachten.
Die beiden erstern empfiehlt Plato häufig.
Auch ist ihre Anwendung dreifach: z. B. wir suchen für alle Erkenntniß einen obersten Erkenntnißgrund ( ratio cognoscendi) und dies Streben nach Zurückführung der Erkenntniß auf Gründe und zur Verminderung der Zahl dieser erzeugt die Wissenschaft: welches eigentlich nur das Streben ist alles an einem Fädchen zu halten.
Zweitens suchen wir alle geschichtliche und Naturerscheinungen auf möglichst wenige Ursachen ( ratio essendi) zurückzuführen. Die Wirkung dieser Voraussetzung ist unter der erstern mitbegriffen: denn die erkannte ratio essendi wird ratio cognoscendi.
Drittens suchen wir unser Handeln nach möglichst wenigen Motiven zu bestimmen d. h. wir machen uns Maximen oder suchen gar einen höchsten Grundsatz der Moral, gleichsam eine Formel, nach der jede Handlung ausfällt.
p. 695. Raçen.
p. 699. Es ist aber sehr streitig, ob die empirische Erkenntniß durch dergl. falsche Annahmen befördert wird. Muß Physik nicht atheistisch seyn?
p. 701. »Die psychologischen und theologischen Ideen enthalten keine Antinomie« – aber die beiden letzten Widerstreite der kosmologischen Antinomie greifen auch jene Ideen an.
p. 704-707. Gott als regulatives Princip.
p. 708. Unterschied von Verstand und Vernunft.
p. 710-14. Kurze Darstellung und Auflösung der drei Ideen.
p. 724. »Ohne Zweifel« – die Antwort ist inkonsequent und macht vom Kausalbegriff transscendenten Gebrauch, denn dieser Begriff gilt blos in der Welt, und insofern Welt d. i. Erscheinung ist; nicht aber von der Welt d. h. vor und außer ihr: er ist durch die Welt bedingt (d. h. durch unser Bewußtseyn einer Welt, außer welchem das Wort Welt nichts bedeutet), nicht aber die Welt durch ihn.
Ferner: »die Welt ist eine Summe von Erscheinungen« – Summe ist vollendete Totalität, also ergreift hier Kant Partei für die Thesis des ersten Widerspruchs der Antinomie.
Endlich wird hier Grund mit Ursach verwechselt, vielleicht weil man letzteres Wort, im Bewußtseyn einer Inkonsequenz, scheut.
p. 727. Natur ist das eigenthümliche Feld der Vernunft.
p. 713-30. Eigentliche Kritik der Theologie.
p. 737. Was Disciplin sei.
p. 741. Konstruktion der Begriffe.
p. 740-747. Mathematik – synthetische Sätze derselben.
p. 747. Alle Erkenntniß beruht auf Anschauung.
p. 748. Besondrer Unterschied zwischen Geometrie und Arithmetik.
p. 747-50. Kurze Darstellung der Elementarlehre.
p. 751. Materie der Erscheinung nicht a priori bestimmbar.
p. 752. Betrachtung jedes Dings nach den Kategorien.
p. 753. Pfuscherei vor Kant.
p. 756. Unbestimmtheit des Umfangs empirischer Begriffe, woraus folgt, daß es unbestimmt bleibt, ob ein Urtheil, wo sie Subjekt sind, synthetisch oder analytisch ist, weil dies davon abhängt, ob man ihren Umfang bis über das Prädikat erweitert gedacht hat oder nicht.
p. 756. Recht und Billigkeit, apriorische Begriffe, wie Substanz und Ursach.
p. 755-60. Von den Definitionen.
p. 760, 62. Axiome. Kein synthetischer Satz aus bloßen Begriffen ist unmittelbar gewiß, d. h. Axiom.
p. 762. Demonstrationen. Evidenz.
p. 764, 65, 66. Mathemata und Dogmata. Kritik der dogmatischen Methode. Zweck der Vernunftkritik.
p. 768. Antinomie. Ding an sich.
p. 711. Daß »die Vernunft allein berufen ist alle Irrungen abzuthun« ist Kant's Irrthum.
p. 776. Hang des Menschen zur Heuchelei.
p. 779. Schicksal aller Dogmatik.
p. 780. Hobbes' Grundsatz des Natur-Rechts.
p. 790. Außerhalb der Erfahrung ist kein Objekt der Vernunft.
p. 786-97. Ueber Skepticismus.
p. 792-97. Ueber Hume.
p. 798. Ueber die Gränze des Gebrauchs der Kategorien.
p. 799. Ideen, bloße Gedankendinge.
p. 800. Substanz.
p. 803. Ueber Wahrscheinlichkeit in der Philosophie.
p. 807-8. Hypothese über das Menschenleben.
p. 808. Ding an sich.
p. 809. Transscendenter Gebrauch von Principien der Erfahrung.
p. 810.. Satz des zureichenden Grundes statt Princip der Kausalität.
p. 812-13. Widerlegung der Beweise einer Seele. – Nur ist hier Mißbrauch mit Worten getrieben, und Ausdrücke, die, vom Raum entlehnt, bildlich (in Einer Anwendung mit Recht) gebraucht worden sind, durchgeführt als müßten sie in jeder Anwendung passen. Ich meyne hiemit p. 812 »das Bewußtseyn, welches in allem Denken enthalten ist, soll führen auf ein Ding in welchem alles Denken enthalten ist.« – Der Widerspruch fällt weg, wenn man weniger bildlich sagt: »das einfache Bewußtseyn (der Einheit der Apperception), welches bei allem Denken statt findet, soll führen auf das Bewußtseyn eines einfachen Dinges dessen Handlung alles Denken ist.« –
Ebenso ist das gleich darauf folgende Beispiel voll Winkelzüge, die sich hinter uneigentlichem Gebrauch der Wörter und unzusammenhängenden Perioden verstecken. Ich führe davon blos an (813) daß wenn mir nichts als die bewegende Kraft eines Körpers gegeben ist, mir der Körper selbst gar nicht gegeben ist, die Kraft aber einfach gedacht werden muß, eben weil sie ohne den Körper d. h. ohne ein raumerfüllendes Theilbare gedacht werden soll. – Daß ein solches Absondern der Kraft vom Körper blos in der Abstraktion (subjektiv), nicht in der Erfahrung (objektiv) möglich ist, hat seine Richtigkeit.
p. 814. Erste Regel, durch deren Vernachlässigung Fichte's Wissenschaftsleere entstanden ist.
p. 817-19. Apagogischer und ostensiver oder direkter Beweis.
p. 822. Praktische Grundsätze sind eigentümlicher Boden der reinen Vernunft.
p. 823. Der einzige Nutzen aller Philosophie der reinen Vernunft ist vielleicht negativ.
p. 825-47. Ueber die praktische Vernunft.
p. 828. Leitet die Vernunft den Willen unter empirischen Bedingungen der Ausübung desselben, so wird sie Klugheitslehre. – Leitet sie ihn aber nach a priori gegebnen Gesetzen, so wird sie moralische Gesetzgebung.
p. 830. Oben ein falsches Mithin. – Dann beschreibt er ganz richtig die Vernunft im praktischen Gebrauch als das Vermögen der Klugheit. Geht aber unmittelbar, durch einen Sprung über zur Behauptung absoluter Imperative als von der Vernunft gegeben.
p. 831. Er giebt zu, daß die Vernunft in ihrer Gesetzgebung durch anderweitige Einflüsse bestimmt seyn möge, setzt es aber als spekulative Frage bei Seite.
Unterscheidung der praktischen Freiheit, als einer empirisch zu erkennenden Kausalität der Vernunft auf den Willen, von der transscendentalen Freiheit.
p. 834. Falscher Satz, daß das Sittengesetz zum Bewegungsgrund habe die Würdigkeit glücklich zu seyn.
p. 835. Das Sittengesetz wird postulirt, nicht deducirt: und daß es in der reinen Vernunft liege, wird ohne weitre Untersuchung vorausgesetzt.
p. 836, unten: Kant's Moralprincip.
p. 837. System der Sittlichkeit mit dem der Glückseligkeit unzertrennlich verknüpft.
ibid. Die Voraussetzung, daß allgemeine Sittlichkeit allgemeine Glückseligkeit bewirken würde, ist falsch, weil erstere die Naturübel nicht hebt.
p. 838. Ideal des höchsten Guts = Gott.
p. 839. Moralischer (falscher) Beweis des Daseyns Gottes. Er stützt sich auf der falschen Voraussetzung, daß Sittlichkeit Glückseligkeit zur Absicht und Folge haben müsse, und andern transscendenten Vernunftsätzen.
p. 840, 41. Ohne Gott und Unsterblichkeit zu glauben, könne man nicht moralisch seyn: und doch soll (unten) die Aussicht auf Glückseligkeit nicht die Moralität erst möglich machen. –
p. 844. Die Zwecke der Moralität kann uns nur reine Vernunft zu erkennen geben.
p. 851. Moral und Mathematik zusammengestellt, als Uebereinstimmend darin, daß sie völlige Gewißheit a priori haben.
p. 856. »Ich weiß auch ganz gewiß daß Niemand andre Bedingungen kenne« – diese Ueberzeugung sollte er mittheilen, damit seine Moraltheologie stände.
p.856, 57. Hauptstelle für Moraltheologie.
p. 860. Systematische Einheit macht gemeine Erkenntniß allererst zur Wissenschaft. – System. –
p. 865, unten, 866. Daß man nicht Philosophie, sondern höchstens Philosophiren lernen könne.
p. 866, 67. Kants Erklärung der Philosophie. Conf. 873. 878.
p. 868. Moral ist Philosophie über die Bestimmung des Menschen.
p. 869. Kritik und Metaphysik.
Metaphysik der Natur.
Metaphysik der Sitten.
p. 870. Sittenlehre ist Erkenntniß aus reiner Vernunft.
ibid. Höchst wichtige Stelle über die Nothwendigkeit der Unterscheidung des Ursprungs der Erkenntnisse.
p. 873. Transscendental-Philosophie.
p. 877. Metaphysik Schutzwehr der Religion.
Beilage.
M. S. Berlin 1812.
C. p. 4 und
D. p. 1-3.
Vergleiche Anmerkungen zu Kant, Bogen 7,
p. 179-81.
Denken im strengsten Sinne ist etwas das große Aehnlichkeit mit einer Buchstabenrechnung hat: die Begriffe sind Zeichen für Vorstellungen, wie Worte Zeichen für Begriffe sind: wir kennen die Beziehungen der Begriffe auf einander, und können deshalb die Begriffe hin und her werfen zu allerhand neuen Verbindungen, ohne daß wir nöthig hätten, die Begriffe in Bilder der Phantasie von den Gegenständen, die sie vorstellen, zu verwandeln. Bloß beim Resultat pflegt dies zu geschehn.
Ein Hauptunterschied zwischen Menschen ist der, ob sie
a) beim Verfahren mit Begriffen meistens bleiben, oder
b) gerne alles durch die Phantasie darstellen.
Jede Methode hat besondre Vortheile.
Mit Begriffen läßt sich viel schneller umspringen, da man nur immer die Beziehung des Begriffs denkt die hier eingreift, und die Gemeinbegriffe ganze Klassen von Dingen repräsentiren: daher sind Begriffe das eigentliche Material der Wissenschaften. Nur Leute von wenig geübtem Verstande müssen immer die Begriffe wieder durch Worte repräsentiren lassen, und ganz rohe diese sogar laut aussprechen. Geübtere denken in wenig Sekunden ganze Ketten von Schlüssen.
Anschauungen der Phantasie sind aber das, worauf alle Begriffe zurückgeführt werden müssen um Werth zu erhalten. Wer sehr bald von den Begriffen zu jenen übergeht denkt viel langsamer als die. Obenbeschriebenen, denkt aber alles ganz, in allen seinen Beziehungen (nicht blos in der eben eingreifenden), sein Denken ist also wahrhaft gründlicher, den Gegenstand erschöpfender, allseitiger, veranlaßt Entdeckungen.
Der Unterschied beider Methoden zeigt sich wie beim Denken, so beim Lesen: die Letzteren lesen langsam, aber fassen tief auf. Die Ersteren werden leichter zu weit liegenden abstrakten Resultaten gelangen; aber auch viel tiefer in Irrthümer gerathen. Die Letzteren werden leichter die Spur des Problems verlieren, sich zerstreuen lassen, über Unwesentliches das Wesentliche aus den Augen verlieren.
Dennoch ist die letztere Weise die des Genies: seine Schöpfungen sind immer neu, unabhängig von der Zeitfolge, aus der Ewigkeit geschöpft. Der Verstand, das Denken in Begriffen erkennt nur die Relation der Dinge, und ihre Folge in Raum und Zeit: dieses ist aber alles das Wesen der Mannigfaltigkeit. Die Anschauung aber faßt das innerste Wesen, die Platonische Idee, auf, die Bedeutung der Hieroglyphen der unendlich mannigfaltigen Erscheinungen. Da solche Erkenntniß, da Sonderung des Kerns von der Schaale der Zweck der wahren Philosophie ist, so ist die letztgenannte Geisteskraft zu ihr unumgänglich nöthig, und auch sie selbst nicht Wissenschaft, sondern Kunst. Die Wissenschaft giebt ihr nur technische Vorbereitung, legt gleichsam den Stoff zurecht. Erkenntniß der möglichst vollständigen Relation der Dinge ist Zweck der Wissenschaft: daher ist sie Sache des bloßen Verstandes.
Erstere Weise ist die der wissenschaftlichen Denker: sie war Kant's Weise.
Vorrede:
p. III. Erklärung der Vernunft.
p. III-V. Darstellung des in der Kritik der reinen Vernunft Geleisteten.
p. III heißt es: » Reine Vernunft ist das Vermögen der Erkenntniß aus Principien a priori« und p. IV: »Die Kritik der R. V. beschäftigt sich nicht mit der Vernunft, weil allein der Verstand konstitutive Erkenntnißprincipien a priori hat.« Das wäre Widerspruch, man müßte denn annehmen, Vernunft sei oben im sensu latiori und eigentlich statt Verstand gesagt.
p. V. » Vernunft hat allein für das Begehrungsvermögen konstitutive Principien a priori.«
ibid. Infra: »Vernunft schreibt dem Begehrungsvermögen Gesetze vor.«
p. VII. Urtheilskraft = gesunder Verstand.
p. VIII. Das Begehrungsvermögen hat seine Principien a priori in Begriffen der Vernunft.
ibid. Aesthetische Beurtheilung beweist eine Beziehung des Erkenntnisvermögens aufs Gefühl der Lust und Unlust.
p. XII. Wille wirkt nach Begriffen.
p. XII-XVI. Moral beruht auf einem übersinnlichen Princip.
p. XVII. Erkenntnißvermögen a priori gesetzgebend durch Natur- und Freiheits-Begriff.
p. XVIII. Verstand und Vernunft zwei verschiedne Gesetzgebungen.
p. XIX. Sinnliche und Uebersinnliche Welt ohne Uebergang von der ersten zur zweiten, aber wohl von der zweiten zur ersten.
p. XX. Es muß einen Grund der Einheit beider Welten geben.
Den Verstand definirt Kant wie Andre als das Vermögen der Urtheile, und dennoch nimmt er eine eigne Urtheilskraft [an].
Schlüsse sind Subsumtion des Falls unter die Regel, und Kant macht sie zum eigentümlichen Geschäft der Vernunft. Dennoch erklärt er eben dies Subsummiren für Geschäft der Urteilskraft, p. XXV. –
p. XXIX. Spitzfindige Unterscheidung von transscendental und metaphysisch.
p. XLV unten und XLVI oben: Unterschied des ästhetischen Wohlgefallens vom moralischen dadurch daß dieses und nicht jenes aus Begriffen zu erklären.
p. LIII, LIV. Unterscheidung von Verstand und Vernunft.
Sehr schöne Sonderung der sinnlichen und übersinnlichen Welt. Siehe Beilage 1
p. LV, LVI. Uebergang vom Gebiete der Natur zu dem der Freiheit durch den Begriff der Zweckmäßigkeit: mir unverständlich.
p. LVI. Praktische Vernunft bestimmt den Willen.
p. 15. Erklärt er unsre thierische Natur für Bedingung der Empfänglichkeit fürs Schöne.
p. 21 oben und unten: Das Gute hat durch einen Begriff Beifall. Conf. p. 10.
p. 28 oben: »so kann er kein andrer«
p. 29 oben: »kann nicht andres«
Kant giebt hier also einen förmlichen Beweis seiner abgeschmackten Hypothese zur Erklärung des Schönen: Dies sei uns ein warnendes Beispiel und Lehre, daß wir auch die Beweise der uns richtig und vortrefflich erscheinenden Lehrsätze Kants genau erwägen.
p. 43. Rührung.
p. 49, 50. Abgeschmackte Behauptung, daß die Schönheit einer Blume oder eines Vogels an sich und unmittelbar, – die eines Menschen oder Pferdes aber nur durch Beziehung auf ihren Zweck erkannt werde.
p. 55-56. Behauptung, daß allein vom Menschen ein Ideal der Schönheit möglich sei.
p. 57, 58. Entstehn der Normalidee für die Gattung.
p. 59. Karrikatur. Anmerkung.
p. 60, 61. »Beurtheilung nach einem Ideal der Schönheit ist kein bloßes Urtheil des Geschmacks«. Kant fühlt selbst die Unzulänglichkeit seiner Theorie des Schönen.
p. 65 unten: Entstehn einer Vorstellung.
p. 66, §. 22, »– – – gründen.« – Kant kennt nichts als Begriff und Gefühl, und daraus entspringt seine ganz eben so charakteristische, als sonderbare Erklärung des Schönheitssinnes. Es ist ein Gefühl, sagt er, aber nicht sinnlich, denn es ist nicht dem Individuo eigen, sondern wird Jedem zugemuthet, als wäre es ein Begriff, d. h. etwas vom Objekt (das Allen auf gleiche Weise sich giebt) genommenes. Und doch ist es kein Begriff, denn es kann nur in concreto gegeben werden und keine Regel läßt sich dafür geben.
Er kennt nur nicht Das was über alle Vernunft ist und merkt nicht, daß die Apodikticität des ästhetischen Urtheils (die zu seiner Verwunderung auf keinem Begriffe beruht) eben daher stammt, woher der kategorische Imperativ. Seine Verwunderung über das Phänomen der Schönheit gleicht der Dessen, der den elektrischen Funken durch Zufall entdeckt, und Kants Hypothesen zur Erklärung gleichen den Versuchen, die Jener machen möchte, den Funken atomistisch zu erklären.
p. 70. Kant sollte einsehn, daß was er hier von regelmäßigen Figuren sagt wirklich seine Theorie umstößt: er windet und redet sich aber heraus.
p. 74-78. Wie ist was er vom Erhabenen sagt so wahr und schön! nur Einiges in seiner Sprache und die fatale Vernunft ist zu übersehen. – Hätte er doch eingesehn, daß auch das Schöne nur ein mittelbar Erhabnes ist! Vergl. M. S. Berlin H. [= Beilage 2].
p. 85 und 91, 92. Die Vernunft fordert immer Totalität. Vergl. M. S. G. Berlin [= Beilage 3].
p. 96. Achtung.
p. 96, 97. Streben der Vernunft nach Totalität.
p. 97. Die Erhebung des Gemüths kommt hier vielmehr daher, daß wir sehn, die Vernunft fordre Unmögliches, folglich Widersprechendes, was uns leitet auf ein über alle Vernunft erhabenes Bewußtseyn.
p. 105, »wenn es auf unsre höchsten Grundsätze ankäme« – nicht bloß dann, sondern auch ohne solche Hypothese, werden wir inne, daß unsre Person so ungeheuren Mächten, die der Zufall gegen uns leiten kann, unterworfen ist, und dadurch erwacht ein andres Bewußtseyn als das persönliche, welches andre außer dem Gebiete des Zufalls und der Natur liegt.
Daß wir sicher seyn müssen, ist nicht wahr. Auch im Augenblick der wirklichen Gefahr und des Untergangs kann unser Bewußtseyn zum Erhabnen emporsteigen. Dies stellt eben das Trauerspiel dar, welches übrigens auch zum Dynamischerhabnen gehört und dies im Zuschauer, obgleich er sicher ist, anregt.
p. 106, 7. Das Erhabene des Kriegs.
p. 108. Demuth. (unten)
p. 109. Superstition.
p. 110. Das Praktische ist eigentliches Gebiet der Vernunft.
p. 114. Verwandtschaft des moralischen Gefühls mit der ästhetischen Urtheilskraft.
p. 121. Enthusiasmus – conf. p. 126 – Leidenschaft, Affekt.
p. 124, 25. Ueber die Negativität des Erhabnen in Beziehung auf Sinnlichkeit.
p. 126. Sittlichkeit eine zweite übersinnliche Natur, und Gesetzgebung eines durch Anschauung nicht zu erreichenden Vermögens.
p. 137, 39. Nachfolge nicht Nachahmung empfohlen.
p. 154. Das sittliche Gefühl erfordert Begriffe und läßt sich nur durch sehr bestimmte praktische Vernunftbegriffe allgemein mittheilen.
ibid. Lust am Erhabnen ist nur mittelst des Moralgesetzes Jedem anzusinnen. Shakespeare sagt: trust not the man that has no music in his soul. Er bestätigt also meine Behauptung ( M. S. Bogen J & K), daß das Schöne wie das Erhabne Anregung des bessern Bewußtseyns, das sich unter andern als Moralität offenbart, ist, und daher Jedem anzusinnen: auch ist bei Jedem eine Spur davon da, wie auch die Anlage und Anerkennung des Moralgesetzes, aber, wie diese, in sehr verschiedenem Grade. Zwar durchaus nicht in gleichem Verhältnisse in jedem Individuo, doch wird ein sehr guter, ein heiliger Mensch immer auch viel Sinn für das Schöne haben: und das ächte Genie kann nie boshaft seyn. Doch findet sich sehr grosses Genie und Heiligkeit vielleicht nie in Einem Individuo. Fast scheint es, daß zum grossen Genie starke Sinnlichkeit gehört, die ihm das zeitliche Bewußtseyn, die Erfahrungswelt, stets nahe rückt, deshalb es sich in ihr offenbart: dieselbe Sinnlichkeit hindert es aber an der Heiligkeit. Bei dem Heiligen prädominirt das bessre Bewußtseyn so ungestöhrt, daß die Sinnenwelt ihm nur gleichsam mit schwachen Farben erscheint, er handelt nach jenem, ist in jenem seelig und zur Erhebung der Welt dient seine Erscheinung nur als Beispiel. Beim Genie ist dagegen ein ebenso lebendiges bessres Bewußtseyn begleitet von einem lebhaften Bewußtseyn der Sinnenwelt; dadurch ist der Kontrast beider in ihm stets rege, es offenbart solchen durch Kunstwerke, indem es die Anregungen, die das bessre Bewußtseyn im Leben findet, wiederholt, [ M. S. Bogen J] und zu dem Behuf muß es die ganze Erscheinung (Leben, Welt, Natur) überhaupt wiederholen, daher platte und geistig blinde Menschen, die Bedingung für den Zweck haltend, Kunst als Nachahmung der Natur definiren und scheinbar recht behalten, weil die ächteste Kunst immer die Natur am treuesten kopirt, aber in bestimmter (objektiver, nicht subjektiver) Tendenz. Wird vom Künstler eine subjektive, individuelle Bedingung zur Anregung seines bessern Bewußtseyns für eine objektive, der menschlichen Natur überhaupt zukommende gehalten, so entsteht Subjektivität, Manier.
Daß, wie gesagt, zum Künstler oder Genie nicht nur das bessre Bewußtseyn, wie beim Heiligen, sondern auch das empirische, sinnliche, sehr lebendig seyn muß, ist der Grund, weshalb das Genie in dieser beständigen Duplicität seiner Natur nicht die Ruhe des Heiligen hat und sein blosses Daseyn schon eine Art Märtyrerthum ist zum Besten der Menschheit. Auch trägt hiezu schon dies bei, daß es nicht, wie der Heilige, sich beruhigen kann im blossen reinen festen Willen, unbekümmert, wie der Zufall den Erfolg stöhre; sondern einen bestimmten Zweck in der Sinnenwelt zu verwirklichen hat, nämlich sein Kunstwerk, wozu Gelegenheit zur Ausbildung seiner Kräfte und Musse, trotz dem Zufall und dem Irrthum, die in dieser Erfahrungswelt herrschen, gewonnen werden müssen: es also nicht ganz wie jener sagen kann: »mein Reich ist nicht von dieser Welt«, – sondern durch einen starken Trieb zur Erfüllung seines Berufs gezwungen ist, in dieser Welt etwas zu suchen.
p. 163, 165. Abgeschmackte Behauptung, daß das Schöne nur in der Gesellschaft gefalle u. s. w.
p. 165, 169. Sehr närrisches Zeug.
p. 172. Dito.
p. 187 oben. Das hier Gesagte paßt auf den Gaukler Fichte und ist vielleicht auf ihn gemünzt.
p. 197 u. 214. Was er hier von der ästhetischen Idee rühmt, gilt von jeder Sinnenanschauung, nämlich, daß sie mehr enthält als der Begriff, unter den sie subsumirt wird, deshalb es (wie Kant in der Kritik der reinen Vernunft irgendwo behauptet) von einzelnen Gegenständen keinen Begriff geben kann.
p. 223, 24. Glücksspiel und Tonspiel (Musik) werden neben einander zu den die Empfindung vergnügenden Spielen gezählt.
p. 224. Musik und Geistreiche Konversation ergötzen durch korrespondirende Bewegung der Eingeweide.
p. 225, 28. Lachen.
p. 228, 29. Naivität.
p. 230. Laune.
p. 236: »Der Bestimmungsgrund des Geschmacksurtheils liegt vielleicht im Begriff vom übersinnlichen Substrat der Menschheit«. Dunkel, aber, wie es scheint, von seiner falschen Theorie abgehend und sich meiner nähernd. – Doch muß ich bemerken, daß Begriff nur möglich ist von Gegenständen sinnlicher Anschauung, als für welche allein die Kategorien zu gebrauchen sind, – nicht aber von einem Uebersinnlichen.
p. 238 spricht er noch mehr in meinem Sinn. Conf. p. 242 unten, 258, 263, 64.
p. 239-42. Ueber Idee und Begriff.
p. 244. Ding an sich.
p. 243-45. Antinomien. – Zuletzt (245) drei Ideen des Uebersinnlichen.
p. 248-52. Bildung unorganischer und organischer Körper.
p. 247. Schönheit keine Beschaffenheit des Objekts.
p. 252-54. Idealität der ästhetischen Zweckmäßigkeit: d. h. das Schöne der Natur liegt nicht in dieser, sondern wird von uns hineingelegt. Das Schöne der Kunst entspringt nicht aus Begriffen und wird nicht durch Begriffe erkannt.
p. 255-58. Symbol.
p. 257 unten: Gott.
p. 285. Vernunft, Vermögen nach Zwecken zu handeln.
p. 295. Praktisches Vernunftvermögen heißt hier Vermögen nach Zwecken zu handeln. Und etwas andres sollte nie damit bezeichnet werden.
p. 322. Spinoza. Conf. 325. 405, 6.
p. 338. Kein Newton des Grashalms.
p. 339-44. Höchst wichtige Stelle, enthaltend den Kern der Kant'schen Philosophie. – Hier spricht er von einem Standpunkte, wo das Moralgesetz nicht als ein Sollen, sondern als ein Seyn erscheint.
p. 344-54. Sehr tiefsinniger, aber höchst dunkler Paragraph.
p. 356-59. Widerlegung des Identitätssystems. Zugleich finden sich hier Beispiele wie selbst Kant Grund und Principsagt, wo er nicht Ursache sagen mag.
p. 365. Grund ganz und gar statt Ursach.
p. 367. Dito.
p. 369. Stufenleiter der Organisationen, die hinabgeht ins Unorganische Reich.
p. 369. Erde, großes Thier, Gebärerin aller Organisationen: antediluvianische Vorübungen.
p. 389, 90. Unmöglichkeit der Glückseligkeit.
p. 390-95. Kultur, als Bedingung zu den durch Vernunft aufgegebenen Zwecken des Menschen, ist Zweck der Natur in Bezug auf ihn, und der Staat ist Bedingung der Erreichung dieses Zwecks. – Meine hievon sehr verschiedene Ansicht der Teleologie der Natur zur Moralität steht M. S. Bogen K. 1813. Siehe Beilage 4.
p. 396-99. Mensch, als moralisches Wesen, Endzweck der Schöpfung.
p. 405, 6. Spinozismus und Pantheismus.
p. 414. Weisheit = Güte und Gerechtigkeit.
p. 410 bis zu Ende: Kant's Ethikotheologie. –
p. 418-29. Pfuscherei der Vernunft in dem was über ihr liegt.
p. 425 zeigt Kant recht (und vielleicht mit, aus Furcht vor der Inquisition und den Pastören verheelter Absicht) die tödtlich verwundbare Stelle dieser Theologie.
p. 429. Inhalt des Kategorischen Imperativs.
p. 432. Daß er hier und viel mehr noch oben passim Glückseligkeit als einen Theil des moralischen Gebots ansieht, beweist deutlich, daß er denkt, das Moralgesetz gehe auf das was geschieht und nicht bloß auf das was gewollt wird. – Er will Tugend im Schlaraffenland, und diese Vereinigung nennt er höchstes Gut. Die Vereinigung ist aber so unmöglich, als ein Weinstock, der auf einer reinen Goldplatte wurzelt.
p. 457. Freiheit ist Thatsache und läßt sich in der Erfahrung darthun. Conf. p. 467 u. 68.
p. 468 bis zu Ende: Kurz wiederholte Kritik aller Theologie.
p. 479-82. Ueber die Beschränkung der Kategorien.
p. 480. Ursache und Grund entgegengestellt aber ohne deutliche Unterscheidung. Daß »ich durch Kategorien aufs Daseyn eines Grundes (nicht Ursache, aber was denn andres? Er meint eine ratio, aber eine uns unbekannte, fünfte: er hält sich ans principium rationis sufficientis und supponirt, daß, obgleich von den uns bekannten Anwendungsarten desselben (deren er doch wenigstens zwei, Ursach und Erkenntnißgrund annehmen muß) keine über die Erfahrungswelt reicht, es noch andre Anwendungsarten jenes principii geben möge: die Supposition ist aber ganz arbiträr, auch spricht sie gegen eine viel wahrscheinlichere Voraussetzung, daß nämlich die vier rationes eine gemeinschaftliche Wurzel haben, (vielleicht ist diese die Kategorie der Kausalität) welche in unsrer sinnlichen Natur gegründet ist und daher nur für diese d. i. für die Sinnenwelt gilt.) der Sinnenwelt schließen könne« – ist inkonsequent und gegen alle Kritik der Vernunft. Denn alle Relation ist nur für den Verstand und in Anwendung auf seine (mittelbar oder unmittelbar sinnlich gegebene) Objekte gültig und verständlich. Etwas, durch das ein Andres ist, heißt Ursache, eine Erkenntniß, durch die ein andres erkannt wird, heißt Grund: daher kann Erkenntniß der Ursache bisweilen Grund seyn, nicht inwiefern die Wirkung durch jenes ist, sondern aus der Erkenntniß desselben geschlossen wird. Das Durcheinanderseyn (Ursach) aber und nicht weniger das Durcheinandererkanntwerden (Grund) ist nur durch die Beschaffenheit unseres Verstandes: alles was er erkennt, ist durch ein Andres, aber diese Bedingung gilt nur sofern er erkennt, und er erkennt nur mittelst zum Grunde liegender sinnlicher Vorstellungen: also gilt dies nicht vom Uebersinnlichen. Dieser auf die Sinnenwelt beschränkte Verstand erkennt alles entweder unmittelbar (hieher gehört das den Sinnen gegebene, das durch eine einfache reine Anschauung gegebene, die Grundsätze des Verstandes und die Gesetze der Kategorien, obgleich diese nur in Beispielen ins Bewußtseyn kommen) oder mittelbar d. h. als in einer andern Erkenntniß schon enthalten (hierher gehören alle Schlüsse, analytische Sätze). Die Frage warum? ist daher sehr zweideutig.
1) heißt sie: warum ist etwas? nämlich, daß es ist erkenne ich, aber ich will die Ursache wissen (Bedingung des Seyns);
2) warum soll ich annehmen, daß etwas sei? (Bedingung der Erkenntniß). Hier weiß ich noch gar nicht, daß es ist, will also den Grund einer Behauptung wissen, durchaus nichts andres: denn man kann nicht sagen: ich weiß daß dies so ist, weiß aber nicht den Grund: denn ist es dir unmittelbar gegeben, so kannst du nach gar keinem Grunde fragen, der blos Beziehung auf – und Bedeutung bei – mittelbarer Erkenntniß hat. Was du nicht weißt und doch wissen willst ist die Ursache: ist es dir aber nicht unmittelbar gegeben, und doch weißt du den Grund nicht, – so weißt du es gar nicht, sondern glaubst es andern aufs Wort. Nur zwei Fälle sind hier nicht bedacht, nämlich 1) daß ich von einem mathematischen Satz die ratio cognoscendi haben kann und nun die ratio essendi begehre. – 2) daß ich von einer Handlung das Motiv wissen will.
Nun ist die Sinnenwelt, zu der wir gehören, uns unmittelbar gegeben: also hat die Frage nach ihrem Grunde keinen Sinn: und das Warum will hier die Ursache. Diese nun müssen als Ursache der Welt nicht zu dieser gehören, also übersinnlich seyn. Das Gesetz der Kausalität gilt aber nur in der Welt, nur in ihr ist jedes durch ein andres: daß sie selbst durch ein Andres sei d. h. eine übersinnliche Ursache – heischt die Kategorie nicht.
Beilage 1.
Kant, Kritik der Urtheilskraft
p. LIII f.:
»Der Verstand ist a priori gesetzgebend für die Natur als Objekt der Sinne, zu einem theoretischen Erkenntniß derselben in einer möglichen Erfahrung. Die Vernunft ist a priori gesetzgebend für die Freiheit und ihre eigene Kausalität, als das Uebersinnliche in dem Subjekte, zu einem unbedingt praktischen Erkenntniß. Das Gebiet des Naturbegriffs, unter der einen, und das des Freiheitsbegriffs unter der andern Gesetzgebung, sind gegen allen wechselseitigen Einfluß, den sie für sich auf einander haben können, durch die grosse Kluft, welche das Uebersinnliche von den Erscheinungen trennt, gänzlich abgesondert. Der Freiheitsbegriff bestimmt nichts in Ansehung der theoretischen Erkenntniß der Natur; der Naturbegriff eben sowohl nichts in Ansehung der praktischen Gesetze der Freiheit: und es ist insofern nicht möglich, eine Brücke von einem Gebiete zum andern hinüber zu schlagen.« |
Summa philos. Kant. |
Beilage 2.
M. S. Berlin 1813
H.
Kants Erklärung des Erhabnen ist richtig und vortrefflich; nur kennt er das bessre Bewußtseyn allein als moralische Triebfeder und führt also immer Alles dahin zurück. – Seine Erklärung des Schönen hingegen ist falsch. Das Schöne ist eine Gattung des Erhabnen, oder besser das Erhabne eine Gattung des Schönen, nämlich das Extrem des Schönen, wo sich die theoretische Negation der zeitlichen Welt und Affirmation der ewigen, welche durchaus das Wesen aller Schönheit ist (wie die praktische Negation und Affirmation jener beiden Asketik und Tugend sind), auf die unmittelbarste, ja fast handgreifliche Weise ausspricht. An das von Kant beschriebene Erhabne gränzt zunächst etwas, das gewöhnlich zum Schönen gerechnet wird (mit Recht, weil allesErhabne nur Gattung des Schönen und beides Eins ist), obgleich es ganz die Eigenschaften des von Kant beschriebenen Erhabnen hat: nämlich das Trauerspiel. Darüber steht das Ausführliche in meinen Anmerkungen zu Schellings Philos. Werken Bd. 1, auch unter dem M. S. hin und wieder, z. B. auf diesem Bogen steht Einiges. –
Jedes Gemählde, jede Statue, die irgend ein Menschenantlitz mit dem Ausdruck des bessern Bewußtseyns darstellen, bestätigen meine Erklärung des Schönen, so wie sie hingegen von der Kantischen Erklärung nicht erreicht werden, wie er selbst gesteht, Krit. d. Urtheilskr., p. 60, 61.
Ebenso jede Dichtung, die direkt oder indirekt jenes bessre Bewußtseyn in seinen mancherlei Wirkungen (deren Aussonderung und Anordnung zur Erkenntniß für den Verstand Geschäft der Philosophie ist) darstellt. Aber Dichtung und Mahlerei stellen das ganze Leben mit durchaus Allem was darin vorkommt dar, treu und mit tiefem objektiven Blick, selbst das Unmoralische und das Häßliche (nur nicht das Ekelhafte): das geschieht aber eben, weil Dichter und Mahler das ganze Geheimniß der Welt erkannt haben und es eben nur wiederhohlen in den aus dieser Welt selbst genommenen Bildern und durch diese geordnete und zusammengedrängte Wiederhohlung es offenbaren: da muß denn neben dem Ausdruck des Ewigen, des bessern Bewußtseyns, auch das Nichtige und das ganz Verdammte (Shakespeares Schranzen und Richard III.; neben dem gekreuzigten Heiland der wüthende boshafte Pharisäer u. s. w.) hingestellt werden, nicht sowohl zum Kontrast, als weil sie mit in diese Welt gehören und eben das repräsentiren, wodurch diese Welt der Nichtigkeit geworden ist, das was nicht seyn sollte. Daher ist Treue und Objektivität Bedingung der Kunstschönheit; und der Dichter und Mahler, der den Zweck der Kunst, nämlich Mittheilung dessen, was außer der Zeit und über der Natur ist, am besten erreicht, ist zugleich immer der objektiveste und der Natur am treuesten. Daher kommt es, daß wie in einem Bilde jedes Unnatürliche in Stellung, Kolorit, falsche Perspektive, kurz jeder Mangel an Wahrheit, beleidigt, eben so in einem Schauspiel oder Roman jede Unwahrscheinlichkeit, auch wenn sie unbedeutend und bloß in äußerlichen Umständen ist, ein Fehler ist. Das Gemisch von Ewigkeit und Zeitlichkeit, daraus unser Bewußtseyn besteht, und ihr Kampf und Streben sich zu sondern, ist ferner in unendlicher Mannigfaltigkeit ausgedrückt in unzähligen Liedern, d. i. Ausdrücken momentaner Stimmungen und Weltanschauungen. – Entfernter vom Erhabnen und scheinbar gegen meine Erklärung des Schönen sprechend sind viele Darstellungen des blossen sinnlichen Wohlseyns, Lebens und Wirkens, die wir in Gemählden und Gedichten (Properz, Tibull, Catull, Homer, Anakreon, Horaz, Goethe's Elegien u. s. w.) finden: dieses gehört theils mit zur angeführten treuen Darstellung des ganzen Lebens, theils findet es hinlängliche Erklärung in dem was ich Bogen F M. S. über Epikureismus und Tugend, die beide Affirmationen, und Asketik und Laster, die Negationen sind, gesagt habe. Bogen F Berlin 1813. Wenn ein Anachoret allen Lebensfreuden freiwillig entsagt, jeden Genuß gleichsam muthwillig sich raubt, – weil das Bewußtseyn, daß er ein außerzeitliches, übersinnliches, freies, unbedingt seeliges Wesen ist, in ihm erwacht ist, und er dieser Erkenntniß gemäß handeln will, um eben dadurch sie stets lebendig zu erhalten; – so thut er Recht. Wenn Anakreon und Horatius uns die Flüchtigkeit der Zeit ans Herz legen, um uns zu ermahnen, sie, die Trägerin aller unsrer Genüsse, zum Geniessen zu benutzen, den ungenossenen Augenblick für verlohren achtend; – so haben sie recht. Die Wahrheit (und zugleich die Freiheit) ist, daß der Mensch sich jeden Augenblick als sinnliches, zeitliches, oder auch als ewiges Wesen betrachten kann: sobald er eines von beiden ganz gethan, folgen die beiden beschriebenen Denkweisen von selbst und jede hat vollkommen recht und ist vollkommen wahr. Betrachte ich mich als außerzeitlich, so ist Alles, was in ein andres Gebiet gehört und dahin mich zurückzieht, wäre es auch Genuß, – Stöhrung und Hölle für mich. Betrachte ich mich als zeitlich, so ist nur der Augenblick, die Gegenwart mein (denn in der Zeit ist nur sie real, Vergangenheit und Zukunft sind gar nichts), sie muß ich nutzen, denn nur in ihr bin ich real und existirend, »Aus dieser Erde quillen meine Freuden »Und diese Sonne scheinet meinen Leiden.« Der Tod wird kommen und mir und meiner Lust ein Ende machen: das ermahnt mich Zeitwesen, die Zeit zu nutzen: doch schreckt es mich nicht, denn Nichtseyn ist kein Leiden, und so lange ich bin, ist der Tod nicht, und wenn der Tod ist, bin ich nicht: was ist da zu fürchten? – In sich sind beide Denkungsarten wahr. Daß indeß die Betrachtung unsrer selbst als außerzeitlich in einer gewissen unaussprechbaren Beziehung die andre zu Schande macht, zeigt sich bei Betrachtung des Lasters: dies nämlich ist nicht bloß der reine Ausdruck unsrer Gesinnung als zeitlicher Wesen, denn das ist eben der beschriebene Epikureismus, – reine Affirmation der zeitlichen Existenz. Das Laster ist etwas andres, es ist nicht bloß diese Affirmation, – sondern eine Negation ist hinzugekommen (»die Geister, die verneinen« i. e. Teufel – Goethes Faust), eine förmliche Negation des Ewigen, eine gänzliche Verleugnung und Vernichtung desselben in uns. Beim blossen Gedanken an solchen Zustand schaudert jeder, das Verzweifelte desselben ist dargestellt im Franz Moor, Lady Macbeth, König Richard III. Die Tugend ist Affirmation des Außerzeitlichen Seyns, sie ist ja der unmittelbare Ausdruck des Bewußtseyns einer solchen reinen Affirmation. – Bei der Asketik aber ist noch eine absichtliche Negation hinzugekommen, die förmliche Verleugnung, Zurückweisung alles Zeitlichen als solchen. Doch sehn wir in ihrer Folge keine Gewissensangst, keinen Franz Moor. Im Gegentheil läßt sich sagen, daß dieses Negiren Dessen, was die Affirmation der Tugend so erschwert, das beßte Mittel ist um jener Affirmation gewiß zu seyn. Manche Menschen mögen zu dieser bereit seyn mitten im Genuß; mögen fähig seyn, wenn sie auch alle Zeit sich bloß als zeitliche Wesen affirmirt haben, wo nothwendige Wahl eintritt, sich als solche zu negiren und als ewige zu affirmiren. Die, könnte man sagen, haben den Genuß im Kauf. – Andre mögen aber so beschaffen seyn, daß sie sich nicht dem Genuß dessen hingeben mögen was sie aufzugeben jeden Augenblick bereit seyn sollen, daß sie vielmehr, um hiezu bereit zu seyn, den Unwerth des Aufzugebenden stets vor Augen behalten müssen: man könnte sie die schwerbeweglichen, einseitigen nennen: sie sind die wahren Anachoreten, Mönche, Cyniker, Quäker, Herrnhuter, Goethe's schöne Seele, u. a. – Am weitesten vom Erhabnen aber und scheinbar gegen meine Theorie des Schönen ist die Schönheit der Natur, der blossen menschlichen Gestalt ohne übersinnlichen Ausdruck, und deren künstlich gestellte und zusammengedrängte Nachbildungen in Landschaftsmalerei und Skulptur, ferner das Stillleben und die Architektur. Auch auf diese paßt meine Erklärung vollkommen, wenn man bedenkt, daß wir, wenn uns das zeitliche Bewußtseyn ganz inne hat, und wir dadurch den Begierden hingegeben sind und so zum Laster (d. i. Negation des bessern Bewußtseyns) hinneigen, unser ganzes Wesen subjektiv ist, d. h. wir an den Dingen nichts sehn, als ihre Beziehung auf unser Individuum und dessen Bedürfnisse. Sobald wir aber dagegen die Dinge der Welt objektiv betrachten, d. h. kontempliren, ist für den Augenblick die Subjektivität und somit die Quelle alles Elends geschwunden, wir sind frei, und das Bewußtseyn der Sinnenwelt steht vor uns als ein Fremdes, uns nicht mehr Bedrängende, auch nicht mehr in der für unser Individuum nützlichen Betrachtung des Nexus von Raum, Zeit und Kausalität, sondern wir sehn die Platonische Idee des Objekts. Das Ausführliche hierüber steht Bogen G. siehe unten S. 83, Anmerkung Diese Befreiung vom zeitlichen Bewußtseyn läßt das bessre ewige Bewußtseyn übrig: das also hier nicht, wie bei den zum Erhabnen neigenden Gattungen des Schönen und beim Erhabnen selbst, gewaltsam durch das Zeitliche durchbricht, sondern, nach Wegnahme des Zeitlichen, übrig bleibt. Daher tritt hier ein, was Kant (Kritik der Urteilskraft, p. 98) bemerkt: »Das Gemüth fühlt sich in der Vorstellung des Erhabnen bewegt, da es im Urtheil über das Schöne in ruhiger Kontemplation ist«. Die rein objektive Betrachtung jedes Objekts (nur nicht des Häßlichen und Ekelhaften) hat also diese Regung des bessern Bewußtseyns zur Folge, die Betrachtung der vegetabilischen und anorganischen Natur (Landschaft), der schönen Menschengestalt und der Architektur aber besonders. Dies kommt daher, weil diese Gegenstände die Eigenschaft haben, unsre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehn und so uns aus der subjektiven Stimmung in die objektive zu ziehn. Der Zauber der Vergangenheit kommt aus derselben Quelle. Wenn wir uns vergangne Tage, entfernte Oerter vergegenwärtigen, so rufen wir bloß die Objekte zurück, nicht das Subjekt mit allem seinen Jammer, den es damals so gut hatte, als jetzt, der ist (eben weil er nichtig war) vergessen und wird, wie ein unnützer Bodensatz, von uns zurückgelassen: bloß des Objektiven erinnern wir uns, und da wirkt das Objektive in der Erinnerung, dessen Betrachtung unser Bewußtseyn füllt, auf uns, wie das gegenwärtige Objektive, wenn wir es über uns vermögen, uns der Betrachtung desselben hinzugeben: es befreit uns vom elenden, stets bedürftigen, auf eine enge Sphäre beschränkten Subjekt, und das bessre Bewußtseyn wird frei. Daher kommt es, daß, besonders wenn wir in Noth und Angst sind, die plötzliche Erinnerung an irgend eine Zeit, wo diese Noth nicht war, wie ein verlornes Paradies an uns vorüberfliegt, weil jetzt bloß das Objektive, nicht das Subjektive zurückkehrt, und wir uns einbilden, daß wir damals für jenes Objektive so frei waren als jetzt, da doch auch damals das Subjektive seine Noth hatte. Um sich selbst in ursprünglich subjektiven Stimmungen doch in die objektive Kontemplation zu versetzen, kann ich als ein probates Mittel empfehlen, daß man mit Gewalt die Einbildungskraft zu der seltsamen Illusion zwinge, man sei gar nicht gegenwärtig, sei nicht auf dem Fleck, den man eben einnimmt, sondern bloß die Umgebungen seien da. Daß sie diese haben kommt daher daß die ewigen Formen der Natur auf einer dem Verstande unergründlichen aber mit unserm innersten Seyn in geheimnißvoller Verbindung stehenden Nothwendigkeit beruhen, die wohl über aller Erklärung liegt; so wie auch das geheimnißvoll ist, daß nur die vegetabilische Natur mit der zu ihrer Erhaltung gehörigen anorganischen, und die menschliche Gestalt, jene Eigenschaft haben, aber nicht alle Thierformen, wiewohl sehr viele und vielleicht am Ende alle: bei manchen Thieren mag ihr böser Charakter, der auf ein übersinnliches Princip von Negation weist, es hindern. Zur Schönheit der Architektur habe ich bemerkt, daß die Beleuchtung unglaublich viel thut, so daß Architektur vielleicht nur die Basis ist, aus der wir die Schönheit des ungebrochenen Lichts in ihrer Mannigfaltigkeit erkennen. Später: Es scheint mir jetzt vielmehr so: Die sinnliche Anschauung ist nicht die Sache der bloßen Sinne, sondern kommt nur durch die zugleich angewandten Kategorien zu Stande. Je kräftiger nun Sinne und Verstand einen gegenwärtigen Gegenstand auffassen, während dabei die Vernunft, als das Vermögen des diskursiven Denkens, gänzlich pausirt; desto vollkommener entsteht der Zustand der Kontemplation, durch den, wie gesagt, das bessre Bewußtsein frei wird. Jene kräftige sinnliche Anschauung wird, besonders bei großen Massen wie Architektur und Berge, durch das Sonnenlicht, das durch schärfere Trennung von Licht und Schatten die Massen deutlicher hervortreten macht, befördert.
So viel glaube ich ausgemacht zu haben, daß das Schöne mit dem Erhabnen Eins ist, und, wie dieses, nicht in den Objekten liegt, sondern in der Anregung unsers bessern Bewußtseyns, welche Anregung, wenn sie durch blosse Kontemplation schön genannter Objekte entsteht, nur die Befreiung des bessern Bewußtseyns von aller Subjektivität ist.
Man könnte fragen, warum diese nicht auch erfolgt bei manchen andern objektiven Betrachtungen der Dinge, z. B. der physikalischen, die das Gesetz der Kausalität leitet, und den mathematischen. Zum Theil findet dies seine Antwort in dem schon erwähnten Aufsatz, Bogen G, wo gesagt ist, daß grade Abbrechung der Kette von Ursachen und Bedingungen des Raums und der Zeit Bedingung der rein objektiven Kontemplation ist: M. S. Berlin 1813 Bogen G, p. 2. Vielleicht ist die Ursache warum gemeine Gegenstände im Stillleben so verklärt erscheinen und überhaupt alles Gemahlte in überirdischem Lichte erscheint, diese, daß wir die Dinge nicht mehr im Fluß der Zeit, im Nexus von Ursach und Wirkung, den der Verstand begreift und zur Bedingung aller Erscheinung macht, erblicken, sondern herausgerissen aus jenem Fluß aller Dinge und in eine stille, todte Ewigkeit versetzt: das Ding selbst in seiner Einzelheit war bedingt durch Zeit und Bedingung des Verstandes, hier sehn wir diesen Zusammenhang aufgehoben und blos die Platonische Idee übrig. Dasselbe wird uns zu Theil sobald wir irgend einen Gegenstand recht objektiv, mit Künstleraugen, ansehn. Denn was der Mahler erlernt, und nicht mitbringt ist blos die Fähigkeit und Fertigkeit seine angebornen Künstleraugen Andern aufzusetzen, die nicht selbst solche, sondern nur eine unvollkommne Anlage dazu haben. während hier eben jene Nexus Objekt der Betrachtung sind: theils ist bei solchen Betrachtungen eine einzige Gemüthskraft, der Verstand, thätig, also nicht rein kontemplativ: diese Thätigkeit des Verstandes d. h. einer durch unser zeitliches Seyn bedingten Fähigkeit, nimmt also das Bewußtseyn ein und hindert das übersinnliche Bewußtseyn herauszutreten. Indessen hemmt solche einseitige Beschäftigung des Verstandes wiederum auch das bloß subjektive Interesse des sinnlichen Individuums, und die Betrachtung der Beziehungen der Dinge unter einander, zieht ab von der rein subjektiven Betrachtung der Beziehungen der Gegenstände auf das Wohl und Weh des Subjekts, welche die Quelle alles Uebels ist. Daher macht dergleichen Beschäftigung des Verstandes einen heitern Sinn, und die Beschäftigung mit den Wissenschaften ist die beßte Ausfüllung der Zeit, die unserm empirischen Bewußtseyn anheimfällt.
Die Musik ist eine sehr abgesonderte Gattung des Schönen, sie kennt blos die Zeit, indem diese ihre unmittelbare Bedingung ist, aber nichts von dem was in der Zeit geschieht. Sie ist nicht, wie andre Künste, eine Darstellung der Wirkungen des besseren Bewußtseyns in der Sinnenwelt, sondern selbst eine dieser Wirkungen. Wie die Betrachtung der Natur, und der Architektur entreißt sie uns der Subjektivität: aber sie thut mehr und wirkt positiv (was wie gesagt auch jene thun).
Vergleicht man unser gesammtes Bewußtseyn einer Kugel, so ist Musik vielleicht das Spiel ihrer kürzesten, dem Centro nächsten, Radien, die sonst viel langsamer bewegt werden, (als Theile der langen Radien) von der Oberfläche aus. So viel ist gewiß, daß sie am unmittelbarsten das Bessre Bewußtseyn anregt, aber auch am fernsten vom Empirischen liegt. – Siehe den Aufsatz über die Stufenfolge der Künste. Welt als Wille und Vorstellung I, § 42-52.
Beilage 3.
M. S. Berlin 1813 G.
Die Vernunft wäre das Höchste, das Beste im Menschen?! Sie ist im Spekulativen Quelle alles Irrthums, indem sie der flüchtigen Erscheinung Dauer geben, die Zeit zur Ewigkeit machen will. Kant selbst sagt (Kritik der Urtheilskraft, p. 85.): »in unsrer Einbildungskraft liegt ein Bestreben zum Fortschritt ins Unendliche, in unsrer Vernunft aber ein Anspruch auf absolute Totalität.« Das zeigen auch die Antinomien, wo die Einbildungskraft dem erfüllten Raum keine Gränze, der erfüllten Zeit keinen Anfang, unter den Ursachen keine letzte, der Kette des Zufälligen kein Ende finden will; indeß die Vernunft dies alles blos behauptet, weil sie darauf ausgeht, die Erfahrungswelt zu einem Absoluten, Ruhenden, in sich Geschlossenen und durch sich Bestehenden zu machen, und gauklerisch Truggestalten für das letzte und einzige Seyn auszugeben. Was Kant hier Einbildungskraft nennt, ist unsre übrige sinnliche Natur ohne diese Vernunft: jene (die übrige sinnliche Natur) strebt dem Geiste der Zeitlichkeit getreu immer weiter und weiter, diese (die Vernunft) will immer weilen. (Sie haben einige Aehnlichkeit mit Kants Expansions- und Kohäsionskraft in der Metaphysik der Natur.)
Im Praktischen spielt die Vernunft dieselbe Rolle. Die übrige sinnliche Natur des Menschen will auch hier immer weiter, von Wunsch zur Befriedigung, von da zum neuen Wunsch, ohne Rast, ohne Ruh, ohne Sorge und ohne Vorkehr, wie wir es bei den Thieren sehn, denen Vernunft mangelt. Die Vernunft aber hat wie im Theoretischen die drei von Kant aufgezählten, so auch im Praktischen eine transscendentale Idee, die Kant nicht anführt als solche: nämlich die der Glückseligkeit, d. h. eines Ganzen, bestehend aus der Totalität der möglichen Wünsche und der Totalität der ihnen entsprechenden Befriedigungen. Wie die theoretischen Ideen völlige Abgeschlossenheit und Befriedigung in Hinsicht auf Erkenntniß im Umkreis dieser Erfahrungswelt und im Verfolg ihrer Gesetze vorspiegelt, so spiegelt die Idee der praktischen Vernunft vollendete Befriedigung aller Wünsche unserer sinnlichen Natur und gänzliche Zufriedenheit im Zustande der Zeitlichkeit ohne weitere Sehnsucht vor: Wirkung dieser Idee ist alle Civilisation, Staat u. s. w. – Wer ganz ihr hingegeben wäre, würde der vollendete Philister seyn: dessen Bild giebt uns z. B. Tieck im Prinz Zerbino, in der Person des Nikanor, der es rein ausspricht ungefähr so: »wann wirst du kommen, ersehnte Zeit, wo ich sitzen werde umgeben von einer wohlgezogenen Familie, zwischen dem Hamburger Correspondenten und seinen zahlreichen Beilagen!« Auch der Vers:
»Sie beschneiden die Nägel, in Ruh' und Fried'
Und singen ihr Klimpimperlied.«
Theoretische Vernunft im spekulativen Gebrauch macht den Dogmatiker, im empirischen den reinen Gelehrten (φιλομαδης Plato), Polyhistor, den Wagner im Faust:
»Zwar weiß ich viel, doch möcht' ich Alles wissen!«
Faust: »Wie nur dem Geist nicht alle Hoffnung schwindet,
»Der ohne Rast nach goldnen Schätzen gräbt
»Und froh ist, wenn er Regenwürmer findet!«
Praktische Vernunft in ihrer Vollendung giebt das Ideal des Philisters.
Aber das Moralische im Handeln aus der Vernunft herleiten ist Blasphemie. Im Moralischen spricht sich das bessre Bewußtseyn aus, das hoch über alle Vernunft liegt, sich im Handeln als Heiligkeit äußert und die wahre Welterlösung ist: dasselbe äußert sich, zum Trost für die Zeitlichkeit, in der Kunst als Genie.
Auch der teutsche Sprachgebrauch rechtfertigt das Gesagte. Wer wird den Philister unvernünftig schelten? oder leugnen, daß er höchst vernünftig seine Sache angreife? Wer wird dagegen sagen, es sei höchst vernünftig gewesen von Jesus Christus, daß er sich kreuzigen ließ, von Thomas Morus, daß er lieber sein Haupt dem Henker, als dem König wider seine Ueberzeugung seine Verstimmung gab, von Arnold Winkelried, daß er die Speere in seinen Leib trieb.
Was Kanten verleitete, das Moralgesetz als aus der Vernunft stammend anzusehn, war ohne Zweifel die Bemerkung, daß Vernunft und Moralität es seien, die wir vor den Thieren voraushaben. Mit der Vernunft hat es seine Richtigkeit; auch ist sie, als die Fähigkeit, die Dinge außer uns und unser eignes Leben im Zusammenhang und als ein Ganzes zu überschauen, wohl die Bedingung der gänzlichen Freiheit, d. h. des Vermögens, uns von aller Zeitlichkeit loszureißen, uns in jedem Moment als außerzeitliches Wesen zu betrachten, das bessre Bewußtseyn wo nicht stets gegenwärtig zu erhalten, doch seine Aussprüche aufzubewahren und zum Kompaß zu machen, der auch im Dunkeln das Schiff des Lebens leitet, bis nach dem Tode das bessre Bewußtseyn allein übrig bleibt.
Daß dagegen den Thieren alles Analogon von Moralität abgehe, wage ich nicht zu behaupten, wenn ich den verschiedenen empirischen Charakter der Thiere betrachte, den Hund, den Elephanten vergleiche mit der Katze, der Hyäne, dem Krokodill: welcher empirische Charakter wohl die Aeußerung eines intelligibeln seyn möchte. Jeder würde doch lieber eines der erstgenannten, als eines der letztgenannten Thiere seyn.
Das Trauerspiel ist der wahre Gegensatz aller Philisterei: es ist der Ausspruch der Unzulänglichkeit aller praktischen Vernunft (im angegebenen Sinne), der Faust spricht zugleich die Unzulänglichkeit aller theoretischen Vernunft aus und ist daher einzig. Philister lieben daher nicht das Trauerspiel, haben die poetische Gerechtigkeit erfunden, damit die Tugend doch wenigstens zuletzt etwas nütze.
Daher sind auch alle Theodiceen, Hiobs vernünftelnde Freunde, Kants Postulate eines belohnenden Gottes und einer belohnt werdenden unsterblichen Seele – Philistereien. –
Beilage 4.
M. S. Bogen
K. Berlin 1813.
Wie es eine Teleologie der Natur giebt, so giebt es eine noch viel geheimnißvollere der Moral: d. h. gewisse Einrichtungen der Natur in Beziehung auf den Menschen erscheinen als Beförderung seiner Moralität zum Zweck habend. Diesen Karakter trägt nämlich das ganze Verhältniß der Natur zu den Bedürfnissen des Menschen, wohin auch die Nothwendigkeit der Kollision der Menschen unter einander gehört. Wäre nämlich nicht eine Menge theils natürlicher, theils durch Menschen hervorgebrachter Uebel dem menschlichen Leben aufgelegt, so würde alle Moralität und vielleicht durch das stete sinnliche Wohlseyn jede Regung des bessern Bewußtseyns unmöglich: so wäre es im Schlaraffenland: dort wäre keine Tugend möglich und auch kein Trauerspiel.
Ferner scheinen manche natürliche Strafen des Lasters Moralität zum Zweck zu haben. Vor allen die wunderbare venerische Krankheit. Befriedigung des Geschlechtstriebes ist an sich nicht lasterhaft (d. h. nicht Negation des außerzeitlichen Bewußtseyns), aber sie ist das Gegentheil der Asketik d. h. die größte Affirmation des zeitlichen Bewußtseyns (und Keuschheit ist der erste Schritt zu Asketik), und zwar eine so starke Affirmation, daß sie leicht Negation des Außerzeitlichen Bewußtseyns, d. h. Laster veranlaßt. Damit also der Geschlechtstrieb nicht zu viel Gewalt über den Menschen gewinne, ist die venerische Krankheit ein sehr dienlicher Damm.
Daß die Alten sie nicht kannten, stimmt damit, daß erst das Christentum einen asketischen Karakter trägt: andrerseits auch mit dem Naturzweck, daß damals die Erde sich noch bevölkerte.
Die Ehe läßt durch stets bereite Befriedigung dem Geschlechtstrieb keine große Stärke gewinnen. Asketik ist indessen mit der Ehe unverträglich: vielleicht auch ächtes Priesterthum.
p. 3. Thiere sind Sachen!
p. 10. Abstraktion.
p. 14. Reflexion und Apprehension.
p. 15. Vorstellungen, deren man sich nicht bewußt ist.
p. 21. Verstand.
p. 25. Sinnlichkeit und Verstand, entgegengesetzt.
p. 27. Begriff ist »Thätigkeit in Zusammenstellung des Mannigfaltigen der Vorstellung nach einer Regel der Einheit desselben.« – Diskursives und intuitives Bewußtseyn.
p. 27, 28. Wir erkennen uns nur als Erscheinung.
p. 31. Verstand, schafft Erfahrung.
p. 32. Dito.
p. 57. Innerer Sinn.
p. 67. Einbildungskraft.
p. 93. Gedächtniß.
p. 106. Symbolische Erkenntniß im Gegensatz der diskursiven.
p. 108. Ideen: die Religion ist Symbolisch.
p. 115-123. Verstand, Urteilskraft, Vernunft, verkehrt, flach, unbestimmt dargestellt.
p. 142-152. Ueber Wahnsinn: sehr schlecht.
p. 159 seq. Genie.
p. 165, 66. Vernunft, Verstand.
p. 187. Verstand ist das Vermögen der Vorstellung des Allgemeinen.
p. 185-202. Ueber das Schöne u. s. w.
p. 203 seq. Begierde, Wunsch – Leidenschaft und Affekt, gut.
p. 208. Freude, Trauer.
p. 214. Selbstmord: ganz verkehrt.
p. 216. Duell.
p. 259. Die 4 Temperamente: sehr gut. Ich glaube daß sie sich mit wenig Worten zugleich schildern und bezeichnen ließen:
1) Sanguinisch = leicht und schwach
|
angeregt |
und halte zudem dafür, daß fast immer eins der beiden ersten mit einem der beiden letzten sich verschmolzen findet.
p. 316, 319. Perfektionirung der Menschheit ist ihr Zweck. Radotage.
p. 320. Intelligibler und sensibler Karakter der Menschheit. Radotage.